Gebetsinitiative für Frieden: „Gebet ermöglicht mutige Entscheidungen“

EB Pietro ParolinMit der Einladung zum Friedensgebet im Vatikan und dem Gang zur Trennmauer in Bethlehem hat Papst Franziskus abweichend vom Programm deutliche Signale für den Frieden gesetzt. Dabei hat er aber nicht den Charakter der Pilgerreise in einen politischen Besuch geändert. Das betont Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Ende des zweiten Tages der Papstreise. Im Gespräch mit Radio Vatikan zieht er die Verbindung zwischen dem spirituellen Gehalt und dem Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, wie der Papst sie auch ziehe. „Wir unterstreichen hier noch einmal die Macht des Gebetes, das will auch der Papst unterstreichen. Bei so vielen Sackgassen, politischen und diplomatischen, dem ganzen Knäul von Schwierigkeiten und Problemen, vor denen wir stehen und die wir auch in den zwei Tagen, in denen wir nun hier sind, schon erlebt haben, will der Papst einmal mehr diese Kraft des Gebetes aufzeigen, das die Herzen zusammen bringen kann und allen die Fähigkeit gibt, mutige Entscheidungen zu treffen. Ich möchte das noch einmal unterstreichen: Mutige Entscheidungen. Alle brauchen die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, die uns wirklich zum Frieden führen.“ Auf diesen Wandel, bei Abbas und Peres wie bei allen, die im Nahen Osten leben, hofft Kardinal Parolin. Nur so käme man zum Frieden. Die geistliche Dimension bedeute aber auch, dass der so langsam entstehende Frieden nicht rein menschliches Tun sei. „Der Frieden ist ein Geschenk Gottes. Aber wenn man das sagt, dann füge ich immer hinzu, dass das Geschenk die Umformung unserer Herzen ist. So interpretiere ich das. Es kommt nicht fertig vom Himmel herab, sondern verwandelt uns, so dass wir Handelnde für den Frieden werden können, Tag für Tag. Das ist das Geschenk Gottes. Wir wissen, dass wir dieses Geschenk annehmen, wenn wir uns vom Heiligen Geist verwandeln lassen.“ (rv)

Papst besucht Santa Maria Maggiore und dankt für Nahost-Reise

S_Maria_MaggiorePapst Franziskus hat am Dienstagvormittag in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore gebetet. Mit dem Besuch brachte der Papst Dankbarkeit über seine soeben beendete Heilig-Land-Reise zum Ausdruck, teilte der Vatikan im Anschluss mit. Franziskus habe in der Kirche ein Dankgebet für die „erfolgreiche Pilgerreise“ gesprochen, vor der Muttergottes-Statue einen Blumenstrauß niedergelegt und einige Minuten vor ihr still und kniend gesessen. Das berichtete Kardinal Santos Abril y Castelló, Erzpriester der Basilika. Auch habe der Papst im Anschluss einige Besucher getroffen und sie gegrüßt. Es ist das neunte Mal, dass Franziskus die päpstliche Basilika in seinem Pontifikat besucht. Kurz vor seiner Abreise ins Heilige Land war er auch dort eingekehrt. (rv)

Vatikansprecher: „Peres und Abbas beim Papst, um zu beten“

Pater LombardiDas geplante Treffen des israelischen mit dem palästinensischen Präsidenten im Vatikan wird ein Gebetstreffen und keine eigentliche Friedensverhandlung. Das betont Vatikansprecher Federico Lombardi zum Abschluss der Papstreise ins Heilige Land. Schimon Peres und Mahmud Abbas werden demnächst im Vatikan gemeinsam erwartet, um mit Papst Franziskus für den Frieden in ihrer Region zu beten. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt Jesuitenpater Lombardi, dass der Papst das anbieten wolle, was „zu seiner Kernaufgabe“ gehöre, nämlich mit den Mitmenschen zu beten.

„Der Papst ist ein Mann des Glaubens und ein moralischer Religionsführer. Es geht ihm darum, jenes für den Frieden anzubieten, was ihm sehr gelegen ist. Deshalb wird das Treffen nicht eine diplomatische Friedensverhandlung sein, auch wenn das natürlich sehr wichtig wäre, aber das gehört nicht zu seinem Kompetenzbereich, sondern es geht dem Papst darum, gemeinsam mit den Gesprächspartnern vor Gott zu treten und Gott um Beistand zu bitten.“

Ein genaues Datum für das Friedensgebetstreffen sei noch nicht bekannt, so Lombardi weiter. Es werde jedoch sehr bald sein, fügte er an. Zum Gesundheitszustand des Papstes sagte Lombardi:

„Jede Person, die sein Leben voll und ganz dem Glauben widmet und viele Menschen trifft sowie die Freude der Begegnungen spürt, fühlt sich leichter, die schwere Last einer solchen Reise zu tragen. Der Papst hat in diesen drei intensiven Tagen unglaublich viel geleistet und dies auch körperlich. Wir haben ihn mehrmals kniend gesehen u.ä. Aber er hat eine Energie, die ohne Ende scheint. Seine Energiequellen sind sicherlich der Glauben und die Güte Gottes, die ihm in seinem Pontifikat helfen.“ (rv)

„In allen Beziehungen Frieden“: Die Bedeutung der Ökumene in der Papstreise

Kard_KochDank für die Vergangenheit und ein weiterer Schritt in die Zukunft: So bezeichnet der Ökumene-Verantwortliche des Vatikan, Kardinal Kurt Koch, die Begegnung von Jerusalem. Papst Franziskus hatte sich am Sonntag mit dem griechisch-orthodoxen Patriarchen getroffen. Die persönliche Unterhaltung der beiden dauerte länger als vorgesehen – ein Zeichen der Herzlichkeit und dafür, dass sich beide viel zu sagen haben. Im Gespräch mit unserem Korrespondenten Pater Bernd Hagenkord schätzt Kardinal Koch die Wirkungen ein, welche die Begegnung von Jerusalem für die Ökumene hat.

„Diese Begegnung ist ein neuer Schritt in die Zukunft, die Begegnung weiter anzugehen.“

Im Vorfeld ist immer wieder gesagt worden, dass die ökumenische Begegnung das Herzstück der Reise sei, nun hat aber der Papst mit dem Gang zur Mauer in Bethlehem und der Friedensinitiative noch andere Akzente gesetzt. Ist die Ökumene jetzt etwas in den Hintergrund geraten?

„Ich glaube nicht. Die Botschaft des Papstes ist ja ‚In allen Beziehungen Frieden‘. Dazu gehört die Versöhnung mit den Orthodoxen. Das Erreichen der Einheit und auch der eucharistischen Gemeinschaft und das andere hängen eng zusammen. Die Eucharistie ist die Feier der Versöhnung – und dass von da auch Impulse bis in die Politik hinein kommen, ist meines Erachtens nur logisch.“

Aus dem deutschen Sprachraum kommend bedeutet Ökumene vor allem Ökumene mit den Kirchen der Reformation. Was bedeutet das Treffen von Jerusalem für diese Ökumene, für ‚unsere‘ Ökumene?

„Ich glaube, nicht wenige Gründe, die zur Entfremdung zwischen Ost und West geführt haben, gehören auch zu den Vorbedingungen der Reformation in den westlichen Kirchen. Wenn wir hier im Dialog mit den Orthodoxen weiter kommen, bin ich überzeugt, dass wir auch im Dialog mit den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften neue Perspektiven haben.“

Wie wird es im Dialog jetzt in den kommenden Monaten und Jahren weiter gehen?

„Wir unterscheiden ja immer zwischen dem Dialog der Liebe und dem Dialog der Wahrheit. Der Dialog der Liebe hat sich in den vergangenen fünfzig Jahren sehr verfestigt. Im Dialog der Wahrheit – also im theologischen Dialog – sind einige Probleme neu aufgetaucht. Wir haben die nächste Vollversammlung im kommenden September und ich hoffe, dass wir in den Schwierigkeiten, die jetzt aufgetreten sind, vor allem auch mit der Erklärung des russisch-orthodoxen Patriarchats zum Primat, einige Schritte voran gehen können.“ (rv)

Franziskus in Yad Vashem: „Niemals wieder!“

Papstreise Hl. Land 2014„Niemals mehr o Herr, niemals mehr!“ Mit diesen Worten hat Papst Franziskus in Jerusalem der von den Nationalsozialisten ermordeten Juden gedacht. Seine Ansprache in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem an diesem Montagmorgen war eine Meditation, die um diese drei Begriffe kreiste: Schmerz, Schuld und Erbarmen. Am Ende ging der Papst dabei ins Gebet über.

„Adam, wo bist du? (vgl. Gen 3,9) Wo bist du, o Mensch? Wohin bist du gekommen?“

Yad Vashem – das bedeutet Gedenken an die Namen, an all die Menschen, die in der Shoah ermordet wurden. Sie seien „für immer verankert im Gedächtnis des Allmächtigen Gottes“, hatte Benedikt XVI. hier vor fünf Jahren betont. Das Holocaust-Memorial wurde 1953 durch einen Beschluss der Knesset eingerichtet; zu ihm gehören mehrere Museen, Forschungsinstitute und Orte der Erinnerung an die über sechs Millionen von den Nazis getöteten Juden. Franziskus setzte in seiner Meditation die „Tragödie des Holocaust“ in Bezug zum Sündenfall:

„Der Vater kannte das Risiko der Freiheit; er wusste, dass der Sohn verlorengehen könnte… doch vielleicht konnte nicht einmal der Vater sich einen solchen Fall, einen solchen Abgrund vorstellen! Jener Ruf ,Wo bist du?‘ tönt hier, angesichts der unermesslichen Tragödie des Holocaust wie eine Stimme, die sich in einem bodenlosen Abgrund verliert… Mensch, wer bist du? Ich erkenne dich nicht mehr. Wer bist du, o Mensch, Wer bist du geworden? Zu welchem Gräuel bist du fähig gewesen? Was hat dich so tief fallen lassen?“

Gott, der seine Schöpfung nicht mehr wiedererkennt – doch nicht die Schöpfung trage die Schuld, der Mensch sei gut gemacht:

„Nein, dieser Abgrund kann nicht allein dein Werk sein, ein Werk deiner Hände, deines Herzens…“

Lange sprach der Papst nicht, doch waren seine Worte intensiv und ernst. Die Meditation erinnerte ein wenig an seine Ansprache auf der Mittelmeerinsel Lampedusa, die Worte, die Franziskus dort für das Leid an die Flüchtlinge fand: ,Kain, wo ist dein Bruder?‘, hatte er damals gefragt. Auch in Yad Vashem meditierte Franziskus über die Abgründe des Menschen, die Versuchung des Bösen.

„Wer hat dich verdorben? Wer hat dich verunstaltet? Wer hat dich angesteckt mit der Anmaßung, dich zum Herrn über Gut und Böse zu machen? Wer hat dich überzeugt, dass du Gott bist? Nicht nur gefoltert und getötet hast du deine Brüder, sondern du hast sie als Opfer dir selber dargebracht, denn du hast dich zum Gott erhoben. Heute hören wir hier wieder die Stimme Gottes: Adam, wo bist du?“

Ausgehend vom alttestamentarischen Buch Baruch verband der Papst das Schuldbekenntnis dann mit der Bitte um Vergebung:

„Ein Übel ist über uns gekommen, wie es unter dem ganzen Himmel noch nie geschehen ist. Jetzt aber, o Herr, höre unser Gebet, erhöre unser Flehen, rette uns um deiner Barmherzigkeit willen. Errette uns aus dieser Ungeheuerlichkeit.“

Aus der Meditation ging der Papst dann über ins Gebet: Gegen Gott hat der Mensch gesündigt, Gottes Erbarmen braucht der Mensch. Die Scham über das Begangene sei eine „Gnade“, so der Papst.

„Denk an uns in deiner Barmherzigkeit. Gib uns die Gnade, uns zu schämen für das, was zu tun wir als Menschen fähig gewesen sind, uns zu schämen für diesen äußersten Götzendienst, unser Fleisch, das du aus Lehm geformt und das du mit deinem Lebensatem belebt hast, verachtet und zerstört zu haben. Niemals mehr, o Herr, niemals mehr!“

Ins Ehrenbuch der Gedenkstätte schrieb der Papst nach seiner Meditation auf Spanisch:
„Mit Scham über das, was der Mensch, der im Bild und der Ähnlichkeit Gottes nach geschaffen wurde, fähig war zu tun; mit der Scham des Menschen, der sich zum Herrn des Bösen gemacht hat; mit der Scham über das, was der Mensch, der sich für Gott hielt, geopfert hat für sich selbst und für seine Brüder. Nie wieder, nie wieder!“
In der „Halle der Erinnerung“ stellte der Papst die Ewige Flamme höher und legte einen Kranz auf dem Mosaikboden nieder, wo die Namen der Vernichtungslager verzeichnet sind. Anschließend betete er mit gebeugtem Haupt still vor einer Steinplatte, unter der die Asche von Opfern der nationalsozialistischen Vernichtungslager begraben ist. Vor seiner Meditation sprach Franziskus kurz mit sechs Überlebenden des Holocaust, wobei er vorab jedem einzelnen – für alle überraschend – die Hände küsste. Begleitet wurde er von Staatspräsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Bei seiner Ankunft in Israel hatte Franziskus am Sonntag den Besuch in Yad Vashem als einen „besonderen Moment“ seines Aufenthalts bezeichnet. Die Schoah, der sechs Millionen Juden zum Opfer gefallen seien, bleibe ein Symbol dafür, „wie weit die Ruchlosigkeiten des Menschen gehen, wenn er, durch falsche Ideologien angestiftet, die grundlegende Würde eines jeden Menschen vergisst“, sagte er auf dem Flughafen von Tel Aviv. Er bete zu Gott, dass ein solches Verbrechen nie wieder geschehe. Auch viele Christen und andere seien ihm zum Opfer gefallen. (rv)