Papst in Israel eingetroffen

IsraelPapst Franziskus ist in Israel eingetroffen. Von Betlehem in Palästina her kommend landete sein Hubschrauber am Sonntagnachmittag in Tel Aviv. Dort begrüßten ihn der italienische Präsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Von Tel Aviv aus wird der Papst nach Jerusalem weiterreisen, wo er am Sonntagabend mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in der Grabes- und Auferstehungskirche beten will. Am Sonntagmorgen hatte Papst Franziskus knapp sieben Stunden in der Geburtsstadt Jesu Betlehem verbracht. Nach einer Messe auf dem Krippenplatz aß er mit palästinensischen Familien zu Mittag. Anschließend betete er still in der Geburtsgrotte Jesu unter der orthodoxen Geburtskirche. Vor seiner Weiterreise nach Israel besuchte er auch noch palästinensische Flüchtlingskinder in einem Lager in der Nähe von Betlehem. Ihnen sagte er: „Lasst nicht zu, dass die Vergangenheit euer Leben bestimmt. Schaut immer nach vorn. Arbeitet und kämpft, um die Dinge zu erreichen, die ihr wollt. Die Gewalt besiegt man nicht mit der Gewalt. Gewalt besiegt man mit Frieden. Mit Frieden, Arbeit, und mit der Würde, die Heimat voranzubringen. Ich bitte Gott, dass er euch segnet! Und euch bitte ich, für mich zu beten.“ (rv)

Hintergrund: Die Patriarchen

Bernd HagenkordWenn Papst Franziskus den ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. trifft, dann treffen auch verschiedene Kirchenverfassungen und –verständnisse aufeinander, die sich in Titeln wie Patriarch oder Exarch ausdrücken. Ein Hintergrund von P. Bernd Hagenkord:

Patriarch/Patriarchat
Die Patriarchate gingen aus der spätrömischen Verwaltung der Kirche hervor, ab dem 6. Jahrhundert nennt man die führenden Bischöfe „Patriarchen“: Rom, Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem (in der Reihenfolge der Ranges). Gemeinsam stellten sie die Einheit der Kirche sicher. Im Zuge der Kirchenspaltungen wurde die Patriarchalleitung der Kirche unwirksam.

Ab dem Mittelalter entstanden weitere Patriarchate, etwa von Georgien, Bulgarien, Rumänien und Moskau. Die katholische Kirche hat außerdem eigene Patriarchate, etwa das von Jerusalem und die Patriarchate der mit Rom unierten Kirchen, z.B. das melkitische, das koptisch-katholische oder das syrisch-katholische Patriarchat. Als Titel führt auch der Erzbischof von Venedig den Titel Patriarch.

Ökumenischer Patriarch
Als „Erster unter Gleichen“ steht der ökumenische Patriarch von Konstantinopel der orthodoxen Christenheit vor, sein vollständiger Titel lautet ‚Erzbischof des Neuen Roms Konstantinopel und Oekumenischer Patriarch‘. Ihm obliegen die Initiierungen aller gemeinsamen Handlungen der orthodoxen Kirche, wie etwa die für 2016 einberufene pan-orthodoxe Synode („orthodoxes Konzil“).

Außerdem ist der Patriarch Oberhaupt der autokephalen (eigenständigen) Kirche von Konstantinopel (Istambul), er muss türkischer Staatsbürger sein (einzige Ausnahme in jüngerer Zeit war Athenagoras I.)

Augenblicklicher Inhaber des Amtes ist Bartholomaios I.

Patriarch von Jerusalem
Der Gastgeber der Begegnung von Bartholomaios und Papst Franziskus ist der Patriarch von Jerusalem, im strengen Sinn der einzige Patriarch von Jerusalem, auch wenn sowohl die lateinische als auch die armenische Kirche eigene Patriarchen haben. Es ist eines der alten Patriarchate aus römischer Zeit.

Augenblicklicher Inhaber des Amtes ist Theophilos III. (rv)

Vollfassung: Papstrede vor Palästinenser-Autoritäten

PalaestinaHerr Präsident, liebe Freunde, ich danke dem Präsidenten, Herrn Mahmoud Abbas, für seine Worte des Willkommens und richte meinen herzlichen Gruß an die Vertreter der Regierung und an das ganze palästinensische Volk. Ich bin dem Herrn dankbar, heute hier mit euch an dem Ort zu sein, an dem Jesus, der Friedensfürst, geboren ist, und ich danke euch für euren herzlichen Empfang.

Der Nahe Osten erlebt seit Jahrzehnten die dramatischen Folgen des Sich-Hinziehens eines Konflikts, der viele schwer zu heilende Wunden verursacht hat, und auch wenn zum Glück keine Gewalt auflodert, führen die Ungewissheit der Situation und die Verständnislosigkeit zwischen den Parteien zu Unsicherheit, Verweigerung der Rechte, Isolierung und Auswanderung ganzer Gemeinden, zu Spaltungen und zu Not und Leiden aller Art.

Indem ich denen meine Nähe bekunde, die am meisten unter den Folgen des Konflikts leiden, möchte ich aus tiefstem Herzen sagen, dass es Zeit ist, dieser Situation, die immer unerträglicher wird, ein Ende zu setzen, und das zum Wohl aller. Mögen sich also die Anstrengungen und die Initiativen zur Schaffung der Bedingungen für einen stabilen Frieden verdoppeln, der auf Gerechtigkeit, auf die Anerkennung der Rechte eines jeden und auf die beiderseitige Sicherheit gegründet ist. Es ist für alle der Moment gekommen, den Mut zur Großherzigkeit und zur Kreativität im Dienst des Guten zu haben, den Mut zum Frieden, der darauf beruht, dass alle das Recht zweier Staaten bejahen, innerhalb international anerkannter Grenzen zu existieren und Frieden und Sicherheit zu genießen.

