Franziskus wertet Bischofssynode weiter auf

Papst Franziskus wünscht sich mehr Mitbestimmung der Ortsbischöfe in der katholischen Kirche als bisher. Das formulierte der Papst in einem Brief an den Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri. Anlass des Schreibens ist die Erhebung in den Bischofsstand für den Untersekretär der Behörde, Fabio Fabene, von diesem Dienstag. „Man kann und man muss immer tiefere und authentischere kirchliche Formen zur Ausübung der synodalen Kollegialität suchen“, schreibt Franziskus in dem Brief.

Seit der Einführung der Bischofssynode im Zug des II. Vatikanischen Konzils seien fast 50 Jahre vergangen. Heute sei es „mehr denn je nötig, die enge Bindung mit allen Hirten der Kirche zu beleben“, so der Papst. Deshalb wünsche er „dieses wertvolle Erbe des Konzils“ aufzuwerten. Zweifellos brauche der Bischof von Rom dazu die Präsenz seiner Mitbrüder im Bischofsamt, „ihren Rat, ihre Vorsicht und ihre Erfahrung“.

Bereits Johannes Paul II. habe 1983 „weitsichtig“ gesagt, dass die Bischofssynode „vielleicht noch verbessert werden könnte. Vielleicht könnte sich die kollegiale seelsorgerliche Verantwortung in der Synode noch vollständiger ausdrücken“ (Predigt zum Abschluss der VI. Generalversammlung der Bischofssynode, 29.10.1983). Auch er selbst habe „die Zeichen der Zeit befragt“, schreibt Franziskus wörtlich. Aufgabe des Papstes sei es zwar, allen zu verkünden, „wer Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ sei. Gleichzeitig aber müsse der Papst auch das wahrnehmen, „was der Heilige Geist auf den Lippen jener hervorruft“, die an der apostolischen Gemeinschaft teilhaben. Nur so könne die kirchliche Gemeinschaft besser verwirklicht und ihre „grenzenlose Aufgabe“ besser gefördert werden.

Die Erhebung des Untersekretärs der Bischofssynode in den Bischofsrang ist ein ungewöhnlicher Schritt. Franziskus erklärte ausdrücklich, er habe damit die Bedeutung der Bischofssynode verdeutlichen wollen. Der 55 Jahre alte römische Priester Fabio Fabene ist ausgebildeter Kirchenrechtler mit langjähriger Vatikan-Erfahrung und hat Bücher über das Amt des Bischofs und des Priesters verfasst. Erst vor zwei Monaten wurde er Untersekretär der Bischofssynode. Fabene wirkt auch als Geistlicher Assistent des katholischen Frauenverbandes „Centro Italiano Femminile“ in Rom. Als Titularbistum wies Franziskus dem neuen Bischof Acquapendente zu.  (rv)

Päpstlicher Familienrat: Familien gestalten mit

Erzbischof Vincenzo PagliaMit seinem Brief an die Familien will der Papst diese in den synodalen Weg miteinbeziehen. Das schreibt der Präsident des Päpstlichen Familienrates, Erzbischof Vincenzo Paglia, in einem Begleitschreiben zum Papstbrief an die Familien von diesem Dienstag. Das Gebet sei „die erste Art und Weise, an diesem gemeinsamen Weg teilzunehmen“, so Paglia wörtlich: „Die Familien – und das ist die Absicht von Papst Franziskus – sind nicht einfach das Objekt der Aufmerksamkeit. Sie sind auch Subjekt dieses Pilgerweges – sie stellen den überwiegenden Teil der Kirche.“ In der Liebe der Familie und ihrer Mitglieder verwirkliche sich das Werk Gottes, so der Präsident des Päpstlichen Familienrates weiter. Die heutige Zeit sei „verwirrend und unruhig“ – gerade deshalb brauche die Kirche das Zeugnis christlicher Familien, die das Wort Gottes und die Lehre der Kirche mit Leben füllten.

