Sachsen-Anhalt nach den Wahlen: „Es herrschte erst mal Lähmung“

Sachsen-AnhaltEs ist ein Erdrutschsieg für die erst junge Partei Alternative für Deutschland. Bei den Landtagswahlen am Sonntag in drei Bundesländern konnte sie Rekordergebnisse einfahren, allen voran in Sachsen-Anhalt mit 24,2 Prozent der Stimmen. Über die Reaktionen in dem Bundesland sprach Radio Vatikan mit dem Leiter des Katholischen Büros in Magdeburg, Stephan Rether.

RV: Herr Rether, wie haben Sie persönlich auf das Wahlergebnis reagiert?

„So einen Wahlabend habe ich in meine ganzen dienstlichen Laufzeit noch nicht erlebt. Nachdem die ARD um 18 Uhr die erste Prognose veröffentlicht hatte, wurde es dann unwahrscheinlich ruhig im Landtag, wo die Landeswahlleiterin ihr Büro aufgestellt hatte und die ganzen Medien versammelt waren. Dieses große Entsetzen über das Abschneiden der AfD mit hier 24,2 Prozent der Wählerstimmen hat doch geradezu zu einer Lähmung geführt gestern. Das Wahlergebnis war für mich auch schon der Höhe nach eine enttäuschende Überraschung. Die Umfragen haben natürlich wie auch in den beiden anderen Bundesländern gezeigt, dass die AfD angesichts der gesellschaftspolitischen Situation eine deutlich wahrzunehmende Größe ist und dass die AfD hier in Sachsen-Anhalt mehr Zuspruch genießt als in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Aber dass tatsächlich fast ein Viertel der Wähler in Sachsen-Anhalt, die am Sonntag ihre Stimme abgegeben haben, diese junge neue Partei gewählt haben, das hat mich sehr enttäuscht.“

RV: Handelt es sich in Ihren Augen um eine Protestwahl oder tatsächlich um einen gesellschaftspolitischen Wandel?

„Das Ergebnis zeigt für mich auf, dass viele Wahlentscheidungen sicherlich aus Protest getroffen worden sind. Also der Protestwähler folgt wie ein kleines Kind seinem spontanen Widerwillen, aber ein ‚Ich will aber nicht‘ zeigt weder vernünftige Alternativen auf, noch ist dieser Protest ein wirklich konstruktiver Ansatz, Belastungen und Probleme zu lösen. Der verantwortungsvolle Wähler muss wissen, dass er nicht tagesaktuell, sondern für fünf lange Jahre diejenigen auswählen muss, denen er in allen seinen Lebenslagen und Belangen zutraut, dass er dort bestmöglich vertreten wird. Und eben nicht denjenigen, der mit seinem tagesaktuellen Bauchgefühl im Einklang steht.“

RV: Kardinal Marx hat im Vorfeld der Wahl noch einmal betont, dass ein Christ niemanden wählen könne, der Hass verbreite. Wie erklären Sie sich den großen Erfolg der AfD in Sachsen-Anhalt?

„Offensichtlich ist es der AfD gelungen, spontane Stimmungen aufzugreifen und daraus auch parlamentarischen Profit zu erzielen. Ob das von Dauer ist, hängt ein Stück weit von uns Kirchen und von der Politik der etablierten bürgerlichen Parteien ab. Es ist unwahrscheinlich wichtig, dass wir verstehen, dass wir gefordert sind, immer wieder zu kommunizieren: Wie soll unsere Gesellschaft aussehen? Welche Werte muss sie verteidigen? Was ist ihr wichtig? Und schließlich müssen wir deutlich machen, wie das System der parlamentarischen Demokratie im Alltag funktioniert. Ich hoffe sehr, dass dieses Ereignis auch in der Landesgeschichte Sachsen-Anhalts so oder noch schlimmer keine Wiederholung findet.“

RV: Was müssen wir nun von der Kirche und der etablierten Politik erwarten?

„Angesichts dessen, dass sich hier ein Viertel der Wähler für die AfD entschieden hat, gehört es sich vielleicht nicht, dass wir hier eine Politik des Ignorierens oder gar der Ächtung betreiben. Ich gehe davon aus, dass ein AfD-Mandatsträger auch Vize-Präsident des Landtags wird. Das ist zumindest die bisherige Übung im Parlament. Wie verhalten wir uns vor einem Inhaber eines solchen Staatsamtes? Hier müssen wir auch im Austausch mit den anderen Bundesländern Antworten finden.“

RV: Wie kann die Kirche zwischen denen, die die Werte des christlichen Abendlandes verteidigen wollen und denen, die aus dem Prinzip der Nächstenliebe Flüchtlinge aufnehmen wollen, vermitteln?

„Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um auch hier den einzelnen Menschen deutlich zu machen, was sind die Werte, die die Gesellschaft zusammenhalten und wo sind aber auch die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit. Ich glaube, dass Sachsen-Anhalt noch viel mehr leisten kann im Bereich der Integration, Bildung und Erziehung, um zu einer guten Zukunft zu kommen. Ich bin da sehr zuversichtlich.”

RV: Immer wieder positionieren sich einzelne Kirchenleute, Priester und Gemeinden gegen die AfD. Inwiefern finden die Kirchen in Sachsen-Anhalt Gehör?

„Selbst wenn wir die evangelischen Landeskirchen dazu nehmen, sind wir deutlich unter 20 Prozent Christen in der Gesamtbevölkerung. Das heißt wir haben hier keine ausgeprägten christlichen Milieus, die dazu führen könnten, dass wir zwingend mit unseren Äußerungen wahrgenommen werden. Ich glaube schon, dass wir als Kirche gehört werden. Aber man muss eben auch sehen, dass über 80 Prozent der Bevölkerung nicht getauft sind und möglicherweise kein Interesse an Kirche, religiösen Themen und theologischen Wahrheiten haben. Und wenn man allein aus dieser Quelle heraus die Menschenwürde und die Achtung vor dem Nächsten kommuniziert, dann ist das hierzulande in Sachsen-Anhalt eine herausfordernde Unternehmung.“ (rv)

Wenn der Pater im Porsche sitzt

Fa. PorscheGibt es einen Widerspruch zwischen der Vorliebe für schöne Autos und dem Glauben?

GENF – Darf ein Pater auch im Porsche sitzen? Und was geht dabei in ihm vor? Nicht erst seit Papst Franziskus bewusst bescheidene Auto-Modelle wählt, sind die vielen Aspekte des Autos ein Thema für Katholiken, egal ob Priester oder Laie, Mann oder Frau. Aber gibt es einen echten Widerspruch zwischen einer Vorliebe für schöne Autos und den christlichen Glauben?

Ein Dominikaner zwischen 900 Automodellen

Vom 3. bis zum 13 März öffneten sich die Tore der alljährlich stattfindenden Genfer Autoshow zum 86. Mal. Den 700.000 Besuchern wurden 900 neue Automodelle präsentiert. Im Jahr 1905 fand die erste Genfer Fahrrad- und Automobilausstellung statt. Seitdem hat sich der Autosalon zu einer der beliebtesten Automobilmessen in Europa entwickelt.

Auch Pater Mike Deeb hat dieses spannende Spektakel besucht – und reflektiert, ob es einen Widerspruch zwischen der Vorliebe für schöne Autos und unserem Glauben gibt.

„Wissenschaft steht in keinster Weise im Widerspruch zum Glauben. Die Entwicklung dieser Fahrzeuge ist ein Teil des wissenschaftlichen Fortschritts,“ sagt der Dominikanerpater, der Ständiger Beauftragter bei den Vereinten Nationen ist für „Dominikaner für Gerechtigkeit und Frieden“.

„Gott hat uns mit allen Mitteln und Fähigkeiten ausgestattet, Dinge wissenschaftlich zu verfeinern und zu verbessern. Wenn ich hier durchschlendere, stellt sich mir hauptsächlich die Frage: Wie würde Jesus sich wohl fühlen, wenn er hier wäre und sich all die Autos ansehen würde?“

Eine Frage des Selbstwerts, und woher ich ihn ziehe

Der Pater bewertet das Auto auch als Statussymbol: „Eigentlich gerät jeder, der ein Statussymbol sucht, irgendwie auf einen falschen Weg. Wenn wir nämlich unseren Status oder Wert in Dingen wie Autos suchen, entfernen wir uns von dem, was letztlich im Leben wichtig ist“. Pater Deeb weiter: „Dadurch laufen wir Gefahr, uns von den wichtigen Dingen im Leben ablenken zu lassen. Wenn sich beispielsweise bei mir alles darum dreht, große Wägen zu fahren, als Statussymbol, während anderswo Beziehungen zerbrechen oder die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird, kann es problematisch werden“.

Wer ganz bewusst Gott nahe sein wolle, sollte die Dinge, die „wir als Statussymbol betrachten, mit anderen Augen betrachten – wir müssen andere Strategien entwickeln, uns wertvoll und von Gott angenommen zu wissen“.

Das hänge nicht an Dingen, so der Pater. „Wenn ich meinen Selbstwert von dem Auto, das ich fahre, abhängig mache, habe ich ein Problem und verliere die Dinge aus den Augen, die mir – und jedem anderen auch – echte Freude und Frieden bringen und mich glücklich machen.“

Umgang mit der Schöpfung

220 Aussteller in 7 Hallen stellten ihre technologischen Produkte und Ideen für die Zukunft des Automobils zur Schau. Für die Hersteller ist der im Frühjahr stattfindenden Genfer Autosalon eine beliebte Gelegenheit, ihr neuestes Modell zu präsentieren, bevor es auf den Markt kommt.

