Kardinal Sandri: „Keine religiöse Rechtfertigung für Gewalt“

Kardinal SandriFünf Monaten war er in den Händen der IS-Terroristen – dann kam er am 10. Oktober frei. Jetzt berichtete der syrische katholische Ordensmann Jacques Mourad in Rom von seiner Gefangenschaft. Eine Art „spiritueller Rückzug“ sei das für ihn gewesen, große Angst habe er gehabt, doch hätte er sein Leben durchaus gerne „für den Herrn gegeben“.

Mourad sprach auf einer kirchlichen Konferenz im Lateran, bei der es um die Zukunft der Christen im Nahen Osten ging. Der Präfekt der Ostkirchen-Kongregation, Kardinal Leonardo Sandri, warnte vor einem weiteren Massenexodus der Christen aus Ländern wie Syrien oder Irak. „Denn dann würde die Kette, die die ganze Geschichte des christlichen Glaubens zusammenhält, von den Patriarchen angefangen, abreißen. Und deswegen sind sie dort die lebende Präsenz des Glaubens.Darum sagt der Papst: Ein Naher Osten ohne Christen wäre kein Naher Osten mehr, das wäre dann etwas anderes.“

Mit großer Sorge verfolgen die Kirchenleute das Treiben der IS-Terroristen und die Anschläge von Beirut und Paris. Ein Hoffnungszeichen immerhin ist es für Kardinal Sandri, dass es auch im Islam selbst immer mehr Anläufe gebe, um die grundlegenden Quellen besser zu interpretieren.

„In Anbetracht dieser erschreckenden Gewalt, wie sie in Paris vorgefallen ist, dieser sinnlosen Gewalt, dieser unmenschlichen und sinnlosen Gewalt, denke ich: Wir brauchen die einhellige Verurteilung durch die gesamte internationale Gemeinschaft, und Maßnahmen, wie sich so etwas künftig vermeiden lässt. Wir als Christen sagen immer wieder: Gewalt kann durch nichts gerechtfertigt werden, und am allerwenigsten durch religiöse Gründe.“ (rv)

Papstbesuch bei Lutheranern: Mehr möglich als Bedenkenträger meinen

Luther_95_ThesenDas Wort „Ökumene“ hat Papst Franziskus gar nicht benutzt, aber dennoch ist ihm ein großer Schritt gelungen. Das sagt der Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Rom, Jens-Martin Kruse, nach dem Besuch des Papstes in seiner Kirche an diesem Sonntag. Wir haben mit Kruse direkt nach dem Besuch gesprochen. „Ich glaube, dass wir heute ein schönes und verbindendes Zeichen gesetzt und vielleicht sogar aufgezeigt haben, dass man tatsächlich noch mehr in der Ökumene machen kann, dass der Papst ganz willig und bereit ist und mit großer Offenheit uns gegenüber ein Zeichen gesetzt hat. Das gibt unglaublich Mut und, wie ich hoffe, auch Schwung – auch auf dem Weg Richtung 2017 [Reformations-Gedenken]. Es ist viel mehr möglich, als die Bedenkenträger immer meinen!“

In einer Antwort auf eine ihm gestellte Frage hatte Papst Franziskus gesagt, dass er als Papst nicht einfach erlauben dürfe, dass gemischt-konfessionelle Paare zur Kommunion gehen. Aber dann hatte er auf das Gewissen und das gemeinsame Gebet des Paares verwiesen. Dass ihm diese Frage selber auch ein Anliegen ist, bewies der Papst in seinem Gastgeschenk: einem Kelch, wie die katholische Kirche ihn zur Eucharistie und die lutherische Kirche zum Abendmahl verwendet. „Das ist natürlich ein wirklich spektakuläres Geschenk und eine tolle Geste“, so Pfarrer Kruse. „An der Stelle, wo es eben noch keine Gemeinschaft gibt, das Zeichen zu setzen, dass wir diese Gemeinschaft wollen, dass wir dieses gemeinsame Abendmahl wollen. In diesem Sinn hat der Papst ja auch sehr fein auf die ihm gestellten Fragen nach der Gemeinschaft im heiligen Abendmahl geantwortet. Ich glaube, dass man da heute sehr dankbar sein darf für das Geschenk, das er uns gemacht hat. Das wird uns hier in Rom in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren tragen.“

