Missbrauch – Wie weiter? Ein Kommentar

Es ist noch nicht vorbei. Die Kirche – in den deutschsprachigen Ländern wie auch in Rom – ist nach der Aufdeckung der Missbrauchsfälle und den Debatten des letzten Jahres wieder in den Alltag zurück gekehrt. Denn da ist die Missbrauchsdebatte angekommen: Im Alltag.
Leider gibt es immer noch – oder schon wieder – die Tendenz, mehr als nur das zu tun und ganz zur Tagesordnung überzugehen. Damit das nicht geschieht, müssen die Lektionen gelernt werden. Und dazu dient der heute veröffentlichte Rundbrief der Glaubenskongregation.
Der Kongregation geht es um grundsätzliche Punkte: Zuerst muss den Opfern zugehört und ihnen geholfen werden. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht, immer noch nicht. Noch immer wird zu viel über die Täter gesprochen. Vor allem die praktischen Punkte sind hier sehr klar: Der Respekt vor den Geschädigten und ihrer Situation wird sehr ernst genommen.
Zweitens geht es um Programme zur Prävention und die Ausbildung von Priestern und Ordensleuten: Die Erfahrungen der letzten Jahre sollen also auf keinen Fall abgelegt, sie sollen in die Praxis und den Alltag der Ausbildung eingehen.
Drittens möchte ich die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden nennen. Immer wieder wird behauptet, der Vatikan wolle vermeiden, dass die Strafverfolgungsbehörden sich um Missbrauch in der Kirche kümmern, man wolle das geheim halten und so weiter. Die Glaubenskongregation sagt noch einmal sehr klar, dass sich die einzelnen Ortskirchen nach dem Zivil- und Strafrecht ihrer Länder richten müssen. Daran führt kein Weg vorbei.
Ein letzter Punkt: Es ist ein Rundbrief, der dazu auffordert, Leitlinien zu erstellen. Viele Bischofskonferenzen haben schon Leitlinien, die Kongregation besteht aber darauf, dass diese noch einmal angeschaut und abgeklopft werden. Übersetzt könnte man sagen, dass die Bischofskonferenzen und die Kirchen und die verantwortlichen Mitarbeiter weiter über dieses Thema sprechen sollen. Denn es ist und bleibt ein Thema, das wir nicht einfach hinter uns lassen können, sondern das zu unserem Alltag dazu gehört. (rv)