Vatikan: „Mediensekretariat“ wird in „Dikasterium für Kommunikation“ umbenannt

Laut „Vatican News“ wird das Mediensekretariat des Heiligen Stuhls umbenannt in „Dikasterium für Kommunikation“.

Vaticanhistory – Martin Marker

Vatican News gab heute diese Umbenennung bekannt. Auf ihrer Website heißt es:

„Das „Sekretariat für Kommunikation“ soll fortan „Dikasterium für Kommunikation“ heißen, geht aus der Mitteilung hervor. Der Papst habe dies nach Anhörung der Kardinäle bereits im Februar 2018 entschieden. Die Änderung tritt am kommenden Sonntag in Kraft – mit Veröffentlichung in der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“.
Mit dem vatikanischen Mediensekretariat sind seit Juni 2015 alle Vatikanmedien zentral zusammengeführt. Im Zuge der Umstrukturierung des Mediensektors des Heiligen Stuhles ist das Sekretariat – jetzt Dikasterium – der zentrale Bezugspunkt des Vatikans in Fragen der Kommunikation“. 

(vh – mm)

Der Fall Fulton Sheen: Wann findet der große Medienapostel seine letzte Ruhestätte?

NEW YORK – Im Mittelalter mag ja in der Kirche mit harten Bandagen gekämpft worden sein – aber heute? Das nur schleppend fortschreitende Seligsprechungsverfahren von Erzbischof Fulton John Sheen zeigt, dass dies auch im 21. Jahrhundert möglich ist.

Konkret geht es um die sterblichen Überreste des großen Medienapostels des 20. Jahrhunderts, die sich gegenwärtig in der Kathedrale des heiligen Patrick mitten im New Yorker Stadtteil Manhattan befinden. Ein Gericht hatte am 8. Juni 2018 entschieden, dass der Leichnam nach Peoria in Illinois im mittleren Westen der Vereinigten Staaten von Amerika überführt werden müsse. Gegen diese Entscheidung wird nun wiederum von Vertretern der Erzdiözese New York geklagt.

Wie konnte es soweit kommen?

Die Hintergründe sind schnell erklärt: Im Jahre 2002 begann die Diözese Peoria mit dem Seligsprechungsverfahren für Fulton Sheen. 1919 war Sheen für dieses Bistum zum Priester geweiht worden. Zuvor hatte die Erzdiözese New York erklärt, man werde in der Angelegenheit eines möglichen Seligsprechungsverfahrens nicht die dafür notwendigen Schritte in die Wege leiten. Nachdem Papst Benedikt XVI. im Jahre 2012 den heroischen Tugendgrad des Erzbischofs offiziell anerkannt hatte, wurde das Seligsprechungsverfahren von Bischof Daniel Robert Jenky von Peoria eingestellt. Begründet wurde dieser unerwartete Schritt damit, dass von Seiten des Heiligen Stuhls darauf gepocht worden sei, dass die sterblichen Überreste von Erzbischof Sheen in Peoria sein müssten. Das Erzbistum New York bestreitet dies und erklärt, dem Vatikan sei es egal, wo sich der Leichnam der jeweiligen Person befinde, deren Seligsprechungsverfahren läuft.

Anfang Juni schloss sich das Gericht der Position von Joan Sheen Cunningham an, deren Onkel Erzbischof Fulton Sheen war. Sie hatte darum gebeten, die sterblichen Überreste in die Marienkathedrale von Peoria zu übertragen. Arlene Bluth, die zuständige Richterin, urteilte, „der Ort von Erzbischof Sheens letzter Ruhestätte wäre nicht seine Hauptsorge gewesen“. Es mache „vor dem Hintergrund seiner lebenslangen Hingabe an die katholische Kirche“ keinen Sinn, wenn er einen bestimmten Ort der Gelegenheit vorziehe, ein Heiliger zu werden.

Vertreter der New Yorker Kathedrale des heiligen Patrick reagierten bereits eine Woche später auf das Urteil, womit der „persönliche Wunsch“ des Erzbischofs bezüglich seiner letzten Ruhestätte missachtet werde. Es sei ihre Aufgabe, so die Vertreter der Kathedrale weiter, diese Wünsche zu respektieren. Die jüngste Entscheidung nehme diese Wünsche nicht ernst und „beruht stattdessen auf Spekulationen und Vermutungen“ anderer Personen.

