Gute Absichten, falsche Methoden? Was Papst Franziskus über Martin Luther sagte

cna_Franziskus und LutherROM – Auf dem Rückflug seiner dreitägigen Reise nach Armenien hat Papst Franziskus erneut eine Presse-Konferenz im Flieger gehalten. Dabei fragte ein Journalist über die Reise des Pontifex nach Lund, wohin der Heilige Vater in vier Monaten reist, um den 500. Gedenktag der Reformation zu begehen – und ob es eine häretische Frage sei, die Exkommunikation Martin Luthers aufzuheben oder zurückzunehmen. Papst Franziskus antwortete:

“Ich denke, die Absichten Martin Luthers waren nicht falsch, er war ein Reformator. Vielleicht waren seine Methoden nicht die richtigen. (…) In dieser Zeit war die Kirche kein Modell, das man hätte nachahmen können. Es gab Korruption in der Kirche, Weltlichkeit, man hing am Geld, an der Macht, und deshalb protestierte er.

Er war intelligent, und er ging einen Schritt weiter, in dem er begründete, was er tat. Heute sind sich Protestanten und Katholiken in der Rechtfertigungslehre einig, in diesem wichtigen Punkt hat er sich nicht geirrt.

Aber er hat eine Medizin für die Kirche angefertigt und diese Medizin hat sich verfestigt. Zu einem Stand der Dinge, zu einer Disziplin, zu einer Art zu glauben und zu handeln, zu einer liturgischen Form. Und er war auch nicht allein – es gab Zwingli, es gab Calvin, die ganz unterschiedlich waren, und hinter ihnen standen die Fürsten. Wir müssen uns in die Geschichte in jener Zeit versetzen. Es ist eine nicht leicht zu verstehende Geschichte und die Dinge nahmen dann ihren Lauf. Der Dialog heute ist eine sehr gute Sache und dieses Dokument zur Rechtfertigungslehre ist, meiner Meinung nach, eines der ökumenisch gehaltvollsten und tiefsten Dokumente. Es gibt Spaltungen, die hängen auch von den Kirchen ab.

In Buenos Aires gab es zwei protestantische Kirchen, die unterschiedliche Auffassungen hatten – auch in der lutherischen Kirche gibt es keine Einheit, aber sie respektieren sich, sie lieben sich. Die Verschiedenartigkeit ist das, was oft so viel Unheil für alle mit sich gebracht hat und heute versuchen wir, nach 500 Jahren, wieder auf dem Weg zu gehen, auf dem wir zusammenkommen.

Ich glaube, dass wir zusammen beten müssen, beten. Das Gebet ist wichtig.

Zweitens: arbeiten für die Armen, die Verfolgten, die Flüchtlinge, für so viele Menschen, die leiden. Zusammen arbeiten, zusammen beten und dass die Theologen zusammen forschen und suchen. Das ist ein weiter, ein sehr weiter Weg. Einmal habe ich gesagt: ich weiß, wann der Tag der vollkommenen Einheit kommen wird. Welcher? Der Tag nach der Wiederkunft des Menschensohnes. Aber man weiß es nicht: der Heilige Geist wird Gnaden schenken und in der Zwischenzeit müssen wir beten, uns lieben und gemeinsam arbeiten. Vor allem für die Armen, die Leidenden, für den Frieden und für so viele Dinge, in denen man zusammenarbeiten kann.” (CNA Deutsch)

An ‚franziskanischem’ Ort: Priesterjubiläum Benedikt XVI.

Benedikt XVI.Die gesamte Spitze des Vatikan war versammelt: Kardinäle und Kurienchefs, eine Delegation des ökumenischen Patriarchen Bartholomaios, ehemalige Mitarbeiter von Papst Benedikt XVI. und selbstverständlich beide Päpste persönlich: An diesem Dienstag feiert der Vatikan das 65. Priesterjubiläum Joseph Ratzingers. Am Hochfest Peter und Paul, dem 29. Juni 1951, wurde der spätere Papst damals gemeinsam mit seinem Bruder Georg im Dom von Freising zum Priester geweiht. Eine herzliche Begrüßung für den Jubilar durch den Papst eröffnete die kurze Feierstunde, der emeritierte Vorgänger wirkte gesund, das Alter des fast 90jährigen war aber ebenfalls spürbar.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. gibt dem amtierenden Papst und der gesamten Kirche bis heute Kraft. Das betonte Franziskus in seinen Glückwunschworten. Der Papst knüpfte seine Gedanken zum priesterlichen Dienst Joseph Ratzingers an die Frage, die Jesus seinem Jünger Petrus stellte: „Liebst du mich?“: „Das ist das Merkmal, welches das ganze dem priesterlichen Dienst gewidmete Leben und auch die Theologie prägt, die Sie nicht zufällig als ‚Suche des Geliebten’ definiert haben. Dafür haben Sie immer Zeugnis abgelegt und tun das auch heute noch: dass das, was unsere Tage bestimmt – in guten wie in schlechten Zeiten – und mit dem all das andere dazu kommt, die wahre Gegenwart unseres Herrn ist, dass wir ihn herbeisehnen, dass wir ihm innerlich nahe sind, dass wir ihn lieben, dass wir wirklich tief an ihn glauben und glaubend ihn wirklich lieben.“ Diese Liebe lasse sicher und ruhig auch in stürmischen Zeiten sein, „dieses Lieben und dieses Glauben ist das, was uns der Zukunft ohne Angst und Nostalgie entgegenschauen lässt, mit Freude, auch in den fortgeschrittenen Jahren unseres Lebens.“

