D: Zum Reformationsjubiläum „gemeinsam diskutieren“

2017gemeinsam unterwegs Um das Gedenken der Reformation 2017 vorzubereiten, ist im deutschsprachigen Raum ein neues Internetprojekt gestartet: Unter der Adresse 2017gemeinsam.de kann jeder Gläubige, ganz gleich welcher Konfession, seine Meinung zu dem Thema einbringen. Ausgangspunkt ist das katholisch-lutherische Dialogdokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“, das im letzten Jahr veröffentlicht wurde. Jeweils am Anfang der Woche stellen prominente Kirchenvertreter Beiträge ins Internet. So waren es an diesem Montag der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge, sowie der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch.

Oliver Schuegraf ist beim Verband der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELK) für die ökumenischen Grundsatzfragen und Catholica zuständig. Im Gespräch mit uns sagt er, dass nach der Veröffentlichung des Dialogdokuments „Vom Konflikt zu Gemeinschaft“ eines klar wurde im deutschsprachigen Raum:

„Wir wollen das ökumenisch angehen, wenn es sich ja schon um ein ökumenisches Dokument handelt. Das war die Bitte des Lutherischen Weltbundes und des Vatikanischen Einheitsrates, nämlich das Dokument gemeinsam zu studieren.“

Wie das konkret geschehen soll, erläutert Burkhard Neumann, einer der Direktoren des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn. Er hat an dem Projekt 2017gemeinsam.de ebenfalls direkt mitgewirkt.

„Konkret sieht es so aus, dass jeder entsprechend kommentieren kann. Man muss sich natürlich vorher anmelden. Jeder Teil des Textes, jeder Paragraph des Dialogdokumentes kann entsprechend kommentiert werden, und alle, die Interesse daran haben, sind herzlich eingeladen, das zu tun! Der zweite Teil besteht aus Diskussionsthemen, die Prominente jeweils am Anfang der Woche schreiben.“

Aus lutherischer Sicht sei dieses Projekt an sich schon ein „ökumenischer Erfolg“, so Schuegraf vom VELK.

„Es zeigt ja, dass es sehr gute ökumenische Beziehungen in Deutschland gibt, so dass es ohne große Probleme möglich war, ein solches Projekt in die Wege zu leiten. Wir hoffen jetzt natürlich, dass ganz viele Menschen mitmachen von den beiden Kirchen. Aus unserer Sicht hoffen wir, dass nicht nur Lutheraner, sondern Vertreter aller evangelischen Kirchen mitmachen. Es geht darum, sich gemeinsam darauf zu besinnen: Was können wir eigentlich gemeinsam hin auf das Reformationsjubiläum 2017 tun?“

Das Reformationsjubiläum 2017 ist aus katholischer Sicht – und nicht nur – bisher auch kritisch betrachtet worden. Ökumene-Kardinal Kurt Koch erinnerte in Interviews mit Radio Vatikan mehrmals daran, dass es eigentlich nichts zu feiern, sondern vor allem ein Gedenkmoment sei. Das Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ behandelt auch die Hindernisse in den ökumenischen Gesprächen. Neumann vertritt sozusagen die katholische Seite beim Projekt 2017gemeinsam.de:

„Uns ist es wichtig zu sagen, dass das Dokument über den Kreis derjenigen, die sich von Berufs wegen oder als Fachleute mit diesem Dialogdokument beschäftigen und dessen Impulse weitergeben, verbreitet werden und möglichst viele erreichen soll. Es geht um die Ergebnisse des ökumenischen Dialogs. Das Jahr 2017 und die Herausforderungen, die damit verbunden sind, sollen für jeden selber, aber auch für das Leben in der Gemeinde vor Ort stärker wahrgenommen werden.“ (rv)

