Erzbischof Müller zur Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene – Volle Fassung

Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, hat sich in einem Artikel für die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano" zur Unauflöslichkeit der Ehe geäußert. Der Text, der im Juni dieses Jahres zuerst in der deutschen „Tagespost" erschien, geht speziell auf die Debatte um die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente ein. Wir dokumentieren Erzbischof Müllers Text hier in voller Länge.

Die Diskussion über die Problematik der Gläubigen, die nach einer Scheidung eine neue zivile Verbindung eingegangen sind, ist nicht neu. Von der Kirche wurde sie immer mit großem Ernst und in helfender Absicht für die betroffenen Menschen geführt. Denn die Ehe ist ein besonders tief in die persönlichen, sozialen und geschichtlichen Gegebenheiten eines Menschen hinabreichendes Sakrament. Aufgrund der zunehmenden Zahl der Betroffenen in Ländern alter christlicher Tradition handelt es sich um ein pastorales Problem von großer Tragweite. Heute fragen sich durchaus gläubige Menschen ernsthaft: Kann die Kirche die wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen nicht unter bestimmten Bedingungen zu den Sakramenten zulassen? Sind ihr in dieser Angelegenheit für immer die Hände gebunden? Haben die Theologen wirklich schon alle diesbezügliche Implikationen und Konsequenzen frei gelegt?

Diese Fragen müssen im Einklang mit der katholischen Lehre über die Ehe erörtert werden. Eine verantwortungsvolle Pastoral setzt eine Theologie voraus, die sich „dem sich offenbarenden Gott mit Verstand und Willen voll unterwirft und seiner Offenbarung willig zustimmt" (II. Vatikanisches Konzil, Konstitution Dei Verbum, Nr. 5). Um die authentische Lehre der Kirche verständlich zu machen, müssen wir vom Wort Gottes ausgehen, das in der Heiligen Schrift enthalten, in der kirchlichen Tradition ausgelegt und vom Lehramt verbindlich interpretiert wird.

Das Zeugnis der Heiligen Schrift

Es ist nicht unproblematisch, unsere Frage unvermittelt in das Alte Testament hineinzutragen, weil damals die Ehe noch nicht als Sakrament betrachtet wurde. Das Wort Gottes im Alten Bund ist aber insofern für uns von Bedeutung, als Jesus in dieser Tradition steht und von ihr her argumentiert. Im Dekalog steht das Gebot „Du sollst nicht die Ehe brechen!" (Ex 20,14), an anderer Stelle wird eine Ehescheidung aber als möglich angesehen. Mose bestimmt nach Dtn 24,1-4, dass ein Mann seiner Frau eine Scheidungsurkunde ausstellen und sie aus seinem Haus entlassen kann, wenn sie nicht mehr sein Wohlgefallen findet. Im Anschluss daran können Mann und Frau eine neue Ehe eingehen. Neben dem Zugeständnis der Scheidung findet sich im Alten Testament aber auch ein gewisses Unbehagen gegenüber dieser Praxis. Wie das Ideal der Monogamie, so ist auch das Ideal der Unauflöslichkeit in dem Vergleich enthalten, den die Propheten zwischen dem Bund Jahwes mit Israel und dem Ehebund anstellen. Der Prophet Maleachi bringt dies deutlich zum Ausdruck: „Handle nicht treulos an der Frau deiner Jugend…, mit der du einen Bund geschlossen hast" (Mal 2,14-15).

Vor allem Kontroversen mit den Pharisäern waren für Jesus Anlass, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Er distanzierte sich ausdrücklich von der alttestamentlichen Scheidungspraxis, die Mose gestattet hatte, weil die Menschen „so hartherzig" waren, und verwies auf den ursprünglichen Willen Gottes: „Am Anfang der Schöpfung… hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen" (Mk 10,5-9; vgl. Mt 19,4-9; Lk 16,18). Die katholische Kirche hat sich in Lehre und Praxis stets auf diese Worte Jesu über die Unauflöslichkeit der Ehe bezogen. Das Band, das die beiden Ehepartner innerlich miteinander verbindet, ist von Gott selbst gestiftet. Es bezeichnet eine Wirklichkeit, die von Gott kommt und deshalb nicht mehr in der Verfügung der Menschen steht.

Heute meinen einige Exegeten, diese Herrenworte seien schon in apostolischer Zeit mit einer gewissen Flexibilität angewandt worden: und zwar bei porneia/Unzucht (vgl. Mt 5,32; 19,9) und im Fall der Trennung zwischen einem christlichen und einem nicht christlichen Partner (vgl. 1 Kor 7,12-15). Die Unzuchtsklauseln wurden freilich in der Exegese von Anfang an kontrovers diskutiert. Viele sind der Überzeugung, dass es sich dabei nicht um Ausnahmen von der Unauflöslichkeit der Ehe, sondern um ungültige eheliche Verbindungen handle. Jedenfalls kann die Kirche ihre Lehre und Praxis nicht auf umstrittene exegetische Hypothesen aufbauen. Sie muss sich an die klare Lehre Christi halten.

