Kardinal Pell: „Schon ein sichtbarer Konsens“

Kardinal PellEr ist einer der Väter des ‚Briefs der 13 Kardinäle’, der (laut Vatikansprecher Lombardi) die Berichterstattung zur Bischofssynode leider zeitweise überlagert hat. Der Brief, der dem Papst die Sorgen mehrerer Synodenväter über das Prozedere bei der Synode übermittelt hat, war letzte Woche auf unklaren Wegen an die Öffentlichkeit gelangt. Doch er – die Rede ist vom australischen Kurienkardinal George Pell – betont in einem Interview mit RV die brüderliche, gesprächsbereite Atmosphäre der Synode. „Das Klima ist sehr gut! Wir machen meiner Meinung nach substanzielle Fortschritte bei der überwältigenden Mehrheit der Themen. Es gibt schon einen sichtbaren Konsens!“

Für Beobachter von außen scheinen in den Äußerungen von Synodenvätern manchmal Lehre und Barmherzigkeit in einen Gegensatz zu geraten. Ein ‚Die Lehre wird nicht angerührt’ gegen ein ‚Barmherzigkeit ist wichtiger als Lehre’. „Ganz offensichtlich gibt es unterschiedliche Akzente bei einigen dieser Themen“, sagt Pell dazu. „Zugleich ist es aber deutlich, dass der Heilige Vater sagt: Die Lehre wird nicht angerührt. Wir sprechen ja über Moral- und Sakramentallehre; da gibt es natürlich ein wesentliches Element der Praxis, der Disziplin. Da weisen einige darauf hin, dass der Kommunionempfang in einem Land unter bestimmten Umständen als Sakrileg aufgefaßt werden kann, in einem anderen Land dagegen als Möglichkeit zur Gnade. Aber wir sind eine geeinte Kirche; es gibt viele Theologien, viele unterschiedliche Arten zu beten und fromm zu sein, aber eine wesentliche Einheit in der Lehre und den Sakramenten. Darin folgen wir Christus, dem hl. Paulus und der ganzen Kirchengeschichte.“

„Eine kluge Mutter gibt ihren Kindern nicht immer alles, was die wollen“

Frage an Kardinal Pell: Schließen Sie es aus, dass wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Umständen, nach einem Bussweg und mit einer Ausnahmegenehmigung, wieder zur Kommunion zugelassen werden können? Könnte es dazu vielleicht Sonderwege bei einzelnen Ortskirchen geben? Seine Antwort: „Ich komme aus dem fernen Australien. Wie wir unseren Glauben leben, unterscheidet sich sehr von der Kirche in Afrika, in Südamerika und Asien. Aber in den wesentlichen Punkten der Lehre und der Sakramente, speziell bei der Kommunion, ist die Einheit, vom Standpunkt des Lehramts aus, essentiell.“

Es sei „vollkommen falsch“, so zu tun, als sei das Klima auf der Synode vergiftet, fährt Kardinal Pell fort. „Die Journalisten von draußen tun so, als gäbe es eine Krise, ein bisschen Chaos, ein verzweifeltes Klima – aber da ist nichts von alldem!“ Natürlich gebe es Differenzen und unterschiedliche Standpunkte, aber die Ehe werde von den Synodenvätern keineswegs neu erfunden. „In den Zwischenberichten hat eine Gruppe nach der anderen klar gesagt: Ehe ist zwischen Mann und Frau, und offen für das Leben. Wir folgen da nicht nur der ganzen Kirchengeschichte, sondern auch der Lehre Jesu selbst im Neuen Testament.“ Die Kirche sei „wie eine Mutter“, ja doch: „Aber eine kluge Mutter gibt ihren Kindern nicht immer alles, was die wollen. Und die Mutter interessiert sich nicht nur für die Schwachen unter ihren Kindern, sondern für alle ihre Kinder!“ (rv)