Die Ergebnisse der Vatikanumfrage zu Ehe und Familie dürften bereits in die Vorbereitung der Weltbischofssynode im Oktober 2014 mit einfließen. Das hat der Generalsekretär der Bischofsfamiliensynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, angedeutet. (rv)

Die 58 Propositionen: Eine Zusammenfassung

Der Vatikan hat an diesem Samstag die endgültige Version der Propositiones vorgestellt, also der Vorschläge, die aus der Arbeit der Bischofssynode dem Papst zur Erstellung eines postsynodalen Schreibens übergeben werden. Es sind insgesamt 58, geordnet in vier Hauptteile.

Was ist Neuevangelisierung?
Nach einer Einleitung befasst sich ein erster Teil mit der Frage, was genau Neuevangelisierung sein will. Eng an den ursprünglichen Auftrag anschließend, den der Vater an den Sohn und der Sohn an seine Jünger erteilt habe, sei es nun Auftrag der Kirche, den Glauben weiterzugeben. Dies geschieht unter konkreten Umständen und unter Wahrung des kirchlichen Charakters. Weiter geht es um die Frage der Rolle der Kultur, der Erstverkündigung und um die Funktion und Wichtigkeit der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils als „vitales Instrument".

Der Kontext der Neuevangelisierung
Nach den eher grundsätzlichen einführenden Propositionen handeln die Nummern 13 – 25 vom konkreten Kontext, in dem die Neuevangelisierung stattfindet. Versöhnung und Menschenrechte werden genauso erwogen wie Religionsfreiheit, die kirchliche Soziallehre, Massenmedien und Kunst. Besondere Betonung findet das „Grundgesetz des Glaubens", die grundsätzliche Vereinbarkeit von Vernunft und Glauben. Die intellektuellen Anstrengungen, die vernünftige Einsicht in die Schöpfung [das Naturrecht] in den Dialog mit der Welt einzubringen, sei ein Weg zu einer „Theologie der Glaubwürdigkeit" (Nr. 17).

Was tut Neuevangelisierung?
Ein dritter Teil befasst sich mit den pastoralen Antworten auf diese Umstände (Propositiones 26 – 40). Wie sich in den Beratungen bereits gezeigt hat, liegt ein erstes Schwergewicht auf den Pfarreien und auf der Erziehung. Drei Propositionen behandeln das Feld der Erwachsenenbildung, Theologie und Katechese. Die Option für die Armen wird ebenfalls behandelt, denn Jesus identifiziere sich mit den Menschen in Not.
In einem weiteren Komplex der Propositionen geht es um die geistliche Dimension der Neuevangelisierung, um die Beichte und die Liturgie, um die Firmung und die Volksfrömmigkeit: Grundlinie ist hierbei immer die persönliche Begegnung mit Christus.

Wer sind die „Neuevangelisierer"?
Im vierten Teil geht es um die Akteure der Neuevangelisierung. Das wichtigste Subjekt sei die Ortskirche, denn Verkündigung hänge stark von den Umständen und Kulturen ab. Die Propositionen legen großen Wert auf Zusammenarbeit. Diese geschieht innerhalb eines Bistums, zwischen Bewegungen und Leitungsebene sowie zwischen einzelnen Initiativen. Die Rollen der Laien allgemein und der Frauen im Besonderen erfahren eine besondere Wertschätzung. Proposition 48 behandelt die während der Beratungen so wichtige Frage der Familien als Haus-Kirchen. Hier werden gescheiterte Familien und Ehen ebenso erwähnt wie die alleine lebenden Menschen. Hier brauche es besondere pastorale Anstrengungen. Ferner werden Priester, Ordensleute und die Jugend mit eigenen Propositionen bedacht. Für die Jugend seien vor allem der Youcat und die Weltjugendtage von besonderer Bedeutung.
Unter den kirchlichen Aktivitäten werden die Dialoge genannt, mit Nichtchristen, in der Ökumene und zwischen den Religionen. Die Synode fordert insbesondere zu einer Intensivierung des Dialoges mit dem Islam auf.

