„Wir haben der Barmherzigkeit Gottes ins Gesicht geschaut!“ Ein Gespräch mit Kardinal Koch

kardinal-kochMANOPPELLO – 2017 wird es 500 Jahre her sein, dass sich im Abendland die lutheranischen Brüder und Schwestern von der römisch-katholischen Kirche und dem Papst zu lösen begannen. Älter als die Reformation und die Aufspaltung der Kirche des Westens ist aber das große morgenländische Schisma und die Spaltung der Christenheit in die orthodoxen Kirchen des Ostens und die römisch-katholischen Kirche im Westen, die im Jahr 1054 zwischen Rom und Konstantinopel vollzogen wurde. Erst am 7. Dezember 1965 tilgten Papst Paul VI in Rom und der ökumenische Patriarch Athinagoras in Istanbul feierlich die gegenseitigen Bannflüche „aus dem Gedächtnis und der Mitte der Kirche“ und gaben sie „dem Vergessen anheim „. Fremd sind sich Ost- und Westkirche aber immer noch, vor allem in kultureller Hinsicht. – Auf Einladung Erzbischof Bruno Fortes von Chieti-Vasto feierten nun aber am 18. September 2016 siebzig orthodoxe Bischöfe gemeinsam mit zwei Kardinälen und zahlreichen hohen Geistlichen der römisch-katholischen Kirche in der Basilika des Heiligen Gesichts in Manoppello die orthodoxe „Göttliche Liturgie“ des heiligen Johannes Chrysostomos unter dem Angesicht Christi, das dort über dem Hauptaltar ausgestellt ist. – CNA/EWTN News-Romkorrespondent Paul Badde fragte Kardinal Kurt Koch, den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, nach der Feier nach seiner Einschätzung dieses historischen Tages.

CNA: Herr Kardinal, Erzbischof Bruno Forte nennt das „Heilige Gesicht“ Christi den „Polarstern der Christenheit“. Für ihn gibt es keinen vernünftigen Zweifel, dass der Bildschleier mit dem Schweißtuch Christi identisch ist, das Johannes im heiligen Grab neben den Leinenbinden erwähnt. Ist das aber nicht auch aufreizend für die orthodoxen Mitbrüder?

Kardinal Koch: Christen glauben an einen Gott, der sein konkretes Gesicht in Jesus Christus gezeigt hat. Und je näher wir das Gesicht Christi kennen lernen und je tiefer wir in ihm eins werden, um so tiefer werden wir auch untereinander eins. Deshalb ist es ein wunderschönes Ereignis, vor dem Antlitz Christi zu sein, zu beten, das Antlitz zu verehren, um ihn zu bitten, seinen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen, dass wir die Einheit finden.

Katholiken haben den Orthodoxen einiges zu bringen. Umgekehrt ist es auch mit den Orthodoxen so, etwa mit ihrer Kultur der Ikonen-Verehrung. Könnte es da sein, dass von diesem Tag an auch die Bilder neu begriffen und bewertet werden können in der katholischen Kirche – inmitten jenes gewaltigen „Iconic Turn“, den Medienwissenschaftler heute feststellen, wo Bildern ganz allgemein für die Kommunikation eine Rolle zukommt wie vielleicht nie zuvor?

Ja, das innerste Geheimnis der Ökumene ist ein Austausch der Gaben. Jede Kirche hat ihre Gaben. Und eine besondere Gabe der Orthodoxie sind die Ikonen. Ich glaube deshalb schon, dass auch viele Christen im Westen einen neuen Zugang finden zu den Ikonen und so den Glauben vertiefen können. Das ist ein großartiges Geschenk. Es ist sehr wichtig, dass wir auch in der westlichen Tradition das Bild wieder neu schätzen. Wir haben durch die Reformation im 16. Jahrhundert einen ganz neuen Akzent auf das Wort gesetzt. Aber das Wort ist ja Fleisch geworden. Das Wort ist sichtbar geworden. Deshalb gehören auch die Bilder mit zum Glauben dazu. Das ist ein Geschenk der Orthodoxen, das wir dankbar entgegennehmen.

