Mexiko: Tausende demonstrieren gegen Einführung einer „Homo-Ehe“

cna_MexikoCIUDAD JUAREZ – Circa 18.000 Personen sind am 3. September in Ciudad Juárez, einer Großstadt im Norden Mexiko, für die Familie auf die Straße gegangen. Sie demonstrierten auch gegen den Vorschlag des Präsidenten des Landes, Enrique Peña Nieto, die sogenannte Homoehe auf nationaler Ebene zu legalisieren.

Diese Demonstration ist die erste von über 100 weiteren, die im gesamten Land für die kommenden Tage anberaumt sind.

Dies teilte Carlos Alberto Ramírez Ambriz, Sprecher des „Frente Nacional por la Familia“, einem Familienverband mit, der betonte, dass Tausende „fröhlich zur Verteidigung der Familie mitgingen“ obwohl in Ciudad Juárez gleichzeitig ein anderes großes Ereignis stattfand – die Ankunft der Urne des verstorbenen mexikanischen Sängers Juan Gabriel.

„Dies ist die Speerspitze von über 100 Märschen, die im ganzen Land zugunsten der Familie stattfinden werden“ sagte er.

Der „Frente Nacional por la Familia“ – der mehr als 1000 Lebensschutz-Organisationen aus ganz Mexiko vereint – hat mehr als 100 Märsche landesweit angesetzt. Die meisten davon werden am 10. September stattfinden.

Eine große Demonstration ist für den 24. September in Mexiko-Stadt geplant.

Am 17. Mai dieses Jahres kündigte der Präsident Mexikos, Enrique Peña Nieto, Maßnahmen an, um die „Homo-Ehe“ und die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare im ganzen Land zu legalisieren. Die massive Ablehnung der Bevölkerung war einer der Gründe für schwere Verluste der Partei Peña Nietos, dem Partido Revolucionario Institucional (PRI), bei den Regionalwahlen Anfang Juni.

Kürzlich hatte der der Koordinator des PRI, Emilio Gamboa, in einer Erklärung gegenüber der mexikanischen Zeitschrift Proceso angegeben, dass es in dieser Partei keinen Konsens zugunsten der Homoehe gebe, weshalb „mein Eindruck ist, dass dies bei den ordentlichen Tagungen nicht zu den Prioritäten im PRI zählen wird.“

Laut Informationen, die die vatikanische Nachrichtenagentur Fides eingeholt hat, nahmen 15 kirchliche Würdenträger aus den Grenzstaaten Amerikas und aus Mexiko unter Leitung des Bischofs von Ciudad Juárez, Monsignore José Guadalupe Torres Campos, an den Veranstaltungen zur Verteidigung der Familie wie auch zum Schutz der Migranten teil.

Die große Demonstration fand ihren Höhenpunkt im Kongresszentrum El Punto, in dem Monsignore Torres Campos zusammen mit den anderen anwesenden Bischöfen die Heilige Messe zelebrierte.

„Wir können der Stimme Gottes gegenüber nicht gleichgültig sein, die auch in diesem Moment durch die heilige Eucharistie zu uns spricht“ sagte der Bischof von Ciudad Juárez. „Im heiligen Evangelium spricht Gott durch einen Traum zu Josef und gibt ihm konkrete Anweisung: Steh auf, nimm deine Familie, sorge für sie, beschütze sie. Und Josef hört auf die Stimme Gottes, nimmt seine Familie und bringt sie nach Ägypten, um dort für sie zu sorgen und sie vor dem Feind zu schützen, zu retten, zu bewahren.“

Wie Josef, so der kirchliche Würdenträger, „müssen auch wir, was unsere Familien angeht, weiterhin auf die Stimme Gottes hören.“ (CNA Deutsch)

Ciudad Juarez: Besuch an der Grenze schlechthin

Gudrun SailerFünfte und letzte Station der Papstreise: Ciudad Juarez. Eine Stadt an der Grenze, mehr noch: am Grenzzaun zu den USA. Ein Kristallisationspunkt vieler Probleme Mexikos, von Migration zu Gewalt. Ist Ciudad Juarez der geheime Mittelpunkt der Reise? Das wollte unsere Korrespondentin Gudrun Sailer von Prälat Bernd Klaschka wissen, dem Direktor des bischöflichen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, der selbst 15 Jahre seines Lebens als Priester in Mexiko zugebracht hat.

Klaschka: „Ich persönlich meine, es gibt zwei Mittelpunkte dieser Reise: Chiapas innerkirchlich und Ciudad Juarez sozial und gesellschaftlich. Migration ist eine Herausforderung nicht nur für Lateinamerika, sondern eine globale Herausforderung. Insofern ist das ein zentraler Ort, zu dem die Menschen sich aufgemacht haben, um bessere Lebensperspektiven in den USA zu finden. Ciudad Juarez ist der Übergang zwischen der nördlichen und der südlichen Halbkugel der Welt. Es sind kulturelle und wirtschaftliche Unterschiede, das Nord-Süd-Gefälle, das an dieser Grenzziehung stark sichtbar wird, und deshalb wollte Franziskus dorthin gehen, um auf die Situation der Gewalt hinzuweisen. Denn in den vergangenen Jahrzehnten gab es viele gewalttätige Auseinandersetzungen, insbesondere auch gegenüber Frauen: es sind hunderte Frauen in Ciudad Juarez ermordet worden, Menschen beseitigt worden und verschwunden, die sich dem Drogenhandel widersetzt haben. Dass der Papst an die Grenze geht, zeigt auch den Weg an die Grenze, und nicht in das Zentrum der Macht. Dort sind viele Migranten und die sind froh, wenn sie wenigstens an diesen Grenzzaun gekommen sind und irgendwann die Möglichkeit finden, den Zaun zu überwinden, ihn löchrig zu machen, um auf die andere Seite der Erdhalbkugel zu kommen.“

RV: Gibt es noch eine über diese inneramerikanische Grenze hinausweisende Botschaft, die der Papst mit seinem Besuch dort übermitteln will?