Paulus verkündet das Verbot der Scheidung als ausdrücklichen Willen Christi: „Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen – wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann –, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen" (1 Kor 7,10-11). Zugleich lässt er auf Grund eigener Autorität zu, dass sich ein Nichtchrist von seinem christlich gewordenen Partner trennen kann. In diesem Fall ist der Christ „nicht gebunden", unverheiratet zu bleiben (1 Kor 7,12-16). Ausgehend von dieser Stelle erkannte die Kirche, dass nur die Ehe zwischen einem getauften Mann und einer getauften Frau Sakrament im eigentlichen Sinn ist und nur für diese die unbedingte Unauflöslichkeit gilt. Die Ehe von Ungetauften ist zwar auf die Unauflöslichkeit hingeordnet, kann aber unter Umständen – eines höheren Gutes wegen – aufgelöst werden (Privilegium Paulinum). Es handelt sich hier also nicht um eine Ausnahme vom Herrenwort. Die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe, der Ehe im Raum des Christusmysteriums, bleibt gewahrt.

Von großer Bedeutung für die biblische Grundlegung des sakramentalen Eheverständnisses ist der Epheserbrief, in dem es heißt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat" (Eph 5,25). Und etwas weiter schreibt der Apostel: „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche" (Eph 5,31-32). Die christliche Ehe ist ein wirksames Zeichen des Bundes zwischen Christus und der Kirche. Weil sie die Gnade dieses Bundes bezeichnet und mitteilt, ist die Ehe zwischen Getauften ein Sakrament.

Das Zeugnis der kirchlichen Tradition

Für die Herausbildung der kirchlichen Position bilden sodann die Kirchenväter und die Konzilien wichtige Zeugnisse. Für die Väter sind die biblischen Weisungen bindend. Sie lehnen die staatlichen Ehescheidungsgesetze als mit der Forderung Jesu unvereinbar ab. Die Kirche der Väter hat Ehescheidung und Wiederheirat zurückgewiesen, und zwar aus Gehorsam gegenüber dem Evangelium. In dieser Frage ist das Zeugnis der Väter eindeutig.

In der Väterzeit wurden geschiedene Gläubige, die zivil wieder geheiratet haben, auch nicht nach einer Bußzeit zu den Sakramenten zugelassen. Einige Vätertexte lassen wohl erkennen, dass Missbräuche nicht immer rigoros zurückgewiesen wurden und hin und wieder für sehr seltene Grenzfälle pastorale Lösungen gesucht wurden.

In manchen Gegenden kam es später, vor allem aufgrund der zunehmenden Verflechtung von Staat und Kirche, zu größeren Kompromissen. Im Osten setzte sich diese Entwicklung weiter fort und führte, besonders nach der Trennung von der Cathedra Petri, zu einer immer liberaleren Praxis. Heute gibt es in den orthodoxen Kirchen eine Vielzahl von Scheidungsgründen, die zumeist mit dem Verweis auf die Oikonomia, die pastorale Nachsicht in schwierigen Einzelfällen, gerechtfertigt werden, und den Weg zu einer Zweit- und Drittehe mit Bußcharakter öffnen. Mit dem Willen Gottes, wie er in den Worten Jesu über die Unauflöslichkeit der Ehe eindeutig zum Ausdruck kommt, ist diese Praxis nicht zu vereinbaren. Sie stellt jedoch ein nicht zu unterschätzendes ökumenisches Problem dar.

Im Westen wirkte die Gregorianische Reform den Liberalisierungstendenzen entgegen und stellte die ursprüngliche Auffassung der Schrift und der Väter wieder her. Die katholische Kirche hat die absolute Unauflöslichkeit der Ehe selbst um den Preis großer Opfer und Leiden verteidigt. Das Schisma einer vom Nachfolger Petri abgelösten „Kirche von England" erfolgte nicht aufgrund von Lehrdifferenzen, sondern weil der Papst dem Drängen von König Heinrich VIII. nach Auflösung seiner Ehe aus Gehorsam gegenüber dem Wort Jesu nicht nachkommen konnte.