In Chieti ging es in den letzten Tagen innerhalb der Kommission, die nun nach Manoppello gepilgert kam, um die delikate Frage der theologischen und ekklesiologischen Beziehung zwischen Primat und der Synodalität im Leben der Kirche, also um das Petrusamt und das Amt aller Bischöfe. Vor zehn Jahren kam Petrus in der Gestalt von Papst Benedikt hierhin. Seitdem hat es eine ungeheure Wende gegeben in der Beurteilung dieses Bildes von Manoppello. Seitdem ist es weltbekannt geworden. Heute ist die Synode der Bischöfe gekommen. Was denken Sie, welche Bedeutung dieser Pilgerreise einmal beigemessen wird, in der sich die Synode hier versammelt hat?

Es ist sehr schön, dass wir nach zehn Jahren an diesem Jubiläum hierhin kommen durften. Papst Benedikt ist im Namen der ganzen katholischen Kirche gekommen. Heute ist Kirche aus Ost und West hier gegenwärtig. So kann dieses Jubiläum vielleicht auch auf der Suche nach der Einheit zwischen der Kirche in Ost und der Kirche im Westen helfen.

Sie sind als Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen in Rom verantwortlich für die Ökumene. Von Papst Franziskus gibt es dazu das Wort: „Schaut auf Christus und geht mutig voran!“ Was würden Sie da heute, wo Sie in dieser Verschiedenheit von Ost- und Westkirche vor diesem Bild Christi zusammengekommen sind, sagen, welches der nächste Schritt wäre, mutig auf Christus zuzugehen?

Wir sind eigentlich immer auf dem Weg zu Christus hin. Denn es ist ja sein Wille, dass wir die Einheit finden. Das ist nicht ein menschliches Projekt. Christus selbst hat am Vorabend vor seinem Leiden gebetet, dass die Jünger eins sein sollen, damit die Welt glaubt. Die Glaubwürdigkeit des Zeugnisses hängt davon ab, dass wir eins sind. Das ist ja auch ein besonderes Anliegen von Papst Franziskus, wenn er sagt, wir müssen denselben Weg gehen auf Christus hin, dann werden wir die Einheit finden.

„Misericordiae Vultus“ heißt die Verkündigungsbulle, mit der Papst Franziskus dieses heilige Jahr der Barmherzigkeit angekündigt hat, nach ihren ersten Worten auf lateinisch. Das „Gesicht der Barmherzigkeit“ hat diesem Jahr damit seinen ganz besonderen Sinn gegeben. Was empfinden Sie da, wenn Sie heute hier vor dem barmherzigen Blick Jesu stehen, der uns aus diesem Wunderschleier anblickt?

Es ist eine wunderschöne Botschaft, dass wir einen barmherzigen Gott haben dürfen, bei dem wir wissen, dass es für ihn keine hoffnungslosen Fälle gibt. Mag ein Mensch noch so tief gefallen sein. Er kann nie tiefer fallen als in die Hände Gottes hinein. Dieses Angesicht nun wirklich sehen zu können, ihm zu begegnen, ist natürlich eine wunderbare Vertiefung dieser Botschaft des heiligen Jahres. Die Menschen heute haben nichts nötiger als die Barmherzigkeit Gottes. Und wenn sie in das Gesicht des barmherzigen Gottes schauen dürfen, ist das ein wunderbares Geschenk.

Und was werden Sie Papst Franziskus von diesem Ereignis berichten, falls Sie die Gelegenheit dazu bekommen?

