Rücktritt von Bischof Juan Barros ist offiziell: Erste personelle Konsequenzen in Chile

SANTIAGO DE CHILE – Papst Franziskus ernannte ihn 2015 – trotz massiver Proteste – zum Bischof von Osorno, nun hat er seinen Rücktritt von diesem Posten angenommen: Bischof Juan Barros, der als eine der Schlüsselpersonen in der Vertuschung des Missbrauchskandals um Pfarrer Fernando Karadima gilt, verliert sein Amt, zusammen mit zwei weiteren Würdenträgern: Erzbischof Cristián Caro Cordero von Puerto Montt und Bischof Gonzalo Duarte García de Cortázar von Valparaíso.

Das hat der Vatikan am heutigen Montag mitgeteilt.

Für alle drei Diözesen wurden Apostolische Administratoren ernannt, die vorübergehend die Amtsgeschäfte leiten.

Kollektiv hatten die Bischöfe Chiles im Rahmen eines Krisentreffens mit Papst Franziskus, das vom 15. bis 17. Mai 2018 im Vatikan stattfand, ihren Rücktritt angeboten.

Die Entscheidung über eine Annahme eines Rücktritts liegt beim Papst. Bisher sind Barros, Caro und Duarte die ersten Bischöfe, deren Resignation Franziskus offiziell angenommen hat.

Die Ankündigung des Rücktritts von Barros fällt mit einer neuen pastoralen Mission zusammen: Maltas Erzbischof Charles Scicluna und Monsignore Bertomeu werden vom 12. bis 19. Juni erneut nach Chile reisen, diesmal auch für drei Tage in die Diözese Osorno. Den Rest des Aufenthaltes verbringen sie in Santiago.

Papst Franziskus‘ Ernennung von Barros nach Osorno im Jahr 2015 stieß auf massive Proteste und fortwährende Forderungen nach einem Rücktritt. Dutzende von Demonstranten, darunter auch Nicht-Katholiken, versuchten, die feierliche Einführung von Bischof Barros am 21. März 2015 in der Kathedrale von Osorno zu stören.

Zu den Kritikern der Ernennung gehören ehemalige Opfer der sexuellen Gewalt durch Karadima. Dieser war bereits 2011 von der Kongregation für die Glaubenslehre des sexuellen Missbrauchs mehrerer Minderjähriger in den 1980er und 1990er Jahren für schuldig befunden.

Barros behauptete bis zuletzt seine Unschuld und sagte, dass er nicht wusste, dass der Missbrauch stattfand. Papst Franziskus unterstützte ihn zunächst, weigerte sich, Barros von seinem Amt zurücktreten zu lassen – und nannte die Vorwürfe im Rahmen seines eigenen Besuchs in Chile im Januar „Verleumdung“.

Der frostige Empfang des südamerikanischen Papstes in Chile, begleitet von Anschlägen und Protesten, erregte weltweit Aufsehen.

Nach seiner Rückkehr sandte Franziskus Monsignores Scicluna und Bertomeu nach Santiago, und entschuldigte sich dann im April dafür, dass er „schwere Fehler“ bei der Beurteilung des Falles gemacht habe. Franziskus traf sich zudem mehrfach mit Opfern des Missbrauchs und schrieb einen Brief an alle Gläubigen in Chile; gleichzeitig erschütterte unterdessen ein neuer Fall die Kirche und Menschen vor Ort.

Elise Harris trug zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)

Vatikan: Papst nimmt Rücktritte von drei chilenischen Bischöfen an

Im Missbrauchsskandal der chilenischen Kirche gibt es die ersten personellen Entscheidungen.

Vaticanhistory – Martin Marker

Wie heute im Bulletin des vatikanischen Presseamtes berichtet, hat Papst Franziskus die Rücktritte von drei chilenischen Bischöfen angenommen. Es handelt sich um folgende Episkopaten:

  • Erzbischof Cristian Caro Cordero (75), Erzbistum Puerto Montt,
  • Bischof Gonzalo Duarte Garcia de Cortazar (75), Bistum Valparaiso und
  • Bischof Juan Barros (61), Bistum Osorno.

In der Verlautbarung des Vatikans werden keine weiteren Gründe zu den Rücktritten genannt. Der ganze Missbrauchsskandal in der chilenischen Kirche drehte sich primär in den letzten Monaten um die Person Bischof Juan Barros. Diesen hatte Papst Franziskus selbst erst 2015 vom Militärbischof zum Oberhirten des kleinen Bistums Osorno im Süden Chiles erhoben.

Apostolische Administratoren „sede vacante et ad nutum Sanctae Sedis“

Pater Bricardo Basilio Morales, Provinzial der Mercedarier, wurde zum, Apostolischen Administrator „sede vacante et ad nutum Sanctae Sedis“ für das Erzbistum Puerto Montt ernannt. Für das Bistum Valparaiso wurde Petro Mario Ossandón Buljevic, bisher Weihischof in Santiago del Chile als Apostolischer Administrator berufen und für das Bistum Osorno wurde als Apostolischer Administrator Msgr. Jorge Enrique Concha Cayuqueo, O.F.M., ebenfalls Weihbischof von Santiago de Chile bestimmt.

