Kollegengespräch: „Kardinalskollegium wird internationaler“

KonsistoriumZum ersten Mal in seiner Amtszeit als Papst hat Franziskus am Sonntag die Namen neuer Kardinäle bekanntgegeben, die er am kommenden 22. Februar beim Konsistorium kreieren will. Europäer sind dabei in der Minderheit. Will der Papst das Kardinalskollegium internationaler machen? Das wollte Stephanie Stahlhofen von Anne Preckel wissen. Ein Kollegengespräch.

„Seit dem Konzil ist das Kardinalskollegium immer internationaler geworden. Franziskus, erster Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri, setzt diese Linie fort: 15 Länder des Globus deckt die Gruppe der 19 zukünftigen Kardinäle ab. Der Papst spannt dabei einen weiten Bogen, der von Asien über Afrika bis nach Lateinamerika und in die Karibik reicht. Europa ist da mit zwei neuen Kardinälen eher eine Fußnote.“

Der Eindruck scheint sich zu bestätigen, dass Franziskus die Kirche „lateinamerikanischer“ machen will: Knapp ein Drittel der 16 neuen wahlberechtigten Kardinäle kommt aus Lateinamerika.

„Ich würde eher annehmen, Franziskus arbeitet daran, dass sich die Mehrheiten der Katholiken in der Welt auch angemessen in der Führung der katholischen Weltkirche widerspiegeln. In Lateinamerika leben ja fast 40 Prozent aller Katholiken weltweit, der Kontinent ist unter den Papstwählern aber zum Beispiel stark unterrepräsentiert. Eine ähnliche Situation haben wir bei den wachsenden Kirchen in Asien und Afrika, wo das Christentum Zulauf hat und die Zahl der Berufungen steigt. Darauf muss man reagieren, und hier braucht es auch eine starke Präsenz vor Ort in den Ländern selbst. Zu diesen Fragen hat der Papst zuletzt noch in seinem Gespräch mit internationalen Ordensoberen Ende November in Rom Stellung genommen.“

In der Tat gibt es jeweils zwei Ernennungen für Asien und Afrika. Was kann man dazu sagen?

„Ja, für die Philippinen und für Korea, wo viele Katholiken leben, hat der Papst jeweils einen neuen Kardinal ernannt, und weiter für Elfenbeinküste und Burkina Faso. In Elfenbeinküste gab es ja zuletzt große Spannungen und einen Machtkampf; der Erzbischof von Abidjan ist als Sprachrohr des Friedens und der Versöhnung in dem Land bekannt. Der Erzbischof von Ouagadougou in Burkina Faso war jahrelang nationaler Leiter der päpstlichen Missionswerke dort und ist u.a. im Dialog mit den Muslimen sehr aktiv. Überhaupt kann man sehen, dass viele der neuen Kardinäle vor allem der Südhalbkugel der Welt sehr krisenerprobt sind und sich auch besonders für Menschen am Rande einsetzen: Ricardo Ezzati Andrello von Santiago de Chile hat z.B. viel für die Ureinwohner in seinem Land getan, Kelvin Edward Felix von St. Lucia ist so was wie ein Pastoralpionier in der Karibik und Leopoldo Jose Brenes Solorzano von Managua bezieht immer wieder Stellung auch zu politischen Fragen wie Gewalt und dem Schicksal der Migranten – um nur ein Paar Beispiel zu nennen.“

Was waren denn die größten Überraschungen bei den Ernennungen, was war dagegen vielleicht zu erwarten?

„Haiti bekommt zum ersten Mal einen Kardinal! Chibly Langlois ist mit 55 noch recht jung und obendrein kein Erzbischof einer Hauptstadtdiözese. Das ist eine absolute Premiere und Zeichen dafür, dass dem Papst diese sehr arme und zuletzt durch Naturkatastrophen gebeutelte Region am Herzen liegt. Aufmerken lässt auch, dass bei diesem Konsistorium ein Paar traditionelle Kardinalssitze leer ausgehen, dafür aber zum Beispiel die Universitätsstadt Perugia einen Kardinal bekommt: Erzbischof Gualtiero Bassetti, der im Dezember schon auf Wunsch des Papstes in die Bischofskongregation berufen wurde.