Ruhe, Frieden, Kraft, Zuversicht und Reife

Während die „Kultur des Wegwerfens“ von heute ältere Menschen, deren Kräfte nachlassen, vergesse und an vergessene Orte stecke, diene der emeritierte Papst weiter durch sein Gebet. Diese „vergessenen Orte“ wie das Kloster Mater Ecclesiae seien wichtig für die Welt, weswegen er selber sich auch Franziskus genannt habe, betonte der Papst. Das Herz des Ordens, an dessen Anfang Franziskus steht und wo dieser gegründet wurde, sei die „Portiuncula“, das „kleine Teilchen“, ein kleiner Ort abseits. „So wollte die Vorsehung, dass Sie, lieber Mitbruder, an einem wirklich ‚franziskanischen’ Ort ankommen, von dem aus eine Ruhe, ein Frieden, eine Kraft, eine Zuversicht, eine Reife, ein Glaube, eine Hingabe und eine Loyalität ausgehen, die mir sehr gut getan haben und mir und der gesamten Kirche Kraft geben.“

Er wünsche seinem Vorgänger, dass er weiterhin die Hand des Barmherzigen Gottes spüre, die ihn hält, dass er weiterhin die Liebe Gottes erfahren und bezeugen könne, dass er weiterhin „über die große Liebe Gottes jubeln und sie bezeugen, auf dem Weg zum Ziel unseres Glaubens.“

Nach der Papstansprache dann noch einmal ein sehr herzliches, lächelndes Begrüßen der beiden, des Papstes und seines emeritierten Vorgängers.

„Vor 65 Jahren hat ein Mitbruder, der mit mir zusammen geweiht wurde, auf sein Weihebild nur ein Wort geschrieben: Eucharistomen (griechisch: wir danken),“ so begann Benedikt XVI. seine Dankesworte. Diesen Dank empfinde er heute und wolle ihn an die Anwesenden weitergeben. Sein erster Dank gelte dem Papst, „wir hoffen, dass Sie weiter mit uns den Weg Gottes Barmherzigkeit gehen, uns den Weg Jesu, den Weg zu Jesus zeigen.“ Dank sei aber nicht nur „menschlich“ zu verstehen, in dem griechischen Wort des Priesters steckten auch die Worte des eucharistischen Hochgebetes, „gratias agens benedixit, fregit, dedit“ (nahm er das Brot in seine Hände, brach es und gab es seinen Jüngern). Das griechische Wort führt uns zu jener Dimension des Dankens, die Jesus selbst uns gegeben hat. Er hat das Kreuz, das Leiden in Dank verwandelt und so das Leben und die Welt gewandelt.“ Diesem Dank wolle er sich anschließen und so am Wandel der Welt mithelfen, „so dass es eine Welt nicht des Todes, sondern des Lebens sei, eine Welt in der die Liebe über den Tod gesiegt hat“, schloss der emeritierte Papst seine Worte.

Zwei weitere Nachfolger von Joseph Ratzinger ergriffen bei der Feierstunde ebenfalls das Wort: Der Vorgänger im Amt des Dekans des Kardinalskollegiums, das Kardinal Ratzinger bis zu seiner Papstwahl inne hatte, und sein Vorgänger als Präfekt der Glaubenskongregation.

Freude und Brüderlichkeit

Der emeritierte Kardinaldekan Angelo Sodano sprach von einer „großen geistlichen Freude und Brüderlichkeit”, mit der dieser Tag begangen werde. Er erinnerte an den Besuch des damaligen Papstes in seiner Weihekirche in Freising 2006 und an die Rührung, die er selber beim Papst wahrgenommen habe. Als Priester – so bezeichnete Sodano die Überzeugung Benedikt XVI. – stehe man dafür ein, den Menschen „Gottes Licht und Gottes Liebe“ nahe zu bringen, in der „Gesinnung Jesu Christi“. Er wünsche ihm – auf Deutsch vorgetragen – „Behüt’ Sie Gott”!