Bisher waren Papst Franziskus Zeichen in Richtung Ökumene mit der Orthodoxie gelungen und Begegnungen mit evangelikalen Christen, nun ist auch das Kapitel der „klassischen“ Ökumene mit den Kirchen der Reformation geöffnet. Pfarrer Jens-Martin Kruse ist hoffnungsvoll, dass das für seine Gemeinde und seine ganze Kirche noch zu mehr führt. „Wir haben im Kleinen gezeigt, was ökumenisch möglich ist. Und der Papst hat verstanden, auf die Herzlichkeit und Nähe der Gemeinde mit genau dieser Herzlichkeit und Nähe zu antworten, und mit Geschwisterlichkeit. Ich glaube, dass im Kleinen deutlich geworden ist, dass auch im Größeren mehr möglich ist.“

Hintergrund

Papst Franziskus ist bereits der dritte Papst, der die Gemeinde in der Nähe der römischen Villa Borghese besucht hat. 1983 war als erster Papst überhaupt in einer lutherischen Kirche Papst Johannes Paul II. zu Gast, 2010 besuchte dann Benedikt XVI. die Kirche. Die Gemeinde ist evangelisch-lutherisch und vor allem – aber nicht ausschließlich – deutschsprachig, die Pfarrstelle wird immer von Deutschland aus besetzt. (rv)

Vatikan ermittelt gegen Journalisten

Pater LombardiDie vatikanische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen zwei italienische Journalisten aufgenommen. Das bestätigte Vatikansprecher Federico Lombardi am Mittwochabend. Grund ist die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente des Heiligen Stuhls. Die Journalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi hatten namentlich Unterlagen aus dem vatikanischen Wirtschafts- und Finanzbereich letzte Woche, unabhängig voneinander, in Buchform veröffentlicht. Damit haben sie, so der Verdacht, gegen das Vatikangesetz IX SCV, Artikel 116 bis c.p., verstoßen.

Das Gesetz war vor zwei Jahren als Reaktion auf einen ersten sogenannten Vatileaks-Skandal in Kraft gesetzt worden. Es stellt die Verbreitung vertraulicher Mitteilungen und Dokumente unter Strafe. Schon damals hatte der Autor Nuzzi eine wesentliche Rolle bei dem Skandal: Er veröffentlichte im Jahr 2012 Dokumente, die direkt vom Schreibtisch des damaligen Papstes Benedikt XVI. gestohlen worden waren. Täter war damals der Kammerdiener. Papst Franziskus hat am letzten Sonntag die Täter des neuerlichen Geheimnisverrats ungewöhnlich offen kritisiert. Er sprach beim Angelusgebet in Rom von einem „Verbrechen“. Ein aus Spanien stammender Kurien-Monsignore sitzt deswegen im Vatikan in Untersuchungshaft.

Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass die vatikanische Staatsanwaltschaft gegen italienische Journalisten ermittelt. Gegen Nuzzi und Fittipaldi wurden Beweismittel sichergestellt. In Gang gebracht wurden die Ermittlungen durch die vatikanische Gendarmerie. Geprüft werden nach Angaben Lombardis „auch die Taten einiger weiterer Personen, die dabei geholfen haben könnten, an die Unterlagen heranzukommen“. Ein Rechtshilfe-Ersuchen an die italienischen Behörden hat der Vatikan bislang noch nicht gestellt. (rv)

Kardinal Parolin: Es braucht Umkehr im Vatikan

Kardinal Pietro ParolinDie jüngsten Enthüllungen über Misswirtschaft im Vatikan sind ein Angriff auf die Kirche, aber sie können positive Folgen haben. Das sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Gespräch mit Radio Vatikan. Er ortet eine „drückende Atmosphäre“ und eine gewisse Hysterie in der Berichterstattung über die vatikanischen Vorkommnisse. „Es sind Attacken auf die Kirche. Sie können sich aber zum Guten wenden, wenn wir sie mit jenem Geist der Umkehr und der Rückkehr zum Evangelium aufnehmen, die der Herr uns abverlangt.“ Umkehr bräuchten „wir alle und immer.“