Vier Vatikan-Männer werden ebenfalls Kardinäle. Gibt es da Überraschungen?

Ja und nein. Bestimmte Führungsämter sind seit jeher mit dem Kardinalsrang verbunden. Das gilt für Präfekten vatikanischer Kongregationen, in diesem Fall der Glaubenskongregation und der Kleruskongregation, also die Erzbischöfe Müller und Stella, die beide Kardinäle werden. Auch der päpstliche Staatssekretär ist immer ein Kardinal, und folgerichtig erhält nun Erzbischof Pietro Parolin den roten Hut. Aber die vierte vatikanische Kardinalserhebung ist eine Premiere: Noch nie war der Generalsekretär der Bischofssynode ein Kardinal. Erzbischof Baldisseri wird der erste. Und im Gegenzug ist einer leer ausgegangen. Traditionell sind nämlich auch die päpstlichen Bibliothekare Kardinäle. Der französische Dominikaner Jean-Louis Brugues, der dieses Amt innehat, ist aber zumindest in dieser Runde nicht dabei.
Geben die Ernennungen eigentlich auch Hinweise auf die Kurienreform?

„Franziskus hatte ja mehrfach deutlich gemacht, dass er sich gern beraten lässt und dass er auch bei Entscheidungen mehr Kollegialität will. Vor dem Hintergrund soll die Bischofssynode möglicherweise zu einer ständigen Einrichtung werden, heißt es, und deshalb die Erhebung in den Kardinalstand für Erzbischof Baldisseri. Ältester Kardinal der Weltkirche wird der frühere Papstsekretär Loris Francesco Capovilla. Der 98-Jährige assistierte Papst Johannes XXIII., den Franziskus ja in diesem Jahr noch heiligspricht – das gegenüber dem Papst, der das Konzil einberufen hat, eine weitere posthume Ehrenbezeugung. Franziskus schätzt Johannes XXIII. sehr.“
(rv)

Papst erinnert zukünftige Kardinäle an Demut

Papst Franziskus„Die Kardinalswürde ist keine Beförderung, weder eine Ehre noch eine Zierde. Sie ist schlicht ein Dienst, der danach verlangt, den Blick zu weiten und das Herz zu öffnen.“ Das schreibt Papst Franziskus in einem auf den 12. Januar datierten Brief an die 19 von ihm neu benannten Kardinäle, den der Vatikan an diesem Montag veröffentlichte.

Lesen Sie den Volltext im Folgenden in einer deutschen Arbeitsübersetzung.

Lieber Bruder,

an dem Tag, an dem deine Benennung zum Teil des Kardinalskollegiums bekannt wird, möchte ich dir einen freundlichen Gruß ausrichten und dich meiner Nähe und meines Gebetes versichern. Ich wünsche mir, dass du mir als Teil der Kirche Roms, ausgestattet mit den Tugenden Jesu (vgl. Röm 13, 14), mit brüderlicher Wirksamkeit in meinem Dienst an der universellen Kirche helfen kannst.

Die Kardinalswürde ist keine Beförderung, weder eine Ehre noch eine Zierde. Sie ist schlicht ein Dienst, der danach verlangt, den Blick zu weiten und das Herz zu öffnen. Und dieses Weiter-Sehen- und Universeller-Lieben-Können, mit größerer Intensität, kann man, obwohl das paradox scheint, nur erreichen, indem man dem Weg des Herrn folgt: den Weg des Sich-Kleinmachens und der Demut, wie ein Sklave zu werden (vgl. Phil 2, 5-8). Deshalb bitte ich dich mit Nachdruck, diese Ernennung mit einem einfachen und demütigen Herzen zu empfangen. Und auch wenn du (diese Nachricht, Anm.) mit Wonne und Freude aufnehmen solltest, passe auf, dass dieses Gefühl weit entfernt ist von jedem Ausdruck der Weltlichkeit, von jedem Feiern, dass dem evangelischen Geist der Schlichtheit, Genügsamkeit und Armut nicht entspricht.