Das Konzil von Trient hat die Lehre von der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe bestätigt und erklärt, dass diese der Lehre des Evangeliums entspricht (vgl. DH 1807). Manchmal wird behauptet, dass die Kirche die orientalische Praxis faktisch toleriert habe. Das trifft aber nicht zu. Die Kanonisten sprachen immer wieder von einer missbräuchlichen Praxis. Und es gibt Zeugnisse, dass Gruppen orthodoxer Christen, die katholisch wurden, ein Glaubensbekenntnis mit einem ausdrücklichen Verweis auf die Unmöglichkeit von Zweit- und Drittehen zu unterzeichnen hatten.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes über die „Kirche in der Welt von heute" eine theologisch und spirituell tiefe Lehre über die Ehe vorgelegt. Es hält klar und deutlich an der Unauflöslichkeit der Ehe fest. Die Ehe wird verstanden als umfassende leib-geistige Lebens- und Liebesgemeinschaft von Mann und Frau, die sich gegenseitig als Personen schenken und annehmen. Durch den personal freien Akt des wechselseitigen Ja-Wortes wird eine nach göttlicher Ordnung feste Institution begründet, die auf das Wohl der Gatten und der Nachkommenschaft hingeordnet ist und nicht mehr menschlicher Willkür unterliegt: „Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sich-Schenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit" (Nr. 48). Durch das Sakrament schenkt Gott den Gatten eine besondere Gnade: „Wie nämlich Gott einst durch den Bund der Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam, so begegnet nun der Erlöser der Menschen und der Bräutigam der Kirche durch das Sakrament der Ehe den christlichen Gatten. Er bleibt fernerhin bei ihnen, damit die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger Treue lieben, so wie er selbst die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat" (ebd.). Durch das Sakrament enthält die Unauflöslichkeit der Ehe einen neuen, tieferen Sinn: Sie wird zum Bild der beständigen Liebe Gottes zu seinem Volk und der unwiderruflichen Treue Christi zu seiner Kirche.

Man kann die Ehe nur im Kontext des Christusmysteriums als Sakrament verstehen und leben. Wenn man die Ehe säkularisiert oder als bloß natürliche Wirklichkeit betrachtet, bleibt der Zugang zur Sakramentalität verborgen. Die sakramentale Ehe gehört der Ordnung der Gnade an, sie ist hinein genommen in die endgültige Liebesgemeinschaft Christi mit seiner Kirche. Christen sind gerufen, ihre Ehe im eschatologischen Horizont der Ankunft des Reiches Gottes in Jesus Christus, dem Fleisch gewordenen Wort Gottes, zu leben.

Das Zeugnis des Lehramts in der Gegenwart

Das bis heute grundlegende Apostolische Schreiben Familiaris consortio, das Johannes Paul II. am 22. November 1981 im Anschluss an die Bischofssynode über die christliche Familie in der Welt von heute veröffentlichte, bestätigt nachdrücklich die dogmatische Ehelehre der Kirche. Es bemüht sich aber pastoral auch in der Sorge um die zivil wiederverheirateten Gläubigen, die in einer kirchlich gültigen Ehe noch gebunden sind. Der Papst zeigt ein hohes Maß an Sorge und Zuwendung. Die Nr. 84 „Wiederverheiratet Geschiedene" enthält folgende Grundaussagen: 1. Die Seelsorger sind aus Liebe zur Wahrheit verpflichtet, „die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden". Man darf nicht alles und alle gleich bewerten. 2. Die Seelsorger und die Gemeinden sind gehalten, den betroffenen Gläubigen in „fürsorgender Liebe" beizustehen. Auch sie gehören zur Kirche, haben Anspruch auf Seelsorge und sollen am Leben der Kirche teilnehmen. 3. Die Zulassung zur Eucharistie kann ihnen allerdings nicht gewährt werden. Dafür wird ein doppelter Grund genannt: a) „ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht"; b) „ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung". Eine Versöhnung im Bußsakrament, die den Weg zum Eucharistieempfang öffnet, kann es nur geben bei Reue über das Geschehene und „Bereitschaft zu einem Leben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht". Das heißt konkret: Wenn die neue Verbindung aus ernsthaften Gründen, etwa wegen der Erziehung der Kinder, nicht gelöst werden kann, müssen sich die beiden Partner „verpflichten, völlig enthaltsam zu leben". 4. Den Geistlichen wird aus inner sakramenten-theologischen und nicht aus legalistischen Zwang ausdrücklich verboten, für Geschiedene, die zivil wieder heiraten, „irgendwelche liturgische Handlungen vorzunehmen", solange eben die erste sakramental gültige Ehe noch besteht..

Das Schreiben der Glaubenskongregation über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen vom 14. September 1994 bekräftigt, dass die Praxis der Kirche in dieser Frage „nicht aufgrund der verschiedenen Situationen modifiziert werden kann" (Nr. 5). Zudem stellt es klar, dass die betroffenen Gläubigen nicht auf der Basis ihrer eigenen Gewissensüberzeugung zur heiligen Kommunion hinzutreten dürfen: „Im Falle, dass sie dies für möglich hielten, haben die Hirten und Beichtväter… die ernste Pflicht, sie zu ermahnen, dass ein solches Gewissensurteil in offenem Gegensatz zur Lehre der Kirche steht" (Nr. 6). Falls Zweifel über die Gültigkeit einer zerbrochenen Ehe bestehen, müssen diese durch die dafür kompetenten Ehegerichte überprüft werden (vgl. Nr. 9). Von fundamentaler Bedeutung bleibt, „in fürsorgender Liebe alles zu tun, was die Gläubigen, die sich in einer irregulären ehelichen Situation befinden, in der Liebe zu Christus und zur Kirche bestärken kann. Nur so wird es ihnen möglich sein, die Botschaft von der christlichen Ehe uneingeschränkt anzuerkennen und die Not ihrer Situation aus dem Glauben zu bestehen. Die Pastoral wird alle Kräfte einsetzen müssen, um glaubhaft zu machen, dass es nicht um Diskriminierung geht, sondern einzig um uneingeschränkte Treue zum Willen Christi, der uns die Unauflöslichkeit der Ehe als Gabe des Schöpfers zurückgegeben und neu anvertraut hat" (Nr. 10).

