Kardinal Pell: Einfach nur hingehen

Kardinal PellDie katholische Lehre zu Ehe und Familie wird sich nicht ändern: Das sagt der australische Kurienkardinal George Pell. Der Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariats gehört im synodalen Weg, den Papst Franziskus der Kirche verordnet hat, zu den Kräften, die auf das zu Bewahrende hinweisen. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte Kardinal Pell:

„Die Familie ist sehr anpassungsfähig, aber gleichzeitig steht sie, wie vieles andere im Westen, unter Druck. Immer mehr Menschen verzichten auf eine Heirat, die Zahl der Abtreibungen und der Scheidungen steigt. Das ist zwar nicht die ganze Geschichte, es gibt immer noch Abermillionen von wunderbaren Familien, doch wie auch immer man misst, ist die Lage doch etwas schlechter als früher.“

Die Säkularisierung der westlichen Gesellschaften sorge dafür, dass das christliche Bild von Ehe und Familie oft nicht mehr durchdringe und nicht mehr richtig verstanden werde.

„Das macht es viel schwerer. Weltliche Kräfte, die gegen das Leben gerichtet sind, haben oft Geld und gehen professionell vor, sodass sie ihre Botschaft sehr kompetent und attraktiv erscheinen lassen können. Finanziell gesehen werden wir von denen sicher aus dem Spiel geworfen. Aber wir werden ja alle beeinflusst von der Welt, in der wir leben, vor allem junge Leute.“

Wie kann die Kirche also ihre – manchmal sperrig, ja unattraktiv wirkende – Lehre zu Ehe und Familie den Menschen von heute nahebringen? Auf diese Frage sagt Pell: „Nun, ich hoffe, Sie gehen davon aus, dass die Kirche nicht nur aus dem Klerus besteht! Es gibt ja ganz viele Arten von Katholiken, natürlich auch Papst, Bischöfe und Priester, aber vor allem, was das Thema Familie betrifft, geht es vor allem um das Zeugnis von verheirateten Menschen, von Ehepaaren, Eltern und ihren Kindern!“

Zwar hätten Eltern heute „mehr Mitbewerber als je zuvor“, nämlich Medien, vor allem soziale Medien. „Aber der Einfluss der Eltern ist doch immer noch der wichtigste. Heute reicht es allerdings nicht mehr, einfach nur Eltern zu sein, sie müssen vor allem die Herausforderungen begreifen, vor denen heutzutage ihre Kinder stehen. Die Gefahr bei uns allen ist, dass wir der nächsten Generation das geben, wovon wir damals dachten, dass wir es bräuchten. Aber oft braucht die nächste Generation etwas ganz anderes. Meine Generation zum Beispiel war etwas zugeknöpft, wir brauchten mehr Entspannung. Aber das ist nicht mehr der Fall in der Generation unserer Kinder und Enkel, die brauchen etwas, an das sie sich halten können, sie müssen auch den Nutzen von Disziplin und Selbstdisziplin begreifen.“

Wie bringt man es also in die nächste Generation hinein, das christliche Bild von Ehe und Familie? „Indem wir auch tun, was wir predigen! Indem wir auch die Wichtigkeit des Glaubens erklären. Oft reden wir nur undeutlich über Glauben, Gebet, Umkehr; viele junge Leute, denen nie jemand etwas vom Sakrament der Beichte erklärt hat, wissen nicht, wohin sie dann gehen sollen mit der Last ihrer Sünden, und in die Kirche gehen sie dann auch nicht mehr. Das Geheimnis für eine religiöse Blüte liegt in den Evangelien und in der katholischen Tradition, wir müssen einfach nur hingehen“ (rv)