Auf Wiedersehen also bis zum 20. Februar, wenn wir zwei Tage der Reflektion über die Familie beginnen. Ich stehe dir zur Verfügung und bitte dich, für mich zu beten und für mich beten zu lassen.

Jesus möge dich segnen und die Heilige Jungfrau dich schützen.

Brüderlich, Franziskus (rv)

Vatikan: Gerhard Ludwig Müller zum Kardinal ernannt

Erzbischof Gerhard Ludwig MüllerErzbischof Gerhard Ludwig Müller ist in den Kardinalsstand erhoben worden. Am Ende des Angelusgebets am Sonntag teilte Franziskus die Namen der 19 neuen Kardinäle mit, die er beim Konsistorium am 22. Februar kreieren will. Mit dabei der aus Mainz stammende frühere Bischof von Regensburg und derzeitige Präfekt der Glaubenskongregation. Außerdem ernannte Franziskus u.a. den Staatssekretär Pietro Parolin zum Kardinal und den Erzbischof von Westminster Vincent Nichols. Auch der Generalsekretär der Bischofssynode Erzbischof Baldisseri ist unter den Ernannten.
Ein Viertel der wahlberechtigten Kardinäle gehören der römischen Kurie an, alle anderen sind Ortsbischöfe, viele von ihnen von der Südhalbkugel der Welt: 2 Kardinäle stammen aus Europa, 3 aus Nord- und Mittelamerika, 3 aus Südamerika, 2 aus Afrika und 2 aus Asien. Interessant: Perugia und Cotabato (Philippinen) sind traditionell keine Kardinalssitze.
Franziskus führt auch die Tradition weiter, verdiente Kirchenmännern über 80 Jahren in den Kardinalsstand zu erheben: drei der 19 neu ernannten Kardinäle sind nicht mehr wahlberechtigt. Unter ihnen Erzbischof Capovila (98), der einst Privatsekretär von Papst Johannes XXIII. war.

Hier die Namen der neuen Kardinäle:

1 Pietro Parolin, Titularerzbischof von Acquapendente, Staatssekretär.

2 Lorenzo Baldisseri, Titularerzbischof von Diocleziana, Generalsekretär der Bischofssynode.
3 Gerhard Ludwig Műller, Erzbischof emeritierter Bischof von Regensburg, Präfekt der Glaubenskongregation.
4 Beniamino Stella, Titularerzbischof von Midila, Prefetto der Kleruskongregation.
5 Vincent Nichols, Erzbischof von Westminster (Großbritannien).
6 Leopoldo José Brenes Solórzano, Erzbischof von Managua (Nicaragua).
7 Gérald Cyprien Lacroix, Erzbischof von Québec (Kanada).
8 Jean-Pierre Kutwa, Erzbischof von Abidjan (Costa d’Avorio).
9 Orani João Tempesta, O.Cist., Erzbischof von Rio de Janeiro (Brasilien).
10 Gualtiero Bassetti, Erzbischof von Perugia-Città della Pieve (Italien).
11 Mario Aurelio Poli, Erzbischof von Buenos Aires (Argentinien).
12 Andrew Yeom Soo jung, Erzbischof von Seoul (Korea).
13 Ricardo Ezzati Andrello, S.D.B., Erzbischof von Santiago de Chile (Chile).
14 Philippe Nakellentuba Ouédraogo, Erzbischof von Ouagadougou (Burkina Faso).
15 Orlando B. Quevedo, O.M.I., Erzbischof von Cotabato (Philippinen).
16 Mons. Chibly Langlois,Bischof von Les Cayes (Haïti).

