Katholische Bildung ist Erziehung zur Toleranz

Kardinal GrocholewskiKatholische Schulen sind en vogue – weltweit, überraschenderweise auch und gerade im säkularisierten Europa. Katholische Bildung ist immer mehr dazu aufgerufen, Bildung zum Dialog mit anderen zu sein: mit Nichtglaubenden und mit Angehörigen anderer Religionen, Kulturen und Völker. Zu diesem Zweck hat die vatikanische Bildungskongregation soeben ein Dokument vorgelegt. Es trägt den Titel „In der katholischen Schule zum interkulturellen Dialog erziehen – gemeinsam leben für die Zivilisation der Liebe“. Dazu Angelo Vincenzo Zani, Sekretär der vatikanischen Bildungskongregation:

„Die Realität, in der wir heutzutage leben, ist normalerweise interkulturell. Wir wollen unsere Schulen nicht aus dem kulturellen Umfeld herausnehmen, das ja vorhanden ist. Nun pflegen wir aber an unseren Schulen natürlich die christliche Sicht auf die Erziehung. Unserer Vorstellung nach ist der Mensch dazu gemacht, sich mit anderen Situationen als seiner eigenen auseinanderzusetzen. So ist die interkulturelle Erziehung, die wir an katholischen Schulen bieten, einerseits eine Antwort auf die Lage von heute. Andererseits ist dies wirklich eine große Hilfe, die wir allen Menschen geben, um sich als Person und als Bürger in ihrem jeweiligen Umfeld zu verwirklichen.“

Genau das sei auch die große Herausforderung der katholischen Bildung heute, so Zani: Die Erziehung, die zur Auseinandersetzung mit Unterschieden und mit Konflikten befähigt. Der vatikanische Bildungsexperte nennt ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit:

„Die Erfahrung von Bosnien Herzegowina. Dort fragten sich am Ende des Balkankriegs die Bischöfe, was sie tun können angesichts einer Lage, in der alle miteinander verfeindet sind und weglaufen aus dem Land. Die Kirche setzte auf Bildung – Bildung, die nicht nur interkulturelle, sondern auch ethnische Gegebenheiten in den Blick nimmt. Also haben die bosnischen Bischöfe eine inter-ethnische Schule eröffnet, und alle sind dort hin gegangen. Das entsprach einem tiefen allgemeinen Bedürfnis, sogar der Staat hat die Bischöfe in Bildungsfragen um Rat gebeten. Heute gibt es acht, neun dieser katholischen Schulen in Bosnien. Ein solches Modell ist im Grund für alle Länder wichtig. Es ist eine Sache, die über die Frage der Schule und der Kirche weit hinausgeht.“

Katholische Identität an katholischen Schulen sei gleichzeitig die Basis der Erziehung, hielt Zani fest. Ohne Identität kein Dialog.

„Religion berührt die Identität der Person, das geht weit über das Soziologische hinaus. Man darf die Identität nicht aufzwingen. Man muss aber Identität schaffen. So legen wir die Basis für eine echte Gemeinschaft inmitten aller Unterschiede.“

Ein Ansatz, der offenbar attraktiv ist. Zwischen 2008 und 2011 sind weltweit mehr als 6.000 neue katholische Schulen hinzugekommen, gab der Präfekt der Bildungskongregation, Kardinal Zenon Grocholwski bekannt. Dieser würdigte am Rand der Vorstellung des Dokuments am Donnerstag im Vatikan die 16-jährige Pakistanerin Malala Yousafazi. Das Mädchen, das im November den diesjährigen Sacharow-Preis für geistige Freiheit des EU-Parlaments entgegennahm, musste für ihre Schulbildung teuer bezahlen. Im Swat-Tal Pakistans, wo die radikalislamischen Taliban Mädchen den Schulbesuch verwehren, überlebte sie im Oktober 2012 einen Mordanschlag. Malala zeige, dass „ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und ein Stift die Welt verändern können“, zitierte Kardinal Grocholewski die Worte des Mädchens. Ihre Botschaft habe auch für die kirchlichen Schulen große Relevanz.  (rv)

Kardinal Koch bei Patriarch Kyrill: „Wir brauchen noch Zeit“

Kard_KochDen russisch-orthodoxen Patriarch Kyrill begeistert das Pontifikat von Papst Franziskus. Das sagte der Moskauer Patriarch dem vatikanischen Ökumeneverantwortlichen Kardinal Kurt Koch diese Woche in der russischen Hauptstadt. Der Schweizer Kurienkardinal traf am Mittwoch und Donnerstag bereits zum zweiten Mal das Oberhaupt der russischen Orthodoxie. Im Interview mit Mario Galgano geht Kardinal Koch auf die Themen ein, die er mit Patriarch Kyrill besprochen hat.

„Es ging vor allem natürlich um die allgemeine Beziehung zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche. Wir haben aber auch über die theologischen Gespräche beraten und wie es weitergehen kann. Ein weiteres Thema war die Herausforderung der heutigen Gesellschaft für die Christen. Der Patriarch und ich haben aber auch über die politische Weltsituation gesprochen. Hierbei hat uns vor allem die Lage in Syrien und allgemein im Nahen Osten sehr beschäftigt.“

Viele erwarten ja, dass bei einem offiziellen Gespräch zwischen einem Vertreter der katholischen und dem Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche ein mögliches Treffen mit dem Papst besprochen wird. Gab es dazu diesmal konkrete Pläne?

„Darüber wird immer wieder gesprochen. Der Verantwortliche für die ökumenischen Beziehungen der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion, hat immer wieder betont, dass es etwas Wichtigeres gibt als das Datum des Treffens, und zwar ist dies die Vorbereitung. Und ich unterstütze diese Haltung. Dazu braucht man auch Zeit.“

Was hat den Patriarch Kyrill konkret über Papst Franziskus gesagt?

„Er ist sehr erfreut über dieses Pontifikat und hat das in seiner ersten Rede auch zum Ausdruck gebracht. Vor allem bewundert er, wie Papst Franziskus die Kirche leitet und seine Art, mit Menschen umzugehen. Kyrill nannte auch die besonderen Akzente, die Papst Franziskus in der Begegnung mit den Armen setzt. Ein weiterer Bereich ist die Haltung des Papstes gegenüber der Familie.“

In Osteuropa ist derzeit vor allem die Lage in der Ukraine sehr angespannt. Dort haben sich sowohl die katholische Kirche als auch die russisch-orthodoxe Kirche zu den politischen Auseinandersetzungen geäußert. War das auch ein Thema, dass Sie mit dem Patriarchen besprochen haben?

„Die Ukraine ist ein Thema, das die russisch-orthodoxe Kirche immer wieder beschäftigt. Vor allem geht es um ihre Sorgen rund um die mit Rom unierte griechisch-katholische Kirche in der Ukraine. Das wurde immer wieder angesprochen. Aber auch die politische Entwicklung in der Ukraine war ein Thema, denn das Land weist gefährlich auf eine Spaltung hin. Das ist eine sehr dringliche Herausforderung.“ (rv)