Klaschka: „Ich habe ein Bild aus Ciudad Juarez im Kopf, zwei Priester, einer auf der Seite der USA und einer auf der Seite Mexikos, feiern gemeinsam die Eucharistie und haben ein Brett durch den Grenzzaun geschoben. Unser Glaube ist grenzübergreifend, das will der Papst verdeutlichen, er ist nicht national beschränkt, sondern unser Glaube und unsere Botschaft ist global. Und das möchte er deutlich machen. Daher hat er auch eine globale Verantwortung und eine Verantwortung für die Migranten, die an diesem Ort und über diesen Ort hinaus an der Grenze entlang versuchen, die Grenze zu überwinden. Mit ihnen solidarisch zu sein, sowohl was ihre Situation in Ciudad Juarez betrifft als auch ihre Lage in den Herkunftsländern. Zum Beispiel waren an dieser Grenze Menschen aus Honduras, San Salvador, Guatemala, um sie zu überwinden. Es ist ein lateinamerikanisches Problem. Insofern ist die Reise von Papst Franziskus nach Ciudad Juarez ein ganz wichtiges Zeichen: wir sind eine Kirche, die mit den Migranten auch unterwegs ist. Und wir haben auch in unserer Spiritualität das Unterwegssein stark verinnerlicht. Insofern wird dieses Zeichen auch verstanden von den Migranten selbst: der Papst ist bei uns, wir sind nicht allein.“

RV: Franziskus wird dort auch ein Gefängnis besuchen. Erst vor wenigen Tagen ist in einem anderen mexikanischen Gefängnis eine Revolte ausgebrochen, danach Feuer, es gab Dutzende Tote. Ist die Lage in mexikanischen Gefängnissen wirklich so dramatisch, wie es dieses Schlaglicht erscheinen lässt?

Klaschka: „Viele Menschen in den Gefängnissen sind dort, ohne verurteilt zu sein, und sie kommen nur heraus, wenn sie eine entsprechende Menge Geld an die Instanzen zahlen. Damit will der Papst auf eine besondere Situation von Menschen hinweisen, die gefangen sind – sowohl im System, und er will auch auf die Straflosigkeit und Gesetzlosigkeit in vielen Staaten Lateinamerikas hinweisen. Hier in Mexiko ist Straflosigkeit ein großes Problem. Ich kann einen Menschen ermorden, und es passiert nichts. Diese Botschaft richtet sich nach meiner Auffassung an die Verantwortlichen im Justizwesen eines Staates, die Menschen im Gefängnis nicht zu vergessen und sie gerecht zu behandeln. Ich kenne die Lage z.B. im größten Männergefängnis von Lima in Chile, das ist gebaut für 3000 Personen, dort leben ungefähr 9.000, auf einer Basketballfläche müssen 300 Menschen leben in Drei-Stock-Betten. Da ist man wirklich am Rand. Und wenn der Papst am Rand von Mexiko nochmal den Rand besucht, will er damit sagen: schaut auf die Ränder, damit das Zentrum saniert wird.“

RV: Sehen Sie die Kirche in Mexiko im Sinn von Papst Franziskus engagiert genug im Aufzeigen von Missständen? Was tut Mexikos Kirche gegen Menschenhandel und für die Opfer und für Migranten? Könnte sie mehr tun?

Klaschka: „Wenn ich zurückblicke auf die vergangenen Jahre, möchte ich festhalten, dass ich den Wunsch habe, die Kirche hätte mehr getan in Bezug auf die Lage der Armen, von Recht. Sie hat in Einzelfällen sehr viel geholfen, aber strukturmäßig, beim Anwaltsein der Armen und der Inhaftierten, hätte ich mir gewünscht, sie hätte mehr getan. Ich stelle aber fest, dass es im Augenblick unter den Priestern, Ordensleuten und Bischöfen Personen gibt, die stärker dafür eintreten. In der Vergangenheit gab es Initiativen wie Menschenrechtsbüros von Seiten der Katholischen Kirche in Chiapas, die dafür eingetreten sind, aber ich hätte mir gewünscht, dass sie stärker vonseiten der Hierarchie unterstützt worden wären. Sie haben oft allein gekämpft, haben damit aber auch ein Beispiel gegeben, sich nicht entmutigen zu lassen."

RV: Was tut Franziskus in einer solchen Lage?

Klaschka: „Die Probleme sind auch so hautnah, dass wir als Kirche nicht darüber hinweggehen können. Und Papst Franziskus ist jemand, der uns sehr mitbrüderlich darauf hinweist, wo der Ort der Kirche ist; und da ist noch Umkehr notwendig, wie wir sie im Augenblick ja auch in der Fastenzeit predigen. Kirche fordert nicht nur die persönliche Umkehr, sondern wir als Kirche müssen auch umkehren, hin zur Peripherie und den Armen. Das ist eine ständige Herausforderung.“(rv)