Aus dem Geheimarchiv des Vatikans: Die Bullen der Jubeljahre

Siegel Gregor XIIIVATIKANSTADT – Das Pilgerzentrum des Bistums Rom organisiert eine Ausstellung von historischen Dokumenten über die Heiligen Jahre der Kirche seit dem Jahr 1300. Damit soll das Heilige Jahr der Barmherzigkeit auch unter einem historischen Blickwinkel betrachtet werden können.

„Peregrinatio Sancta. Die Bullen der Jubeljahre aus dem Geheimarchiv des Vatikans“. Unter diesem Namen zeigt jetzt eine Ausstellung die päpstlichen Bullen, mit denen die Heiligen Jahre zwischen 1300 und 2000 verkündigt wurden. Die Schau wird von der Opera Romana Pellegrinaggi organisiert.

Die gezeigten Dokumente sind normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Nur Fachleute, die Experte auf diesem Gebiet sind, sowie Spezialisten in Konservierung, die im Geheimarchiv des Vatikans arbeiten, haben in der Regel Zugang dazu.

Die Ausstellung enthält auch Bullen aus den Archiven der Petrusbriefe, die in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt werden, sowie die sogenannten „Inkunabeln“ – Bücher, die vor 1500 gedruckt wurden -, die sich in der Biblioteca Casanatense befinden.

Die Schau, die noch bis zum 31. Juli 2016 im Palazzo del Vicariato Vechio in Rom zu sehen ist, enthält auch Informationstexte auf Englisch und Italienisch über den historischen Rahmen der einzelnen Heilige Jahre.

Päpstliche Bullen sind Urkunden, die mit einem Siegel aus Blei – lat. „bulla“ – versehen sind, die ihre Echtheit beweisen.

Mit diesen Dokumenten wurden im Laufe der Geschichte die Heiligen Jahre ausgerufen. Die biblischen Wurzeln der Heiligen Jahre gehen auf das mosaische Gesetz zurück. In dieser Zeit wurde festgelegt, dass alle 50 Jahre ein Jubeljahr sein sollte, als Zeichen der Barmherzigkeit Gottes, der die Sklaven erlöst und die Schulden erlassen hatte.

Im Jahr 1300 nahm Papst Bonifatius VIII. diese Tradition wieder auf; die nach Rom gepilgerten Gläubigen konnten einen vollkommenen Ablass unter den gewohnten Bedingungen gewinnen. Zwischen den Jahren 1300 und 2000 wurden in Rom 29 Heiligen Jahre gefeiert.

Papst Franziskus rief das Jubiläum der Barmherzigkeit aus, ein Außerordentliches Heiliges Jahr, das am 8. Dezember 2015, Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, begann und am 20. November 2016, Christkönigfest, zu Ende geht.

Der Papst eröffnete offiziell das Heilige Jahr mit dem Öffnen der Heiligen Pforte vom Petersdom, die ausschließlich in den berühmten Jubeljahren geöffnet wird – in der Regel alle 25 Jahre, oder wenn ein Papst ein außerordentliches Heiliges Jahr ausruft.

Die Pilger, die die Pforte durchschreiten, können einen vollkommenen Ablass gewinnen unter Beachtung der gewohnten Bedingungen, wie die Beichte und das Gebet für die Anliegen des Papstes. (CNA Deutsch)

Britisches Studienzentrum im Geist Benedikts XVI.

Papst Benedikt XVI.Er war Botschafter Ihrer Majestät beim Heiligen Stuhl – und ist jetzt Vizekanzler von St. Mary’s University Twickenham, London. Aber das Thema Vatikan hat Francis Campbell nicht losgelassen: An der Londoner Uni half er mit, ein Benedikt-XVI.-Institut aus der Taufe zu heben. Es soll den Dialog der Zivilisationen sozusagen von innen her erneuern, ganz im Geist Joseph Ratzingers.

Vor ein paar Tagen wurde das „Benedict XVI Centre for Religion and Society”, also ein „Studienzentrum für Religion und Gesellschaft“, offiziell lanciert – übrigens in demselben Saal, in dem der damalige Papst Benedikt während seines Besuchs in Großbritannien 2010 eine Rede gehalten hatte. Campbell hatte die Reise mitorganisiert.