Ich werde ihm sicher sagen, dass wir seiner großen Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes ins Gesicht geschaut haben. Und dass dieses Gesicht wichtig ist für die ganze Kirche. Das ist gleichsam das Aushängeschild der Kirche: das barmherzige Gesicht Gottes! (CNA Deutsch)

Mediensekretariat: „Den spirituellen Blick auf die Kirche schärfen“

Msgr Dario ViganoDie Kirche noch besser erklären, weg von politischen und soziologischen Kategorien hin zu einem mehr „spirituellen Blick“. Das ist im Wesentlichen das Ziel des neu eingerichteten Kommunikationssekretariats des Vatikan, dessen Statuten am Donnerstag dem Papst überreicht wurden. Künftig will das Mediensekretariat selbst „nachhelfen“ und besonders für Vatikanjournalisten Fortbildungen und Seminare anbieten, die ihnen helfen sollen, die Kirche besser zu verstehen. Radio Vatikan sprach mit dem Präfekten des Dikasteriums, Dario Edoardo Viganò.

Donnerstag war Medientag im Vatikan. Zuerst traf Papst Franziskus an die 400 italienische Journalisten und sprach mit ihnen über die Herausforderungen des digitalen Wandels und die Verantwortung der Medien für die Gesellschaft. Auch der Präfekt des neuen vatikanischen Kommunikationssekretariats, Dario Edoardo Viganò, war anwesend, um dem Papst am Nachmittag dann persönlich gemeinsam mit dem Rat und dem Sekretär des Dikasteriums, Lucio Adrián Ruiz, die neuen Statute der Einrichtung zu überreichen. Die sechs Seiten umfassenden Bestimmungen sollen am 1. Oktober in Kraft treten.

„Der Papst wollte die Statuten selbst unterzeichnen. Sie wurden in vielen Monaten von einer gemischten Arbeitsgruppe ausgearbeitet und sorgfältig vom Staatssekretariat und dem Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte überprüft. Es war also ein sehr freundliches Treffen und der Heilige Vater hat uns aufgefordert, den getroffenen Beschlüssen mit Entschiedenheit nachzugehen, Entscheidungen, die irreversibel sind angesichts des digitalen Wandels.“

Um flexibel auf die schnellen Veränderungen in der Medienwelt zu reagieren, sollten auch die Statuten einen „offenen Charakter“ bekommen.

„Das bedeutet, dass wir ein Instrument vorbereitet haben, das das aufnehmen kann, was sich neu entwickelt. Wir müssen bedenken, dass vom Telegraphen bis heute 150 Jahre vergangen sind, seither hat es eine enorme technologische Entwicklung gegeben. Es ist also wichtig, ein rechtlich bindendes Instrument zu haben, das es uns gleichzeitig erlaubt, auf das zu reagieren, was in fünf oder zehn Jahren in der Medienwelt geschieht.“

Die neue Vatikaneinrichtung für die Medien und Kommunikation wurde vor 15 Monaten ins Leben gerufen. Dario Edoardo Viganò wurde von Franziskus bereits im Juni 2015 ernannt, er war vorher Leiter des vatikanischen Fernsehdienstes CTV. Es sei im Sinne des Papstes, so Viganò, die Kirche mittels einer spirituellen Hermeneutik nach außen zu vermitteln, sie sei eben nicht einfach ein soziologisches Phänomen, das es zu erklären gilt, sondern der gelebte Glaube von Männern und Frauen. Das neue Mediensekretariat soll demnach auch eine Art Dienstleistungsfunktion für die Journalisten einnehmen, wie Papst Franziskus es am Donnerstag auch vor den Journalisten betonte. So sollen künftig Seminare und Fortbildungen stattfinden – vor allem für Vatikanjournalisten, die sogenannten „Vaticanisti“ – um ihnen ein tieferes, besseres Verständnis der kirchlichen Vorgänge zu vermitteln.

„Das ist glaube ich ein bisschen die Bestimmung: einerseits haben wir innerhalb der Kirche eine Berufung, aber andererseits möchten wir auch den Journalisten helfen, die Kirche so zu erzählen, dass sie eben nicht nur als „soziologische Einheit“, wie Papst Franziskus es sagt, gesehen wird. Wer die Kirche erzählen will, kann nicht einfach politische Maßstäbe anwenden. Die Kirche braucht vielmehr eine spirituelle Hermeneutik, es braucht den spirituellen Blick für die Tatsachen und Handlungen in der Kirche. Die Kirche ist eine Versammlung von Männern und Frauen, die das Zeugnis Jesu leben und sich in ihrem Handeln ganz auf ihn berufen. Entweder, man entwickelt also diesen spirituellen Blick auf die Kirche, oder es entstehen oft ideologische Ausschweifungen. Das Kommunikationssekretariat soll also, so hat es auch der Papst gesagt, ein Referenzpunkt für die Informationswelt sein, und vor allem denke ich an die Vaticanisti, die den Dienst des Heiligen Vaters und seine Gesten der Welt immer besser erklären können sollen.“ (rv)

