Papst warnt in Genf vor Weltlichkeit als Gefahr für Einheit der Kirche

GENF – In seiner ersten offiziellen Rede nach der Landung hat Papst Franziskus den Teilnehmern einer ökumenischen Gebets-Veranstaltung gesagt, dass die Christen aufgerufen sind, gemeinsam den Weg des Geistes zu gehen, statt den des eigenen Fleisches. Das bedeute, „die Weltlichkeit abzulehnen“ und „sich für eine Denkweise des Dienstes zu entscheiden und in der Vergebung zu wachsen“.

Im Zentrum der Tagesreise nach Genf steht die Pflege der ökumenischen Beziehungen: Der Weltkirchenrat, auch bekannt als Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK), gedenkt in diesem Jahr seines 70-jährigen Bestehens, und Papst Franziskus ist am heutigen Donnerstag in Genf, um mit dessen Vertretern zu beten und sprechen.

Die Ansprache während der Gebetsversammlung war die erste offizielle Rede des Tagesausfluges nach Genf: Papst Franziskus sprach im ÖRK-Hauptquartier nach einem privaten Treffen mit dem Schweizer Bundespräsidenten Alain Berset.

Warnung vor weltlicher Mentalität

In seiner Rede sagte der Papst weiter, dass christliche Spaltungen historisch entstanden seien, weil „eine weltliche Mentalität an der Wurzel eingedrungen ist“.

Die Sorge um sich selbst habe Vorrang vor der Sorge um Christus gehabt, so der Pontifex. Und als dies geschah, hatte der Teufel „keine Schwierigkeiten, uns zu trennen, denn die Richtung, die wir nahmen, war die des Fleisches, nicht des Geistes“.

Selbst bestimmte Versuche, diese Spaltungen in der Vergangenheit zu beenden, seien „kläglich gescheitert, weil sie hauptsächlich von einer weltlichen Denkweise inspiriert waren“, sagte Franziskus, und stellte fest, dass die ökumenische Bewegung dagegen „als eine Gnade des Heiligen Geistes zustande kam“.

„Die Ökumene hat uns in Übereinstimmung mit dem Willen Christi aufbrechen lassen, und sie wird vorankommen können, wenn sie sich nach der Führung des Geistes ständig weigert, sich in sich selbst zurückzuziehen“.

Statt sich in den „Wirbelsturm der Korruption hineinziehen zu lassen“, so Franziskus, gehe es darum, ruhig den Weg zu gehen, dessen Wegweiser das einzige Gebot sei: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“.

„Wir sind aufgerufen, gemeinsam diesen Weg zu gehen“, sagte der Papst. Es sei der Weg der Bekehrung, der dem Heiligen Geist entspricht: Dieser Weg überwinde auch die Interessen einzelner Gemeinschaften, die oft eng mit der ethnischen Identität verbunden oder nach Parteigrenzen gespalten seien, egal ob nun ‚konservativ‘ oder’progressiv‘, so der Pontifex zum Auftakt seines Besuchs des 1948 gegründeten ÖRK, in dem rund 350 Strömungen des Christentums anzutreffen sind, darunter Altorientale, Anglikaner, Orthodoxe, Pfingstkirchler und verschiedene Anhänger weiterer Formen des Protestantismus.

Die Katholische Kirche ist selber kein Mitglied, aber als Beobachter aktiv eingebunden, und der Papst verwies auf den Brief des heiligen Paulus an die Galater, in dem der Apostel betont:

„Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus.“

Franziskus erinnerte auch auf den Abschnitt im Ersten Brief des heiligen Paulus an die Korinther, in dem der Apostel seine Brüder ermahnt, einmütig zu sein und Spaltungen nicht zu dulden, weil er vom Streit unter ihnen erfuhr:

„Ich meine damit, dass jeder von euch etwas anderes sagt: Ich halte zu Paulus – ich zu Apollos – ich zu Kephas – ich zu Christus. Ist denn Christus zerteilt? Wurde etwa Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft worden?“

Was Christen heute wie damals tun müssen, sagte Franziskus, ist „zu Jesus zu gehören, bevor sie zu Apollos oder Kephas gehören; zu Christus zu gehören, bevor sie ‚Jude oder Grieche‘ sind; zum Herrn zu gehören, bevor sie sich mit rechts oder links identifizieren“.

Weg des Geistes und der Nächstenliebe

Wer dies tue, der werde im Namen des Evangeliums auch seinen Bruder oder seine Schwester über sich selbst stellen, so der Pontifex in Genf. „In den Augen der Welt bedeutet dies oft, mit Verlust zu arbeiten“, sagte er und nannte die ökumenische Bewegung „ein großes Unternehmen, das mit Verlust arbeitet“.

Dieser Verlust sei jedoch „evangelisch“, sagte Franziskus, und zitierte Jesu Worte aus dem Evangelium, als dieser seinen Jüngern sagte: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ (Mt 16,25).

