„Unser Berufung ist die Gotteskindschaft“: Die Pfingstpredigt von Papst Franziskus

cna_Franziskus PfingstpredigtVATIKANSTADT – Zu Pfingsten hat der Heilige Vater daran erinnert, dass Christen im Strom des Heiligen Geistes als Kinder Gottes wiedergeboren werden: Diese sei die ursprüngliche Berufung aller Christen.

Der Papst nahm den Satz aus dem Johannes-Evangelium zum Ausganspunkt: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen“ (Joh 14,18).

Die Sendung Jesu, die in der Gabe des Heiligen Geistes gipfelte, habe ein wesentliche Ziel, betonte der Heilige Vater: „Unsere Beziehung zum Vater, die durch die Sünde zerstört worden war, wieder herzustellen; uns von der Situation als Waisen zu befreien und uns die Gotteskindschaft zurückzugeben. „Auch der Apostel Paulus habe an die Christen von Rom geschrieben:

„Denn alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Söhne Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,14-15).

Hier, so Franziskus, sei die wiedergeknüpfte Beziehung: Die Vaterschaft Gottes werde dank des Erlösungswerkes Christi und der Gabe des Heiligen Geistes in Christen wieder wirksam: „Der Heilige Geist wird vom Vater gegeben und führt uns zum Vater. Das ganze Heilswerk ist ein Werk der Wieder-Geburt. Dabei befreit uns die Vaterschaft Gottes durch die Gabe des Sohnes und des Heiligen Geistes von unserem Waisensein, in das wir geraten sind.“

Waisen in unserer Zeit

Auch in der heutigen Zeit bemerke man verschiedene Zeichen unserer Situation als Waisen, so Franziskus: Die innere Einsamkeit und existenzielle Traurigkeit vieler Menschen; die vermeintliche Unabhängigkeit von Gott; der verbreitete geistliche Analphabetismus, „weswegen wir unfähig sind zu beten“.

Die Berufung des Menschen: Der Sinn des Lebens

All dem widersetze sich die Gotteskindschaft, so Franziskus. Diese sei die ursprüngliche Berufung des Menschen ist. Diese sei der Sinne des Lebens, erklärte der Papst: „Dafür sind wir geschaffen; es ist unsere innerste DNA, die jedoch zerstört wurde und zu deren Wiederherstellung das Opfer des eingeborenen Sohnes erforderlich war.“

Von der unermesslichen Gabe der Liebe, die der Tod Jesu am Kreuz darstellt, gehe für die ganze Menschheit die Ausgießung des Heiligen Geistes hervor. Wer in dieses Geheimnis der Wiedergeburt durch die Gnade Gottes gläubig eintauche, werde zur Fülle des Lebens als Kind Gottes wiedergeboren.

Die Worte Jesu: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen“ erinnerten aber auch an die mütterliche Gegenwart Mariens im Obergemach, so der Papst.

„Die Mutter Jesu ist in der Mitte der Gemeinschaft der Jünger, die im Gebet versammelt ist: Maria ist das lebendige Gedächtnis des Sohnes und die lebendige Anrufung des Heiligen Geistes. Sie ist die Mutter der Kirche. Ihrer Fürbitte vertrauen wir in besonderer Weise die Christen, die Familien und die Gemeinschaften an, die in diesem Augenblick die Kraft des Geistes, des Beistands, Fürsprechers und Trösters, des Geistes der Wahrheit, der Freiheit und des Friedens am meisten brauchen.“

Der Heilige Geist mache, dass wir zu Christus gehören, so Franziskus weiter. „Wer den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm“ (Röm 8,9). Durch Jesus, betonte der Papst, könnten Katholiken auf neue Weise in Beziehung zu den anderen treten, nicht mehr als Waisen, sondern als Kinder desselben gütigen und barmherzigen Vaters: „Und das ändert alles! Wir können uns als Brüder und Schwestern sehen, und unsere Unterschiede vermehren nur die Freude und das Staunen darüber, dass wir zu dieser einen Vaterschaft und Geschwisterlichkeit gehören“, schloss der Heilige Vater. (CNA Deutsch)

Kardinal Lehmann: „Ein Mann der Zusammenarbeit“

Kardinal Lehmann21 Jahre lang war er das Gesicht der deutschen Kirche: Als Karl Kardinal Lehmann 2008 den Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz abgab, lag eine prägende Zeit für die deutsche Kirche hinter ihm. Vier Jahre lang war er erst Bischof von Mainz gewesen, als die Bischofskonferenz den ehemaligen Theologieprofessor und Schüler von Karl Rahner zu ihrem Vorsitzenden wählte.

Er ist erst einmal ein guter Mensch, so urteilt Pater Hans Langendörfer, 10 Jahre lang an Lehmanns Seite als Sekretär der Bischofskonferenz. Er könne auf Menschen zugehen, sie zusammenführen und vermitteln. Als Jesuitenpater Hans Langendörfer 1996 das Amt des Sekretärs der Deutschen Bischofskonferenz übernahm, da war schon Halbzeit für deren Vorsitzenden Bischof Lehmann. 200 Kilometer trennten die Büros, die DBK in Bonn und den Vorsitzenden in Mainz.