Propositio 57 fasst das zuvor gesagte zusammen: Verkündigung könne nur geschehen, wenn das Leben des Verkünders selbst nach dem Evangelium gestaltet sei: Auch der eigene Glauben müsse ständig erneuert werden, um geteilt werden zu können. Hier greifen die Propositionen die Aufforderung zur Selbstevangelisierung auf, ebenfalls ein prominentes Thema bei der Synode.

Zwei vatikanische Institutionen finden explizite Erwähnung in dem Dokument: Zum einen der päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung, der Modell stehen solle für ähnliche Einrichtungen in den Bischofskonferenzen. Zum anderen der „Vorhof der Völker" des päpstlichen Kulturrates. (rv)

Die Bischofssynode geht in die zweite Phase

Die erste Phase der Bischofssynode im Vatikan ist an diesem Mittwochnachmittag zu Ende gegangen: Der Berichterstatter, der US-amerikanische Kardinal William Wuerl, stellte den Synodalen am Abend seine Zusammenfassung der Debatte vor, die so genannte ‚Relatio post disceptationem’. An diesem Donnerstag nun traten die delegierten Präsidenten der Synode vor die Presse, um eine erste vorsichtige Bilanz zu ziehen. Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, Bischof von Kinshasa und einer der drei Präsidenten, bezog sich auf Papst Johannes Paul II. und dessen Idee von Neuevangelisierung, auf die letztlich auch die Synode zurückgehe:

„Diese Evangelisierung muss neu in ihrem Eifer, in ihren Methoden und in ihrem Ausdruck sein".

Pasinya betonte die Notwendigkeit, sich erneut den Trägern der Evangelisierung zuzuwenden, von Bischöfen und Priestern bis zu den Familien und den Laien. Ohne eine neue Konzentration auf diejenigen, die die Verantwortung für die Verkündigung übernähmen, würde diese im Sand verlaufen. Aber auch über andere Problemfelder sei bei der Synode gesprochen worden:

„Wie kann man den Gott Jesu Christi einer Welt verkünden, die die Frage nach Gott gar nicht stellt oder falsch stellt? Damit befasst sich unsere Synode, und sie verläuft gut. Der Heilige Vater ist anwesend, die Synodenteilnehmer sprechen sehr offen und berichten von den Situationen in ihren Ländern. Hier ist der Reichtum der Synode: Niemand erzählt das gleiche. Die Synode umfasst all diese verschiedenen Situationen und die ganze Welt in ihrer Verschiedenheit. Wir müssen vorwärts gehen und als nächstes werden aus der Synode heraus die so genannten Propositionen erstellt, die dem Papst vorgelegt werden und er wird dann entscheiden, wie diese Vorschläge, die ihm gegeben wurden, öffentlich werden."

Gleichzeitig zur Pressekonferenz tagten und tagen den gesamten Donnerstag lang die Sprachgruppen, die so genannten circoli minori, um sich mit der zusammenfassenden Relatio, die Kardinal William Wuerl vorgelegt hatte, zu befassen. (rv)

Anglikanischer Primas spricht auf Synode

Es war der ökumenische Höhepunkt der Bischofssynode im Vatikan: Am Mittwochabend wandte sich der Primas der anglikanischen Weltgemeinschaft, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury, an den Papst und die Bischöfe. In seinem Vortrag lobte er das Zweite Vatikanische Konzil vor allem dafür, dass es „das christliche Menschenbild erneuert" habe. Gläubige müssten der Welt heute das „Gesicht einer Menschlichkeit in endlos wachsender Liebe" zeigen. Christen könnten der „unwirklichen und irrsinnigen Welt" entgegentreten, zu der die Finanzsysteme und die Werbung die Menschen anstifteten. Frei von reiner Selbstorientierung bilde die „von Gottes Weisheit" geprägte christliche Kontemplation eine Antwort.

Um den christlichen Glauben in der westlichen Gesellschaft wieder zu beleben, verwies Williams auf geistliche Gemeinschaften, die über konfessionelle Grenzen hinaus Begeisterung ausstrahlten. Je mehr die christlichen Konfessionen einander fernblieben oder sich den anderen gegenüber für überlegen hielten, umso unglaubwürdiger werde ihre Botschaft. Der Erzbischof trat für eine „spirituelle Ökumene" und Netzwerke wie die benediktinisch inspirierte „World Community for Christian Meditation" ein.

