Das Schlussdokument der Synode – Unterscheidung der Geister

Bischofssynode 2015Noch einmal sind 248 Änderungsvorschläge eingearbeitet worden, am Samstag war er fertig, der Abschlusstext der Bischofssynode. Er wurde in der Versammlung per Abstimmung angenommen. Alle Abschnitte bekamen eine Zweidrittelmehrheit. Danach: die Übergabe an den Papst, der mit diesem Text den letzten Schritt des synodalen Prozesses zum Thema Familie gehen wird. Eine Zusammenfassung von P. Bernd Hagenkord:

Der Sakramentenzugang für wiederverheiratete Geschiedene kommt direkt nicht vor. Auch die mit dem Namen von Kardinal Walter Kasper verbundene Idee einer „via poenitentialis“ zurück zu den Sakramenten, die im Vorfeld so heftig debattiert wurde, taucht im Abschlussdokument nicht auf. Überhaupt sind die 94 Paragrafen des Abschlusstextes der Bischofssynode nicht das, was sich die meisten erwartet haben. An diesem Samstag wurde der Text den Synodenteilnehmern vorgelesen – und für alle Nichtitaliener auch simultan übersetzt. Danach stimmten die Synodenväter über ihn ab. Knapp 50 Seiten sind es geworden, 94 Paragrafen, drei große Teile mit je vier Kapiteln.

Aber neben den außerhalb der Synode am meisten diskutierten Themen sind auch andere Dinge nicht im Text. So spricht das Dokument nicht von einem „objektiven Stand der Sünde“, wenn es um wiederverheiratete Geschiedene geht, und vermeidet eine rigoristische Sprache oder die Perspektive des Richters.

Der erste Satz des ersten Kapitels nimmt seinen Anfang bei der Schöpfung Gottes und spricht über das Staunen über diese Schöpfung. Die Synode verankert ihr Denken in einer theologischen Vision, beginnend mit dem Handeln Gottes.

Die Redaktion hat die drei Schritte beibehalten, die bereits in der vergangenen Bischofssynode im Oktober 2014 das Arbeiten strukturiert haben: Sehen, Urteilen, Handeln. Daraus waren im Arbeitsdokument drei Textteile und in der Synode drei Arbeitsteile geworden. Das findet sich nun auch im Abschlusstext wieder.

Diese drei großen Teile haben jeweils ein eigenes Vorwort bekommen, wie auch der Text insgesamt. Diese Texte geben dem ganzen Duktus eine mehr positive Richtung: Die Kirche sieht nicht nur Probleme überall, sondern hat etwas positiv beizutragen, sie bekennt ihren Glauben. Insgesamt ist das Dokument neu geordnet und systematisiert, viel besser als vorher, wie viele Synodenteilnehmer bemerkten. Es gibt klarere Zuordnungen und eine erkennbare innere Logik.

Ein Thema sticht heraus, und hier hatte es auch im Vorfeld den meisten Redebedarf gegeben: die Frage des Gewissens (vor allem in den Punkten 84 ff. entwickelt). Das Gespräch mit dem Beichtvater, die Einbeziehung der Umstände und inneren Verfassung. Klargestellt wird die Tatsache, dass aus allgemeinen Regeln nicht einfach konkrete Handlungsanweisungen folgen können, und dazu der Wunsch, zu einer volleren Teilhabe am Leben der Kirche zu kommen.

Die Pastoral und auch die Entscheidungen müssen der Wirklichkeit entsprechen, um die sie sich kümmern. Zuerst taucht dieser Gedanke bei den Flüchtlingen auf, dann aber immer wieder, unter anderem im Kapitel zur kirchlichen Lehre zur Unauflöslichkeit (51). Was zuerst selbstverständlich klingt, war in seiner Formulierung nicht unumstritten. Der Katechismus (zitiert wird § 1735) sieht vor, dass moralische Normen kein Deduzieren von korrekten Antworten in allen Fällen erlaubten. Die Frage bleibt, wie dann die Normen gelten. Oder noch genereller: Wie gelten dann die Gebote? Nur in Anwendung oder auch als solche, so dass sich die Wirklichkeit dem beugen müsste? Es sind abstrakte Fragen, die im Hintergrund dieser harmlos daher kommenden Überlegungen erscheinen. Und in diesem Licht wird man den Text lesen müssen, in diesem Licht wird Papst Franziskus ihn auch entgegengenommen haben, weiter bearbeiten und eventuell zu einem eigenen Schreiben umformulieren.