Papst Franziskus hatte beim Angelusgebet öffentlich vor Tausenden Besuchern ausgesprochen, er werde an seinen Reformen festhalten. Auf die Frage, ob es dagegen im Vatikan Widerstände gebe, sagte Parolin, Änderungen seien immer schwierig, weil es eine gewisse Trägheit im Alltag zu überwinden gelte. Solche Widerstände als normal zu definieren, sei zu wenig, sie krankhaft zu nennen, sei zu viel: sie seien einfach präsent. Der Kardinalstaatssekretär sprach sich dafür aus, Widerstände dieser Art „konstruktiv anzugehen, sodass sie sich verändern können“. Im Grund hätten alle im Vatikan den Wunsch einer Änderung zum Besseren: „jene Besserung, um die der Papst selbst die Kurie gebeten hat“.

Kardinalstaatssekretär Parolin ist der „zweite Mann“ im Vatikan nach dem Papst. Franziskus hatte den erfahrenen Vatikan-Diplomaten im Oktober 2013 in dieses Amt berufen. Er löste Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ab, der nach seiner Emeritierung unter anderem wegen der Größe seiner Privatwohnung im Vatikan in die Kritik geriet.

Vergangene Woche waren zwei Skandalbücher erschienen, die auf gestohlenen Dokumenten aus dem Vatikan basierten und Intransparenz und Misswirtschaft im Papststaat aufzeigten. Sie enthielten teils auch Abschriften vertraulicher Gespräche zwischen dem Papst und seinen engsten Mitarbeitern, die geheim mitgeschnitten und dem betreffenden Journalisten zugespielt wurden. Die aufgedeckten Missstände beziehen sich allerdings auf die Jahre vor 2014. Indirekt geht aus den beiden Büchern hervor, dass Papst Franziskus an der Kurienreform mit großer Entschlossenheit arbeitet.

Wer die Dokumente aus den Archiven gestohlen hatte, ist vorerst offen. Im Vatikan laufen dazu Ermittlungen. Zwei Mitarbeiter wurden nach Vatikan-Angaben festgenommen und verhört: der spanische Priester Lucio Angel Vallejo Balda und die italienische PR-Fachfrau Francesca Chaouqui. Vallejo Balda, der Sekretär der Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhles, ist nach wie vor in Haft. (rv)

Güterverwaltung des Heiligen Stuhls leitet Ermittlungen ein

Vatileaks II.Die Güterverwaltung des Heiligen Stuhls hat Ermittlungen rund um ein vertrauliches Dokument eingeleitet, demzufolge die vatikanische Einrichtung in illegale Geschäfte verwickelt gewesen sein soll. Damit wolle man den „bruchstückhaften und ungenauen“ Meldungen von Medien nachgehen, die in den vergangenen Tagen – wohl im Zuge des Vatileaks II-Skandals – darüber berichtet hatten. Die Apsa, wie die vatikanische Einrichtung kurz genannt wird, habe immer mit den kompetenten Stellen zusammengearbeitet, es werde nicht gegen sie ermittelt und sie fahre ihre Aktivitäten unter Beachtung der Gesetze fort, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme des Vatikan. (rv)

Vatileaks II: Keine Kardinäle verhört

Vatileaks II.In den vergangenen Tagen wurden keine Kardinäle von den vatikanischen Justizbehörden verhört. Das präzisierte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Dienstag gegenüber Journalisten. Er reagierte auf einige Zeitungsberichte, die von vier verhörten Kardinälen sprachen. Dies sei schlicht falsch, so Lombardi. Es seien auch keine „höheren Vatikan-Beamten“ befragt worden. Ebenfalls falsch sei die Meldung, dass der Präsident des vatikanischen Governatorats und K9-Mitglied Kardinal Giuseppe Bertello von italienischen Richtern befragt worden sei. Bei den Zeitungsartikeln handelt es sich um Beiträge zu der Untersuchung über die illegale Übergabe von vatikanischen vertraulichen Dokumenten an zwei italienische Journalisten, dem sogenannten Vatileaks II-Fall. In zwei jüngst erschienen Enthüllungsbüchern werden Dokumente zur Vatikanfinanz veröffentlicht. (rv)

Franziskus in Florenz: „Keine Machtgelüste in der Kirche“

Papst FranziskusFranziskus träumt von einer Kirche in Italien, die den Menschen nahe steht und nicht auf Machtgewinn fixiert ist. Klare Worte äußerte der Papst bei seinem Besuch in Florenz, der Hauptstadt der Toskana. An die italienischen Bischöfe gewandt, sagte Franziskus, dass sie keine Angst haben sollten, „mit Hilfe des Heiligen Geistes“ die Kirche zu leiten. Sein Besuch in Florenz und die Ansprache in der Kathedrale „Santa Maria del Fiore“ fand anlässlich des fünften Nationalen Kirchentreffens statt, einer Art italienischer Katholikentag also. Mehr als 2.500 Gläubige nahmen daran teil.