Erzbischof Cristian Caro Cordero und Bischof Gonzao Duarte Garcia de Cortazar haben die Altersgrenze von 75 Jahren für Diözesanbischöfe eh schon erreicht. Man darf vermuten, dass diese drei Rücktritte nicht die einzigen bleiben und in naher Zukunft weitere folgen werden. (vh – mm)

Kommunionstreit: Diese Woche hat die Kirche verändert

Selten hat die Kirche eine solche Woche durchgemacht, wie die vergangene. Mit seinem Brief an die deutschen Bischöfe hat Erzbischof Luis Ladaria, der Präfekt der Glaubenskongregation, nicht nur die deutsche Kirche in Unruhe versetzt. In der ganzen Kirchenwelt scheinen die Lager mehr gespalten denn je. Ist es kirchenrechtlich vertretbar evangelische Ehepartner zur Kommunion zuzulassen? Egal, wer im Streit gewinnt, im Moment ist die Kirche der Verlierer.

„Das hat mich schockiert.“ – „Ich bin traurig.“ – „Ich bin ratlos.“

Diese drei Sätze habe ich am häufigsten gehört, seit vergangenen Montag der Brief der Glaubenskongregation an die Öffentlichkeit gelangt ist. Bis in die höchsten Etagen der Kurie scheint niemand so wirklich zu wissen warum der Papst anscheinend seine Position auf einmal um 180 Grad gewendet hat.

U-Turn auf vatikanisch?

Die deutschen Bischöfe waren vor einem guten Monat zum Gespräch in Rom geladen, um Ihre Initiative einer Handreichung zum Thema Kommunion für konfessionsverbindende Ehen zu erörtern. Schon Anfang Mai ist von diesem Gespräch so gut wie nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Ungewöhnlich. Nur ein kurzes Statement mit Worten wie “ möglichst einmütig“ und „brüderlich“ – und der Bitte um einen weiteren Prozess der Entscheidungsfindung in Deutschland.

Was bedeutet das?

Sofort gingen die Spekulationen los. Papst Franziskus sei grundsätzlich dafür den nationalen Bischofskonferenzen mehr Entscheidungsgewalt zu überlassen. Heißt das jetzt die Einwände von sieben Diözesanbischöfen seien abgewiesen, und die deutschen Bischöfe entscheiden doch nach Mehrheit? Das war zumindest der Tenor, der in den Medien zu lesen und hören war. Wenn auch nicht die Bischöfe, wenigstens die Medien waren „einmütig”.

Roma locuta – Rom hat gesprochen

Umso größer war der Knall in Rom am vergangenen Montag, als es auf einmal hieß: Stopp! In der jetzigen Form sei das Kommunionschreiben der DBK nicht zur Veröffentlichung geeignet. – Wieder ging die Spekulation los. Dieses Mal in die andere Richtung. Hat die Welt den großen Reformer Franziskus überschätzt? Ist er doch so schlimm konservativ, wie seine Vorgänger? Die Kommentare und Schlagzeilen haben sich überschlagen, auch in Medien, die sonst nichts mit Kirche am Hut haben. „Von der Revolution zur Kapitulation”, kommentiert Christiane Florin im Deutschlandfunk.

Wie immer aber, wenn es in den Nachrichten und Kommentaren um einen komplexen Sachverhalt geht, gibt es die Gefahr die Welt in schwarz und weiß, gut und böse aufzuteilen. Der Brief der vergangenen Woche zeigt aber vor allem anderen: So einfach ist das nicht.

Hier muss vor allem eine ganz klare Unterscheidung getroffen werden: Wo geht es um Politik, und wo geht es um die Glaubenslehre? Natürlich liegen die zwei Felder in der Frage der Eucharistie nahe beieinander, die Entscheidung des Papstes und der Glaubenskongregation allerdings rein politisch zu deuten ist schlicht und einfach der falsche Weg. Das löst auch keine Probleme.

Fakt ist …

Das Ladaria-Schreiben spricht davon, dass der Kommunion-Text der DBK in der aktuellen Version nicht zur Veröffentlichung geeignet ist. Dies muss nicht heißen, dass der Vatikan der Idee grundsätzlich widerspricht. Vielleicht ist es ja so, dass es schlicht und einfach um eine Frage des Kirchenrechtes geht. Die geplante Handreichung der deutschen Bischöfe will konfessionsverbindende Ehen grundsätzlich als „schwere geistiche Notlage“ definieren, nach Überzeugung der Kirche ist das ein Zustand kurz vor der Todesgefahr. Kölns Kardinal Woelki hat an Fronleichnam die Frage der Kommunion als eine Frage von „Leben und Tod“ bezeichnet, und damit hat er nach katholischer Überzeugung Recht. Kann man eine solch zentrale Frage für die Katholiken wirklich mit einem Winkelzug der Logik für immer ändern? Und das auf der Ebene einer einzigen nationalen Bischofskonferenz? Das ist kein stabiles Fundament für die möglicherweise größte Entwicklung in 500 Jahren abendländischer Kirchenspaltung. – Stockholms Kardinal Arborelius, der für die Ökumene offen ist, als gebürtiger Lutheraner, hat das im Gespräch mit Vatican News am besten zusammengefasst: „Das Ideal wäre natürlich, dass die ganze Kirche zu einer gemeinsamen Lösung kommen könnte.“ Politische Alleingänge, wie in Deutschland, sind bei einem so großen Thema einfach nicht angebracht.