Die Teile im Einzelnen

Teil 1: Blick auf die Wirklichkeit der Familien – ohne Idealisierungen

Teil 1 beginnt mit dem realistischen Blick auf Familien heute. „Paare und das Eheleben sind keine abstrakten Wirklichkeiten, sie bleiben unvollkommen und verletzlich“ – deutlich setzt sich der Text gleich zu Beginn von Idealisierungen ab. Sozio-kulturelle Bedingungen werden erwogen, Stützen wie auch Herausforderungen und Gefährdungen. Es geht um Flucht und Vertreibung. Es geht um Einstellungen zum Menschsein, individuelle und politische, zur Frage des Individualismus. Es geht um Politik und die Frage, ob Ideologien dem gesellschaftlichen Leben übergestülpt werden sollen. Insgesamt sei die Vorstellung von Familie kulturübergreifend prägend und werde als selbstverständlich verstanden. Trotzdem gebe es Konflikte und Spannungen, über die man sprechen müsse.

Ein Kapitel befasst sich mit den wirtschaftlichen Fragen und mit Armut und Ausschluss, mit Umweltfragen, mit der „Kultur des Wegwerfens“, mit modernen Phänomenen wie der Mobilität und mit Sozialpolitik. Stark ist der Paragraf zu Migranten, Flüchtlingen und Verfolgten (23 f.).

Die Katechesen des Papstes in diesem Jahr aufgreifend, spricht das Papier über die einzelnen Teile und Rollen in der Familie, über die Kinder, die Frau, den Mann, die Jugend. Gewalt gegen Frauen kommt dort vor, sexualisierte Gewalt gegen Kinder, aber auch die gegenseitige Unterstützung. Auch die Großeltern, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung werden angesprochen und gewürdigt. Zum Schluss wird auf die pastoralen Herausforderungen eingegangen, hier ist auch das erste Mal von der „Dynamik der Barmherzigkeit“ die Rede (34).

Dieser erste Teil gibt einen allgemeinen Überblick über die Wirklichkeit von Familie in der Welt, wie sie in den vergangenen drei Wochen in der Synodenaula zusammengetragen wurde. Deutlich wird in den Formulierungen, dass man sich nicht auf die negativen Aspekte beschränken wollte, so schwierig sie in den einzelnen Weltgegenden auch wahrgenommen werden.

2. Teil: Die Berufung der Familie – Unterscheidung der Geister

Teil 2, der theologische Teil, stellt die Formulierung „Berufung der Familie“ an den Anfang und stellt sie damit anderen „Berufungen“ gleich. Normalerweise benutzt die Kirche dieses Wort nur für Priester und Ordensleute, hier erfolgt also eine deutliche Aufwertung. Diese Berufung der Familie – so der Text – empfängt ihre kirchliche Form durch die sakramentale Verbindung, welche die eheliche Beziehung als unauflöslich heiligt. Gegenseitige Hingabe und Offenheit für Kinder sind Zeichen der Gnade des Heiligen Geistes, lebendiges Zeichen für die Einheit Christi mit der Kirche, heißt es weiter (36).

Der Text betont die Zugehörigkeit zu den anderen Sakramenten: Man könne die Ehe nicht losgelöst betrachten, es gebe eine „göttliche Pädagogik“, Gott handle im Leben der Christen und führe zur Integration in seine Gemeinschaft (37). Der Teil schaut auf die Bibel als Quelle, auf die Lehren der Päpste von Paul VI. bis Franziskus und des Zweiten Vatikanums, und er fasst die Lehre der Kirche zu Sakramentalität, Zugehörigkeit zur Schöpfung, Offenheit für das Leben und Unauflöslichkeit zusammen. Dieses sakramentale Band zu brechen, sei gegen den Willen Gottes, so glaubt die Kirche. Gleich hier wird aber auch auf die „Komplexität der verschiedenen Situationen“ hingewiesen, welche eine „Unterscheidung“, also eine reflektierende Anwendung auf die einzelnen und unterschiedlichen Wirklichkeiten nötig mache (51). Hier erscheint – sowohl im Gedanken der Begleitung von Ehen in Schwierigkeiten als auch bei der Vorbereitung auf die Ehe – der Wegcharakter der Pastoral der Kirche (53 f).