Außerdem ernannte der Papst einige emeritierte Bischöfe zu Kadinälen, die sich “durch ihren Dienst am Heiligen Stuhl oder der Kirche ausgezeichnet haben":

1 Loris Francesco Capovilla, Titularerzbischof von Mesembria. (früherer Privatsekretär von Johannes XXIII.)
2 Fernando Sebastián Aguilar, C.M.F., em. Erzbischof von Pamplona (Spanien).
3 Kelvin Edward Felix, em. Erzbischof von Castries (Antillen).
(rv)

Vatikan dementiert Pressebericht zum Fall Wesolowski

Pater Lombardi PressekonferenzDer Vatikan hat Presseberichte dementiert, dass er einen unter Verdacht des Kindesmissbrauchs stehenden ehemaligen Nuntius nicht an dessen Heimatland Polen ausliefern wolle. Die Staatsanwaltschaft Warschau habe von der Nuntiatur in Polen lediglich „einige Informationen bezüglich des Status des ehemaligen Nuntius der Dominikanischen Republik Jozef Wesolowski“ haben wollen, so Vatikansprecher Federico Lombardi in einer Erklärung von diesem Samstag. Man könne also „absolut nicht von einem Auslieferungsantrag“ sprechen, stellte der Sprecher klar. Die Nuntiatur habe über den diplomatischen Status von Wesolowski und seinen aktuellen Wohnsitz Auskunft gegeben, so Lombardi weiter. Es laufe eine Untersuchung der Glaubenskongregation zu Wesolowski, bestätigte Lombardi weiter. Ein Ergebnis liege aber noch nicht vor. Da der ehemalige Nuntius der Dominikanischen Republik als Diplomat „auch vatikanischer Staatsbürger“ sei, sei die Justiz des Vatikanstaates für das Strafverfahren zuständig, so Lombardi. Wesolowski steht unter Verdacht, sieben Kinder sexuell missbraucht zu haben. Papst Franziskus hatte den polnischen Erzbischof nach Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend von seinen Aufgaben entbunden. (rv)
 

Papst freut sich über Hilfsprojekt in Argentinien

ArgentinienPositive Nachrichten aus der Heimat für Papst Franziskus: Ein Hilfsprojekt im nordwestlichen Argentinien läuft gut an. Überbracht wurde die frohe Botschaft von einem Deutschen: Werner Stalder, Beauftragter der Aktion Añatuya der katholischen Kirchengemeinde Sankt Antonius Nütterden. Stalder traf Papst Franziskus am Mittwoch bei der Generalaudienz und am Donnerstag bei der Morgenmesse. Bei dieser Gelegenheit informierte er Franziskus über das Hilfsprojekt der Gemeinde am Niederrhein für die Stadt Añatuya im nordwestlichen Argentinien, Provinz Santiago del Estero.

Im Gespräch mit Radio Vatikan erklärt Stalder, dass in dem armen Bistum Añatuya Zisternen für sauberes Trinkwasser gebaut werden und auch Steinhäuser, denn die Menschen wohnen in Hütten mit einem Dach aus Lehm und Stroh, das eine große Gefahr birgt: Dort nisten Wanzen, die nachts auf die Menschen fallen, und ein Sekret absondern, das in die Blutbahnen der Menschen geht. So werden Herz- und Lungenbeschwerden verursacht, die zum Tod führen können.

Die Gemeinde vom Niederrhein versorgt die Menschen im fernen Argentinien mit finanziellen Mitteln, einem tüchtigen Baumeister und Material für die Häuser. Nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ packen dann die Familien vor Ort mit an. Franziskus kennt die Situation dort übrigens, da er Añatuya früher selbst besuchte, dort zum Beispiel die Kommunion austeilte. Bei seiner Begegnung mit dem Papst übereichte Stalder ein Buch zum Hilfsprojekt und ein Foto des Gründerbischofs der Diözese Añatuya, Jorge Gottau. Papst Franziskus hatte, noch als Kardinal von Buenos Aires, den Seligsprechungsprozess für diesen Bischof eingeleitet. Die Freude über diese „schönen Erinnerungsstücke“, wie Franziskus wörtlich sagte und über die guten Nachrichten war groß, berichtet Stalder – am Ende der Begegnung habe der Papst ihn sogar umarmt. (rv)