Vatikan regelt Anerkennung von Wundern neu

VatikanDie vatikanische Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen regelt die Anerkennung von Wundern neu. Das entsprechende Regelwerk wurde an diesem Freitag vom Vatikan veröffentlicht. Es verschärft die bisherigen Bestimmungen; so kann ein mögliches Wunder nicht mehr als dreimal zur Untersuchung vorgelegt werden, danach gilt es als nicht anerkannt. Bei Selig- und Heiligsprechungen ist in der Regel die Anerkennung eines Wunders eine Voraussetzung.

„Es ist historisch gesichert, dass Wunder immer ein entscheidendes Argument für eine Heiligsprechung eines Dieners Gottes waren.“ Das schreibt der Sekretär der Heiligen-Kongregation, Erzbischof Marcello Bartolucci, in einer Erläuterung des neuen Règlements. Wunder seien so etwas wie der „Fingerzeig Gottes, der sozusagen das menschliche Urteil über die Heiligkeit eines Menschen ratifiziert“. Damit ist das Wunder – neben der Anerkennung von heroischen Tugenden bzw. eines Martyriums – gemeinhin die entscheidende Klippe, bevor jemand ins Buch der Seligen oder Heiligen eingetragen werden kann.

Eine juridische Prozedur für die Anerkennung von Wundern gibt es ungefähr seit dem 13. Jahrhundert. Wohl im Jahr 1610 – es ging um die Heiligsprechung von Karl Borromäus – beugten sich zum ersten Mal auch Mediziner auf Anweisung des damaligen Papstes über den Fall von Wundern; das wurde dann einige Jahrzehnte später obligatorisch. Seit 1917 müssen sogar zuerst zwei Mediziner ein mutmaßliches Wunder positiv beurteilen, erst danach geht die Akte auch an die Theologen. Pius XII. richtete 1948 eine medizinische Kommission für die Wunder-Anerkennung ein, sprich: für die Bestätigung, dass ein mutmaßliches Wunder wissenschaftlich nicht zu erklären sei. Und das Regelwerk dieser Kommission ist es, was der Vatikan jetzt nach etwas einjähriger Arbeit in einigen Punkten erneuert hat.

Einige Neuerungen im einzelnen: Die qualifizierte Mehrheit zur Wunder-Anerkennung muss mindestens Fünf-Siebtel betragen. Wird ein Wunder mehr als einmal zur Beurteilung vorgelegt, muss ein neues Gremium darüber befinden. Der Präsident dieses Gremiums muss nach zehn Jahren wechseln. Und – nicht der unwichtigste Punkt – Geldzahlungen gibt es nur noch auf ein Konto, nicht etwa in irgendwelchen Briefumschlägen. Das soll Unklarheiten in der früheren Zahlungspraxis, die medial immer wieder für Aufsehen sorgten, ein Ende machen. (rv)

D: Helmut Dieser wird neuer Bischof von Aachen

b_dieserAachen bekommt einen neuen Bischof: Es ist der Trierer Weihbischof Helmut Dieser. Das wurde an diesem Freitag zeitgleich in Rom und in Aachen bekannt. Der 54-Jährige wird Nachfolger des emeritierten Bischofs der Kaiserstadt, Heinrich Mussinghoff.

Dieser wurde 1962 in Neuwied geboren und hat in Trier und Tübingen studiert. Priester ist er seit 1989. Am Priestersemiar von Trier und anschließend von Lantershofen hat er lange Homiletik unterrichtet, von 2004 bis 2011 war er Pfarrer, anschließend Weihbischof. (rv)