3. Teil: Die missionarische Familie

Teil 3 verbindet das Sprechen von der Familie mit dem Sprechen von Dienst und „Mission“, also dem Auftrag der Kirche. Gemäß dem Leitprinzip dieses Teils – Handeln – geht es um praktische Bereiche. Nicht die Norm, sondern die Verkündigung der Gnade Gottes stehe im Vordergrund (56). Zunächst geht es um die Vorbereitung auf die Ehe, dann um die Feier und die weitere Begleitung; auch hier dominiert der Wegcharakter der Pastoral. Es geht um verantwortete Elternschaft, um Adoption, Schul- und Erziehungsfragen.

Kapitel 3 behandelt dann die „komplexen Situationen“ (69-86). Dieses Thema nimmt den breitesten Raum im Dokument ein. Prägend ist der „Weg“, der in pastoralen Situationen eingeschlagen wird; der Text denkt dynamisch, nicht in Festlegungen, es geht um das Gehen auf dem Weg zur „vollen Sakramentalität“, um einen „Weg des Wachsens“, etc. (69, 71). Der Text spricht vor allem von den konkreten Umständen, wie sie etwa von verschiedenen Kulturen geprägt werden.

Darauf müsse eine „differenzierte Pastoral“ antworten, es könne nicht eine einzige Antwort auf verschiedene Umstände geben (73). Auf dem Weg brauche es Begleitung, die wiederum von Barmherzigkeit geprägt sein müsse. Es gehe ums Zuhören und Versöhnung, aber auch um Gerechtigkeit im Fall einer gescheiterten Ehe, vor allem für die Kinder.

Im Abschnitt mit dem Titel „Unterscheidung und Integration“ (84-86, oben schon einmal angedeutet) geht der Text dann darauf ein, wie das geschehen kann: „Die Logik der Integration ist der Schlüssel für ihre pastorale Begleitung“, sagt er über die wiederverheirateten Geschiedenen. So gelte es darüber nachzudenken, wie praktizierte Formen des Ausschlusses in Pastoral, Liturgie, Erziehung oder auch in Beteiligung in den Institutionen überwunden werden können. Auf die Zulassung zu den Sakramenten geht der Text nicht ein. Er sagt aber, dass alle Beteiligten „verpflichtet sind, die Situation gut zu unterscheiden“, d.h. die Realität im Blick des Glaubens gut in den Blick zu nehmen. Diese Unterscheidung solle „nach der Lehre der Kirche und unter der Anleitung des Bischofs“ geschehen.

An einer Stelle wird es recht kompliziert: „Man kann nicht übersehen, dass es Situationen gibt, in denen Anrechenbarkeit einer Tat und Verantwortung für sie durch verschiedene Bedingungen vermindert, ja sogar aufgehoben“ sind (siehe Katechismus § 1735). Ein Urteil über eine objektive Situation muss deswegen nicht in den konkreten Umständen zu denselben Ergebnissen führen. „Die pastorale Unterscheidung, das recht gebildete Gewissen der Menschen einbeziehend, muss sich dieser Situationen annehmen. Auch die Konsequenzen der Handlungen sind nicht immer in allen Fällen dieselben.“

Wie soll das geschehen? „Im Gespräch mit dem Priester, im Forum Internum, geschieht das Bilden des rechten Urteils über das, was einer volleren Teilhabe am Leben der Kirche entgegensteht, und über die Schritte, welche diese wachsen lassen.“ Das nehme nichts weg von dem, was die Wahrheit und die Nächstenliebe des Evangeliums geböten.

Abschließend geht es um die Spiritualität der Familie, aufbauend auf der Trias „Entschuldigung, Danke, Bitte“, die Papst Franziskus immer wieder ins Zentrum des familiären Verhaltens setzt (87). Familien sollen Handelnde in der Pastoral der Kirche sein, nicht nur als Objekt der Pastoral behandelt werden. So wird die Familie das, was Papst Franziskus von der ganzen Kirche will: missionarisch.

