Papstbesuch bei Lutheranern: Mehr möglich als Bedenkenträger meinen

Luther_95_ThesenDas Wort „Ökumene“ hat Papst Franziskus gar nicht benutzt, aber dennoch ist ihm ein großer Schritt gelungen. Das sagt der Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Rom, Jens-Martin Kruse, nach dem Besuch des Papstes in seiner Kirche an diesem Sonntag. Wir haben mit Kruse direkt nach dem Besuch gesprochen. „Ich glaube, dass wir heute ein schönes und verbindendes Zeichen gesetzt und vielleicht sogar aufgezeigt haben, dass man tatsächlich noch mehr in der Ökumene machen kann, dass der Papst ganz willig und bereit ist und mit großer Offenheit uns gegenüber ein Zeichen gesetzt hat. Das gibt unglaublich Mut und, wie ich hoffe, auch Schwung – auch auf dem Weg Richtung 2017 [Reformations-Gedenken]. Es ist viel mehr möglich, als die Bedenkenträger immer meinen!“

In einer Antwort auf eine ihm gestellte Frage hatte Papst Franziskus gesagt, dass er als Papst nicht einfach erlauben dürfe, dass gemischt-konfessionelle Paare zur Kommunion gehen. Aber dann hatte er auf das Gewissen und das gemeinsame Gebet des Paares verwiesen. Dass ihm diese Frage selber auch ein Anliegen ist, bewies der Papst in seinem Gastgeschenk: einem Kelch, wie die katholische Kirche ihn zur Eucharistie und die lutherische Kirche zum Abendmahl verwendet. „Das ist natürlich ein wirklich spektakuläres Geschenk und eine tolle Geste“, so Pfarrer Kruse. „An der Stelle, wo es eben noch keine Gemeinschaft gibt, das Zeichen zu setzen, dass wir diese Gemeinschaft wollen, dass wir dieses gemeinsame Abendmahl wollen. In diesem Sinn hat der Papst ja auch sehr fein auf die ihm gestellten Fragen nach der Gemeinschaft im heiligen Abendmahl geantwortet. Ich glaube, dass man da heute sehr dankbar sein darf für das Geschenk, das er uns gemacht hat. Das wird uns hier in Rom in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren tragen.“

Bisher waren Papst Franziskus Zeichen in Richtung Ökumene mit der Orthodoxie gelungen und Begegnungen mit evangelikalen Christen, nun ist auch das Kapitel der „klassischen“ Ökumene mit den Kirchen der Reformation geöffnet. Pfarrer Jens-Martin Kruse ist hoffnungsvoll, dass das für seine Gemeinde und seine ganze Kirche noch zu mehr führt. „Wir haben im Kleinen gezeigt, was ökumenisch möglich ist. Und der Papst hat verstanden, auf die Herzlichkeit und Nähe der Gemeinde mit genau dieser Herzlichkeit und Nähe zu antworten, und mit Geschwisterlichkeit. Ich glaube, dass im Kleinen deutlich geworden ist, dass auch im Größeren mehr möglich ist.“

Hintergrund

Papst Franziskus ist bereits der dritte Papst, der die Gemeinde in der Nähe der römischen Villa Borghese besucht hat. 1983 war als erster Papst überhaupt in einer lutherischen Kirche Papst Johannes Paul II. zu Gast, 2010 besuchte dann Benedikt XVI. die Kirche. Die Gemeinde ist evangelisch-lutherisch und vor allem – aber nicht ausschließlich – deutschsprachig, die Pfarrstelle wird immer von Deutschland aus besetzt. (rv)

1 Kommentar “Papstbesuch bei Lutheranern: Mehr möglich als Bedenkenträger meinen”

  1. Grüß Gott: Ökumene!  Das Wort wird wie ein Spielball hin und her geworfen – aber was tut sich wirklich? Streben beide Seiten ernsthaft danach, wieder zusammen zu kommen ? WAS trennt uns eigentlich immer noch? Müsste es nicht regelmäßige Treffen geben, um, sagen wir mal, einen Katalog (Luthers Thesen!) mit strittigen Punkten abzuarbeiten? Jede erreichte Übereinkunft sollte dann mit einem Halleluja gefeiert werden! Gibt es in der Kurie, außer Papst Franziskus, weitere begeisterte Fürsprecher? Wer sind die Hinderer? Sollten wir wieder einmal den Hl. Geist bemühen und ihn bitten, die Verantwortlichen beim nächsten Pfingstfest, wie ehedem, zu erleuchten?  Die Wieder-Vereinigung der Christen ist heute dringender denn je! Sie darf nicht durch ängstliche Kleingeister aufgehalten werden! Füllen wir neuen Wein in neue Schläuche!