Im Gespräch mit Radio Vatikan bekräftigte der anglikanische Primas, wie bedeutsam das Konzil weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus gewesen sei.

„Es war ungeheuer wichtig! Ich war ein Teenager, als das Konzil begann, und ein praktizierender Anglikaner, und was zunächst als interessante, aber irgendwie exotische und weit entfernte Veranstaltung erschien, öffnete sich auf einmal und wirkte nicht mehr auf sich selbst bezogen. Das beeindruckte mich und andere. Wir entdeckten in den Verfahrensweisen beim Konzil eine ungeahnte Transparenz der katholischen Kirche, wir erlebten Papst Johannes XXIII. als ein Geschenk an die ganze Christenheit. Und wir stellten fest, dass auf einmal auch andere christliche Kirchen überlegten, wie sie bestimmte Dinge besser machen könnten. Die katholische Liturgiereform stieß z.B. eine ganze Reihe von Liturgiereformen auch in anderen Kirchen an! Ja, das Konzil war auch für uns ausgesprochen wichtig."

Die Erwartungen, die das Konzil vor fünfzig Jahren weckte, waren sehr hoch – doch der damalige Schwung scheint im Lauf der Jahre verlorengegangen zu sein. Der Weg der christlichen Kirchen zur Einheit und zu einem gemeinsamen kraftvollen Zeugnis sei steiniger, als man sich das damals gedacht habe, so Williams.

„Ja doch, manchmal bin ich da enttäuscht. Aber wenn ich dann auf die sechziger Jahre zurückschaue, erinnere ich mich daran, wie wir damals in der Kirche wie in der Politik schlechthin alles für möglich gehalten haben! Da war schon eine Menge Übereilung und Naivität mit im Spiel. Wohinter wir nicht mehr zurückgehen werden, das ist, dass wir mittlerweile auf eine ganz andere Art zusammen beten. In den fünfziger Jahren, als ich ein Kind war, wäre es ziemlich undenkbar gewesen, mit römischen Katholiken zusammen zu beten. Noch nicht einmal das Vaterunser betete man gemeinsam! Die Haupterrungenschaft ist, dass wir uns näher kennengelernt und jetzt das Gefühl haben, dass wir zusammengehören. Das ist irreversibel!" (rv)

Erzbischof Müller: „Gewisse Debatten überwinden“

Am Mittwoch hat der neue Präfekt der Glaubenskongregation auf der Bischofssynode gesprochen. Der deutsche Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, bis vor kurzem Bischof von Regensburg, wies darauf hin, dass die Neuevangelisierung die „Überwindung gewisser innerkirchlicher Debatten" erfordere. Hier der Redebeitrag der Erzbischofs:

„Wir alle leben in einer Welt, die sich täglich von "Neuigkeiten" nährt. Bei diesen vielen Neuigkeiten fragen wir uns, was nun das eigentlich Neue sei. Die Welt von heute, betäubt durch unzählige Veränderungen, bietet eigenlich keine Neuigkeiten, weil ihr Denken begrenzt ist und sie immer auf der Suche nach Emotionen ist, da sie von tausend Sachen belastet ist, die sie nicht wirklich zufrieden stellen. Man stellt sich deshalb die grosse Frage: wo ist wirklich die Neuigkeit? In dieser Hinsicht hören sich die Worte des Heiligen Irenäus von Lyon immer noch aktuell an: Christus "hat einzige Neuigkeit gebracht, indem er sich selbst brachte" (Adversus haereses, IV, 34, 1).In Ihm ist alles Neue enthalten.

