Die Ansprache des Papstes an die koreanischen Bischöfen

Papst Franziskus Hier die Ansprache des Papstes bei der Begegnung mit den koreanischen Bischöfen in Seoul beim Sitz der Koreanischen Bischofskonferenz, am 14. August 2014, in einer offiziellen deutschen Übersetzung.

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt,

ich begrüße euch alle sehr herzlich und danke Bischof Peter U-il Kang für seinen brüderlichen Willkommensgruß in eurem Namen. Es ist ein Segen für mich, hier zu sein und das dynamische Leben der Kirche in Korea aus erster Hand mitzuerleben. Als Hirten habt ihr die Verantwortung, die Herde des Herrn zu hüten. Ihr seid Hüter der wunderbaren Taten, die er in seinem Volk vollbringt. Hüten ist eine der Aufgaben, die speziell dem Bischof übertragen sind, nämlich sich um das Volk Gottes zu kümmern. Heute möchte ich als Bruder im Bischofsamt mit euch über zwei zentrale Aspekte der Aufgabe, in diesem Land das Gottesvolk zu hüten, nachdenken: Hüter des Gedächtnisses und Hüter der Hoffnung zu sein.

Hüter des Gedächtnisses sein. Die Seligsprechung von Paul Yun Ji-chung und seiner Gefährten ist für uns eine Gelegenheit, dem Herrn zu danken, der aus dem von den Märtyrern ausgestreuten Samen in diesem Land eine reiche Ernte der Gnade hat hervorgehen lassen. Ihr seid die Kinder der Märtyrer, Erben ihres heroischen Glaubenszeugnisses für Christus. Ihr seid auch Erben einer eindrucksvollen Tradition, die in der Treue, der Ausdauer und der Arbeit von Generationen von Laien ihren Anfang nahm und sich beträchtlich ausbreitete. Es ist bedeutsam, dass die Geschichte der Kirche in Korea mit einer direkten Begegnung mit dem Wort Gottes begann. Es war die der christlichen Botschaft innewohnende Schönheit und Lauterkeit – das Evangelium und seine Aufrufe zu Umkehr, innerer Erneuerung und einem Leben der Nächstenliebe – die Yi Byeok und die ehrwürdigen Ahnen der ersten Generation ansprach; und auf diese Botschaft in ihrer Reinheit schaut die Kirche in Korea wie in einen Spiegel, um ihr innerstes Wesen zu finden.

Die Fruchtbarkeit des Evangeliums auf koreanischem Boden und das reiche Erbe, das eure Vorfahren im Glauben weitergegeben haben, zeigt sich heute in der Blüte aktiver Pfarreien und kirchlicher Bewegungen, in soliden Programmen für Katechese und Jugendarbeit sowie in den katholischen Schulen, Seminaren und Universitäten. Die Kirche in Korea genießt hohes Ansehen aufgrund ihrer Rolle im geistigen und kulturellen Leben der Nation und ihres starken missionarischen Impulses. Von einem Missionsland ist euer Land nun zu einem Land der Missionare geworden; und die Weltkirche profitiert von den vielen Priestern und Ordensleuten, die ihr ausgesandt habt.

Hüter des Gedächtnisses zu sein bedeutet mehr, als die Gnadenerweise der Vergangenheit in Erinnerung zu bewahren und zu schätzen; es bedeutet auch, aus ihnen das geistliche Kapital zu ziehen, um mit Weitblick und Entschiedenheit den Hoffnungen, den Erwartungen und den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. Wie ihr selbst festgestellt habt, liegt der Maßstab für das Leben und die Mission der Kirche in Korea letztlich nicht in äußeren, quantitativen und institutionellen Bedingungen; sie müssen vielmehr im klaren Licht des Evangeliums und seinem Ruf zur Umkehr zur Person Jesu Christi beurteilt werden. Hüter des Gedächtnisses sein bedeutet einzusehen, dass das Wachstum zwar von Gott kommt (vgl. 1 Kor 3,6), zugleich aber Frucht ruhiger und ausdauernder vergangener wie gegenwärtiger Arbeit ist. Unsere Erinnerung an die Märtyrer und die vergangenen Generationen der Christen muss eine realistische, nicht eine idealisierende oder „triumphalistische“ sein. In die Vergangenheit zu schauen, ohne auf Gottes Ruf zur Umkehr in der Gegenwart zu hören, wird uns nicht voranbringen; es wird uns statt dessen nur zurückhalten und sogar unseren geistlichen Fortschritt blockieren.