In dem nachsynodalen Apostolischen Schreiben Sacramentum caritatis vom 22. Februar 2007 fasst Benedikt XVI. die Arbeit der vorausgegangenen Bischofssynode zum Thema der Eucharistie zusammen und führt sie weiter fort. In Nr. 29 kommt er auf die Situation der wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen zu sprechen. Auch für Benedikt XVI. handelt es sich hierbei um ein „dornenreiches und kompliziertes pastorales Problem". Er bekräftigt „die auf die Heilige Schrift (vgl. Mk 10,2-12) gegründete Praxis der Kirche, zivil wiederverheiratete Geschiedene nicht zu den Sakramenten zuzulassen", beschwört aber die Seelsorger geradezu, den Betroffenen „spezielle Aufmerksamkeit" zu widmen: „in dem Wunsch, dass sie so weit als möglich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an der heiligen Messe, wenn auch ohne Kommunionempfang, das Hören des Wortes Gottes, die eucharistische Anbetung, das Gebet, die Teilnahme am Gemeindeleben, das vertrauensvolle Gespräch mit einem Priester oder einem geistlichen Führer, hingebungsvoll geübte Nächstenliebe, Werke der Buße und den Einsatz in der Erziehung der Kinder". Wenn Zweifel an der Gültigkeit der in Brüche gegangenen ehelichen Lebensgemeinschaft bestehen, sind diese von den zuständigen Ehegerichten sorgsam zu prüfen. Die heutige Mentalität steht dem christlichen Eheverständnis, etwa bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe oder der Offenheit für Kinder, weithin entgegen. Weil viele Christen davon beeinflusst werden, sind in unseren Tagen Ehen wahrscheinlich häufiger ungültig als früher, weil es am Ehewillen im Sinn der katholischen Ehelehre mangelt und die Sozialisation im gelebten Raum des Glaubens zu gering ist. Darum ist eine Überprüfung der Gültigkeit der Ehe wichtig und kann zu einer Lösung von Problemen führen. Wo eine Ehenichtigkeit nicht festgestellt werden kann, setzen die Lossprechung und der Kommunionempfang gemäß der bewährten kirchlichen Praxis ein Zusammenleben „als Freunde, wie Bruder und Schwester" voraus. Segnungen von irregulären Verbindungen sind „in jedem Fall zu vermeiden…, damit unter den Gläubigen keine Verwirrungen in Bezug auf den Wert der Ehe aufkommen". Die Segnung (bene-dictio: Gutheißung von Gott her) einer Beziehung, die dem Willen Gottes entgegensteht, ist ein Widerspruch in sich.

In seiner Predigt beim VII. Weltfamilientreffen in Mailand am 3. Juni 2012 kam Benedikt XVI. wiederum auf dieses schmerzliche Problem zu sprechen: „Ein Wort möchte ich auch den Gläubigen widmen, die zwar die Lehre der Kirche über die Familie teilen, jedoch von schmerzlichen Erfahrungen des Scheiterns und der Trennung gezeichnet sind. Ihr sollt wissen, dass der Papst und die Kirche euch in eurer Not unterstützen. Ich ermutige euch, mit euren Gemeinden verbunden zu bleiben, und wünsche mir zugleich, dass die Diözesen geeignete Initiativen ergreifen, um euch aufzunehmen und Nähe zu vermitteln".

Die letzte Bischofssynode zum Thema „Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens" (7. – 28. Oktober 2012) hat sich erneut mit der Situation der Gläubigen beschäftigt, die nach dem Scheitern einer ehelichen Lebensgemeinschaft (nicht dem Scheitern der Ehe, die als Sakrament bestehen bleibt) eine neue Verbindung eingegangen sind und ohne sakramentales Eheband zusammenleben. In der Schlussbotschaft wandten sich die Synodenväter mit folgenden Worten an die betroffenen Gläubigen: „Allen jenen möchten wir sagen, dass die Liebe des Herrn niemand allein lässt, dass auch die Kirche sie liebt und ein einladendes Haus für alle ist, und dass sie Glieder der Kirche bleiben, auch wenn sie die sakramentale Lossprechung und die Eucharistie nicht empfangen können. Die katholischen Gemeinschaften mögen gastfreundlich gegenüber all jenen sein, die in einer solchen Situation leben, und Wege der Versöhnung unterstützen".