„Etwas, das mich beim Herumgehen hier sehr gefreut hat, ist der Umfang, das Ausmaß, mit dem die Autobauer versuchen, umweltfreundliche Autos zu entwickeln. Wenn wir diesen Trend beibehalten, können wir hoffentlich den Klimawandel und die Zerstörung unseres Planeten als ernste Herausforderungen besser bekämpfen“, so der Priester.

Zum ersten Mal im Porsche Carrera

Das freundliche Porsche-Team, das natürlich in Genf auch vertreten war, lud Pater Mike ein, im neuesten Carrera Probe zu sitzen.

„Das war eine interessante Erfahrung“, lachte der Dominikaner, „zumal ich noch nie in einem solchen Auto gesessen bin. Offensichtlich kommt aber auch ein wenig Unbehagen auf, denn in gewisser Weise widerspricht es dem, wofür ich stehe und worum ich mich bemühe. Allerdings ist es hilfreich, diese Erfahrung einmal zu machen, um zu erkennen, warum viele Menschen sich hier so wohlfühlen und zu überlegen, wie wir ihnen helfen können, sich auch ohne so etwas wohl zu fühlen. Darum geht es.“ (CNA Deutsch)

Der Streit um den legendären Schatz von San Gennaro

Dom NeapelNEAPEL – Aufregung um die reichste Schatzkammer der Welt: Der weltberühmte Goldschatz des heiligen Januarius ist wertvoller als die britischen Kronjuwelen. Nun falle er in die Hände des Vatikan, nicht die der Stadt Neapel, so berichteten mehrere Medien aufgeregt in den vergangenen Tagen.

Vor der Kapelle des weltbekannten Schutzpatrons ihrer Stadt versammelten sich spontan rund 3.000 Gläubige Neapolitaner, schwenkten weiße Tücher und riefen „Hände weg von San Gennaro.“ Nun hat der Geistliche, der das Vermögen verwaltet, die Berichterstattung korrigiert, die zu der Aufregung führte.

Irreführende Berichterstattung

„Die Informationen sind total irreführend. Die Entscheidung des Italienischen Ministers für Innere Angelegenheiten soll ein rechtliches Problem klären, das bis dato nicht gelöst war“, sagte Monsignore Vincenzo De Gregorio gegenüber der CNA.

„Ich möchte betonen, dass zuerst die Kapelle des Schatzes von Sankt Januarius der Stadt Neapel gehört, und völlig autonom ist. Das hat das Ministerium so anerkannt“, fügte der Leiter der Real Cappella des Tesoro hinzu, der königlichen Kapelle des Schatzes. „Diese Kapelle des Schatzes des heiligen Januarius is ‘Laieneigentum’, gemäß dem Statut aus dem Jahre 1927 von Papst Pius XI“.

Ein von Laien verwalteter Glaubensschatz

Tatsächlich sind es die Neapolitaner selber — vor allem aus der Aristokratie — die seit Jahrhunderten Kostbarkeiten aus Dankbarkeit dem Heiligen geschenkt haben — sei es, weil Gebete erhört wurden, oder einfach für den weiteren Schutz der Stadt.

Januarius war Anfang des vierten Jahrhunderts Bischof der Stadt. Seit 1389 ereignet sich fast jährlich das nach dem Märtyrer benannte, offiziell nicht anerkannte Blutwunder im Dom Neapels, wenn sein in Ampullen aufbewahrtes Blut flüssig wird.

Seit dem 16. Jahrhundert verwaltet ein Laienrat die Juwelen, Schmiedekünste und anderen Preziosen neapolitanischer Könige und Edelleute; nur ein Teil des legendären Schatzes kann von Besuchern besichtigt werden.

Als Angelino Alfano, der italienische Innenminister, nun per Dekret entschied, dass der Schatz von Sankt Januarius religiöses Eigentum sei, nicht weltliches, kam es zu Spekulationen in der Presse, dass dies bedeute, der Schatz gerate in die Hände des Vatikans.

Doch genau diese Behauptungen beruhen auf einem Missverständnis, betont Monsignore De Gregorio. Die juristische Entscheidung des Ministers habe vielmehr damit zu tun, dass der Laienrat seine Statuten so lange nicht mehr geändert habe, dass diese mit der Italienischen Verfassung nicht mehr vereinbar waren. Durch eine Reklassifizierung des Laienrates zu einer Fabbriceria, einer Kirchenverwaltung, wurde dieses Problem nun kurzerhand gelöst. Der Eigentümer des Schatzes bleibt dabei jedoch der gleiche, betont der Monsignore. (CNA Deutsch)