Großes Potenzial schon in jungen Jahren

Bis heute ist Erzbischof Fulton John Sheen bekannt und beliebt bei englischsprachigen Katholiken, besonders in den USA. Zu Lebzeiten war er auch vielen Menschen, die mit der katholischen Kirche nichts zu tun hatten, ein Begriff, speziell durch seine erfolgreiche Fernsehsendung „Life Is Worth Living“. Hier in den deutschsprachigen Ländern können aber selbst fromme Katholiken mit dem Namen Fulton Sheen oft kaum etwas anfangen. Wer also ist dieser heiligmäßige Mann, der nicht nur in Funk und Fernsehen segensreich tätig war, sondern auch als Autor zahlreicher Bücher?

Der spätere Erzbischof erblickte am 8. Mai 1895 im Bundesstaat Illinois das Licht der Welt und wuchs dort zunächst auf einer Farm auf. Zwar wurde er auf den Namen Peter John getauft, war aber sein Leben lang unter dem Mädchennamen seiner Mutter, Fulton, bekannt. Seine Mutter weihte ihn der allerseligsten Jungfrau Maria – und Sheen erneuerte diese Weihe anlässlich seiner ersten heiligen Kommunion. Noch im jungen Alter zog Sheen mit seiner Familie nach Peoria in Illinois, um ihm dort eine bessere Schulbildung zu ermöglichen.

In der Kathedrale von Peoria ministrierte er häufiger bei der bischöflichen Messe. Eines Tages, Sheen war erst acht Jahre alt, fiel ihm das Kännchen mit Wein auf den Boden und zerbrach. Nach der Messe sprach der Bischof mit dem verängstigten Jungen und sagte zweierlei voraus: Sheen werde im belgischen Löwen studieren und irgendwann ganz wie er, der Bischof, sein.

Nach dem Schulbesuch in Peoria ging Fulton Sheen an eine Universität und trat schließlich ins Priesterseminar in St. Paul in Minnesota ein, einem nördlich von Illinois gelegenen Bundesstaat. Am 20. September 1919 wurde er mit 24 Jahren zum Priester geweiht. Damals fasste er den Vorsatz, täglich eine eucharistische heilige Stunde vor dem Allerheiligsten zu halten. Bald darauf wurde der erste Teil der Prophezeiung des Bischofs von Peoria wahr: Sheen ging zunächst zum Weiterstudium in die Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika, Washington, dann nach Löwen in Belgien sowie Paris und Rom.

Nach kurzem Wirken in einer Pfarrei in Peoria ging es für Fulton Sheen zurück nach Washington, wo er an der katholischen Universität mehr als 20 Jahre lang philosophische und theologische Vorlesungen hielt. Damals wurde auch seine besondere Begabung als Prediger entdeckt. So hielt er beispielsweise bei der jährlichen Messe der Universität zu Ehren des heiligen Thomas von Aquin die Festpredigt.

Karriere beim Radio

Im Jahre 1926 machte Fulton Sheen seine ersten Erfahrungen im Radio. Er reiste nach New York, um eine Reihe von Fastenpredigten aufzunehmen. Vier Jahre später wurde er gebeten, für die Sendung „The Catholic Hour“ für die Wochen im Sommer die Moderation zu übernehmen. Nachdem seine Zeit als Vertretung für den eigentlichen Moderator vorüber war, zeigte sich die Hörerschaft so begeistert, dass Sheen künftig zumindest wöchentlich bei der Sendung zu Gast war – und zwar bis 1950! Die Ansprachen des Priesters und Professors waren allerlei verschiedenen Themen gewidmet, etwa der Jungfrau Maria oder dem Kommunismus.

Die große Bekanntheit, die Sheen durch seine Auftritte im Radio erlangte, brachte viel Arbeit mit sich: „Während der letzten Jahre habe ich zwischen 75 und 100 Briefe pro Tag bekommen, die persönliche Aufmerksamkeit erfordern.“ Vor dem Hintergrund der Vorlesungen, die jeweils mindestens sechs Stunden Vorbereitung erforderten, zeigte Sheen sich „physisch erschöpft“. Er wolle aber nicht vor diesen Gelegenheiten für das Apostolat zurückweichen, so Sheen. Zu Radiosendung, Vorlesungstätigkeit und den zahlreichen Briefwechseln gesellten sich viele Vorträge im ganzen Land, so bei Volksmissionen, Einkehrtagen und Treffen katholischer Organisationen. Schließlich schrieb Sheen während seiner Zeit als Professor in Washington 34 Bücher, wozu nach seiner akademischen Laufbahn noch 32 weitere kamen.