Anthropologische und sakramententheologische Erwägungen

Die Lehre über die Unauflöslichkeit der Ehe stößt in einer säkularisierten Umwelt häufig auf Unverständnis. Wo die Grundeinsichten des christlichen Glaubens verloren gegangen sind, vermag eine bloß konventionelle Zugehörigkeit zur Kirche wichtige Lebensentscheidungen nicht mehr zu tragen und in Krisen im Ehestand – wie auch im Priester- und Ordensleben – keinen Halt mehr zu bieten. Viele fragen sich: Wie kann ich mich für das ganze Leben an eine einzige Frau bzw. an einen einzigen Mann binden? Wer kann mir sagen, wie es mir in zehn, zwanzig, dreißig, vierzig Jahren in der Ehe gehen wird? Ist eine endgültige Bindung an eine einzelne Person überhaupt möglich? Die vielen ehelichen Gemeinschaften, die heute zerbrechen, verstärken die Skepsis der Jugend gegenüber definitiven Lebensentscheidungen.

Andererseits hat das in der Schöpfungsordnung begründete Ideal der Treue zwischen einem Mann und einer Frau nichts von seiner Faszination verloren, wie aus neueren Umfragen unter jungen Menschen hervorgeht. Die meisten von ihnen sehnen sich nach einer stabilen, dauerhaften Beziehung, wie sie auch der geistigen und sittlichen Natur des Menschen entspricht. Darüber hinaus ist an den anthropologischen Wert der unauflöslichen Ehe zu erinnern: Sie entzieht die Partner der Willkür und der Tyrannei der Gefühle und Stimmungen. Sie hilft ihnen, persönliche Schwierigkeiten durchzustehen und leidvolle Erfahrungen zu überwinden. Sie schützt vor allem die Kinder, die am Zerbrechen der Ehen am meisten zu leiden haben.

Die Liebe ist mehr als Gefühl und Instinkt. Sie ist ihrem Wesen nach Hingabe. In der ehelichen Liebe sagen zwei Menschen wissentlich und willentlich zueinander: nur du – und du für immer. Dem Wort des Herrn "Was Gott verbunden hat…" entspricht das Versprechen der Brautleute: „Ich nehme dich an als meinen Mann… Ich nehme dich an als meine Frau… Ich will dich lieben, achten und ehren, solange ich lebe, bis der Tod uns scheidet." Der Priester segnet den Bund, den die Brautleute miteinander vor Gottes Angesicht geschlossen haben. Wer Zweifel hat, ob das Eheband von ontologischer Qualität ist, möge sich vom Wort Gottes belehren lassen: „Am Anfang hat Gott Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins" (Mt 19,4-6).

Für Christen gilt, dass die Ehe von Getauften, die in den Leib Christi eingegliedert sind, sakramentalen Charakter hat und damit eine übernatürliche Wirklichkeit darstellt. Ein ernstes pastorales Problem besteht darin, dass manche heute die christliche Ehe ausschließlich mit weltlichen und pragmatischen Kriterien beurteilen. Wer nach dem „Geist der Welt" (1 Kor 2,12) denkt, kann die Sakramentalität der Ehe nicht begreifen. Dem wachsenden Unverständnis gegenüber der Heiligkeit der Ehe kann die Kirche nicht entsprechen durch pragmatische Anpassung an das vermeintlich Unausweichliche, sondern nur durch das Vertrauen auf „den Geist, der aus Gott stammt, damit wir erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist" (1 Kor 2,12). Die sakramentale Ehe ist ein Zeugnis für die Macht der Gnade, die den Menschen verwandelt und die ganze Kirche vorbereitet für die heilige Stadt, das neue Jerusalem, die Kirche, die bereit ist „wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat" (Offb 21,2). Das Evangelium von der Heiligkeit der Ehe ist in prophetischem Freimut zu verkünden. Ein müder Prophet sucht in der Anpassung an den Zeitgeist sein Heil, aber nicht das Heil der Welt in Jesus Christus. Die Treue zum Jawort der Ehe ist ein prophetisches Zeichen für das Heil, das Gott der Welt schenkt. „Wer es fassen kann, der fasse es!" (Mt 19, 12). Durch die sakramentale Gnade wird die eheliche Liebe gereinigt, gestärkt und erhöht. „Diese Liebe, die auf gegenseitiger Treue gegründet und durch Christi Sakrament geheiligt ist, bedeutet unlösliche Treue, die in Glück und Unglück Leib und Seele umfasst und darum unvereinbar ist mit jedem Ehebruch und jeder Ehescheidung" (Gaudium et spes, Nr. 49). Die Gatten haben kraft des Ehesakramentes an der endgültigen, unwiderruflichen Liebe Gottes teil. Sie können deshalb Zeugen der treuen Liebe Gottes sein, müssen ihre Liebe aber beständig nähren durch ein Leben aus dem Glauben und der Liebe.