Ein Gebet schließt das Dokument ab. (rv)

Ravasi: Schon die Apostel schlossen Kompromisse

Kardinal Gianfranco RavasiSchon in den Evangelien wird das Thema Ehe und Familie „ganz unterschiedlich durchdekliniert“. Darauf macht Kurienkardinal Gianfranco Ravasi im Gespräch mit Radio Vatikan aufmerksam. So sei der erste Evangelist Markus „radikal“, wenn er Jesus von der Unauflöslichkeit der Ehe sprechen lasse. „Matthäus wiederholt diese Radikalität, nennt dann aber eine Ausnahme; das bedeutet, dass er das pastorale Problem in seiner Komplexität wahrnimmt.“ Ravasi bezieht sich damit auf einen Satz Jesu in Matthäus 19: ‚Ich sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch.’

Der Präsident des Päpstlichen Kulturrates vergleicht die Bischofssynode mit dem sogenannten Apostelkonzil von Jerusalem, von dem das 15. Kapitel der Apostelgeschichte berichtet. Dort sei ein „Kompromiss“ zwischen juden- und heidenchristlichen Positionen geschlossen worden. Allerdings habe sich später herausgestellt, „dass das Problem dadurch nicht völlig gelöst wurde“, weil die vom Apostelkonzil behandelte Frage im Lauf der frühen Kirchengeschichte noch mehrfach aufgetaucht sei.

Von der Synode erhofft sich Kardinal Ravasi, dass sie konfessionell oder religiös gemischte Ehen und Familien ganz neu in den Blick nimmt. Der interreligiöse Dialog und das Gespräch mit den Nichtglaubenden, „die wir auf höherer Ebene zu knüpfen versuchen“, sollten jetzt auch „in den Bereich der Familien durchbrechen“. (rv)

Synode: Kritischer Brief an den Papst war „privat“

Pater Lombardi PressekonferenzEin kritischer Brief an den Papst aus der Hand von 13 Synoden-Kardinälen sorgt für Unruhe. Vatikansprecher Pater Federico Lombardo bestätigte am Dienstag die Existenz des Briefes. Der australische Kurienkardinal Pell habe klargestellt, der Brief sei „privat“ und nicht zur Veröffentlichung gedacht gewesen, erklärte Lombardi. In dem Schreiben kritisierten die 13 Kardinäle, unter ihnen Pell, die neue Vorgangsweise der Synode. Der Synoden-Generalsekretär und Papst Franziskus selbst hätten sich indirekt auf diesen Brief bezogen, als sie am vergangenen Dienstagmorgen unerwartet das Wort in der Synodenaula ergriffen, so Lombardi. Franziskus hatte den Brief am Montag, dem ersten Arbeitstag der Synode, erhalten.

Das Medium, das diesen Text mitsamt den Unterschriften nach mehreren Tagen veröffentlichte, habe „einen Akt der Störung begangen, der von den Unterzeichnern nicht beabsichtigt war, zumindest von einigen der wichtigsten“, sagte Lombardi weiter. Es überrasche nicht, dass zur Methode der Synode Anmerkungen gemacht würden. Aber wenn sie einmal angenommen wurde, bemüht man sich, sie so gut wie möglich umzusetzen. Und das ist der Fall.“ „Mindestens vier“ der genannten Kardinäle hätten abgestritten, den Brief unterschrieben zu haben: Scola, Vingt-Trois, Piacenza und Erdö. Die Namen der übrigen involvierten Kardinäle nannte Lombardi nicht.

Überdies habe Kardinal Wilfried Fox Napier aus Südafrika um eine Klarstellung gebeten, fuhr Lombardi fort. In einem Interview mit „Crux“ habe Napier keineswegs erklärt, er zweifle das Recht des Papstes an, die zehn von ihm gewählten Relatoren der Synode zu ernennen. Er habe in dem Interview das genaue Gegenteil gesagt, ließ Napier durch Lombardi klarstellen.

Zuvor hatte bereits der australische Kurienkardinal George Pell die Existenz des Briefes bestätigt. Mehrere Kardinäle hätten in dem „privaten“ Schreiben dem Papst ihre Sorgen zur laufenden Bischofssynode vorgetragen, eine Veröffentlichung sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Text, den die italienische Zeitschrift Espresso am Montag ins Internet gestellt hatte, entspreche nicht gänzlich dem tatsächlichen Brief an den Papst, so Pell. Auch was die Liste der unterzeichnenden Kardinäle betreffe, gebe es „Irrtümer“. Mehrere Kardinäle hatten am Rand der Synode bekräftigt, sie hätten diesen Brief nicht unterschrieben.