Bischofsweihe in Rom und eigene Fernsehsendung

1950 wurde Sheen aufgrund seiner Verdienste im Medienapostolat der nationale Direktor der Gesellschaft für die Verbreitung des Glaubens, womit er 129 Direktoren auf Diözesanebene vorstand. In Rom wurde er am 11. Juni 1951 zum Bischof geweiht. Einige Monate später begann er seine wöchentliche Fernsehsendung „Life Is Worth Living“, mit der er bis 1957 zur besten Sendezeit 30 Millionen Menschen erreichen sollte – Traumquoten damals wie heute. So sicherte Sheen sich 1953 auch einen Emmy, den bedeutsamen US-amerikanischen Fernsehpreis.

Die Sendungen sind bis heute Klassiker: Die Ansprachen werden beispielsweise vom katholischen Fernsehsender EWTN übertragen, sie können auf CD angehört oder über DVD angeschaut werden. Auch auf der Videoplattform YouTube gibt es zahlreiche vollständige Episoden, die für interessierte Personen, die des Englischen mächtig sind, zur Verfügung stehen. Auch in Buchform sind zumindest einige der wöchentlichen Ansprachen erhältlich.

Zweites Vatikanum und Diözesanbischof

Wie alle Bischöfe der Welt war auch Fulton Sheen von 1962 bis 1965 in Rom, um dort am Zweiten Vatikanischen Konzil teilzunehmen. Zweifellos spielte Sheen keine derartig große Rolle wie etwa ein Kardinal Frings oder, auf der „Gegenseite“, ein Kardinal Ottaviani. Dennoch erinnerte sich viele Jahre später Papst Benedikt XVI., der damals als Peritus, also theologischer Experte und Berater, am Konzil teilnahm: „Dann war da Fulton Sheen, der uns abends mit seinen Vorträgen faszinierte.“

1966 wurde Sheen Bischof von Rochester und damit erstmals Oberhirte eines Bistums. Seinen Posten bei der Gesellschaft für die Verbreitung des Glaubens, für die er segensreich gewirkt hatte, gab er auf. Schon 1969 trat er von diesem Amt zurück. Der seit 1963 regierende Papst Paul VI. ernannte ihn daraufhin zum Erzbischof.

Ein treuer Sohn der Kirche“

In seinen letzten Lebensjahren blieb der Erzbischof weiter aktiv, besonders durch seine schriftstellerische Tätigkeit und Predigten. Er starb am 9. Dezember 1979 in seiner Privatkapelle vor dem Allerheiligsten und wurde in der Krypta der Kathedrale des heiligen Patrick in New York bestattet. Kurz vor seinem Tod war ihm noch vergönnt, Papst Johannes Paul II. auf dessen Reise in die Vereinigten Staaten persönlich zu begegnen. Dieser Papst, inzwischen selbst heiliggesprochen, stellte ihm das beste Zeugnis aus: „Sie haben gut vom Herrn Jesus Christus geschrieben und gesprochen. Sie sind ein treuer Sohn der Kirche.“ (CNA Deutsch)

Vatikan/Indien: Neuer Skandal mit indischem Kardinal Alencherry

Am Freitag ernannte Papst Franziskus Bischof Jacob Manathodath von der Diözese Syro-Malabar zum Apostolischen Administrator „Sede Plena“ der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly.

Vaticanhistory – Martin Marker

Die Syro-malabarische Kirche ist die größte katholische Kirche des östlichen Ritus in Indien und hat über 30 Bistümer im Land sowie vier weitere auf der ganzen Welt mit über fünf Millionen Mitgliedern. Im Jahr 2017 wurde der indische Kardinal George Alencherry vom Erzbistum Ernakulam-Angamaly zusammen mit zwei älteren Priestern und einem Immobilienmakler beschuldigt, illegal mehrere Grundstücke verkauft zu haben. Bei dem Verkauf entstand ein Verlust von 10 Millionen Dollar.

Nach bekannt werden des Falls, sagten Kritiker, der Grundstücksverkauf verstoße sowohl gegen kanonisches als auch gegen ziviles Recht. Die Vorwürfe gegen Kardinal Alencherry müssen derart gewichtig sein, dass nun der Papst am Freitag einen Apostolischen Administrator in dem Erzbistum des Kardinals eingesetzt hat.

