D: Woelki würdigt Reformationsgedenken

Im Oktober hatte er, pünktlich zum Abschluss des Reformations-Gedenkjahres, einen Aufsatz mit kritischen Untertönen geschrieben: Mehr „Ehrlichkeit in der Ökumene“ hatte er darin gefordert, und vor vorschnellen Erwartungen, dass es bald zu einer eucharistischen Gastfreundschaft kommen könne, hatte er gewarnt.

Jetzt war Kardinal Reiner Maria Woelki sozusagen in der Höhle des Löwen – und hat seine Mahnungen nicht wiederholt. Stattdessen fand der Kölner Erzbischof am Sonntag positive Worte für das Reformationsgedenken, als er vor der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands in Bonn ein Grußwort sprach. Das Reformationsgedenken sei „ein positives Gegenbild zur Geschichtsvergessenheit“, so Woelki.

Eine ungeliebte ökumenische Gemeinsamkeit

Zum Motto der Synode, „Zukunft auf gutem Grund“, sagte der Kölner Erzbischof: „Was hat dieses Motto mit unserer postmodernen Realität zu tun? Nach steinigem Boden und Dornen müssen wir nicht lange suchen, aber wie viel guten Grund und Boden erleben Sie denn in Ihren Landeskirchen? Machen Sie wirklich andere Erfahrungen als wir in unseren Bistümern? Ich glaube kaum. Es ist eine ungeliebte ökumenische Gemeinsamkeit, dass Gottes Wort in unserer Zeit seltener Frucht bringt und häufiger weggenommen wird, zugrunde geht und erstickt.“

Trotzdem sei es kein „Pfeifen im Walde“, wenn man von „gutem Grund“ spreche, auf dem die Kirchen aufbauten. Schließlich gründe das Christentum auf Gott selbst. Schon das Volk Israel habe vor allem in größter Not Gott als seinen „Fels“ erlebt.

„In solchen Bedrängnissen macht das Volk immer wieder neu die Erfahrung, dass Gott es „auf guten Grund“ stellt, auf soliden Felsen, ja, dass Er für Israel selbst dieser rettende, unerschütterliche Fels ist. „Herr, du mein Fels, meine Burg, mein Retter, mein Gott, meine Feste, in der ich mich berge, mein Schild und sicheres Heil, meine Zuflucht. Ich rufe: Der Herr sei gepriesen!, und ich werde vor meinen Feinden gerettet“, jubelt der Psalmist. So entsteht förmlich ein Gottesname, wie das Buch Deuteronomium lapidar festhält: „Preist die Größe unseres Gottes! Er heißt: der Fels …“ (32,3–4).“

Nicht Spaltung und Zwietracht

Aus solchen Worten könne man „auch dann Hoffnung schöpfen, wenn man nicht daran glaubt, dass Gottes Schutzfunktion in Petrus und dessen Nachfolgern sozusagen hypostasiert“ sei. „Man muss eigentlich nur daran festhalten, dass der gute Grund, auf dem unsere Zukunft aufruht, nicht menschliches Werk ist, nicht Fleisch und Blut, sondern Gottes Gnade allein. Das glauben katholische Christen ebenso wie evangelische, und nicht erst seit der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre! Darum können wir das Reformationsgedenken ja auch gemeinsam begehen: Weil die Evangelische Kirche in Deutschland nicht Spaltung und Zwietracht zelebriert, sondern ein Fest Christi und seiner Gnade feiert, zu dem wir uns herzlich gerne haben einladen lassen.“

Das gemeinsam begangene Reformationsgedenken habe den Kirchen neu bewusst gemacht, dass Christus ihr fester Grund unter den Füßen sei, so Woelki. „ Und so erweist sich Ihr Motto eben nicht als Pfeifen im Walde, nicht als realitätsferne Durchhalteparole… Unsere Zukunft steht auf gutem Grund, auch wenn uns Krisen nicht erspart bleiben.“ (rv)

Papst bespricht sich mit Kurienchefs

Eine Art Kabinettssitzung hat an diesem Montag im Vatikan stattgefunden. Papst Franziskus leitete den Vormittag über die Besprechung mit den Leitern aller Kongregationen, päpstlichen Räten und vatikanischen Dikasterien in der „Sala Bologna“ im Apostolischen Palast. Über die Inhalte drang vorerst nichts nach außen. Solche Kabinettssitzungen mit sämtlichen Kurienchefs finden in unregelmäßigen Abständen statt. Es ist der Papst, der sie einberuft und die Themen vorgibt.