Außer Hüter des Gedächtnisses zu sein, seid ihr, liebe Brüder, auch berufen, Hüter der Hoffnung zu sein: Hoffnung, die aus dem Evangelium von Gottes Gnade und Barmherzigkeit in Jesus Christus hervorgeht, die Hoffnung, welche die Märtyrer beseelte. Diese Hoffnung einer Welt zu verkünden, die bei all ihrem materiellen Wohlstand etwas sucht, das mehr ist, etwas Größeres, etwas Echtes und Erfüllendes: Das ist unsere Herausforderung. Ihr und eure Mitbrüder im priesterlichen Dienst bietet diese Hoffnung durch euren Dienst der Heiligung, der die Gläubigen nicht nur zu den Quellen der Gnade in der Liturgie und den Sakramenten führt, sondern sie auch ständig antreibt, vorwärts zu drängen als Antwort auf die himmlische Berufung, die Gott uns schenkt (vgl. Phil 3,14). Ihr hütet diese Hoffnung, indem ihr die Flamme der Heiligkeit, der Bruderliebe und des missionarischen Eifers in der kirchlichen Gemeinschaft am Leben erhaltet. Aus diesem Grund bitte ich euch, euren Priestern immer nahe zu sein, sie zu ermutigen in ihren täglichen Mühen, ihrem Streben nach Heiligkeit und ihrer Verkündigung der Frohen Botschaft vom Heil. Ich bitte euch, ihnen meine herzlichen Grüße und meinen Dank zu überbringen für ihren engagierten Dienst am Volk Gottes.

Wenn wir die Herausforderung annehmen, eine missionarische Kirche zu sein, eine Kirche, die ständig hinausgeht in die Welt und besonders an die Peripherien der heutigen Gesellschaft, müssen wir jenes „geistliche Wohlgefallen“ fördern, das uns fähig macht, jedes Glied des Leibes Christi zu umarmen und uns mit ihm zu identifizieren (vgl. Evangelii gaudium, 268). Hier gilt es, den Kindern und den älteren Menschen in unseren Gemeinden besondere Zuwendung und Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Wie können wir Hüter der Hoffnung sein, wenn wir das Gedächtnis, die Weisheit und die Erfahrung der alten Menschen und die Sehnsüchte unserer Jugendlichen ignorieren? In diesem Zusammenhang möchte ich euch bitten, euch in besonderer Weise um die Erziehung der Kinder zu kümmern, indem ihr die unverzichtbare Aufgabe nicht nur der Universitäten, sondern auch katholischer Schulen auf allen Stufen unterstützt, angefangen von den Grundschulen, wo Geist und Herz der Kinder in der Liebe zum Herrn und seiner Kirche, im Guten, Wahren und Schönen geformt werden und wo Kinder lernen, gute Christen und rechtschaffene Bürger zu sein.

Hüter der Hoffnung zu sein bedingt auch, dafür zu sorgen, dass das prophetische Zeugnis der Kirche in Korea deutlich sichtbar bleibt in ihrer Sorge um die Armen und in ihren Hilfsprogrammen besonders für Flüchtlinge und Migranten sowie für die, die am Rande der Gesellschaft leben. Dieses Anliegen sollte sich nicht nur in konkreten karitativen Initiativen zeigen, die so notwendig sind, sondern auch im fortlaufenden Einsatz bei der Förderung auf sozialer und beruflicher Ebene sowie im Bildungswesen. Wir können Gefahr laufen, unsere Arbeit mit den Notleidenden allein auf ihre institutionelle Dimension zu reduzieren und dabei über die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen, als Person zu wachsen und auf würdige Weise die eigene Persönlichkeit, Kreativität und Kultur zum Ausdruck zu bringen, hinwegzusehen. Die Solidarität mit den Armen muss als ein wesentliches Element des christlichen Lebens gesehen werden; durch Predigt und Katechese auf der Grundlage des reichen Erbes der Soziallehre der Kirche muss sie in Herz und Verstand der Gläubigen eindringen und sich in allen Aspekten kirchlichen Lebens widerspiegeln. Das apostolische Ideal einer „Kirche der Armen und für die Armen“ kam in den ersten christlichen Gemeinden eures Landes deutlich zum Ausdruck. Ich bete, dass dieses Ideal den Pilgerweg der Kirche in Korea in ihrem Blick auf die Zukunft weiterhin prägen möge. Ich bin überzeugt: Wenn das Gesicht der Kirche zuerst und vor allem ein Gesicht der Liebe ist, werden immer mehr junge Menschen zum stets von göttlicher Liebe brennenden Herzen Jesu in der Gemeinschaft seines mystischen Leibes hingezogen werden.