Papst hört drei Stunden lang Missbrauchsopfern zu

Kardinal O´Malley Papst Franziskus hat an diesem Montagmorgen drei Stunden lang Opfern von Missbrauch durch Kleriker zugehört. Sechs Personen waren von Kardinal Sean O´Malley, dem Koordinator der Vatikan-Kommission über Kindesmissbrauch, zu dem Treffen eingeladen worden, informierte Vatikansprecher Federico Lombardi. Bei den Missbrauchsopfern handelte es sich um je zwei aus Deutschland, Irland und England, je drei Frauen und drei Männer. Sie nahmen an der Morgenmesse mit dem Papst teil. Franziskus habe auf Spanisch eine Predigt gehalten, in der er das Problem des Missbrauchs durch Kirchenleute breit thematisierte, informierte Lombardi. Danach habe der Papst mit jedem der Opfer rund eine halbe Stunde lang gesprochen. Die Predigt des Papstes wurde ebenfalls an diesem Montag veröffentlicht. Es war das erste Treffen von Franziskus mit Missbrauchsopfern.

Die sechs Menschen waren am Sonntag in der Casa Santa Marta eingetroffen. Papst Franziskus begrüßte sie bereits beim Abendessen. Bei der Morgenmesse am Montag um sieben Uhr seien die Missbrauchsopfer und ihre jeweiligen Begleiter anwesend gewesen, ebenso die Angehörigen der päpstlichen Kommission, die in Franziskus´ Auftrag das Thema Missbrauch durch Kirchenangehörige breit aufarbeitet. Danach hätten alle gemeinsam ein Frühstück eingenommen. Die Einzelbegegnungen mit dem Papst dauerten nach Lombardis Angaben von neun bis fast halb ein Uhr, also je eine gute halbe Stunde lang. Lombardi:

„Ich habe kurz mit den sechs Menschen gesprochen und kann sagen, sie waren emotional berührt und voller Dankbarkeit für die Möglichkeit, mit dem Papst so ausführlich und so persönlich sprechen zu können. Sie hatten das Gefühl, mit großer Aufmerksamkeit und Offenheit angehört zu werden.“

Papst Franziskus habe unter Beweis gestellt, „dass Zuhören beim Verstehen hilft und einen Weg vorbereitet, um wieder Vertrauen zu fassen und die Wunden zu heilen“, sagte Lombardi. Über die Inhalte der Einzelgespräche habe er keine Informationen; Lombardi konnte nicht bestätigen, ob eines der beiden Opfer aus Irland einen schärferen Umgang mit dem irischen Kardinal Sean Brady gefordert habe, der Täter gedeckt haben soll. Wichtig sei, so Lombardi, dass die Begegnung von Papst Franziskus mit den Missbrauchsopfern „ein Beispiel werden kann“.

„Der Papst, der einen so breiten Raum des Zuhörens öffnet, gibt eine klare Botschaft an alle. Man muss zuhören und die nötige Zeit widmen, damit sich die Seele öffnet. Es geht darum, die Wunden zu heilen, eine Möglichkeit der Versöhnung mit Gott und der Kirche zu öffnen.“

Papst Franziskus habe nach den langen Begegnungen erschöpft und erschüttert auf ihn gewirkt, sagte Lombardi.

„Wäre es nur ein formales Treffen gewesen, hätte es wohl viel kürzer gedauert, wie viele sich das gedacht hätten. Aber es war ein ganzer Vormittag. Er war berührt, wie jeder Mensch, jeder Priester, der eine Begegnung dieser Art hat mit Menschen, die so schweres Leid erlitten haben und Wunden haben; so etwas ist immer eine extrem anstrengende Begegnung.“

Die Auswahl von nur sechs Menschen sei dem Umstand geschuldet, dass tiefgehende Gespräche gewünscht wurden, sagte Lombardi. Sie kämen aus drei Ländern, deren Ortskirchen Strukturen für den Umgang mit Missbrauchsopfern geschaffen hätten. Leider gebe es noch „viele andere Länder und Situationen“, in denen Missbrauch durch Kirchenleute aufgetreten sei. Das Thema sei heute „ein starkes Thema in der Kirche“.

Die päpstliche Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche, die das Treffen der sechs Menschen mit dem Papst organisiert hatte, hatte am Sonntag zum zweiten Mal seit ihrer Gründung getagt, informierte Lombardi. Dabei sprach man unter anderem über die Statuten und mögliche neue Mitglieder. (rv)