Laut der US-Seite „Crux“ sagte der ehemalige Sprecher der Syro-malabarischen Synode, Pater Paul Thelakkat:

„Kardinal Alencherry wurde nicht ersetzt, ein Administrator wurde ernannt. Kardinal Alencherry werde keine „Verwaltungsangelegenheiten“ wahrnehmen“.

Wie „Crux“ weiter berichtet, hatte der Kardinal ein sechsköpfiges Komitee eingesetzt, um die zwischen dem 1. April 2015 und dem 30. November 2017 durchgeführten Landgeschäfte zu untersuchen. Der Ausschuss stellte fest, dass Kardinal Alencherry „davon wusste“ und an der Veräußerung des Grundstücks „beteiligt“ war.

Thelakkat betonte, dass die Ernennung eines Apostolischen Administrators „mit den Landgeschäften verbunden sein könnte“, wies jedoch darauf hin, dass in dem vatikanischen Schreiben, in dem die Entscheidung angekündigt wurde, kein solcher Grund erwähnt wurde.

„Keine der Befugnisse des Kardinals ist eingeschränkt, er bleibt immer noch Großerzbischof von Ernakulam. Kardinal Alencherry wird keine Verwaltungsangelegenheiten wahrnehmen „, wiederholte er.

Der neue Skandal um Kardinal Alencherry wirft kein gutes Licht auf das Pontifikat von Papst Franziskus und belastet zusätzlich das Ansehen des Kardinalskollegiums in der Weltkirche.

In Australien steht Kardinal George Pell wegen sexuellem Missbrauch vor Gericht, in Chile ist zu erwarten das Kardinal Francisco Javier Errázuriz Ossa sein Amt als Erzbischof von Santiago wegen Vertuschung von sexuellem Missbrauch verlieren wird. In Honduras steht Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga wegen einem Finanzskandal in der Kritik. Eine Untersuchung des Verdachts auf sexuellen Missbrauch gegen den US-amerikanischen Kardinal Theodore McCarrick hat aktuell “glaubwürdige und begründete” Befunde zutage gebracht.

Erschwerend kommt in diesen Fallen hinzu, dass drei der vier letztgenannten Kardinäle in wichtigen vatikanischen Ämtern sitzen und in die laufende Kurienreform des Papstes mitgestalten. (vh – mm)

Auswege aus dem „Kommunionstreit“: Marianne Schlosser über die Suche nach Einmütigkeit

KÖLN – Die katholische Kirche in Deutschland sucht bei der Kommunion den richtigen Weg im Umgang mit nicht-katholischen Ehepartnern. Wie ist dieser zu finden? Ein Vorschlag kommt nun aus Reihen der Päpstlichen Theologenkommission: Im Interview mit Jan Hendrik Stens vom Kölner Domradio“ spricht die Forscherin Marianne Schlosser über mögliche Auswege aus der Debatte um den rechten Empfang der heiligen Kommunion.

Die Leiterin des Fachs Theologie der Spiritualität an der Universität Wien ist auch Beraterin der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz und Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologischen Kommission.

Frau Professor Schlosser, die Eucharistie ist einer der Schwerpunkte Ihrer Forschung. Vor fünf Jahren sagten Sie während eines Vortrags zum Eucharistischen Kongress in Köln, dass man den Herrn nicht wie ein Stück Brot essen könne, sondern ihn empfangen und erkennen müsse. Was meinten Sie damit?

Prof. Dr. Marianne Schlosser: Ich meinte damit, dass man die Kommunion als das, was sie bezeichnet, nämlich als eine Begegnung verstehen muss; eine Begegnung mit einer Person. Empfangen heißt jemanden aufnehmen. Das ist ein personaler Akt, der mit Erkennen und mit Liebe zu tun hat; und diese Begegnung verändert, verwandelt einen auch.

Nach katholischem Verständnis bleiben die Empfangenden nicht passiv, sondern sie übergeben sich an Christus, lassen sich hineinnehmen in seine Lebenshingabe an Gott Vater. Das bedeutet natürlich auch, die Kommunion im Zusammenhang mit der Kirche als dem Leib Christi zu verstehen, in den die Kommunizierenden immer tiefer eingefügt werden.

Sie arbeiten und lehren im – wenn auch deutschsprachigen – Ausland. Wie schaut man von dort auf den Streit der deutschen Bischöfe um den Kommunionempfang nicht-katholischer Ehepartner?