Liebe Brüder, ein prophetisches Zeugnis für das Evangelium stellt für die Kirche in Korea eine besondere Herausforderung dar, da sie ihr Leben und ihren Dienst mitten in einer wohlhabenden, dabei zunehmend säkularisierten und materialistischen Gesellschaft vollzieht. Unter solchen Umständen ist es für die im pastoralen Dienst Tätigen eine Versuchung, nicht nur wirksame Modelle des Managements, der Planung und der Organisation aus der Geschäftswelt zu übernehmen, sondern auch einen Lebensstil und eine Mentalität, die mehr von weltlichen Kriterien des Erfolgs – und tatsächlich der Macht – geleitet sind, als von den Kriterien, die Jesus im Evangelium aufstellt. Weh uns, wenn das Kreuz um seine Kraft gebracht wird, über die Weisheit dieser Welt zu urteilen (vgl.1 Kor 1,17)! Ich bitte euch und eure Brüder im priesterlichen Dienst dringend, dieser Versuchung in all ihren Formen zu widerstehen. Mögen wir vor jener geistlichen und pastoralen Verweltlichung bewahrt werden, die den Heiligen Geist unterdrückt, Umkehr durch Selbstgefälligkeit ersetzt und dabei jeden missionarischen Eifer zerstreut (vgl. Evangelii gaudium, 93-97)!

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, mit diesen Gedanken über eure Rolle als Hüter des Gedächtnisses und der Hoffnung möchte ich euch in euren Bemühungen ermutigen, die Gläubigen in Korea in Einheit, Heiligkeit und Eifer aufzubauen. Gedächtnis und Hoffnung inspirieren uns und führen uns in die Zukunft. Ich gedenke euer aller in meinen Gebeten und ich bitte euch inständig, auf die Kraft der Gnade Gottes zu vertrauen: „Der Herr ist treu; er wird euch Kraft geben und euch vor dem Bösen bewahren“ (2 Thess 3,3). Mögen die Gebete Marias, der Mutter der Kirche, in diesem Land die Samen zu voller Blüte bringen, die von den Märtyrern ausgesät, von Generationen gläubiger Katholiken begossen und euch übergeben wurden als ein Pfand für die Zukunft eures Landes und unserer Welt. Euch und allen, die eurer pastoralen Sorge und Obhut anvertraut sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen. (rv)

Kardinal Filoni im Nordirak: Kurden spenden 10 Millionen für Flüchtlinge

Kardinal Filoni Der päpstliche Sondergesandte im Irak, Kardinal Fernando Filoni, ist in Erbil im nordirakischen Kurdengebiet eingetroffen. Darüber informierte Vatikansprecher Federico Lombardi in Seoul am Rande einer Pressekonferenz, die der Papstvisite in Korea galt. Filoni habe bereits die Bischöfe des Irak und die Behördenvertreter getroffen, stand in einer SMS, die Lombardi den versammelten Journalisten von seinem Mobiltelefon ablas. Kardinal Filoni hätte als Präfekt der vatikanischen Missionskongregation Papst Franziskus bei seiner Koreareise begleiten sollen. Seine Mission im Irak war aber augenscheinlich dringender.