Bevor der Papst seine ausführliche Grundsatzrede hielt, sprachen in der berühmten florentinischen Kathedrale der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz und einige Gläubige über den Stand der Dinge der katholischen Kirche in Italien.

Die katholische Kirche müsse nie Angst haben vor den Herausforderungen der Welt, so der Papst in seiner Rede. Ausgehend vom Fresko des Jüngsten Gerichts in der Kathedrale ging der Papst auf die Aufgaben der Kirche ein: Gott habe seinen Sohn nicht als Richter in die Welt geschickt, sondern als Retter, deshalb müsse jeder Gläubige selber ein Diener für die anderen sein und nicht ein Sammler von Machtansprüchen.

Bescheidenheit, Desinteresse und Seligpreisung

Der Papst zählte drei Punkte auf, um den „wahren christlichen Humanismus“ zu umschreiben: Bescheidenheit, Interesselosigkeit und die Seligpreisung. Über die Bescheidenheit sagte der Papst, dass man sich davor hüten solle, „nur an den eigenen Ruhm zu denken“. Dies führe zum zweiten Stichwort: die Interesselosigkeit führe dazu, dass man Gott aus dem eigenen Leben ausschließt. „Vermeiden wir es bitte, uns in Strukturen einzuschließen, die uns eine falsche Sicherheit vermitteln und uns zu unbarmherzigen Richtern werden lassen. Unser Glaube ist revolutionär, weil er vom Heiligen Geist kommt“, so der Papst. Jeder sei aufgerufen, diesem „Impuls“ zu folgen und so zu Menschen zu werden, wie Jesus es im Evangelium vorgelebt und aufgefordert habe. „Ein Christ wird nur dann selig, wenn er in sich die Freude des Evangeliums stellt“, fügte Franziskus an. Schaue man auf die „großen Heiligen“, so sehe man, dass „ihre Seligkeit viel mit Verschmähung und Armut“ zu tun hatte.

Die drei Stichwörter würden auch die Kirche in Italien gut umschreiben, so der Papst. „Die drei Elemente besagen uns, dass wir nicht darauf fixiert sein müssen, Macht anzuhäufen, auch wenn es vielleicht für die Kirche nützlich aussehen könnte. Wenn die Kirche nicht die Haltung Jesu einnimmt, dann wird sie orientierungslos und verliert ihren Sinn. Wenn die Kirche hingegen Jesus folgt, dann wird sie ihre Mission ausüben können. Die Haltung Jesu sagen uns, dass eine auf sich selber orientierte Kirche eine traurige Sache ist.“

Zwei Verführungen

Dies könne auch zu einem Hindernis auf dem Weg der Erneuerung werden, fügte er an. Er wolle deshalb zwei Verführung aufzählen „und nicht 15 wie vor der Kurie“, scherzte der Papst. Einerseits müsse sich die Kirche vor „Starre und Härte“ hüten, die sie zu einer „unbarmherzigen Richterin“ verkommen lässt. Die Kirche brauche nicht nur „Strukturplanungen“ – dies betreffe gerade die Kirchenreform – sondern immer die Erneuerung in Christus. Andererseits – und das ist die zweite Versuchung – gehe es darum, sich vor dem Agnostizismus in Acht zu nehmen, also der Gleichgültigkeit gegenüber Gott. Franziskus nannte hierbei zwei italienische Literaturfiguren, nämlich Don Camillo und Peppone vom Autor Giovannino Guareschi:

„Sie waren so verschieden, aber beide sehr nahe an den Menschen. Nähe und Gebet, das sind die Schlüssel, um das christliche Volk zu fördern, ein Volk, das bescheiden, großzügig und zufrieden ist. Wenn wir als Bischöfe diesen Kontakt zum Glaubensvolk verlieren, dann gehen wir nirgendwo hin.“