Schlosser: Deutschland ist eines der Länder, in denen gemischt konfessionelle Ehen eine besondere pastorale Situation darstellen. Österreich ist in manchen Dingen ähnlich, aber dort gibt es auch eine ausgeprägte Sensibilität für die Ökumene mit den Ostkirchen. Für die orthodoxen und die altorientalischen Kirchen, die uns im Sakramentsverständnis sehr viel näher stehen, sind Kirchengemeinschaft und Kommuniongemeinschaft miteinander engstens verbunden.

Daher muss man auch bedenken – ich glaube, das wäre eine gerechtfertigte Ermahnung oder Einspruch, Erinnerung –, dass wir es nicht nur mit nicht-katholischen Christen auf der Seite der reformatorischen Gemeinschaften zu tun haben, sondern auch berücksichtigen müssen, was das für Auswirkungen für das Verhältnis zwischen der römisch-katholischen Kirche und den Ostkirchen hat.

Das Kirchenrecht nennt für Ausnahmeregelungen neben der Todesgefahr auch die „schwere Notlage“. Papst Johannes Paul II. erklärte 2003 in seinem Lehrschreiben „Ecclesia de eucharistia“, dass eine solche bestehe, wenn die tiefe Sehnsucht nach dem Empfang des Sakraments nicht gestillt werden könne und der Glaube dadurch gefährdet sei. Wie äußert sich diese Sehnsucht bei den betroffenen Menschen?

Schlosser: Ursprünglich bedeutet „necessitas“ eine Notlage, die durch äußere Umstände verursacht wird. Daher werden in Can. 844, wie auch im Ökumenischen Direktorium objektive Umstände aufgeführt: etwa, wenn jemand, der den katholischen Glauben hinsichtlich der Sakramente teilt, um diese bittet, weil er keinen Geistlichen der eigenen Konfession erreichen kann. Die prinzipielle Verbindung von Kirchenzugehörigkeit und Teilnahme an den Sakramenten wird dadurch nicht aufgehoben.

Johannes Paul II. sprach an der zitierten Stelle von einer geistlichen Notlage Einzelner im Hinblick auf das ewige Heil – die deutsche Übersetzung als „Bedürfnis“ scheint mir zu flach –, aber er dachte dabei offensichtlich nicht an konfessionell-gemischten Ehen. Man sollte einmal genauer prüfen, ob diese Einzel-Aussage mit der sonstigen Lehre dieses Papstes harmoniert. Zieht man die Möglichkeit einer noch weiteren Deutung der „schweren geistlichen Notlage“ auf gemischt-konfessionelle Paare in Betracht, so wird sich jedenfalls die Frage nicht vermeiden lassen, welchen Stellenwert, welche Heilsbedeutsamkeit Sakramente generell im Selbstverständnis der reformatorischen Traditionen haben.

Wird diese von der katholischen Sicht unterschiedliche Auffassung nicht Auswirkungen auf das geistliche Leben der Person haben, die sich dauerhaft dieser Tradition verbunden fühlt? Auffällig jedenfalls ist, dass es in der gegenwärtigen Diskussion stets nur um den gemeinsamen Kommunionempfang geht; gibt es keine drängende Sehnsucht nach dem Bußsakrament oder der Krankensalbung? Die Eucharistie ist nach katholischen Verständnis „Quelle und Höhepunkt“ des geistlichen Lebens, gerade deswegen kann sie nicht losgelöst vom gesamten sakramentalen Leben der Kirche und der Kirche als Grundsakrament betrachtet werden. Unter diesen Umständen kann man die Sorge mancher Kritiker verstehen, die unstillbare Sehnsucht nach dem gemeinsamen Empfang des Sakramentes beziehe sich vor allem auf das Zeichen des gemeinsamen Mahles, von dem niemand ausgeschlossen sein möchte.

Mit dieser Akzentsetzung – der gemeinsame Kommunionempfang als ehestabilisierend – ist allerdings ein schwerwiegendes Problem verbunden, das bis jetzt nicht ausreichend in den Blick genommen scheint: Wie werden, wie sollen katholische Ehepartner mit der bereits seit langem ausgesprochenen Einladung von evangelischer Seite umgehen, am Abendmahl teilzunehmen? Die Frage kann man nicht einfach ausklammern oder mit einer Schutzbehauptung beiseite schieben, weil sie sich von selbst stellt. Wird nicht ein moralischer Druck entstehen, beim evangelischen Gottesdienst das Abendmahl zu nehmen?

… was ja bislang von katholischer Seite verboten ist.