Kardinal Pell betont, dass es in der Bischofssynode zum Thema Ehe- und Familienpastoral in den meisten Punkten einen starken Konsens unter den Teilnehmern gebe. Allerdings spreche sich eine Minderheit der Synodenväter für eine Änderung der Regeln zum Kommunionempfang aus. Pell sieht aber „keine Möglichkeit, an dieser Lehre etwas zu ändern“. Außerdem spricht der Kardinal von einer Sorge bei vielen Synodenvätern, was die Zusammenstellung des Redaktionskomitees für das Synoden-Schlussdokument betreffe. Diese Sorge gelte auch dem Prozess, wie das Dokument den Synodenvätern am Samstag nächster Woche präsentiert und zur Abstimmung gestellt werden solle.

Papst Franziskus hatte am Dienstag letzter Woche in einer kurzen Rede vor der Synode einige Punkte angesprochen, auf die sich auch der Brief der Kardinäle bezieht. Dabei hatte Franziskus betont, die Synode dürfe sich nicht thematisch auf ein Thema wie etwa den möglichen Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene engführen lassen. An der kirchlichen Lehre zu Ehe und Familie werde nicht gerüttelt, sagte er weiter. Zum Redaktionskomitee des Schlussdokuments betonte der Papst, er habe dessen Mitglieder ernannt. (rv)

Bischöfe: „Gnade bedeutet keine Abkehr von der Lehre“

Kardinal GraciasEs sind die zwei Denkschulen, die bei der katholischen Kirche in Bezug auf Ehe und Familie zusammenkommen. Die französischen Sprachgruppen haben am Samstag beim Pressebriefing im Vatikan hervorgehoben, dass sich kirchliche Lehre und die Barmherzigkeit bei den Beratungen gegenüberstanden. Die Bischöfe hätten sich zudem gefragt, was die Kirche in den letzten 50 Jahren unabhängig von „äußeren, feindlichen Kräften“ falsch gemacht habe. Wo lägen die Schwächen der Kirche selbst?

Die englischsprachigen Bischöfe wiederum betonten bei ihren Beratungen zum zweiten Teil des Synodenpapiers „Instrumtentum Laboris“, dass die Gnade mit Menschen mit sozialen Problemen nicht zwangsläufig eine Abkehr von der kirchlichen Lehre bedeuten müsse. Denn viele Menschen seien schlicht machtlos gegenüber den Schicksalen, die ihnen widerführen. Dennoch habe auch die Gnade bestimmte Regeln. Die Familie sei eine Schule für Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Die Familie sei aber auch Grundlage für organisierte Kriminalität und Diktaturen, denn hier herrsche eine Clan-Struktur und ein hoher Sinn für Loyalität. Umso mehr seien christliche Familien dazu aufgerufen, nach jenen zu schauen, die litten. „Ein Kind, das leidet, ist unser Kind“, so der Sprecher der englischen Sprachgruppen in dem Briefing.

Er betonte zugleich, dass es eine Verbindung gebe zwischen der Krise der kirchlichen Berufungen und der Krise der katholischen Ehe. Die Ehevorbereitung gelte es besser zu gestalten und man solle dabei stärker als bislang Bezug auf die Heilige Schrift nehmen.

Am Samstag sprach auch ein indisches Ehepaar zu den Bischöfen. Es war ein interreligiöses Paar, die Frau römisch-katholisch, der Ehemann Hindu. Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Mumbay, sprach sich wie viele Bischöfe für ein positiveres Familienbild aus, wo nicht nur die Probleme, sondern vor allem die Tiefe, Schönheit und Spiritualität der örtlichen Kirchen und ihren Familien hervorgehoben werde. Auch ältere Menschen verdienten eine Wertschätzung, da sie von der Gesellschaft aus ökonomischer Sicht oft als nutzlos angesehen würden. Dabei sorgten sie sich um die Enkel und deren spirituelle Entwicklung.