Jesuit: Franziskus‘ Kommunikationsstil ist „offener Dialog“

La Civilta Cattolica„Der Dialog muss offen bleiben, wie das Herz des Menschen.“ Das ist für den italienischen Jesuiten Antonio Spadaro Franziskus‘ Kommunikationsanliegen. Ausgehend vom jüngsten Gespräch des Papstes mit Ordensoberen Ende November in Rom, das Spadaro für seine Zeitschrift „La Civiltà Cattolica“ dokumentierte, analysiert er den Ansatz des Papstes, Fragen zu stellen statt Antworten zu geben.
Ein Beispiel des Papstes im Gespräch mit den Ordensoberen hatte in der italienischen Presse für Verwirrung gesorgt. Der Papst hatte dazu aufgerufen, die Herausforderung einer wachsenden Zahl schwieriger familiärer Situationen in den Blick zu nehmen. Als Beispiel hatte er auf ein Mädchen in Argentinien verwiesen: „Ich erinnere mich an den Fall eines sehr traurigen Mädchens, das seiner Lehrerin den Grund seines Gemütszustandes verriet: ,Die Partnerin meiner Mutter mag mich nicht‘, sagte es. Der Anteil von Schulkindern mit geschiedenen Eltern ist äußerst groß.“ Diese Äußerung des Papstes wurde von einigen italienischen Medien fälschlicherweise so interpretiert, als ob der Papst damit homosexuelle Partnerschaften befürworte. Spadaro plädiert dafür, die Worte des Papstes nicht vorschnell einzuordnen:
„Der Papst hat (mit diesem Beispiel, Anm.) auf eine sehr große Herausforderung verwiesen. In solchen Fällen besteht immer die Gefahr des Missverständnisses, man muss vorsichtig sein.“
Dass der Papst hier selbst kein Urteil über die Situation des Mädchens gegeben, sondern diese nur beschrieben hat, wertet Spadaro als Ansatz einer offenen Kommunikation:
„Franziskus regt auf diese Weise unsere Intelligenz an, er gibt uns nicht direkt die Lösung. Hier ist sein Hauptanliegen – wie in Evangelii gaudium – Fragen zu stellen, Herausforderungen zu benennen, eine Debatte anzuregen. Das ist ein dialogischer Stil, der darauf abzielt, das Gewissen des Menschen einzubeziehen, und das kann auch zu Missverständnissen führen. Doch wenn man versucht, den vom Papst begonnenen Diskurs sofort abzuschließen, indem man seine Worten starr interpretiert, sie es von rechts oder links, irrt man. Das Gespräch muss offen bleiben, wie das Herz des Menschen.“
In der Tat hatte Franziskus in seinem Gespräch mit den Ordensoberen darauf bestanden, dass es im Wirken der Kirche auch einer neuen Sprache bedarf – vor allem im Umgang mit der Jugend. Das Verständnis des Menschen sei heute ein anderes als früher, erinnert Spadaro. Das hat Papst Franziskus verstanden. Spadaro:

„Die große Tradition und das große Wissen der Kirche müssen dem Menschen von heute in einer Sprache und Form vermittelt werden, die den Menschen und sein Leben betreffen. Eine Botschaft zu verkünden, die nur über große Prinzipien spricht, riskiert, den Menschen mit all seinen Problemen nicht einzubeziehen. Das ist für die Kirche also eine positive Herausforderung: Wie das Evangelium heute verkünden?“

Mit seiner Vision von einer Evangelisierung, die bis an die Ränder der Gesellschaften und der menschlichen Existenz vordringen muss, stehe Franziskus in einer Linie mit Papst Paul VI., führt Spadaro aus:

„Es ist eine dynamische, komplexe Vision. Wer nur wenige klare Prinzipien braucht, den wird sie enttäuschen. Doch die Herausforderungen, dem Menschen von Heute das Evangelium zu verkünden, sind wirklich groß. Und der Papst lädt uns dazu ein, die gesamte Menschheit zu umarmen. Er sagt uns, dass wir uns anstrengen müssen, unsere Mitmenschen zu verstehen, weil das Evangelium wirklich etwas Kostbares ist. Franziskus legt darauf Wert, zu unterstreichen, dass seine Botschaft der Liebe alle betrifft, niemand ist davon ausgeschlossen. Erstarrungen nützen hier nicht, ebenso wenig wie Prinzipien anzuhängen, die den Geist, aber nicht das Herz berühren. Es braucht Gesten der Öffnung gegenüber dem Leben.“

