Irak: Absetzung von christlichem Bürgermeister „bedrohlich“

Niniveh-Ebene im Irak, kurz nach dem Niederringen des sogenannten Islamischen Staates und der zaghaften Rückkehr der zuvor vertriebenen christlichen Bevölkerung: Die Abberufung des christlichen Bürgermeisters in der Christenstadt Alqosh im nordirakischen Kurdengebiet löst Befremden aus. In einem unüblichen Eingriff hatte die Übergangsregierung der Niniveh-Provinz die Einsetzung eines neuen Bürgermeisters aus der Kurdischen Demokratischen Partei (PDK) verfügt. Radio Vatikan sprach mit dem Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche, Patriarch Louis Raphael I. Sako von Babylon:

„Das ist ein sehr gefährlicher Vorgang, denn der Bürgermeister, der Gouverneur von Alqosh, oder die Vorsteher der Dörfer der Niniveh-Ebene sind vom Volk gewählt: da darf nicht eine Partei wählen, eingreifen oder ersetzen. Das ist sehr gefährlich für uns, denn die Rechte der Bewohner dieser Ansiedlungen sind zu wahren. Wir haben reagiert, geschrieben, auch mit dem Präsidenten der Republik gesprochen, und wir hoffen, dass sich die Dinge bessern.“

Die früher 10.000 Einwohner umfassende Stadt Alqosh befindet sich etwa 30 km nördlich von Mossul im Nordirak. Aus Mossul meldet Human Rights Watch Exekutionen von Personen, die im Verdacht stehen, mit dem „Islamischen Staat“ paktiert zu haben. Der Patriarch hält das für nicht ausgeschlossen. „Alles kann vorkommen, es ist ein Krieg, es gibt keine Kontrolle. So viele Leute waren mit dem IS verbunden, man weiß nicht mehr, wer Feind und wer Freund ist. Westmossul ist zu 80 Prozent zerstört. Von zehn Krankenhäusern, die es in der Stadt gab, liegen neun in Schutt. 63 Kirchen und Moscheen wurden zerstört und 11.000 Häuser. Wohin sollen denn die Leute zurückkehren? Und die Regierung hat kein Geld. Wirklich, es ist eine große Angst für alle.“

Und Patriarch Sako appelliert an sein Land, jetzt, nach dem Ende der immensen äußeren Bedrohung, die inneren Spaltungen zu überwinden. „Dieser Sieg (über den „Islamischen Staat“) muss ein Sieg für die Versöhnung der irakischen Politiker sein. Schluss mit Spaltungen, Konflikten, Krieg! Sie müssen dazulernen und Respekt und Barmherzigkeit für die leidende Bevölkerung haben.“ (rv)