Kardinal Müller wies auf das Buch hin, das speziell zu diesem Anlass herausgegeben wurde und Worte Joseph Ratzingers/Papst Benedikt XVI. zum Priestersein versammelt. Es trägt den Titel „Die Liebe Gottes lehren und lernen“ und erschien vergangenen Donnerstag. Müller nahm auch Bezug auf die beiden Heiligen des Weihetages Joseph Ratzingers, Petrus und Paulus. Der eine stehe für die Verkündigung, der andere dafür, die Brüder im Glauben zu stärken. Hier sei im Kern schon enthalten, was Papst Benedikt dann gelehrt und gelebt habe. Eines der Bücher, die der Kardinal dann überreichte, fand sofort seinen Weg zu Papst Franziskus, der sich offensichtlich ein Exemplar beim Autor erbat.

Nicht dabei war Georg Ratzinger, der Bruder und ebenfalls ein Jubilar. Er ist mittlerweile zu schwach für eine solche Reise, hatte es im Vorfeld geheißen. Aus Deutschland angereist war dagegen Bischof Rudolf Voderholzer von Regensburg, dem Wohnort des Papstbruders. (rv)

Fazit der Armenienreise: Vor allem ökumenischFranziskus im Kaukasus

Logo ArmenienDie Reise durch Armenien in den letzten drei Tagen war nur der ideelle Auftakt, im September will der Papst den Bogen mit einer Visite in Georgien und Aserbaidschan weiterspannen. Vatikansprecher Federico Lombardi betont, die Tage von Armenien seien vor allem ökumenisch von Bedeutung gewesen.

„Vor allem das große ökumenische Gebet auf einem zentralen Platz in Jerewan: Das war wirklich etwas Außergewöhnliches. Ein religiöser Akt, ein Gebet im öffentlichen Raum, auch mit all den Repräsentanten verschiedener Nationen – ich glaube, so etwas hat man noch nie gesehen. Im übrigen war die Aufnahme des Papstes durch den „Katholikos“ der armenisch-apostolischen Kirche etwas Wunderbares: Der Papst hat drei Tage lang im Haus des „Katholikos“ gewohnt, das hat eine wirklich tiefgründige und ehrliche Begegnung möglich gemacht.“

Vor allem der Rhythmus des Gebets habe die drei Papst-Tage im „ersten christlichen Land“ der Welt geprägt, so Lombardi. Der Jesuit schwärmt geradezu von der „Göttlichen Liturgie“, dem Gottesdienst vom Sonntag, an dem Franziskus teilgenommen hat.

„Auch der Tonfall der Ansprachen war – vor allem von seiten des Papstes – eine große Ermutigung zum ökumenischen Miteinander, zum Dialog und zum Weg auf eine auch eucharistische Einheit zu. Diese Reise war also aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt auf dem ökumenischen Weg mit dieser Ostkirche, die sich praktisch gänzlich mit der armenischen Nation identifiziert.“

Doch auch für Armeniens Katholiken – eine „kleine, aber sehr lebhafte Minderheit“ – sei der Besuch aus Rom „ein großes Fest“ gewesen. „Viele Armenier waren aus verschiedenen Teilen der Welt (aus der Diaspora) zu diesem Anlass in die Heimat gereist: Armenier, die zur apostolischen Kirche gehören, aber auch Katholiken. Alle armenischen katholischen Bischöfe haben mit dem Papst konzelebriert. Und natürlich wollte der Papst mit seiner Anwesenheit hier auch eine Botschaft des Friedens an die Region vermitteln, in der Hoffnung, dass das so verstanden und gewürdigt wird.“

Beim päpstlichen Tanz auf dem Drahtseil konnte es nun allerdings nicht ausbleiben, dass einige in der Region jetzt verstimmt sind über Franziskus. Die offizielle Türkei vor allem: Sie ist verärgert, dass der Papst in Armenien erneut das Wort „Völkermord“ ausgesprochen hat.

Lombardi dazu: „Das Entscheidende ist die Wahrhaftigkeit der Absichten des Papstes; er hatte sicher nicht die Absicht, eine Art Religionskrieg loszutreten, sondern es ging ihm einfach darum, die Leiden der Vergangenheit als Prämisse anzuerkennen, damit es in Zukunft nicht mehr zu solchen Leiden oder solchem Mangel an Respekt vor dem Leben und den Rechten der anderen kommen möge. Das ist die Absicht des Papstes, und daran halten wir uns.“ (rv)