Die Rede des Papstes von heilsamer Dezentralisierung, Perspektivenvielfalt und Inklusion dürfte also in besonderer Weise auf die Situation der Gegenwart reagieren. Als Benedikt XVI. zurücktrat, sprach er von einer „Welt, die sich so schnell verändert“ und die „von Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen“ wird. Eine komplexe Wirklichkeit braucht keine schnellen Antworten, sondern vielleicht zunächst einmal die richtigen Fragen, könnte man auch sagen. (rv)

Christenverfolgung verschärft sich weltweit

ChristenverfolgungRund 100 Millionen Christen werden weltweit um ihres Glaubens willen verfolgt. Das geht aus dem an diesem Mittwoch von Open Doors veröffentlichtem Weltverfolgungsindex 2014 hervor. Mit dem Index erfasst und dokumentiert das überkonfessionelle christliche Hilfswerk jährlich neu die Einschränkung der Religionsfreiheit von Christen weltweit. Berichtszeitraum für die aktuelle Veröffentlichung ist November 2012 bis Ende Oktober 2013. Im Gespräch mit Radio Vatikan–Redakteurin Stefanie Stahlhofen erklärt Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland:

„Was vielleicht in der Öffentlichkeit überrascht, ist dass die Christen-Verfolgung doch so dramatisch zugenommen hat: In mehr als zwei Dritteln der Länder, die im vergangenen Jahr in den Weltverfolgungsindex kamen, hat sich die Verfolgung deutlich verschärft.“

Christen sind ihrem Bericht nach die am stärksten verfolgte Glaubensgemeinschaft weltweit – wie erklären Sie sich das und wie erklären Sie sich, dass sich die Verfolgung sogar in einigen Ländern noch verschärft hat?

„Der Grund ist, dass die meisten Christen in islamischen Ländern sind – China lassen wir vorerst außer Betracht. Das bedeutet, dass die Christen innerhalb der Regime der islamischen Länder nicht wirklich Glaubensfreiheit genießen, weil der Islam das nicht zulässt. Würde der Islam das zulassen, könnten Christen ihren Glauben frei bekennen. Der Abfall vom Glauben ist aber für einen Muslim ein todeswürdiges Verbrechen. Deshalb wird den Christen untersagt, mit Muslimen über Ihren Glauben zu sprechen. In einigen Ländern ist der islamische Extremismus, der deutlich aufblüht, eine der Haupttriebfedern für eine zunehmende Verfolgung."

In welchen Ländern, zum Beispiel?

„Da sind besonders die Länder des arabischen Frühlings. Eines der größten Negativbeispiele ist Syrien. Das war im vergangenen Jahr auf Platz elf des Weltverfolgungsindex, jetzt ist es auf Platz drei – weil es dort mittlerweile einen regelrechten Religionskrieg gibt. So sind zum Beispiel Djihadisten aus verschiedenen Ländern angerückt, um aus Syrien einen islamischen Staat zu machen, in dem Christen keinen Platz haben. Insofern gib es gezielte Massaker an Christen in erheblichem Umfang.“

Wie zuverlässig sind Ihre Zahlen?

„Es ist natürlich nie so, dass man ein komplettes Bild hat, besonders in Ländern, in denen Christen aufgrund der Verfolgung in den Untergrund abtauchen müssen. Unser Vorteil ist, dass wir schon seit 59 Jahren in diesen Ländern aktiv sind und somit enge Beziehungen auch zu den Untergrundchristen habe. Wir bekommen also unsere Informationen aus erster Hand. Außerdem wirken Experten, Religionswissenschaftler bei der Methodik mit. Ein unabhängiges Institut für Religionsfreiheit entwickelt unseren Bericht mit. Von daher denken wir, dass unsere Hintergrundinformationen gut sind und die Zahlen solide. Es wird aber immer eine Dunkelziffer geben, denn wir können nicht in die nordkoreanischen Arbeitslager direkt reinschauen…“

Nordkorea steht immer noch an der Spitze Ihres Index, denken Sie, da wird sich irgendwann einmal etwas ändern?