Mittagessen mit Armen

Das Mittagessen nahm der Papst in einer Armenküche gemeinsam mit Bedürftigen ein. Am Dienstagnachmittag stand ein Gottesdienst mit etlichen Zehntausend Gläubigen aus der Region im Stadion von Florenz auf dem Programm. Der letzte Besuch eines Papstes in den beiden toskanischen Städten fand 1986 statt. Der eintägige Besuch ist die zehnte inneritalienische Reise des Papstes seit seinem Amtsantritt im März 2013. (rv)

Dominikaner: Den Mut haben, hinauszugehen

DominikanerMit einer großen Eucharistiefeier auf dem Aventin in Rom startete der Dominikanerorden am Wochenende in sein Jubiläumsjahr: Er feiert 800 Jahre seines Bestehens. Zu den Initiativen dieses Jahres gehört eine Gebetskette. Dabei wird in den etwa 200 Klöstern der Dominikaner und der Dominikanerinnen ein Jahr lang im Wechsel ununterbrochen in den Anliegen des Ordens gebetet. Während des Jubiläumsjahres will der Orden auch über eine Aktualisierung seines Predigt-Gründungscharismas nachdenken. Radio Vatikan sprach darüber mit dem Generaloberen des Dominikanerordens Bruno Cadoré.

Das Jubiläum fällt in das von Papst Franziskus ausgerufene Jahr der Orden, das noch bis Februar 2016 dauert. Im Zentrum steht für die Dominikaner hierbei das Hinausgehen, an die Ränder, zu jenen, die der Kirche fernstehen. 50 Jahre nach Verabschiedung des Dekrets „Perfectae caritatis“ über die Erneuerung des Ordenslebens durch das Zweite Vatikanische Konzil gilt es, diese Erneuerung wachzuhalten.

„Die Evangelisierung ist immer neu. Sie verändert sich im heutigen Kontext. Man muss immer wieder aufs Neue Wege finden, den Menschen die frohe Botschaft zu vermitteln. Die Methoden müssen erneuert werden, die Methoden der Begegnung, des Zuhörens und des Verstehens, was die richtigen Worte der Unterstützung und des Trostes sind, wie Barmherzigkeit gelebt werden kann.“

Die Welt von heute ist geprägt von großen Veränderungen. Es gebe neue Arten der Gemeinschaft, neue Wege, Freundschaften zu knüpfen. Aber eines bleibe immer gleich, so der Generalobere der Dominikaner: Die menschliche Begegnung, das gegenseitige Zuhören. Die Herausforderung sei es, in einer globalisierten Welt mit unterschiedlichen Kulturen Zeit und Wege zu finden, sich gemeinsam hinzusetzen und zuzuhören. „Diese Suche ist es, was uns antreibt“, so Pater Cadoré. Dabei wolle man auch Mut zeigen.

„Mut müssen wir zeigen, indem wir vor allem auf jene zugehen, die uns fernstehen. Zum einen können unsere Kirchen und Gemeinschaften die Freunde Christi empfangen. Zugleich müssen wir die Chance nutzen, Türen zu öffnen, hinauszugehen und jene zu treffen, die Jesus Christus noch nicht in ihrem Herzen haben.“

Kurz nach Beginn des Jubiläumsjahrs der Dominikaner startet im Dezember das von Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Für den Generaloberen Cadoré passt das gut zusammen.

„Seit seiner Gründung hat sich der Dominikanerorden sehr oft durch die Predigt der Barmherzigkeit ausgezeichnet. Die Barmherzigkeit stammt von Gott, weil er die Welt liebt, sie kommt aus seinem Inneren. Dieser Gott begegnet der Welt, um sie wieder neu zu beleben. Die Dominikaner wollten diese Botschaft immer vermitteln. Das Aufeinandertreffen der beiden Jubiläumsjahre erinnert uns an die essentielle Bedeutung der Botschaft der Barmherzigkeit für uns.“

Der Dominikaner-Orden gehört zu den wichtigsten Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche. Er ist benannt nach seinem Gründer, dem heiligen Dominikus von Caleruega (1170-1221) aus Spanien. Das Ordenskürzel OP steht für „Orden der Predigerbrüder“ und beschreibt den Gründungsauftrag aus dem frühen 13. Jahrhundert: in glaubwürdiger evangelischer Armut den christlichen Glauben gegen die Irrlehren der Zeit zu verkünden. Die weltweit rund 6.300 Dominikaner und Dominikanerinnen wirken in 82 Nationen der Welt, auch der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn gehört dem Orden an.