Die Neuevangelisierung erfordert die Überwindung gewisser innerkirchlicher Debatten, in denen seit vielen Jahren immer wieder die gleichen Themen vorgeschlagen werden, damit der christliche Glaube in seiner Fülle und zeitlosen Aktualität erneut diskutiert werden kann. In dieser Fülle und Neuigkeit findet die Kollegialität zwischen den Bischöfen Zusammenhalt und Kraft zur Einheit, die jedoch nicht Vorwand für eine falsch verstandene Autonomie sein darf. Das II. Vatikanische Konzil lehrt, dass der Herr, "damit aber der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, (hat er) den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit eingesetzt" hat (LG 18). Die neue Evangelisierung muß auf diese Gemeinschaft zurückgreifen und sie wird nur Erfolg haben, wenn sie auf der Einheit der Bischöfe mit dem Nachfolger Petri und der Einheit zwischen ihnen gründet. Diese Einheit ist das Fundament, auf das der Herr seine Kirche baut.

Indem wir erneut vor Christus stehen, schöpfen wir für das Leben aus dieser Botschaft, die uns im tiefsten Inneren verändern kann. Es geht darum, den Glauben in unseren Herzen zu erneuern, darum "die Kirche in unseren Seelen wieder zu beleben" (R.. Guardini). Nur wenn wir selbst erneuert sind, können wir bei der Neuevanglisierung mitwirken. Die Kirche geht aus dem auferstandenen Christus hervor als Sakrament seiner Präsenz und seiner Einheit mit Gott und mit den Menschen (vgl .LG 1). Von ihm geht der Glaube der Kirche aus: ein immer neuer Glaube, auch wenn er zu allen Zeiten durch dieselben Gaben genährt wurde. Verwurzelt mit Christus und mit der Kirche, stützen wir uns auf den Glauben Petri, in dessen Umkreis wir jene sichere Einheit finden, die nicht von uns ausgeht und die nie endet (vgl. UR 4). Zu dieser Einheit gehören wir alle. Dieser Einheit wollen wir dienen "auf dass die Welt glaubt" Joh 17,21)." (rv)

Kardinal Meisner: Erstmal bei uns selbst anfangen

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner sieht sich selbst als „Synodenveteran": Vor genau 35 Jahren habe er zum ersten Mal eine Bischofssynode besucht, erzählte er am Dienstag vor Journalisten. Damals ging es um Katechese, und Meisner war Weihbischof von Erfurt.

„Wenn ich mal ein Resümee ziehen soll – ganz ehrlich, ich habe das auch in der Aula gesagt: Ich habe mir immer, bei jeder Synode, mehr erwartet, als was dann in der Praxis herauskam. Nun bin ich überzeugt, dass im Haushalt Gottes nichts verloren geht, was wir investiert haben an guten Gedanken, an Anstrengungen und auch an Geld. Mit Blick auf die Vorbereitungstexte der jetzigen Synode sage ich: Wir müssen uns davor hüten, unsere Bemühungen zu sehr nach außen zu richten, sondern vielmehr bei uns selbst anfangen! Wir müssen von einer Selbstsäkularisierung zu einer Selbstevangelisierung kommen."

Man sehe ja „kaum noch Ordensleute, die in der Öffentlichkeit als solche zu erkennen sind", führte Meisner aus: „Die haben sich alle selbst säkularisiert."

„Ich mache immer die Erfahrung, wenn ich in Köln auf dem Hauptbahnhof bin – ich fahr´ auch manchmal mit dem Zug – und eine Ordensfrau da stehen sehe: Die steht gar nicht lange alleine da. Da kommt eine Frau mit Kinderwagen, lässt den für eine Weile bei der Schwester und geht weiter; oder Männer lassen für einen Augenblick ihren Koffer bei ihr usw."

Die „Entsakralisierung" betreffe vor allem die katholische Liturgie, so Meisner, der in der Deutschen Bischofskonferenz für das Thema Liturgie verantwortlich ist.

„Das muss wieder die Feier des Mysteriums Christi sein, das mir Ausgangspunkt und Impuls ist, um draußen in der Gesellschaft wirklich Zeugnis zu geben für Jesus Christus!"

Auch bei „unseren enormen Werken der Caritas" müsse der katholische Charakter wieder erkennbarer sein. Und warum, so fragte der Kölner Kardinal, schicken wir „seelisch belastete Menschen" immer gleich weiter zum Psychologen? „Und das Bußsakrament?"

