Malta vor dem Papstbesuch: „Neue Offenheit“?

In 24 Stunden bricht Papst Benedikt XVI. zu seiner 14. Auslandsreise auf die Insel Malta auf. Dort will er an die Landung des Apostels Paulus auf dem Archipel erinnern, das zwischen Sizilien und Tunesien liegt. Vorgesehen ist ein Besuch Benedikts in der „Paulusgrotte“, eine große Messfeier unter freiem Himmel und ein Treffen mit Jugendlichen. Wie die Malteser den Papstbesuch aufnehmen, verrät der Erzbischof von Malta, Paul Cremona, im Interview mit Radio Vatikan:
„Die Bevölkerung wartet gespannt auf den Papstbesuch.. Vor allem die Kirche sagt den Gläubigen, sich vorzubereiten und den Papst willkommen zu heißen. So wie es die Malteser vor fast 2000 Jahren taten, als der Heilige Paulus zu ihnen kam. Sie haben ihn mit Liebe und Gastfreundschaft aufgenommen.“
Angesichts der Missbrauchskrise hat auch die maltesische Kirche Aufklärungswillen gezeigt. Erzbischof Cremona bekräftigt:
„Wir wollen unser Bestes geben, um all diese Missbrauchsfälle in der Kirche aufzuklären. Wir haben alle Menschen Maltas dazu aufgerufen, uns über Missbrauchsfälle zu informieren und uns dabei zu helfen, diese Verbrechen aufzuklären.“
Dass der Besuch Benedikts das Glaubensleben der Insel neu beleben kann, von dieser Hoffnung ist auch in der Bevölkerung etwas zu spüren. Die deutsche katholische Publizistin Livia Leykauf lebt seit einigen Jahren auf Malta. Unser Korrespondent Stefan Kempis hat mit ihr gesprochen.
Was kann man sich vom Papstbesuch hier auf Malta erwarten?
„Viele erhoffen sich eine Neubelebung des Glaubens; ich denke auch, dass eine neue Offenheit und mehr Gespräch durch den Papstbesuch angeregt werden. Da ist schon viel passiert…“
In welcher Hinsicht mehr Gespräch?
„Es gab hier in den letzten Tagen eine Pressekonferenz von zehn Männern, die in einem katholischen Waisenhaus sexuell missbraucht worden sind – diese ganze Sache ist seit sieben Jahren vor Gericht anhängig, und nichts passiert. Doch durch den Papstbesuch ist da wirklich Bewegung hineingekommen; Menschen kommen miteinander darüber ins Gespräch… über Dinge, die vorher vollkommen tabuisiert wurden. Der Erzbischof hat sie empfangen; beide Seiten haben von einem sehr offenen, sehr warmen, sehr verständnisvollen Gespräch berichtet. Das ist etwas Neues, was hier passiert. Was auch passiert und was ich bisher noch nie wahrgenommen habe, ist auch, dass sich gewisse kirchenkritische Töne vernehmen lassen, die bisher irgendwo versteckt waren. Also, ich erlebe es so, dass durch diesen Papstbesuch Dinge auf eine gute Weise aufbrechen – auch wenn es kritische oder sehr schwierige Dinge sind. Es bewegt sich etwas – und das ist, glaube ich, ganz wichtig für Maltas Kirche.“
Paulus wurde vor 1950 Jahren sehr herzlich aufgenommen, notiert Lukas. Wäre das heute ganz anders?
„Das wäre heute ganz anders, zumindest wenn er nicht weißer Hautfarbe wäre…!“
Da mag die Katholikin Recht haben – die Situation der Mittelmeerflüchtlinge, die auf die Insel kommen, ist schrecklich. Wir haben einen Abstecher in ein maltesisches Auffanglager gemacht, in dem Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern bis zu 18 Monate festsitzen, während sie auf Bearbeitung ihrer Asylanträge warten. In einem solchen Auffanglager hat Stefan Troendle vom ARD-Hörfunk mit Collin aus Nigeria gesprochen:
„Ich wäre ja in meinem Land geblieben, das ist ok für mich. Es hängt mit den Problemen zusammen, die ich dort habe wegen der Regierung, wegen der religiösen und politischen Krise in Nigeria. Es gibt viele Familie, die Probleme haben und weg müssen; wenn sie bleiben, werden sie umgebracht. In anderen Ländern ist es doch ähnlich. Deswegen kommen so viele hierher – und nicht freiwillig. Ich habe hier Asyl beantragt, aber ich würde jedes europäische land bevorzugen, wo es so etwas wie Menschenrechte gibt. In Malta gibt es die nämlich nicht.“ (rv)