Mit Blick auf die Beziehungen zwischen den modernen christlichen Kirchen und die vielen Fragen, die der vollen Einheit oft im Wege stehen, sagte Franziskus, dass die gegenwärtigen Erfahrungen mit denen der frühchristlichen Gemeinschaften in Galatien vergleichbar seien, und wie schwer es sei, alte Differenzen hinter sich zu lassen.

Nach einem Mitagessen und weiteren Begegnungen kehrt Papst Franziskus heute Abend nach Rom zurück. Elise Harris (Rom) und Andrea Gagliarducci (Genf) trugen zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)

AL/Dubia: Wer sagt die Unwahrheit, Papst Franziskus oder Kardinal Brandmüller?

Nach zwei Jahren des Schweigens behauptet Papst Franziskus, er habe aus der Zeitung von dem Dubia-Brief erfahren!

Vaticanhistory – Martin Marker

Am 20. Juni veröffentlichte „Reuters“ ein Interview mit dem Papst. In diesem geht es eigentlich um die Kritik des Papstes an der Einwanderungspolitik des US-Präsidenten Donald Trump, allerdings enthält es auch eine kontroverse Behauptung des Papstes. Franziskus äußert hier:

„Ich habe von dem Dubia-Brief [über sein Dokument Amoris Laetitia] „nur aus den Zeitungen“ gehört.“

Ferner sprach der Papst auch von interner Kritik an seinem Papsttum durch kontroverse Kirchenmänner, angeführt von dem amerikanischen Kardinal Raymond Leo Burke.

Nach dem Erscheinen des Apostolischen Schreibens „Amoris laetitia“ im Jahr 2016 veröffentlichten Kardinal Brandmüller, Kardinal Burke und zwei mittlerweile verstorbene Kardinäle ihren Brief an Papst Franziskus zur Klärung einiger Fragen zum umstrittenen Dokument „Amoris laetitia“. Der Papst behauptet nun, er habe von dem Brief der Kardinäle, in dem er kritisiert wird

„aus den Zeitungen erfahren … eine Art, Dinge zu tun, die, sagen wir, nicht kirchlich sind, aber wir alle machen Fehler.“

Franziskus deutet damit an, dass die Dubia-Kardinäle den korrekten kirchlichen Verfahren nicht gefolgt sind und gegen das Gesetz der Höflichkeit gegenüber dem Papst verstoßen haben, indem sie ihren Text öffentlich machten, ohne ihn zuerst privat an ihn zu senden.

Die Aussage von Franziskus zum Dubia-Brief hinterfragt Kardinal Brandmüller, einer der lebenden Dubia-Kardinäle, in einem Kommentar bei OnePeterFive. Der Kardinal antwortete schriftlich und sagte Folgendes:

„Die Dubia wurden zuerst veröffentlicht – ich glaube es waren zwei Monate -, nachdem der Papst ihre Aufnahme nicht einmal bestätigt hatte. Es ist sehr klar, dass wir direkt an den Papst und gleichzeitig an die Kongregation für den Glauben geschrieben haben. Was sollte hier noch unklar sein?“

Der Vatikan-Journalist Edward Pentin twitterte gestern früh und bestritt die Aussage des Papstes:

„Er erhielt die Dubia zwei Monate, bevor die Kardinäle an die Öffentlichkeit gingen und beauftragte Müller, nicht zu antworten.“

Die Erinnerung ist vielleicht verflogen. Hier bezog sich Pentin auf Kardinal Gerhard Müller – damals Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. OnePeterFive hat sich nun an Kardinals Müllers eigene Sekretärin gewandt und ihn um eine Bestätigung dieses neuen päpstlichen Anspruchs gebeten, aber bis jetzt keine Antwort erhalten. Ebenso hat sich OnePeterFive für einen Kommentar an das Vatikan Pressebüro gewandt, auch hier gibt es bis jetzt keine Antwort.

Die Aussage von Papst Franziskus wirft einige Fragen auf.

„Wieso hat der Papst zwei Jahre geschwiegen und behauptet heute, er habe von der Existenz des Briefes erst aus der Presse erfahren?“

„Warum hat der Papst nach der Kenntnisnahme aus der Presse gegenüber den vier Dubia-Kardinälen nicht umgehend reagiert?“

Durch die Aussagen des Papstes stellen sich zwei entscheidende Fragen mit schwerwiegender Tragweite:

„Wer sagt zum Dubia-Brief nun wirklich die Wahrheit? Lügt der Papst oder die beiden verbliebenen Dubia-Kardinäle?“

(vh – mm)

Was Papst Franziskus in Genf vorhat

Ökumenisches Gebet, Rede vor dem Weltkirchenrat, heilige Messe – und ein Gespräch mit dem Schweizer Bundesratspräsidenten.