„Das ist doch wirklich der Gesundbrunnen, der die Menschen dynamisiert! Ich habe mich sehr gefreut, als heute im Lauf des Tages Erzbischof Dolan von New York gesagt hat, das Bußsakrament müsse zum Sakrament der Re-Evangelisierung werden. Wir müssen erst mal nach innen gehen, um dann nach außen dynamisch zu werden!"

Große Christen wie Mutter Teresa seien keine „großen theologisch-pastoralen Strategen" gewesen, sondern „Menschen, in denen etwas geglüht hat".

„Das Christentum hat sich ja bekanntlich nicht durch Propaganda weiterverbreitet, sondern durch Ansteckung und durch Berührung!"

Er wünsche sich von der Synode, „dass, wer mit uns in Berührung kommt, auch wirklich mit Jesus Christus in Berührung kommt", so Kardinal Meisner.

„Herr, erneuere deine Kirche – aber fang bei mir an!" (rv)

Vatikan: Leitung der nächsten Bischofssynode ernannt

Der Papst hat das Präsidium der nächsten Bischofssynode ernannt. Das gab das vatikanische Presseamt an diesem Samstag bekannt. Es handelt sich um jeweils ein Vertreter aus Asien, Amerika und Afrika. So wird bei der Synode vom 7. bis 28. Oktober der Bischof von Hong Kong, Kardinal John Tong Hon, der mexikanische Erzbischof von Guadalajara, Kardinal Francisco Robles Ortega, und der Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, die Synode leiten. Das Thema der Bischofssynode ist die „Neuevangelisierung für die Verbreitung des christlichen Glaubens".

Außerdem ernannte der Papst an diesem Samstag einen neuen Sekretär für den Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog. Es handelt sich um Pater Miguel Ángel Ayuso Guixot. Er ist Vorsitzender des Päpstlichen Instituts für Arabische und Islamische Studien PISAI. Er wird Nachfolger von Erzbischof Pier Luigi Celata. (rv)

Neuevangelisierung: Auf dem Weg zur Bischofssynode

Die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung beginnt am kommenden 7. Oktober im Vatikan, wenige Tage vor dem von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahr des Glaubens". Auf der Homepage von Radio Vatikan finden Sie schon jetzt ausführliche Informationen zum Thema sowie das Arbeitspapier zu dem Treffen, das der Vatikan an diesem Dienstag veröffentlichte. (rv)

Link : Das Dokument in Deutsch und voller Länge

„Die Qualität des Zeugnisses erhöhen“: Arbeitsdokument für die Bischofssynode 2012

Der Vatikan hat an diesem Dienstag das so genannte „Instrumentum Laboris", das Arbeitspapier für die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung, veröffentlicht. Die Synode beginnt am 7. Oktober, wenige Tage vor Beginn des von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahres des Glaubens", und geht bis zum 28. Oktober. Zur Vorbereitung der Synode war im März 2011 das erste Vorbereitungsdokument, die so genannte „Lineamenta" vorgestellt worden. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat beide Dokumente gelesen.

Pater Hagenkord, was für ein Dokument ist das heute veröffentlichte Arbeitspapier genau?

Der lange Text – es sind über 80 Seiten – ist und liest sich als eine Fortschreibung des ersten Vorbereitungstextes, also der so genannten „Lineamenta". Das war ein ähnlicher Text, etwas kürzer, der dem Projekt der Bischofssynode einen ersten Aufgabenumriss gegeben hat.
Damals wurden nach jedem Kapitel Fragen gestellt mit der Aufforderung, diese im Bistum oder im Orden zu besprechen. Diese Antworten bilden nun die Fortschreibung. Man hat das Gerüst des ersten Dokumentes genommen und dann mit den Impulsen aus der Ortskirche weiter gearbeitet.
Das Ganze ist eindeutig kein Katechismus und kein fertiges Dokument, man merkt ihm an, dass es für die Weiterarbeit gedacht und geschrieben ist.

Was sind denn die Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Text?