Das Problem

Die ganze Diskussion wäre viel einfacher, wenn sie nicht von beiden Seiten so emotional aufgeladen wäre. Es geht nicht um die Frage: Ist der Papst/der Vatikan/die Kirche progressiv oder konservativ, es geht um eine reine Frage des Kirchenrechtes, und so lange sich beide Seiten im Groll gegenüber sitzen, wird es keine sachliche Diskussion, keinen Konsens, keine Lösung geben können.

Am Morgen nach dem „Leak” des Schreibens habe ich mich mit einem vatikanischen Entscheidungsträger zum Interview getroffen. Eine Einschätzung der Lage habe ich mir erbeten. Der Herr sagte mir aber, nach reiflicher Überlegung, dass er nichts zum Streit sagen werde. Jedes Wort, das von ihm dazu in die Medien kommen würde, würde die Flammen des Streites nur noch weiter anfachen. – Ich war natürlich enttäuscht, dass mir der Artikel und die Schlagzeile durch die Lappen gegangen sind, aber diese Einstellung respektiere, ja bewundere ich. Es gibt einen politischen Graben zu überwinden. Dieser darf weder tiefer gegraben, noch ignoriert werden. Versöhnung ist jetzt angesagt. Und die wird es nicht geben, wenn sich beide Seiten weiterhin voller Häme übereinander in den Medien auslassen. Rechts wie links. In dieser Debatte gibt es keine Gewinner und Verlierer. Wenn es so weiter geht wie jetzt, dann sind alle Verlierer. Verlierer an Vertrauen und Glaubwürdigkeit der Kirche.

Renardo Schlegelmilch ist freier Journalist mit Schwerpunkt Religion und Gesellschaft. Unter anderem für den Deutschlandfunk und Vatican News berichtet er über Christen in aller Welt. Regelmäßig recherchiert er im Vatikan. (CNA Deutsch)

Bischof Oster: „Dass der Brief öffentlich wurde, war nicht gut“

Passauer Bischof warnt gegenüber KNA vor falschem Eucharistie-Verständnis und lehnte eine Praxis ab, die die Ausnahme zur Regel macht.

PASSAU – Der Passauer Bischof Stefan Oster SDB hat in einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) den Brief der sieben Bischöfe an den Papst verteidigt, der Fragen zum Vorstoß der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) stellte, unter bestimmten Umständen evangelischen Ehepartnern von Katholiken den Empfang der heiligen Kommunion zu ermöglichen.

Zugleich dankte Oster dem Vorsitzenden der DBK, Kardinal Reinhard Marx, für die Impulse, die ein „intensives Nachdenken“ über die Eucharistie als Zentrum des katholischen Glaubens angestoßen hätten.

Die Glaubenskongregation hatte in einem Antwortschreiben von letzter Woche das Dokument der Bischofskonferenz als „nicht reif für die Veröffentlichung“ zurückgewiesen.

Stefan Oster erklärte am Samstag gegenüber der KNA, dass die Antwort des Papstes den weltkirchlichen Charakter der aktuellen Debatte unterstreiche.

Wie CNA Deutsch berichtete, hatten mehrere Kardinäle und Bischöfe im Ausland sich zum Kommunionstreit geäußert, der – so Bischof Oster – durch die Veröffentlichung des auch von ihm unterzeichneten Briefs der sieben Bischöfe aufgeflammt sei.

„Dass der Brief von uns Sieben öffentlich wurde, war nicht gut. Andererseits wurde unser Brief weltweit wahrgenommen, darin hat sich die weltweite Relevanz des Themas noch einmal gezeigt. Deshalb lag in diesem Schaden aus meiner Sicht am Ende auch noch etwas Gutes.“

Den Vorwurf der „Doppelmoral“, den unter anderem der Magdeburger Bischof Gerhard Feige erhoben hatte, wies der Passauer Oberhirte zurück.

„Es ist richtig, dass wir niemanden von der Kommunionbank zurückweisen“, sagte der Bischof von Passau zu Interviewer Christoph Renzikowski. Dennoch sei es wichtig, mit dem katholischen Eucharistieverständnis ernstzumachen. Eine Praxis, die die Ausnahme zur Regel mache und konfessionsverschiedene Ehen generell als „schwere geistliche Notlage einzelner“ zu bezeichne, lehnte Oster ab.

Abschließend betonte Oster gegenüber der KNA erneut die Bedeutung der Eucharistie als Zentrum des Glaubens: „Ich glaube daher, dass man sich nicht genug darum bemühen kann, sie zu verstehen, zu vertiefen – und sie als unser Allerheiligstes besonders zu ehren“. (CNA Deutsch)