Papst Franziskus gratulierte am Sonntag beim Angelusgebet den Dominikanern persönlich zu ihrem 800-jährigen Bestehen und dankte für das Wirken der Patres und Schwestern. „Vielen Dank für alles, was ihr in und für die Kirche getan habt“, sagte er am Sonntag nach dem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Er wünschte ihnen Gottes Segen für das Jubiläum. Das Jubeljahr des Ordens dauert bis 21. Januar 2017 und endet mit einem Gottesdienst in der Lateranbasilika in Rom. Als Stichtag und Anlass der Feiern haben die Dominikaner nicht die eigentliche Gründung im südfranzösischen Toulouse im April 1215 gewählt, sondern die päpstliche Bestätigung der Ordensregel durch Honorius III. im Dezember 1216. (rv)

Papst in Florenz: Im Zeichen des Humanismus

S. Maria del FioreAm Dienstag wird Papst Franziskus die Toskana besuchen, zunächst die Industriestadt Prato – dort leben Tausende von chinesischen Familien. Sie arbeiten vor allem in der – seit einiger Zeit schwächelnden – Textilindustrie. Gemessen am Vergleich zur einheimischen Bevölkerung leben in keiner Stadt Europas so viele Chinesen wie in Prato. Danach fährt Franziskus weiter nach Florenz, wo er den berühmten Dom besucht und mit Armen zu Mittag essen wird. Radio Vatikan sprach mit dem Erzbischof der Stadt, Kardinal Giuseppe Betori, über die Erwartungen an den Papst-Besuch.

Franziskus nimmt in Florenz auch wieder die Armen und Ausgeschlossenen der Gesellschaft in den Blick. Er wird in der Basilika „Santissima Annunziata“ Kranke treffen. Zu Mittag isst er mit Armen in der Kantine der Diözesan-Caritas. Der Altar für die Heilige Messe im Gemeinde-Stadion "Artemio Franchi" ist zudem ein Werk von Florentiner Häftlingen. Die Vorfreude ist bei allen groß, weiß der Erzbischof der Stadt, Giuseppe Betori:

„Die Menschen sehen ihn wie einen Vater: alle würden gerne mit ihm sprechen, ihn treffen. Die Menschen sehen ihn wie einen Vater, der ihnen nahe steht, der sich der Schwierigkeiten der heutigen Zeit annimmt, der sie versteht. Die Menschen sehen, dass dieser Papst die Leiden und Probleme der einfachen Leute, der Gläubigen erkannt hat.“

Im Zentrum des Besuchs von Papst Franziskus steht die 5. Nationale Studientagung der italienischen Kirche, die von Montag bis Freitag in Florenz stattfindet. Das Treffen steht unter dem Motto: „In Jesus ein neuer Humanismus“. Die Teilnehmer beraten über die Herausforderungen der heutigen Zeit, in denen die Grundwerte der persönlichen Existenz und der Familie verlorenzugehen scheinen. Es gelte, wie Papst Franziskus es fordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Sprache der Liebe zu sprechen, die Jesus den Menschen beigebracht hat. Nur eine Kirche, die nah bei den Menschen und ihrem alltäglichen Leben ist, bereitet den Boden für die Verkündung des Glaubens. Letztendlich geht es bei der Tagung darum, die menschliche Existenz wieder auf ein christliches Vorbild auszurichten, erklärt Erzbischof Betori.

„Das ist die Botschaft, die wir vermitteln wollen: Eine Botschaft der Hoffnung. Eine Botschaft, die konkret ist. Der Konvent will nicht einfach über den Menschen sprechen, sondern alle Erfahrung mit gutem Humanismus zusammentragen, auf dass sie sich in unserer Gesellschaft verwirklichen und einer Entmenschlichung entgegenwirken. Im Zentrum dieses Humanismus steht die Barmherzigkeit, die Aufmerksamkeit für die Armen, wie es uns die Tradition des wahren Florentiner Humanismus vorgibt.“

Florenz sei mit seiner Tradition der ideale Ausgangspunkt für eine Rückbesinnung auf die Werte des Humanismus, so der Erzbischof. Denn hier habe er schließlich einmal seinen Ausgang genommen.