Schlosser: Ja, das ist klar untersagt. Aber wenn man die Behebung der „geistlichen Notlage“ im gemeinsamen Empfang des Sakraments sieht, obwohl gleichzeitig große Unterschiede bestehen bleiben, dann tendiert doch die Entwicklung in Richtung Interkommunion. Das ist ja kein imaginiertes Szenario; es gibt genug Beispiele, dass Ehepaare zuweilen in die eine und zuweilen in die andere Kirche gehen, um dort Abendmahl oder Eucharistie zu empfangen. Nimmt die Handreichung es doch mit in Kauf, dass dieser Druck auf das Gewissen der katholischen Ehepartner – und auf das bisherige Kirchenverständnis, sicher auch das Johannes Pauls II. – entsteht?

Wenn manche Bischöfe und Theologen die geplante Handreichung in ihrer gegenwärtigen Form ablehnen, gleichzeitig aber die in den Gemeinden längst übliche Praxis still tolerieren, ist dann nicht der Vorwurf der Doppelmoral berechtigt?

Schlosser: Also da würde ich doch drei Punkte zu bedenken geben: Der erste Punkt ist, dass man jemanden an der Kommunionbank in den seltensten Fällen zurückweist. Das ist sozusagen eine klassische Regel, die man auch bei Albert dem Großen lesen kann. Manchmal kann man, ja muss man etwas übersehen, beispielsweise um einen günstigeren Zeitpunkt für die Klarstellung abzuwarten.

Aber ein zweiter Punkt ist, dass Bischöfe und Priester als eine erste Verantwortlichkeit die Verkündigung haben, also dass es nicht geht, dass man zu Dingen einfach schweigt oder sie laufen lässt, sondern dass diese Pflicht, den Glauben auch zu verkündigen, gerade durch das Zweite Vaticanum ausdrücklich eingeschärft worden ist. Im Dekret für die Priester „Presbyterorum ordinis“ steht am Anfang als erste Aufgabe die Verkündigung und zwar noch vor der Sakramentenspendung. Nicht weil diese weniger wichtig wäre, sondern weil ihr zeitlich die Katechese, die Verkündigung vorausgehen muss – vergleiche Canon 843 §2 CIC!

Und ein dritter Punkt: Es geht auch um die Verantwortung der Gläubigen. Die Gläubigen sollen Kenntnis davon haben, was sie tun, was die Eucharistie ist, was sie bedeutet, damit sie auch ihr Gewissen daran bilden können. Man kann nicht das Gewissen bilden, wenn man gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Das ist eine Aufgabe, die aus der Taufe resultiert und die für einen mündigen Glaubensvollzug erfüllt werden muss. Glauben hat eine innere Dynamik, wachsen zu wollen. Wenn jemand weiß, was das Sakrament der Eucharistie ist, was es bedeutet, dann wird auch das Staunen und die Freude am Glauben vertieft werden. Wenn jemand davon zu wenig weiß, dann könnte der Glaube auch schwächer oder manche Dinge gleichgültiger werden. Auch das ist eine Gefahr, die mit Nichtwissen verbunden ist: Relativismus.

Die Glaubenskongregation hat nun den gegenwärtigen Entwurf der Handreichung als „nicht zur Veröffentlichung reif“ bezeichnet und sich damit auf die Seite der Kritiker gestellt. Heißt das im Klartext, dass einer Handreichung grundsätzlich nichts im Weg steht?

Schlosser: Ich denke, als erstes muss man auch mal warten, was aus Rom an Vorschlägen und Vorgaben noch kommen wird. Das zweite ist, dass die Bischöfe auch miteinander sprechen oder gut abklären müssen, welche Zielsetzung eine solche Handreichung haben soll. Wenn der Heilige Vater gleich am Anfang darauf hingewiesen hat, dass die Bischöfe einmütig sein mögen, dann hat er dadurch auch zu erkennen gegeben, dass es für ihn nicht um eine rein pastorale oder rein rechtliche Frage geht, sondern es geht für ihn um eine Glaubensfrage.

Daher ist Einmütigkeit notwendig und ich glaube, dass wird auch die Aufgabe für die nächsten Wochen und Monate sein. Die aufgebrochene Diskussion sollte vor allem ein Anstoß sein, eine vertiefte Sakramenten-Katechese in den Gemeinden zu unternehmen, nicht zuletzt, um den inneren Zusammenhang zwischen Glauben und sakramentaler Praxis besser zu erhellen.

(*) Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung. (CNA Deutsch)