VATIKANSTADT – Rund zehn Stunden lang wird sich Papst Franziskus am 21. Juni in der Schweiz aufhalten – seit 2004 das erste Mal, dass ein Oberhaupt der Katholischen Kirche das Land besucht. Im Zentrum steht die Beziehungspflege mit dem meist als Weltkirchenrat bezeichneten Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), der in diesem Jahr seines 70-jährigen Bestehens gedenkt.

Das Anliegen der Reise des Pontifex ist also die Ökumene; die Beziehung der weltweiten Katholischen Kirche – die kein Vollmitglied des ÖRK ist – mit den rund 350 Strömungen des Christentums, die dort anzutreffen sind, darunter Altorientale, Anglikaner, Orthodoxe, Pfingstkirchler und Anhänger weiterer Formen des Protestantismus.

Franziskus tritt mit seiner Visite im Juni einerseits in die Fußstapfen früherer Päpste – im Jahr 1969 kam Paul VI., im Jahr 1984 war Johannes Paul II. in Genf – und bringt gleichzeitig sein ureigenes Engagement zur Geltung.

Darauf deutet auch das nun vorgestellte Logo und Motto der Visite hin:

„Ökumenischer Pilgerweg – Gemeinsam unterwegs sein, beten und arbeiten“.

Das Programm der 23. Auslandsreise von Franziskus:

10:10 Uhr Ankunft Flughafen Genf

10:30 Uhr Gespräch mit Schweizer Bundesratspräsident Alain Berset (SP)

11:15 Uhr Gemeinsames Gebet, Rede des Papstes im ÖRK-Zentrum, Genf

12:45 Uhr Mittagessen mit ÖRK-Leitung im Ökumenischen Institut, Bossey

15.45 Uhr Ansprache des Papstes bei Begegnung im ÖRK-Zentrum

17:30 Uhr Heilige Messe im Kongresszentrum, mit Predigt des Pontifex

20:00 Uhr Rückflug nach Rom (Landung 21:40 Uhr)

(CNA Deutsch)

Missbrauch: Vorwürfe gegen Kardinal McCarrick sind „glaubwürdig“

NEW YORK – Eine Untersuchung des Verdachts auf sexuellen Missbrauch gegen den US-amerikanischen Kardinal Theodore McCarrick hat „glaubwürdige und begründete“ Befunde zu Tage gebracht.

Das hat die Erzdiözese von New York am heutigen Mittwoch mitgeteilt.

Der 87 Jahre alte McCarrick ist eine prominente Gestalt des Katholizismus in Nordamerika. Er war unter anderem Bischof von Metuchen (1982-1986), Erzbischof von Newark (1986-2000) und Erzbischof von Washington (2001-2006).

In der Erklärung vom 20. Juni teilt der New Yorker Erzbischof mit, dass der Missbrauch offenbar vor fast 50 Jahren verübt worden sei, während McCarrick ein Priester der New Yorker Erzdiözese war.

Es sei die einzige solche Anklage gegen die McCarrick, die der Erzdiözese bekannt sei, so Kardinal Timothy Dolan.

Das Erzbistum habe sofort nach Erhalt der Anschuldigung die Polizei verständigt, so die Mitteilung weiter. Eine forensische Untersuchung habe stattgefunden. McCarrick beteure, unschuldig zu sein, und habe die Ermittlungen unterstützt.

Auch der Vatikan wurde über den Vorwurf informiert, und deshalb hat Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin auf Anordnung von Papst Franziskus McCarrick von allem öffentlichen Wirken suspendiert. Eine offizielle Erklärung des Vatikans steht zur Stunde jedoch aus.

In seiner Erklärung sagte Dolan, die Erzdiözese von New York sei „traurig und schockiert“ über die Anschuldigungen und bat um Gebete für alle Beteiligten.

Dolan gab auch eine erneute Entschuldigung an alle Opfer heraus, die von Priestern missbraucht wurden, und dankte McCarricks Ankläger für den Mut, sich zu melden.

Einzelheiten des kirchenrechtlichen Verfahrens wurden bis dato nicht veröffentlicht.

Aus dem Bistum Metuchen hieß es, man habe die Akten zur Person McCarricks erneut prüfen lassen. Es habe gegen den ehemaligen Bischof nie Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs gegeben. Es seien jedoch Vorwürfe von „sexuellen Handlungen mit Erwachsenen“ aktenkundig: Sowohl die Diözese Metuchen als auch die Erzdiözese Newark hätten vor Jahrzehnten drei Anschuldigungen wegen „sexuellen Fehlverhaltens mit Erwachsenen“ erhalten; in zwei Fälle hätten diese zu außergerichtlichen Einigungen geführt.

Übersetzt und redigiert aus dem Englischen von AC Wimmer. (CNA Deutsch)