Freilich gibt es Situationen – jeder Seelsorger weiß darum –, in denen das eheliche Beisammensein aus schwerwiegenden Gründen, etwa aufgrund von physischer oder psychischer Gewalt, praktisch unmöglich wird. In solchen Härtefällen hat die Kirche immer gestattet, dass sich die Gatten trennen und nicht länger zusammen wohnen. Dabei ist aber zu bedenken, dass das Eheband einer gültigen Ehe vor Gott weiterhin aufrecht bleibt und die einzelnen Partner nicht frei sind, eine neue Ehe zu schließen, solange der Ehepartner am Leben ist. Die Seelsorger und die christlichen Gemeinschaften müssen sich dafür einsetzen, Wege der Versöhnung auch in diesen Fällen zu fördern oder, falls dies nicht möglich ist, den betroffenen Menschen zu helfen, ihre schwierige Situation im Glauben zu bewältigen.

Moraltheologische Anmerkungen

Immer wieder wird vorgeschlagen, man soll wiederverheiratete Geschiedene selber in ihrem Gewissen entscheiden lassen, ob sie zur Kommunion hinzutreten oder nicht. Dieses Argument, dem ein problematischer Begriff von „Gewissen" zugrunde liegt, wurde bereits im Schreiben der Glaubenskongregation von 1994 zurückgewiesen. Natürlich müssen sich die Gläubigen bei jeder Messfeier im Gewissen prüfen, ob ein Kommunionempfang möglich ist, dem eine schwere nicht gebeichtete Sünde immer entgegensteht. Sie haben dabei die Pflicht, ihr Gewissen zu bilden und an der Wahrheit auszurichten. Dabei hören sie auch auf das Lehramt der Kirche, das ihnen hilft, „nicht von der Wahrheit über das Gute des Menschen abzukommen, sondern, besonders in den schwierigeren Fragen, mit Sicherheit die Wahrheit zu erlangen und in ihr zu bleiben" (Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor, Nr. 64). Wenn wiederverheiratete Geschiedene in ihrem Gewissen subjektiv der Überzeugung sind, dass eine vorausgehende Ehe nicht gültig war, muss dies objektiv durch die zuständigen Ehegerichte nachgewiesen werden. Die Ehe betrifft nämlich nicht nur die Beziehung zweier Menschen zu Gott, sie ist auch eine Wirklichkeit der Kirche, ein Sakrament, über dessen Gültigkeit nicht der einzelne für sich, sondern die Kirche entscheidet, in die er durch Glaube und Taufe eingegliedert ist. „Wenn die vorausgehende Ehe von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen gültig war, kann ihre neue Verbindung unter keinen Umständen als rechtmäßig betrachtet werden, daher ist ein Sakramentenempfang aus inneren Gründen nicht möglich. Das Gewissen des einzelnen ist ausnahmslos an diese Norm gebunden" (Kardinal Joseph Ratzinger, Die Ehepastoral muss auf der Wahrheit gründen: L’Osservatore Romano. Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. Dezember 2011, S. 7).

Auch die Lehre von der Epikie, wonach ein Gesetz zwar allgemein gilt, aber das konkrete menschliche Handeln nicht immer angemessen abdeckt, kann hier nicht angewandt werden, weil es sich bei der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe um eine göttliche Norm handelt, über die die Kirche keine Verfügungsgewalt hat. Die Kirche hat jedoch – auf der Linie des Privilegium Paulinum – die Vollmacht, zu klären, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine im Sinne Jesu unauflösliche Ehe zustande kommt. Sie hat, davon ausgehend, Ehehindernisse festgelegt, Gründe für die Ehenichtigkeit erkannt und ein ausführliches Prozessverfahren entwickelt.

Ein weiterer Vorschlag für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten plädiert mit dem Argument der Barmherzigkeit. Da Jesus sich selbst mit den Notleidenden solidarisiert und ihnen seine erbarmende Liebe geschenkt habe, sei die Barmherzigkeit ein besonderes Zeichen wahrer Nachfolge. Dies ist richtig, greift aber als sakramenten-theologisches Argument zu kurz. Denn die ganze sakramentale Ordnung ist ein Werk göttlicher Barmherzigkeit und kann nicht mit Berufung auf dieselbe aufgehoben werden. Durch die sachlich falsche Berufung auf die Barmherzigkeit besteht zudem die Gefahr einer Banalisierung des Gottesbildes, wonach Gott nichts anderes vermag, als zu verzeihen. Zum Geheimnis Gottes gehören neben der Barmherzigkeit auch seine Heiligkeit und Gerechtigkeit. Wenn man diese Eigenschaften Gottes unterschlägt und die Sünde nicht ernst nimmt, kann man den Menschen letztlich auch nicht seine Barmherzigkeit vermitteln. Jesus begegnete der Ehebrecherin mit großem Erbarmen, sagte ihr aber auch: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr" (Joh 8,11). Die Barmherzigkeit Gottes ist keine Dispens von den Geboten Gottes und den Weisungen der Kirche. Sie verleiht vielmehr die Kraft der Gnade zu ihrer Erfüllung, zum Wiederaufstehen nach dem Fall und zu einem Leben in Vollkommenheit nach dem Bild des himmlischen Vaters.