Der zweite ist eindeutig weniger abstrakt. Beim ersten, den Lineamenta, war ganz allgemein und sehr theologisch und spirituell ein Rahmen formuliert worden. Diesem Text merkt man nun an, dass die Praxis eingeflossen ist. Das soll nicht heißen, dass er weniger profund ist, aber die Antworten aus den Ortskirchen haben den Charakter des Textes geändert. Damit wird die Synode, wenn sie im Oktober tagt, sicherlich etwas anfangen können.

Aber muss denn nicht ein Text aus Rom, der für die ganze Kirche gelten soll, notwendigerweise allgemein sein, ja vielleicht ein wenig abstrakt?

Das könnte man meinen, aber dies ist wirklich ein pastoral ausgerichteter Text. Er beginnt damit, die verschiedenen Bezüge herzustellen: Das Konzilsjubiläum, das Jahr des Glaubens usw., dann spricht er aber auch die problematische Situation der Kirche an und die Notwendigkeit, über eine Erneuerung zu sprechen, und zwar in der ganzen Kirche, nicht nur im alten Westen. Das zeigt, dass das Dokument seinen Ort in der Debatte hat und nicht wie ein Einzelstück herausragt.
Dann ist es die theologische Sprache, die gewählt wurde: Der Text stellt die Begegnung mit Christus vor, er spricht davon, die Menschen hineinzunehmen in die Beziehung Gottes. Das ist sehr pastoral und deswegen sehr praktisch. Eben genau für die Ebene gedacht, auf der Neu-Evangelisierung stattfinden muss, nämlich vor Ort.

Die Weltbischofssynode vom Oktober steht unter dem Titel „Die Neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens". Nun ist das Wort „Neuevangelisierung" nicht wirklich beliebt, zumindest nicht in der deutschsprachigen Kirche. Was genau soll das sein?

Neue Evangelisierung soll nicht einen Zustand von früher wieder herstellen. Sie ist keine Taktik, um mehr Mitglieder zu gewinnen. Sie will Veränderung, und das meint vor allem zuerst die Veränderung aus sich selbst, von der Kirche selbst.
Es ist richtig, wirklich beliebt ist das Wort nicht, aber es ist das hier in Rom eingeführte Wort, das letztlich auf Papst Paul VI. zurück geht. Wir würden das eher missionarische Seelsorge nennen, gemeint ist genau das Gleiche.

Was genau soll laut Arbeitsinstrument die Synode im Oktober denn leisten?

Sie soll eine Revisionsarbeit leisten, und zwar soll neu nachgedacht werden, wie Kirche unter Menschen heute sein und leben und verkünden kann. Es ist keine Neuerfindung von Kirche, aber auch nicht das Trauern um das Alte. Es geht um das Heute. Und hier werden in Sachen Analyse der Gegenwart erste Schritte gemacht, die die Synode selbst sicherlich noch vertiefen wird, etwa in der Frage der ökonomischen oder sozialen Bedingungen, der Globalisierung, oder auch in der Veränderung der Medienwelt. Das sind neue Bedingungen für die Kirche – und unter denen muss sie sich neu finden.

Auch vom Phänomen der Migration und den Folgen der Säkularisierung für das Glaubensleben ist in dem Dokument die Rede. Sie haben gerade das Stichwort „Veränderung auch von innen" genannt. Geht es auch um eine Reform der Kirche?

Nicht ganz. Es geht schon um Verkündigung. Im ganzen Dokument wird sehr klar, dass es um die Natur der Kirche geht, also um ihren Auftrag, das Evangelium Jesu Christi zu leben und weiter zu geben. Das Wort ‚Reform’ meint ja eher die Struktur. Bei dem Projekt der neuen Evangelisierung soll es schon um den Kern gehen, also um das Leben des Glaubens und dessen Weitergabe. Um eine Formulierung des Textes zu verwenden: Evangelisierung will neues Leben für jede menschliche Erfahrung. Sie will keine Sonderwelt namens Kirche oder Glauben, sondern die ganze menschliche Welt, wie sie eben heute ist, für den Glauben öffnen.
Das ist das Projekt der Synode, und diesen Geist atmet auch das „Instrumentum Laboris". (rv)