„Natürlich bietet Florenz allen, die hier herkommen, zunächst einmal einen Anblick der Schönheit. Schließlich hat hier der Ausdruck der Schönheit ein sehr hohes Niveau erreicht. Ich wünsche mir, dass der Heilige Vater versteht, dass diese Schönheit nicht einfach nur das Werk eines genialen Künstlers ist, sondern die Frucht einer ganzen Gesellschaft, die über die Jahrhunderte in Harmonie aufgebaut wurde. In seiner Blütezeit fanden in Florenz die Suche nach Wahrheit, nach dem Guten und der Schönheit zu einer Einheit. Ein Beispiel: Als die Florentiner ein Haus für Waisenkinder gründeten, ließen sie nicht den erstbesten Vermesser ran, sondern ließen es vom größten Architekten ihrer Zeit errichten: Filippo Brunelleschi.“

(rv)

Österreichische Bischöfe treffen sich zu Vollversammlung

Kardinal SchönbornDie österreichische Bischofskonferenz tagt ab Montag unter dem Vorsitz von Kardinal Christoph Schönborn im Salzburger Benediktinerstift Michelbeuern. Die Hauptthemen der Bischofskonferenz seien sehr vom Pontifikat von Papst Franziskus geprägt, so Paul Wuthe, Leiter des Medienreferats der Österreichischen Bischofskonferenz, im Gespräch mit Radio Vatikan. Der Schwerpunkt der Vollversammlung liege auf einer Nachbesprechung der Familiensynode mit den beiden Teilnehmern Kardinal Schönborn und dem Vorarlberger Bischof Benno Elbs.

Eine Sache werde dabei besonders in den Fokus gerückt: „Jenes Thema, das ja in der Bischofssynode dann nicht mehr eigens besprochen wurde, nämlich die Vereinfachung des Ehenichtigkeitsprozesses – hier gibt es seit September auf Initiative des Papstes neue rechtliche Regelungen. Diese müssen umgesetzt werden und damit man hier auch in den österreichischen Diözesen eine gemeinsame Vorgehensweise festlegt, gibt es dazu einen Tagesordnungspunkt, wo intensiver auch mit Offizialen aus den Diözesen beraten werden wird.“

Dringenden Diskussionsbedarf für die Bischöfe gibt es, laut Wuthe, außerdem in der Flüchtlingsthematik. Heuer werden in Österreich rund 85.000 Menschen um Asyl ansuchen. Mehrere Hunderttausend sind in den letzten Wochen in Österreich angekommen – sei es auf ihrem Weg nach Deutschland oder in andere Länder. Wuthe machte deutlich, dass die katholische Kirche in Österreich neben dem Staat jene Organisation sei, die sich am intensivsten mit Flüchtlingen befasst: „Kirche hat hier sehr vieles getan, vieles ist noch zu tun, aber es zeigt sich natürlich auch, dass diese Fragen sowohl Kirche, Gemeinden, Staat, Gesellschaft in einer Weise betreffen, und auch zu spalten drohen oder zumindest sehr ambivalent behandelt werden, dass hier die Bischöfe auch darüber beraten werden und, so ist anzunehmen, eine deutliche Positionierung vornehmen.“

Ein weiteres Thema der Bischofskonferenz werde die Umweltenzyklika des Papstes sein. Die Bischöfe werden sich an einem eigenen Studientag mit Laudato Si beschäftigen: „Es gibt eine ganze Maßnahmenpallette, die auch schon einen guten Sitz im Leben der Kirche haben, und wo es weitere Anstrengungen geben muss. In der Fastenzeit ist ja die Aktion Autofasten bekannt, um die eigene Mobilität auch auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit hin zu überprüfen und so ein prüfungsgerechtes Handeln zu fördern. Es geht also darum, Laudato Si auf die österreichische Situation hin zu lesen und konkret anzuwenden.“ (rv)