Die pastorale Sorge

Auch wenn eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten aus ihrer inneren Natur heraus nicht möglich ist, sind umso mehr die pastoralen Bemühungen um diese Gläubigen geboten, wobei diese auf die offenbarungstheologischen und lehramtlichen Vorgaben der Kirche verwiesen bleiben. Der von der Kirche aufgezeigte Weg ist für die Betroffenen nicht einfach. Sie dürfen aber wissen und spüren, dass die Kirche als Heilsgemeinschaft ihren Weg begleitet. Indem die Partner sich bemühen, die Praxis der Kirche zu verstehen und nicht zur Kommunion zu gehen, legen sie auf ihre Weise Zeugnis für die Unauflöslichkeit der Ehe ab.

Die Sorge um wiederverheiratete Geschiedene darf freilich nicht auf die Frage des Eucharistieempfangs reduziert werden. Es geht um eine umfassendere Pastoral, die versucht, den unterschiedlichen Situationen möglichst gerecht zu werden. Wichtig ist dabei, dass es außer der sakramentalen Kommunion noch andere Weisen der Gemeinschaft mit Gott gibt. Verbindung zu Gott gewinnt man, wenn man sich ihm in Glaube, Hoffnung und Liebe, in Reue und Gebet zuwendet. Gott kann den Menschen auf unterschiedlichen Wegen seine Nähe und sein Heil schenken, auch wenn sie sich in einer widersprüchlichen Lebenssituation befinden. Wie die neueren Dokumente des kirchlichen Lehramts durchgängig unterstreichen, sind die Seelsorger und die christlichen Gemeinden gerufen, die Menschen in irregulären Situationen offen und herzlich aufzunehmen, ihnen einfühlsam und helfend zur Seite zu stehen und sie die Liebe des Guten Hirten spüren zu lassen. Eine in Wahrheit und Liebe gründende Seelsorge wird dafür immer wieder neu die rechten Wege und Formen finden. (rv)

Tebartz-van Elsts Papstaudienz dauerte 20 Minuten

B_Tebartz_van_ElstWie lange hat das Treffen von Papst Franziskus und Tebartz-van Elst gedauert?

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat rund 20 Minuten mit Papst Franziskus über die Situation in Limburg gesprochen. Das wurde im Vatikan nach dem Treffen am Montagmittag bekannt. Einzelheiten über Inhalt und Verlauf der Unterredung wurden, wie bei Privataudienzen üblich, nicht mitgeteilt.

Zuvor war auch der Kölner Kardinal Joachim Meisner von Papst Franziskus in Audienz empfangen worden. Weiß man mehr über dieses Treffen?

Da die Diözese Limburg zur Kirchenprovinz Köln gehört, dürfte auch Kardinal Meisner den Papst über die Lage im Lahn-Bistum informiert haben. Tebartz-van Elst hielt sich bereits seit einer Woche in Rom auf, um mit dem Papst und dessen Mitarbeitern über die aktuelle Situation in seinem Bistum zu reden. Meisner begleitet derzeit rund 2.000 Ministranten aus seiner Diözese auf einer seit langem geplanten Pilgerreise nach Rom.

Wo haben sich Papst Franziskus und Tebartz-van Elst überhaupt getroffen?

Das Treffen fand nicht in der bescheidenen Casa Santa Marta, dem Gästehaus, wo Papst Franziskus residiert sondern im Arbeitsbüro des Papstes im Apostolischen Palast. Dort trifft der Papst normalerweise seine Gäste.

Wie kommt es, dass der Limburger Bischof eine Audienz beim Papst erhalten konnte? Wer darf überhaupt mit Franziskus zusammentreffen?

Für die Audienzen beim Papst ist die Präfektur des Päpstlichen Hauses zuständig. Bischöfe treffen den Papst normalerweise anlässlich der sogenannten Ad Limina-Besuche oder auch im Anschluss an die Generalaudienzen. (rv)

Ratzinger-Symposium über die Evangelien

Buch_Jesus_von_NazarethDie historische und christologische Untersuchung Joseph Ratzingers zu den Evangelien ist das Hauptthema eines Symposiums in dieser Woche in Rom. Am Donnerstag und Freitag werden namhafte Theologen an der Lateranuniversität und in der vatikanischen Audienzhalle Vorträge zu dem Thema abhalten, wie der Organisator des Symposiums, Erzbischof Jean-Louis Bruguès, an diesem Montag erklärte. Ausgangspunkt sei die Trilogie über Jesus von Nazareth von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. Diese drei Bände hätten einen wichtigen Beitrag zur theologischen Diskussion über die Evangelien geleistet, fügt Luis Romera, Vizepräsident des Organisationskomitees des Symposiums an. Der emeritierte Papst hatte zwischen 2007 und 2012 die drei Teile über das Leben und Wirken Jesus von Nazareth veröffentlicht. (rv)