„Für mich war es ein Highlight dieser Reise, als Benedikt XVI. an einem Freitagnachmittag in der Westminster Hall an genau der Stelle stand, an der einst Thomas Morus zum Tod verurteilt wurde. Er hielt eine Rede an die britische Gesellschaft, aber da ging es um ein Thema, mit dem er sich in seinem ganzen intellektuellen Leben beschäftigt hatte und das in der ganzen Geschichte des Christentums eine wichtige Rolle gespielt hat, nämlich um die Beziehung des Einzelnen zum Staat, um den Platz des Glaubens im größeren Kontext der Gesellschaft. Ich saß an diesem Abend seitlich und konnte während der Rede den Papst, aber auch jeden einzelnen der noch lebenden Ex-Ministerpräsidenten sehen, die ihm zuhörten. Auch Frau Thatcher war, ein letztes Mal, noch dabei. Und für mich war diese Szene sehr sprechend: In einem Land, das keineswegs eine katholische Bevölkerungsmehrheit hat, waren alle früheren Ministerpräsidenten gekommen, um ihn in Westminster Hall sprechen zu hören!“

Der historische Moment überwältigte den Botschafter gewissermaßen; noch heute hält er die Londoner Rede für „eine der zwei bedeutendsten, die er während seines Pontifikats gehalten hat“. (Leider haben wir vergessen, nachzufragen, welche die andere Rede war.) „Darum ist es sehr angemessen für uns, darauf aufzubauen und hier in St Mary’s ein Studienzentrum für Religion und Gesellschaft zu eröffnen. Und dieser Saal, in dem das Zentrum lanciert wurde, ist genau die Stelle, wo Benedikt 2010 zwischen dem Oberrabbiner und dem ersten weiblichen muslimischen Kabinettsmitglied einmal mehr über die Rolle von Religion in der Gesellschaft sprach. Wir wollen, sechs Jahre nach diesem Augenblick, dieses Engagement fortführen und dabei interdisziplinär alle Ressourcen der Universität einsetzen.“

Francis Campbell hebt hervor, dass der emeritierte Papst einen ganz spezifischen Blick auf das Thema Religion und Gesellschaft habe. Andere Religionsführer oder Gelehrte bezögen sich in der Regel auf eine Vergangenheit, die aus ihrer Sicht „einfacher oder besser“ gewesen sei. „Joseph Ratzinger hingegen erinnerte uns in seinen Veröffentlichungen als Kardinal und später dann als Papst daran, dass es um die Zukunft der westlichen Zivilisation geht und dass das Christentum gerade bei dieser Erneuerung eine Rolle zu spielen hat. Und das ist besonders gültig für das Vereinte Königreich.“

Der frühere Botschafter würdigt auch einen zweiten Ansatz Benedikts, der ihm besonders wichtig scheint: die sogenannten „kreativen Minderheiten“. „Für ihn war das Christentum eine kreative Minderheit, die sich engagiert auf die Zivilisation – die westliche Zivilisation – einlässt und sie herausfordert, aber auch dazu beiträgt, sie von innen her zu erneuern. Dieser Begriff der „kreativen Minderheit“ ist allerdings gar nicht von ihm, sondern er bezieht sich da auf einen britischen Denker: Arnold Toynbee. Da geht es um die berühmte Debatte zwischen Spengler und Toynbee zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, ob die westliche Zivilisation wie alle anderen bisherigen irgendwann einmal einfach an ein Ende kommen wird – das war Spenglers Sicht. Toynbee hingegen sagte: Nein, die westliche Zivilisation ist anders. Und sie ist anders wegen der erneuernden Rolle des Christentums, das im Kern unserer Zivilisation ist. Das ist es, was Benedikt XVI. neu hervorgebracht hat: Er erinnerte Glaubensgruppen an ihren Beitrag zur westlichen Zivilisation und Gesellschaft.“

Das neue Institut ist an der Schnittstelle zwischen Religion und Sozialwissenschaften angesiedelt. In Zusammenarbeit mit dem University College London, Queen’s University Belfast und Coventry University wird es bis Dezember eine erste Studie über nichtreligiöses Glauben vorlegen. Auch eine Konferenz über den fünfzigsten Jahrestag der Enzyklika Humanae Vitae von Papst Paul VI. ist in der Planung. Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Philip Booth wird am Institut eine Vorlesungsreihe über die katholische Soziallehre halten. (rv)