Synode: Geschiedene könnten doch Ehekurse geben…

Bischofssynode 2015Die polnischen Bischöfe bleiben bei ihrem Nein zu einer Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion. Das machte Stanislaw Gadecki, Erzbischof von Polens ältestem Bistum Poznan (Posen) und Präsident der Polnischen Bischofskonferenz, an diesem Donnerstag vor Journalisten deutlich. „Wir als Polnische Bischofskonferenz schließen diese Möglichkeit aus. Wir haben immer auf die Möglichkeit von Ehe-Annullierungen hingewiesen und darauf, dass Geschiedene an zahlreichen kirchlichen Aktivitäten teilnehmen können, in der Bildungsarbeit, der Caritas, beim Hören auf das Wort Gottes, auch durch die Teilnahme an der Messe. Auf allen Gebieten sind diese Betroffenen auch gültige Zeugen für die Schwierigkeiten des Familienlebens; vielleicht können sie sogar besser Paare, die vor der Ehe stehen, vorbereiten als jemand, der diese Erfahrung nicht hat! Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten für wiederverheiratete Geschiedene, am Leben der Kirche teilzunehmen, und sie sind auf keine Weise aus der Kirche ausgeschlossen oder exkommuniziert.“

Nach seiner Erfahrung, so Gadecki, hätten viele wiederverheiratete Geschiedene eine größere Sehnsucht nach dem Kommunionempfang als andere, die dazu zugelassen seien; auch das zeige doch, „wie der Heilige Geist wirkt“. Ziel der Synode sei es, diese und andere „verwundete“ Menschen „aufzunehmen und in Liebe zu begleiten“. Der polnische Erzbischof wies die Frage eines Journalisten zurück, ob unter den Synodenvätern trotz der Aufforderung des Papstes zu Freimut nicht Angst herrsche. „Eine Atmosphäre der Angst gibt es (auf der Synode) nicht, denn wir glauben an den Heiligen Geist! Wir glauben auch an die Leitung durch den Heiligen Geist, der diese Dinge noch weiter regeln muss.“

Der mexikanische Erzbischof Carlos Aguiar Retes von Tlalnepantla, bis vor kurzem Präsident des lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM, unterstrich auf derselben Pressekonferenz im Vatikan: „Ich glaube, man muss daran erinnern, dass die Synode nie vorgegeben hat noch vorgibt, schon auf der Synode selbst zu Entscheidungen zu kommen. Unsere Reflexionen und Standpunkte bleiben offen, in den Händen des Heiligen Vaters.“

Der mexikanische Erzbischof relativierte auch die unter Synodenvätern verbreitete Kritik am Grundlagendokument ihrer Beratungen: Es sei ja nur ein Arbeitsdokument und kein „organisches Gebilde“. Gadecki hingegen sagte: „In meinem Sprachzirkel hat man wirklich den Eindruck, dass die Komposition einiger Teile des Grundlagendokuments ziemlich entstellt ausgefallen ist. Einige haben deshalb für eine sehr starke Überarbeitung des Instrumentum Laboris plädiert; andere sagten: Man sollte hier und da Worte ändern und Begriffe vertiefen, ohne alles zu ändern. Wie immer bei solchen Gelegenheiten zeigt sich hier ein Weg des Minimums. Meiner Meinung nach könnte dieses Instrumentum Laboris viel besser strukturiert werden, als das der Fall ist.“

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz bekräftigte auch, dass Ehe und Familie aus seiner Sicht weiterhin sehr attraktiv seien für die Menschen von heute. „Wenn wir auf die Statistiken sehen, dann ergibt sich normalerweise immer dasselbe Bild: Junge Menschen von heute wünschen sich als allererstes eine glückliche Familie. Fast alle Jugendlichen haben diesen Traum. Doch dann kommt die grausame Wirklichkeit; wenn man nicht richtig vorbereitet ist auf die Ehe, dann macht man sich Illusionen.“ (rv)