Kommunikation, täglich

Überbrückt wurde die Distanz seit Tag eins seiner Aufgabe vor allem durch das Telefon, berichtet Langendörfer. Praktisch jeden Tag habe man telefoniert, „das war sehr intensiv. Er war immer ein Meister der Information.“ Informationen, Kopien von Briefen, Memos und Vermerke und vor allem sein „Lieblingsmedium“ Telefon, der Vorsitzende der Bischofskonferenz bezog seine Mitarbeiter ein. Er habe eine große Fähigkeit gehabt, mit Leuten zusammenzuarbeiten. „Er hat sich beraten lassen und allen den Eindruck gegeben, dass sie gefragt sind und ihren Teil beitragen können. Das ist eine große Gabe.“

Dasselbe galt auch für die Sitzungen der Bischofskonferenz, erinnert sich Langendörfer, der bei solchen Zusammenkünften zwölf Jahre buchstäblich an der Seite Lehmanns saß. „Er hat immer eine sehr starke Autorität gehabt. Wenn Bischof Lehmann in einer Sitzung das Wort ergriffen hat, dann hatte das Gewicht.“ Auch wenn die Vorsitzenden jeweils nur Primus inter Pares seien und keine Weisungen geben könnten, könnten sie Einfluss auf die Beratungen der Bischofskonferenz nehmen, „und Lehmann hatte als Vorsitzender Einfluss, weil er so klug und gebildet ist. Lehmann war in seinem vorigen Leben Professor, und man konnte immer wieder sehen, wie Lehmann-Seminare ausgesehen haben mögen: Jeder ist zu Wort gekommen. Und das war gut.“ Wenn Lehmann die Debatten dann zusammen gefasst hat, hatte das ein derartiges Gewicht, dass man oftmals in diese Richtung gegangen sei.

Persönliche Autorität

Getestet wurde diese Leitungskraft einige Male in den 21 Jahren Amtszeit, niemals aber wohl so stark wie während der Debatte um die Schwangerschaftskonfliktberatung, als es sowohl innerhalb der Bischofskonferenz als auch zwischen Deutschland und dem Vatikan immer wieder gegensätzliche und konfliktive Überzeugungen gab. Begonnen hatte das beim Papstbesuch Johannes Pauls II. 1996, 1998 kam es dann zum Ausstieg der Bischöfe aus dem staatlichen System. „Das ist immer wieder ein neues Ringen um den richtigen Weg gewesen“, erinnert sich Langendörfer an die intensive Zeit, seine Anfangsjahre in der DBK. „Es war manchmal eine große Anspannung in der Bischofskonferenz“, auch wenn die endgültige Lösung – also der Ausstieg aus der Beratung – nicht die Lösung gewesen sei, die Lehmann und andere deutsche Bischöfe favorisiert hätten.

2001 wurde Karl Lehmann dann vom Papst zum Kardinal erhoben – übrigens gemeinsam mit Walter Kasper, Johannes Degenhardt und dem Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, dem heutigen Papst. Warum er damals sozusagen erst auf einer Nachrückerliste genannt wurde, eine Woche nach dem Großteil der anderen, darüber wird bis heute Stillschweigen bewahrt.

Das Erbe des Konzils und der Synode

Der große Kommunikator, Netzwerker und Theologe Lehmann hat Spuren in der Deutschen Bischofskonferenz und Kirche hinterlassen, ist Pater Langendörfer überzeugt. „Kardinal Lehmann ist der Mann, der das Erbe des Konzils und das Erbe der gemeinsamen Synode der Bistümer in Deutschland (Würzburger Synode) verkörpert und in die Kirche hineingetragen hat.“ Das Konzil lag schon etwas länger zurück, als er Vorsitzender geworden sei, aber er habe das Netzwerk der Personen aus der Synode zusammen gehalten. Er habe es gut verstanden, auch mit den verschiedenen Gremien wie dem ZdK zusammen zu arbeiten. Er stehe auch für das ökumenische Erbe des Konzils und habe es treu fortgeschrieben, „ein brillanter und gesuchter Gesprächspartner für die evangelische Kirche“. Seine Rolle habe er im „breiten Prozess der Erneuerung der Kirche“ gespielt, urteilt Langendörfer.

Nicht zu unterschätzen sei die theologische Bildung Lehmanns, auch für seine Arbeit als Vorsitzender. Enzyklopädisches Wissen bescheinigt Langendörfer ihm, manchmal auch einen etwas zu starken professoralen Habitus, selbst wenn der Jesuit das mit einem Lachen sagt. Es sei ihm jedenfalls immer um ein sachgemäßes und angemessenes Urteil gegangen. „Typisch war, dass er seine Tasche neben sich stellte und im Laufe einer Beratung ein Buch nach dem anderen auspackte, oft unter dem beifälligen Grinsen der Mitbrüder, und daraus zitierte.“ Das zeige, wie behutsam und gründlich er Positionen erarbeitet habe.

Eine große theologische Bildung, Informationen, Netzwerken und Kommunizieren, Behutsamkeit in der Urteilsbildung und ein Hören auf alle Stimmen der Konferenz: Karl Lehmann hat in seiner Zeit als Vorsitzender die Konferenz und darüber hinaus die katholische Kirche in Deutschland geprägt. Er sei, sagt Pater Langendöfer abschließend „wie man sich das wünscht: ein Mann der Zusammenarbeit.“ (rv)