Europa: „Das Unbehagen jener durchdenken, die Populisten wählen“

Der erstarkende Populismus in Europa muss die Kirche und die Gesellschaft zu einem demütigen Nachdenken über das Missbehagen vieler Europäer bringen, die für Populismus anfällig sind. Das sagt Kardinal Angelo Bagnasco, Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). Die Bischofsgruppe hat soeben eine dreitägige Klausur in Rom hinter sich und begegnete am Donnerstag dem Papst, danach fand eine Pressekonferenz statt. „Populismen sind die Feinde der Nationen“, sagte Kardinal Bagnasco mit Blick auf Bewegungen wie den Front National, die Partei für die Freiheit in den Niederlanden oder die AfD in Deutschland.

„Populismen spalten, verneinen, denken nur an sich selbst. Nicht an das Wohl des Volkes. Aber sie beinhalten eine Instanz, die man ernst nehmen muss und nicht verachten darf. Sicherlich, Populismus, das sind autoreferentielle und gefährliche Wirklichkeiten, weil sie den Leuten die Illusion sofortiger und leichter Lösungen machen, während das in Wirklichkeit eine Seifenblase ist. Die Instanz, die viel ernsthafter als bisher betrachtet werden muss, ist das Unbehagen der Leute. Ein Unbehagen, das manchmal die Farben der Wut und des heimlichen Grolls annimmt. Die politische Welt, auch die soziale und die kulturelle Welt, müssen eindringen in dieses Unbehagen, und zwar ohne aristokratische Überheblichkeit, man muss die verborgene Botschaft des Populismus verstehen.“

Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen umfasst nicht nur die EU-Länder, sondern alle Länder auf europäischem Boden: von Irland bis Russland, von Skandinavien bis Malta, Zypern und sogar die Türkei. Vergangenen Oktober wählte die Gruppe eine neue Leitung. In der Frage der Migration, die vielleicht schwierigste im europäischen Panorama dieser Jahre, gibt es unter den nationalen Bischofskonferenzen keine ganz einheitliche Linie, wie Kardinal Bagnasco einräumte.

Die beiden Schlüsselwörter seien Aufnahme und Integration, allerdings müsse jedes Land für sich im Rahmen seiner Möglichkeiten ausbuchstabieren, was konkret zu tun sei.

So betonte der Vizepräsident der CCEE, Erzbischof Stanisław Gądecki von Poznan in Polen, sein Land konzentriere sich auf Migranten, „die Arbeit suchen. Wir haben mehr als eine Million Ukrainer, die arbeiten in unserem Land, und als Kirche machen wir Anmerkungen und Vorschläge für eine großzügige und evangelische Aufnahme der Ukrainer“. Überdies habe die Kirche ein System zur privaten Unterstützung syrischer Flüchtlinge in Aufnahmelagern im Libanon geschaffen.

Wie bei der Presskonferenz bekannt wurde, empfängt Papst Franziskus am 22. September in Rom die Verantwortlichen der nationalen Bischofskonferenzen für die Seelsorge an Migranten. (rv)