Ich wünsche mir von Herzen, dass im Hinblick auf dieses Ziel allerseits Initiativen und Taten vermieden werden, die dem erklärten Willen, zu einer wirklichen Übereinkunft zu gelangen, widersprechen, und dass man nicht müde wird, den Frieden mit Entschlossenheit und Kohärenz zu verfolgen. Der Friede wird unzählige Vorteile für die Völker dieser Region und für die ganze Welt mit sich bringen. Es ist also notwendig, sich entschieden zu ihm auf den Weg zu machen, auch indem jeder auf etwas verzichtet.

Ich wünsche dem palästinensischen wie dem israelischen Volk und den jeweiligen Verantwortlichen, diesen glücklichen Aufbruch zum Frieden mit jenem Mut und jener Festigkeit zu unternehmen, die für jeden Aufbruch nötig sind. Der Friede in der Sicherheit und das gegenseitige Vertrauen werden zum beständigen Bezugsrahmen werden, um die anderen Probleme anzugehen und zu lösen, und so Anlass geben für eine ausgewogene Entwicklung, die zum Vorbild für andere Krisengebiete wird.

Es liegt mir am Herzen, auf die aktive christliche Gemeinde hinzuweisen, die ihren bedeutsamen Beitrag zum Gemeinwohl der Gesellschaft leistet und die Freuden und Leiden des ganzen Volkes teilt. Die Christen beabsichtigen, diese ihre Rolle als vollberechtigte Bürger weiterhin auszuüben, gemeinsam mit den anderen Mitbürgern, die sie als Brüder und Schwestern betrachten.

Herr Präsident, Sie sind als Mann des Friedens und als Friedenstifter bekannt. Die jüngste Begegnung im Vatikan mit Ihnen und meine heutige Anwesenheit in Palästina bestätigen die guten Beziehungen, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Palästina bestehen und von denen ich mir wünsche, dass sie weiter gefördert werden können, zum Wohl aller. In diesem Zusammenhang möchte ich den Einsatz zur Erarbeitung eines Beiderseitigen Abkommens würdigen, welche verschiedene Aspekte des Lebens der katholischen Gemeinschaft im Land betrifft und dabei der Religionsfreiheit besondere Beachtung schenkt. Die Berücksichtigung dieses grundlegenden Menschenrechts ist nämlich eine der unverzichtbaren Bedingungen für den Frieden, für die Brüderlichkeit und für die Harmonie. Sie sagt der Welt, dass es pflichtgemäß und möglich ist, zwischen unterschiedlichen Kulturen und Religionen zu einem guten Einvernehmen zu gelangen; sie bezeugt, dass die Dinge, die wir gemeinsam haben, so zahlreich und wichtig sind, dass es möglich ist, einen Weg entspannten, geordneten und friedlichen Zusammenlebens zu finden, indem man die Unterschiede akzeptiert und sich freut, als Kinder eines einzigen Gottes Geschwister zu sein.

Herr Präsident, liebe hier in Bethlehem versammelte Freunde, der allmächtige Gott segne euch; er beschütze euch und gewähre euch die Weisheit und die nötige Kraft, den mutigen Weg zum Frieden fortzusetzen, so dass die Schwerter sich in Pflugscharen verwandeln und dieses Land wieder in Wohlstand und Eintracht erblühen kann. Salam! (rv)

Papstprogramm am Sonntag im Heiligen Land

GrabelkircheAn diesem Sonntag findet der programmierte Höhepunkt dieser ersten Heiliglandreise von Papst Franziskus statt: abends um 18 Uhr (römischer Zeit) steht das Kirchenoberhaupt zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. in der Grabeskirche in Jerusalem einem ökumenischen Gottesdienst vor. Ebenfalls anwesend sind die katholischen Bischöfe des Heiligen Landes, der koptische, der syrische und der äthiopische Erzbischof, der anglikanische und der lutherische Bischof und andere Würdenträger. Davor unterzeichnen Franziskus und Bartholomaios eine ökumenische Erklärung. Bis nachmittags hält sich Franziskus in der Geburtsstadt Jesu, in Betlehem auf. Auf dem Platz vor der Geburtskirche feiert er am Vormittag eine Heilige Messe, die einzige große Messe, die das Programm für Palästina und Israel vorsieht. 10.000 Besucher sind dazu erwartet. Am Nachmittag besucht Franziskus die Geburtsgrotte in Betlehem und trifft anschließend Kinder in einem Flüchtlingslager. Vor den palästinensischen Autoritäten in Betlehem hielt Franziskus noch vor der Messe eine Rede. Danach blieb er kurz und überraschend vor der israelischen Sperrmauer aus dem Papamobil aus und betete einige Momente lang in Stille. Das Mittagessen nimmt Franziskus nicht mit Würdenträgern ein, sondern mit einigen Familien aus Palästina. Nach dem Besuch der Geburtsgrotte macht er sich zum Flüchtlingslager Dheisheh auf, das bereits Johannes Paul II. bei seiner Heiliglandreise 2000 besucht hatte. Dort begrüßt der Papst Kinder. Danach bringt ihn der Hubschrauber nach Tel Aviv und von dort nach Jerusalem zum Ökumenischen Gottesdienst. Das Treffen zwischen Papst und Patriarchen ist der eigentliche Anlass der Reise. Es erinnert an eine Versöhnungsgeste zwischen den Amtsvorgängern Paul VI. und Athenagoras vor genau 50 Jahren. 1964 leiteten sie eine Wende in der Beziehung ihrer seit mehr als 1.000 Jahren getrennten Kirchen ein. (rv)