Auf die schwierige Lage der Christen in Indien angesprochen, übte sich der Kardinal in Zuversicht. Leiden und Martyrium gehörten auch zum Christentum dazu, doch die christliche Minderheit existiere nunmehr seit 2.000 Jahren in Indien. „Es ist eben erst Freitag, aber wir hoffen auf den Sonntag“, sagte der Kardinal. Was die Fluchtbewegungen vieler Menschen und auch Christen angehe, betonte Gracias, dass es wichtig sei, den Menschen in ihren Herkunftsländern Bedingungen zu schaffen, dass sie blieben. So ehrbar die Einladung von Franziskus sei, Flüchtlinge aufzunehmen. Es sei auch wichtig, dass die Weltgemeinschaft sich um die Heimatländer der Flüchtlinge kümmere. (rv)

Synode: Abstrakte Glaubenslehre vs. Seelsorge

 Kardinal CoccopalmerioDer Präsident des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, Kardinal Francesco Coccopalmerio, sieht in der Diversität der einzelnen 13 Sprachgruppen vor allem eine „Bereicherung“. Die Sprachgruppen werden in den kommenden Tagen die Basistexte zu neuen Fassungen formulieren. Die Gruppen seien im Allgemeinen von dem „freundschaftlichen und geschwisterlichen Umgang“ der Bischöfe geprägt: „Ich würde sagen, es gibt vor allem sehr viel Geschwisterlichkeit, vor allem in den Sprachgruppen (circoli minores), jetzt wo man sich besser kennt, spricht man freier. Das hat eine große Bedeutung, denn der Papst hat dies hervorgehoben. Die anderen Meinungen werden mehr geschätzt, auch wenn sie sich unterscheiden. Das scheint mir sehr positiv.“

Er wünsche sich einen weiteren Verlauf der Synode in einem friedlichen und geschwisterlichen Ambiente. Die Glaubenslehre selbst solle nicht verändert werden, denn sie sei für den Menschen. Man solle vielmehr den Menschen in seinem Leiden betrachten, und dann in der Glaubenslehre die richtigen Ansatzpunkte dafür suchen und nicht in einer umgekehrten Reihenfolge. Denn die Glaubenslehre „sei für das Gute der Menschen“ und das Pastorale sei „das Gute der Menschen“.

„Man kann sagen, dass wir eine abstrakte Glaubenslehre dem Pastoralen gegenüberstellen, aber nicht die Glaubenslehre dem Pastoralen. Die Lehre muss nämlich, in ihrem innersten Kern, konkrete Probleme beleuchten und lösen.“

Mit der Vereinfachung des Verfahren der Ehe- Annullierung für Katholiken habe Papst Franziskus bereits eine erste Antwort, auf den ersten Teil der Synode gegeben, so der kirchliche Rechtsexperte. Dadurch seien die Ehenichtigkeitserklärungen zwar schneller möglich, aber das Ziel sei es in dem Eheannullierungsprozess die Wahrheit, die Realität herauszufinden. „Das ist ein fundamentales Postulat. Die Geschwindigkeit, aber, soll die Wahrhaftigkeit der Untersuchung und des Beschlusses nicht belasten“, betont Kardinal Coccopalmerio. (rv)

Vatikan: Vorbereitungspapier für Bischofssynode 2012

 Am kommenden Freitag stellt der Vatikan das erste Vorbereitungspapier für die 13. Ordentliche Weltbischofssynode vor. Die Synode wird vom 7. bis 28. Oktober 2012 stattfinden. Thema des Treffens wird die „Neuevangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens" sein. Bei dem Vorbereitungspapier werden bereits die ersten Themen angesprochen. Auch liegt ein Fragebogen bei. Diese wird an alle Bischofskonferenzen und katholische Institutionen zugeschickt. Auf Grundlage der Antworten erstellt das Synodensekretariat unter Leitung des kroatischen Erzbischofs Nikola Eterovic dann das „Arbeitspapier" („Instrumentum laboris"). Es bildet die thematische Grundlage der Beratungen und erscheint in der Regel einige Monate vor Synodenbeginn. Die letzte Ordentliche Bischofssynode befasste sich im Herbst 2008 mit der Bedeutung und der Rolle der Bibel für das Leben der Kirche. (rv)