Davon zu unterscheiden sind die Zusammenkünfte der Gruppe jener neun Kardinäle, die den Papst bei der Kurienreform unterstützen. Die Sitzungen der „K9“ sind in etwa dreimonatigen Abständen anberaumt, Franziskus nimmt an ihnen teil. (rv)

Kardinal Panafieu verstorben

Kardinal Bernard Panafieu ist tot. Der frühere Erzbischof von Marseille starb in der Nacht auf Montag nach langem Leiden. Panafieu war Jahrgang 1931, von 1995 bis 2006 stand er an der Spitze des Erzbistums Marseille. Seine früheren Bischofsstationen waren Aix-en-Provence und Arles. Innerhalb der französischen Bischofskonferenz engagierte er sich vor allem für den interreligiösen Dialog. Diesen Einsatz hebt ein Beileidstelegramm des Papstes an diesem Montag besonders hervor.

Mit Panafieus Tod sinkt die Zahl der Kardinäle auf 218. Von ihnen wären jetzt bei einem Konklave exakt 120 wahlberechtigt, die Höchstzahl der bei einer Papstwahl zugelassenen Kardinäle. Die Altersgrenze von 80 Jahren, die zur Teilnahme am Konklave berechtigt, haben derzeit 98 Kardinäle bereits überschritten. (rv)

Katholische Hilfsorganisationen sprechen über modernen Menschenhandel

Im Oktober organisierte bei den Vereinten Nationen in Genf der Malteserorden ein Podium zu einem oft unterbelichteten Thema: Der Behandlung des Menschen als Ware für Sklaverei und Ausbeutung. Diese ist – wie insgesamt der illegale Schmuggel von Millionen Migranten und Flüchtlingen – ein Milliardengeschäft für kriminelle Organisationen.

Zusammen mit dem Heiligen Stuhl, Caritas Internationalis, der Internationalen Katholischen Migrationskommission und einigen staatlichen Organisationen wollte man das öffentliche Bewusstsein für den Menschenhandel schärfen.

Die Internationale Arbeitsorganisation beziffert die Zahl der Betroffenen dieser bestimmten Form von Schlepperei weltweit auf 20,9 Millionen, die meisten davon in Zwangsarbeit. Menschenhandel ist mit einem geschätzten jährlichen Gewinn von über 150 Milliarden US Dollar ein großes Geschäft. Experten zufolge sind etwa 26 Prozent der Betroffenen noch Kinder, 55 Prozent sind Frauen und Mädchen.

Der Apostolische Nuntius Erzbischof Ivan Jurkovič, ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf wies in seiner Rede auf die traurige Tatsache hin, dass Verbrecher wie Menschenhändler von niemandem wirklich angeklagt werden:

„Wir leben heute in einer modernen Gesellschaft, überall Kommunikation, jeder könnte Hinweise geben, um sie ausfindig zu machen, sie zu schnappen – aber keiner kommt, keiner legt Hand an sie. Beim Drogenhandel ist es genauso. In der Kleinstadt Ljubljana [Laibach] beispielsweise können einem schon die Kinder sagen, wo man Drogen verkauft, aber keiner tut irgendwas.“

Er wies auf eine ungewöhnliche Initiative hin, die Papst Franziskus in Santa Marta seinem Wohnsitz in Rom gestartet hat:

„Und in diesem Haus Santa Marta, wo er lebt – ein schöner Ort um dort zu wohnen, ich habe auch schon dort gewohnt – aber es ist nicht so schön wie der päpstliche Palast, der natürlich viel größer ist. In diesem Haus wiegesagt hat er einen Zusammenschluss von Bischöfen und Vollzugsbehörden ins Leben gerufen. Er nennt das die Gruppe von Santa Marta. Denn es ist in der Tat so, dass viele Betroffenen der Polizei nicht trauen. Für die Polizisten ist das natürlich unschön, sie sind dem Schlimmsten ausgesetzt, aber trotzdem traut man ihnen nicht. Die Erfahrung zeigt, dass es den Betroffenen leichter fällt, sich den Mitarbeitern der Kirche anzuvertrauen, als der Polizei.“

Ich habe mit Michel Veuthey dem Hauptorganisator des Forums und einer der beiden neuen Botschafter des Malteser Ordens zur Bekämpfung von Menschenhandel gesprochen und ihn nach dem Ziel der Veranstaltung gefragt:

„Wir wollten mit der Veranstaltung an den europäischen Tag gegen Menschenhandel erinnern. Also haben wir die Initiative ergriffen und das alles in recht kurzer Zeit organisiert. Die Botschaft des Heiligen Stuhls, und die Botschaften der Europäischen Union, des Europarats, Italiens und des Vereinigten Königreichs haben uns dabei geholfen. Ich muss sagen, dass ich sehr dankbar für diese Unterstützung bin, denn es war für uns gewissermaßen der erste Schritt in die Öffentlichkeit, das Engagement des Malteserordens gegen Menschenhandel zu unterstreichen. Im Vorfeld haben wir Erklärungen abgegeben, wir haben eine Erklärung in Wien abgegeben, wir haben im September, am 27. September in New York eine Erklärung abgegeben und morgen werde ich auch nach Rom fahren, um an einem Workshop des Heiligen Stuhls teilzunehmen… aber das alles ist nur der erste Schritt, würde ich sagen…der erste Schritt dieser Selbstverpflichtung des Ordens, die sich in der Ernennung von zwei Botschaftern gegen Menschenhandel ausdrückt. Einer mit Sitz in Afrika und der andere – ich – in Genf. Was wir möchten, ist zunächst beobachten und dann kämpfen. Um kämpfen zu können, musst du wissen, was auf dem Spiel steht, musst die Interessensgruppen kennen und wer von denen dein Partner sein könnte.“

Teil der Initiative ist für den Orden ein geplantes Netzwerk von Partnern aus UN Organisationen, Regierungen, katholischen und anderen christlichen Institutionen.

„Allen voran die Anglikanische Kirche. Das ist wichtig, weil wir von bewährten Vorgehensweisen anderer lernen wollen. Natürlich sollten wir zunächst zuhören, dann Vertrauen zu anderen Organisationen aufbauen und auf jeden Fall auch zu Regierungen. Wir wollen auch Vorschläge bei der Magistratur des Ordens in Rom einreichen, damit wir durch die Magistratur, also durch den Großkanzler, nationalen Verbänden Anregungen geben können und dann womöglich Botschaftern des Malteserordens rund um die Welt. Es ist eine große Aufgabe und ich bin, wenn Sie so wollen, einfach nur ein Kundschafter, ein Forscher. Ich sage: ja, ich bin ein Botschafter – ein Botschafter allerdings, der nicht sein Prestige oder seinen Titel gebraucht, sondern einfach zuhört, Hände schüttelt und dann schaut, wie man mit anderen zusammenarbeiten kann, die auch schon einige Jahre gegen Menschenhandel arbeiten.“

Das verstärkte Engagement des Malteserordens ist eine Antwort auf den Aufruf von Papst Franziskus zur Beendigung der Zwangsarbeit, der modernen Sklaverei und des Menschenhandels, so Michel Veuthey:

„Es ist sehr wichtig für den Malteserorden als katholischen Orden, das Gebet nicht zu vergessen. Wir müssen für die Betroffenen beten und für die Umkehr derer, die diese Straftaten tatsächlich begehen. Und aus diesem Grund, das darf ich vielleicht erwähnen, werden wir nächstes Jahr am 8. Februar den Festtag der Heiligen Josephine Bakhita feiern. Josephine Bakhita verbrachte den ersten Teil ihres Lebens als Sklavin, kam dann nach Italien, wurde Ordensfrau und half als solche später ehemaligen Sklaven.Seit 2015 ist das ein internationaler Gebetstag für Sklaven. Und ich finde, wir sollten das besonders betonen, denn ein Aktionsplan kann nicht ‚ohne die Hilfe des Himmels‘ funktionieren, würde ich sagen. Wenn wir so tun, als ob wir durch menschliche Anstrengungen alle Probleme lösen könnten, übersehen wir diesen sehr wichtigen Schritt!“

2014 hatten auf Initiative von Papst Franziskus die Vertreter großer Religionen eine Erklärung zum Kampf gegen Sklaverei unterzeichnet. Ziel ist es, moderne Sklaverei bis 2020 weltweit auszumerzen – durch Sensibilisierung, Weisheit, Technologie und den Heiligen Geist: Eine Mission, die nicht unmöglich ist.

Dieser Beitrag wurde von U.N.-Korrespondent Christian Peschken in Genf verfasst. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins ‚Vatikano‘. Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media. (CNA Deutsch)