„Seit zwölf Jahren steht das Land jetzt an der Spitze, dort gibt es die härteste Christenverfolgung. Die Christen selber in Nordkorea bitten uns ums Gebet. Sie sagen immer wieder, betet für uns, damit wir im Glauben das durchhalten, was uns angetan wird. Politisch sehen wir im Moment keine besondere Perspektive, was aber nicht heißt, dass es auch hier Überraschungen geben kann, wie man es ja auch gesehen hat durch den arabischen Frühling. Allerdings ist die Lage in Nordkorea noch einmal erheblich schwieriger, denn die Machtverhältnisse sind so etabliert und die Bevölkerung ist so schwach, dass wir uns einen wirklichen Aufstand der Bevölkerung gegen dieses diktatorische Regime kaum vorstellen können.“

Was ist Ihr Fazit, welche Forderung stellen Sie nach der Veröffentlichung Ihres Berichts?

„Ganz wichtig ist, dass bei dieser unbeschreiblich großen Dimension von Christenverfolgung und Gewalt gegen Christen das Thema viel stärker in die Öffentlichkeit kommt. Dann erwarten wir uns natürlich auch, dass Politiker, Kirchen und auch die Medien noch stärker reagieren. Ganz besonders appellieren wir an die Politik. Wir sind dankbar für die Unterstützung der deutschen Bundesregierung, das haben wir noch nie so stark erlebt. Auch im Koalitionsvertrag wurden die Unterstützung und der Einsatz für verfolgte Christen sogar benannt, das ist ein großer Schritt nach vorne. Wir rufen aber auch sehr stark die Kirchen auf, besonders die Christen, sich noch mehr aktiv für ihre verfolgten Glaubensgeschwister einzusetzen.“

Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland zum an diesem Mittwoch veröffentlichten Index zur Christenverfolgung auf der Welt. Den vollständigen Bericht gibt es im Internet: weltverfolgungsindex.de. (rv)

Papst: Weniger kirchliche Ehrentitel

Papst FranziskusZukünftig wird es in den Diözesen nur noch einen kirchlichen Ehrentitel geben, der mit der Anrede „Monsignore“ verknüpft ist. Diese offizielle Bestätigung gab das vatikanische Staatssekretariat an diesem Dienstag bekannt. Vergeben werde ab sofort nur noch der Titel „Kaplan seiner Heiligkeit“ und das auch nur für Priester, die ihr 65. Lebensjahr vollendet haben, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. Auf alle bisherigen vergebenen Titel habe dies jedoch keinen Einfluss; auch gelte weiterhin die Anrede „Monsignore“ für Mitarbeiter in wichtigen Positionen, wie zum Beispiel für den Bischof oder Generalvikar im Bistum. Im Bereich der römischen Kurie gebe es keine Änderungen, auch dort gelte weiterhin die Anrede „Monsignore“, da sie mit den ausgeübten Aufgaben verbunden sei. Keine Neuigkeiten gibt es bezüglich der Ehrentitel für Laien. Die Entscheidung des Papstes, die kirchlichen Ehrentitel zu verringern entspricht der Ankündigung von Franziskus, einige Dinge zu vereinfachen. Zudem steht der Papst damit in der Tradition Paul VI.: Der hatte bereits 1968 eine Vielzahl kirchlicher Ehrentitel auf drei reduziert. (rv)
 