In einer Presseaussendung des Vatikans wird indes bestätigt, dass Kardinal Filoni bereits am Mittwoch den kurdischen Premier Nechirvan Barzani getroffen hatte. „Es ist die Aufgabe der kurdischen Regierung die geflüchteten Christen, Jesiden und anderen Minderheiten, die in den kurdischen Gebieten Sicherheit suchen, zu schützen und zu unterstützen.“ Das habe Barzani bei dem Zusammentreffen dem Kardinal erklärt. Die kurdische Regierung hat bei diesem Treffen eine weitere Spende von zehn Millionen US-Dollar für den erst kürzlich eingerichteten Flüchtlingsfond angekündigt. Aufgrund der zunehmenden Gewaltbereitschaft der Terrorgruppe IS, habe sich die Zahl der Flüchtlinge in den letzten Tagen verdoppelt.

In den Flüchtlingslagern der Orte Erbil, Duhol und Slamiamni befänden sich demnach mehr als eine Millionen Flüchtlinge. Die hauptsächlich syrischen Kurden, arabischen Iraker, Jesiden und Christen leben am Limit. Die humanitäre Krise wird ständig dramatische, zitiert die Vatikannote Barzani. Es fehle an angemessenen Einrichtungen und an psychologischer Betreuung für die vielen flüchtenden Familien. Parks, Kirchen, Schulen und Baustellen dienen unter anderem als vorläufige Notlager und er appelliere an alle zu helfen und forderte die internationale Gemeinschaft auf zu intervenieren. (rv)

Papstbrief an Ban Ki-moon: Systematische Gewalt gegen Christen stoppen

UNO-Fahne In einem Brief an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, ruft der Papst die Staatengemeinschaft dazu auf, die systematische Gewalt gegen Christen und andere religiöse Minderheiten im Irak zu stoppen. Der Brief ist auf den 9. August 2014 datiert. Lesen Sie hier das Schreiben, das an diesem Mittwoch bekannt wurde, in einer Arbeitsübersetzung.

Ich habe mit schwerem und schmerzendem Herzen die dramatischen Ereignisse der vergangenen Tage im Nordirak verfolgt, wo Christen und andere religiöse Minderheiten gezwungen wurden, aus ihren Häusern zu fliehen und der Zerstörung ihrer Kultstätten und ihres religiösen Erbes zusehen mussten. Bewegt durch ihre Notlage habe ich Kardinal Fernando Filoni, den Präfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, der als Vertreter meiner Vorgänger Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. den Menschen im Irak diente, gebeten, meine spirituelle Nähe und meine Sorge sowie die der gesamten Katholischen Kirche auszudrücken – angesichts des unerträglichen Leids jener, die lediglich in Frieden, Harmonie und Freiheit im Land ihrer Ahnen leben möchten.

Im selben Geiste schreibe ich Ihnen, Herr Generalsekretär, und führe Ihnen die Tränen, das Leiden und die innigen Verzweiflungsschreie der Christen und anderer religiöser Minderheiten des geliebten Irak vor Augen. Ich erneuere meinen dringenden Appell an die Internationale Gemeinschaft zu handeln, um die gegenwärtig sich vollziehende humanitäre Katastrophe zu beenden. Ich ermutige alle zuständigen Organe der Vereinten Nationen, insbesondere die für Sicherheit, Frieden, humanitäres Recht und Flüchtlingshilfe zuständigen, ihre Anstrengungen in Übereinstimmung mit der Präambel und den entsprechenden Artikeln der Charta der Vereinten Nationen fortzuführen.

Die Welle der brutalen Angriffe im Nordirak muss die Gewissen aller Männer und Frauen guten Willens wachrütteln und sie zu konkreten Handlungen der Solidarität bewegen: Diejenigen müssen geschützt werden, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind, und den vielen Vertriebenen muss die notwendige und dringende Hilfe gewährt werden. Auch muss ihnen einen sichere Heimkehr in ihre Städte und Häuser garantiert werden. Die tragischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts und das grundlegendste Verständnis der menschlichen Würde zwingen die Internationale Gemeinschaft insbesondere durch die Normen und Mechanismen des internationalen Rechtes dazu, alles ihr Mögliche zu tun, um weitere systematische Gewalt gegen ethnische und religiöse Minderheiten zu stoppen und zu unterbinden.

In dem Vertrauen, dass mein Appell, den ich mit denen der Orientalischen Patriarchen und anderer religiöser Führer vereine, eine positive Antwort haben wird, nutze ich die Gelegenheit, Ihnen meine größte Hochachtung auszusprechen.

Papst Franziskus (rv)