Italien: Armut ist Grund für Mafiamorde in Apulien

Apulien, Italiens beliebteste Ferienregion für einheimische wie ausländische Touristen, gerät immer stärker in die Fänge seiner lokalen Mafia. Die „Sacra Corona Unita“, wie die organisierte Kriminalität Apuliens heißt, verübte am Mittwoch einen vierfachen Mord am helllichten Tag, wenige Kilometer entfernt von Italiens größtem Wallfahrtsort, dem Pater-Pio-Heiligtum in San Giovanni Rotondo. Der Erzbischof von Foggia, Vincenzo Pelvi, sagt im Gespräch mit uns, im Grunde wüssten die kirchlichen und die staatlichen Institutionen in Apulien ganz genau, was die Wurzel des Problems Mafia dort sei: Armut und Arbeitslosigkeit.

„Ich lade die örtlichen Institutionen zur Zusammenarbeit ein und dazu, nicht zu vergessen, dass die Armut oft die unmittelbarste Form ist, die Gleichgültigkeit und Gewalt hervorbringt“, so der Erzbischof, der aus Neapel stammt und sich als Generalvikar des Erzbistums mit dem Problem der organisierten Kriminalität in Kampanien konfrontiert sah. Dringlich der Appell des Erzbischofs an die Welt der Arbeit: „Es gibt bei uns in Apulien junge und nicht mehr ganz so junge Menschen, die noch nie den Geschmack und den Schweiß, wenn ich das so sagen darf, einer regelmäßigen, stabilen Arbeit erfahren haben. Wenn wir aber jemanden ohne Hoffnung und Perspektive auf Arbeitssuche schicken, dann wird das zu einer moralischen Desorientierung führen, und genau hier greift dann die organisierte Kriminalität ein, die sofortige und hohe Gewinne verspricht.“ Hinter vielen Biografien von sozialem Ausschluss verstecke sich in Wirklichkeit Arbeitslosigkeit und irreguläre Arbeit, so der Erzbischof von Foggia.

Moralische Desorientierung

Dank des Tourismus hatte sich Apulien in den vergangenen Jahrzehnten zu Süditaliens wohlhabendster Region entwickelt. Nun zeigt sich, dass die „Sacra Corona Unita“ wohl eine unterschätzte Größe war. Bisher hatten die Clans ihre Fehden in touristisch weniger wichtigen Zeiten ausgetragen. Eine Mordserie wie die der vergangenen zwei Wochen hatte Apulien noch nie gesehen. In dem malerischen Küstenstädtchen Vieste erschossen Auftragskiller Ende Juli einen 31-jährigen Restaurantbesitzer in seinem Lokal. Vergangenen Mittwoch dann der Vierfachmord unter freiem Himmel bei San Marco in Lamis: Ein 50-jähriger Mafiaboss und sein Schwager wurden in ihrem schwarzen VW Käfer mit Kalaschnikows niedergestreckt. Zwei Bauern fuhren zufällig am Tatort vorbei. Die Täter verfolgten sie und ermordeten auch diese beiden Männer.

Bei Licht betrachtet, kam es in der Provinz Foggia in den vergangenen 30 Jahren allerdings zu fast 300 Morden. Vier von fünf wurden nie aufgeklärt, erklärte der oberste Anti-Mafia-Staatsanwalt Italiens, Franco Roberti. Er warnte ausdrücklich davor, die apulische Mafia zu unterschätzen: Sie sei im Grund noch gewalttätiger als die ‚Ndrangheta in Kalabrien. Italiens Innenminister Minnniti hat inzwischen eine „harte Antwort“ der Regierung auf die Mafiamorde in Apulien angekündigt. (rv)

Kanada: Bischof fordert Regeln für internationale Firmen

Kanadische Bergbaufirmen nutzen das Fehlen klarer Regelungen, um ethische Grundsätze ignorieren zu können. Das beklagt der Vorsitzende der kanadischen Bischofskonferenz, Bischof Douglas Crosby von Hamilton, in einem Brief an Premierminister Justin Trudeau. Crosby warnt vor allem vor den Gefahren kanadischer Bergbauaktivitäten in Lateinamerika. Dies schade auch indigenen Völkern in den betroffenen Regionen Lateinamerikas. Um dies zu beschränken, fordert Crosby Reformen des Wirtschaftsrechts, die eine stärkere Überwachung international agierender Unternehmen erlauben und klare Richtlinien schaffen. Der Brief ging auch an Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland und die Ministerin für Angelegenheiten der Indigenen und des Nordens, Carolyn Bennett. (rv)