Papst schränkt Vergabe von Ehrentiteln ein

Radio VatikanRadio Vatikan berichtet unter Berufung auf das Internetportal "Vatican Insider" und der Nachrichtenagentur KNA:
"Papst Franziskus hat nach Informationen des Internetportals „Vatican Insider“ die Verleihung geistlicher Ehrentitel an Priester erheblich eingeschränkt. Laut dem Bericht vom Samstag hat der Papst zwei der bislang drei Rangstufen ganz abgeschafft. Betroffen seien der bislang ranghöchste Ehrentitel „Apostolischer Protonotar“ und der „Ehrenprälat seiner Heiligkeit“, dessen Träger im deutschen Sprachraum landläufig als „Prälat“ bezeichnet werden. Künftig werde nur noch der Ehrentitel „Kaplan seiner Heiligkeit“ vergeben, die bislang unterste Rangstufe. Im Deutschen werden diese Geistlichen als „Monsignore“ angeredet. Dieser Ehrentitel soll nach dem Bericht allerdings nur noch an verdiente Priester verliehen werden, die älter als 65 Jahre seien.
Die bereits vergebenen Ehrentitel behalten ihre Gültigkeit, schreibt „Vatican Insider“ unter Berufung auf einen Brief des Apostolischen Nuntius in Großbritannien an die Bischöfe des Landes. Die Ehrentitel werden auf Vorschlag des Ortsbischofs vom Papst verliehen. Sie haben rein repräsentativen Charakter. Das vatikanische Staatssekretariat habe die Nuntien aufgefordert, die neue Regelung den Bischöfen des jeweiligen Landes mitzuteilen.
Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte Franziskus die Verleihung solcher Ehrentitel vorläufig ausgesetzt. Der Papst prangert immer wieder Karrieredenken und eine Fixierung auf Äußerlichkeiten unter Priestern an." (rv)

Papst reist vom 24. bis 26. Mai ins Heilige Land

Israel Der Papst hat an diesem Sonntag das genaue Datum und Programmpunkte seiner Reise ins Heilige Land bekanntgegeben. Die Reise, die den Papst nach Jordanien, Israel und in die Palästinensergebiete führen wird, ist Franziskus' zweite Auslandsreise. Der Papst sagte nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz:

„In der Atmosphäre der Freude, die für diese Weihnachtszeit typisch ist, möchte ich bekanntgeben, dass ich vom kommenden 24. bis 26. Mai, so Gott will, eine Pilgerreise ins Heilige Land unternehmen werde. Hauptziel ist dabei, an das historische Treffen zwischen Papst Paul VI. und dem Patriarchen Athenagoras zu erinnern, das wie heute an einem 5. Januar stattfand, vor genau 50 Jahren. Die Tappen (der Reise) werden drei sein: Amman, Bethlehem und Jerusalem. Drei Tage. In der Grabeskirche werden wir ein ökumenisches Treffen mit allen Vertretern der christlichen Kirchen Jerusalems abhalten, zusammen mit Patriarch Bartolomaios von Konstantinopel. Ich bitte euch, schon ab jetzt für diese Wallfahrt zu beten, die eine Wallfahrt des Gebetes sein wird.“

Die Jerusalemer Begegnung zwischen Paul VI. und Bartholomaios‘ Vorgänger Athenagoras im Januar 1964 hatte zu einem Durchbruch in den Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel geführt. Papst Paul VI. gab Athenagoras als Nachfolger des Apostels Andreas bei dieser Gelegenheit die Kopfreliquie des Apostels zurück. Diese war zuvor eine der vier Hauptreliquien in den vier Pfeilern des Petersdomes gewesen. Kreuzfahrer hatten sie 1204 in Konstantinopel entwendet.

Franziskus dankte nach dem Angelus-Gebet weiter für die zahlreichen Briefe, die er anlässlich der Weihnachts- und Neujahrsfeierlichkeiten erhalten hat:

„Es ist unmöglich, auf alle zu antworten! Doch ich möchte von Herzen den Kindern danken, für ihre schönen Zeichnungen – die sind wirklich schön, schön, schön! Dank also zuerst an die Kinder, dann an die Jugend, die Alten, die Familien, die Gemeinden und Ordensgemeinschaften, die Vereine, Bewegungen und verschiedenen Gruppen, die mir gegenüber Zuneigung und Nähe zum Ausdruck gebracht haben. Ich bitte alle, weiter für mich zu beten – das brauche ich – und für den Dienst an der Kirche. Danke!“ (rv)