Venezuela: „Eine Art Supermacht, um alles ändern“

Die richtige Antwort auf die politische Krise in Venezuela ist, sich jetzt nicht zurück zu ziehen und der Regierung das Feld zu überlassen: Kardinal Jorge Urosa Savino findet die Entscheidung, sich trotz der faktischen Abschaffung des Parlaments weiter an Wahlen zu beteiligen, richtig. Im Interview mit Radio Vatikan bekräftigt er seine Einschätzung, dass es eine „Verletzung der Rechte des Parlaments“ ist, wenn dieses „aus seinen Räumen vertrieben“ wird, um dort nun die so genannte verfassungsgebende Versammlung tagen zu lassen. Präsident Nicolas Maduro hatte eine solche Versammlung einberufen, diese tagt nun dort, wo eigentlich das Parlament sitzt.
Die Bischöfe des Landes positionieren sich eindeutig und lehnen öffentlich die frisch gewählte Versammlung ab. Jetzt legt Kardinal Urosa gegenüber Radio Vatikan noch einmal nach: „Wenn die Rechte des Parlaments verletzt werden, dann ist das eine Verletzung der Rechte des Volkes“.
Nicht legal
Die verfassungsgebende Versammlung sei überhaupt nicht legal zustande gekommen. „Sie ist nicht vom venezolanischen Volk einberufen worden, sondern vom Präsidenten. Der Gedanke, dass jeder Präsident einfach eine solche Versammlung einberufen kann, um alles zu ändern, ist unglaublich. Jetzt tun sie so, als ob die Versammlung eine Art Supermacht sei, die alles ändern könne.“
International reagieren Regierungen negativ auf die Entwicklungen in Venezuela, die USA haben weitere Sanktionen verhängt, die Länder Lateinamerikas haben das Land aus seiner Wirtschaftsvereinigung Mercosur ausgeschlossen. Kardinal Urosa besorgt im Augenblick vor allem, dass die Folgen dieser Reaktionen die Menschen belasten, nicht die Regierung. „Das Problem ist aber, dass die Regierung nicht versteht, dass es so nicht weiter geht, dass sie ihr Vorgehen ändern muss und dass die Situation des Landes jeden Tag schlechter wird.
An Wahlen muss man teilnehmen
Als nächsten Schritt hat die Regierung nun Regionalwahlen ausgeschrieben, 23 Gouverneure und Regionalversammlungen sind zu besetzen. Die Opposition hat nun entschieden, das nicht zu boykottieren. „Das ist ein Schritt vorwärts“, kommentiert das Kardinal Urosa. „Nicht teilzunehmen würde bedeuten, der Regierung alle Posten und alle Autorität zu überlassen. An diesen Wahlen muss man teilnehmen.“
Maduro hat unterdessen in einer Rede vor der verfassungsgebenden Versammlung bekräftigt, an dieser festhalten zu wollen. Bis „August 2019“ solle sie bestehen bleiben, um das Volk „so lange wie möglich zu umarmen und zu beschützen“, so der Präsident bei seiner Ansprache in Caracas. Er sandte auch eine deutliche Warnung an die Opposition: Die Versammlung habe „jede Vollmacht“ und werde die Immunität von Abgeordneten aufheben, um „jeden einzelnen“ zu bestrafen, der „zu Gewalt bei den Demonstrationen“ angestachelt habe.
Bischöfe beklagen „Hexenjagt“
In ein einer offiziellen Stellungnahme reagieren die Bischöfe Venezuelas auch auf diese Drohungen des Präsidenten. Sie fordern, dass die „Hexenjagt“ auf Bürger eingestellt wird, die anders als die Regierung denken. Die Bischöfe richten die Aufmerksamkeit vor allem auf die politischen Gefangenen im Land, beklagen die Beleidigung derer, die sich um die Situation der Insassen kümmern und zählen die Missstände auf: Gefangene würden „unmenschlich und grausam“ behandelt, es fehle an Hygiene, an medizinischer Versorgung und an Rechtsbeistand, auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei prekär.
Grundsätzlich wenden sich die Bischöfe gegen „den Mangel an Respekt vor rechtsstaatlichen Prozessen“. In der Verfassung Venezuelas garantierte Grundrechte würden verletzt. Die Bischöfe fordern durch ihre Kommission Iustitia et Pax ein Ende der „Verfolgung und der physischen und psychologischen Folter“ gegen Oppositionelle. Die Bürger des Landes werden in der Erklärung aufgefordert, „die staatlichen Funktionäre, welche die Menschenrechte verletzen, öffentlich anzuklagen“. „Wir verlangen Gerechtigkeit“, endet die Erklärung. (rv)