Papst-Sekretär Xuereb „leidet“ an falschen „Benedikt-Darstellungen“

Er ist einer der engsten Mitarbeiter des Papstes: der Malteser Alfred Xuereb ist seit der Wahl von Papst Franziskus der „Sekretär des Heiligen Vaters". Bereits unter Benedikt XVI. war Xuereb als zweiter Papstsekretär für die bürokratischen Angelegenheiten zugständig. Bei einer Buchpräsentation in der norditalienischen Stadt Pordenone über Texte von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI., die der Vatikanverlag LEV publiziert hat, ging der Malteser auf seine Arbeitsbeziehung mit dem emeritierten Papst ein:

„Ich bin weder ein Schriftsteller noch ein Journalist und schon gar nicht ein Wissenschaftler. Ein Organisator dieser Veranstaltung hier in Pordenone sagte mir aber, dass ich so lange neben Benedikt XVI. gewirkt habe und so ein Zeugnis geben könne. Ich muss auch zugeben, dass ich schon seit langem den Wunsch habe, einen – wenn auch kleinen – Beitrag zu leisten, um die wahre Identität Benedikts preiszugeben."

Er leide darunter, dass so viel Falsches über seinen ehemaligen Vorgesetzen verbreitet werde. Vieles sei so „weit weg von der wahren Person Benedikt", fügt Xuereb an. Ein Beispiel sei das Umweltbewusstsein Benedikts.

„Ich kann sagen, dass mein erstes Bild, wenn ich an ihn denke, das ist, dass er vor Tieren oder allgemein der Natur immer wieder sehr locker wurde. Es gefiel ihm, draußen in der Natur zu sein. Das galt insbesondere dann, wenn auch sein Bruder aus Deutschland uns besuchen kam und wir draußen spazieren gingen. Es ist auch falsch zu sagen, dass Papst Benedikt nur Katzen liebt. Alle Tiere fand er toll."

Xuereb erzählte hierbei eine Anekdote, die mit einem Vogel in den Vatikanischen Gärten zu tun hat.

„Als wir dort den Rosenkranz beteten, gab es eine weiße Amsel. Nachdem wir fertig gebetet hatten, bat er mich, nachzuschauen, ob die Amsel noch da war und auch ein Foto des Tieres zu schießen. Ich habe dann zusammen mit dem Papstfotographen, der eine bessere Kamera als ich hatte, einige Bilder gemacht. Er war davon so begeistert, dass er uns bat, diese Bilder zu veröffentlichen und in der Tat erschienen sie einige Tage später in der Vatikanzeitung ,L´Osservatore Romano´."

Xuereb berichtet von Benedikt XVI. auch eine weitere Anekdote über eine Heiligenstatue mit Hund. Am Ende einer Generalaudienz hätten mehrere Pfarreien Heiligenstatuen zu Benedikt XVI. gebracht, so Xuereb. Als er den Papst darauf hingewiesen habe, dass er eine der Figuren, neben der ein Hund dargestellt sei, persönlich gesegnet hatte, habe Benedikt XVI. erwidert: „Alfred, nicht nur diese Heiligen sind sympathisch, aber sie werden menschlicher".

Weiters ging Xuereb auf das Bewusstsein der Päpste gegenüber dem Umweltschutz ein.

„Sowohl Franziskus als auch Benedikt haben immer wieder darauf hingewiesen, dass wir nichts verschwenden sollten. Es macht kein Sinn, die Landschaft und Pflanzen zu pflegen, doch den Menschen zu vernachlässigen. Umweltverschmutzung und Verschwendung der natürlichen Ressourcen sind ein Zeichen der Respektlosigkeit gegenüber sich selber und somit gegen die Menschen." (rv)

Vatikan: Am 21. Oktober neuer Kardinalprotodiakon

  Am Montag, dem 21. Oktober endet die Amtszeit des derzeitigen Kardinalprotodiakons Kardinal Tauran. Eine seiner Aufgaben ist es, nach erfolgreicher Papstwahl im Konklave von der Benediktionsloggia aus die Nachricht von der Wahl eines neuen Papstes der Öffentlichkeit mitzuteilen. In der Vergangenheit oblag dem Kardinalprotodiakon auch die Krönung des neuen Papstes mit der Tiara. Heute beschränkt sich diese auf das Umlegen des päpstlichen Palliums. Ferner gehört es zu seiner Aufgabe, in Stellvertretung des Papstes, den Metropoliten das Pallium umzulegen bzw. an deren Prokuratoren zu übergeben.

Aufgrund der üblichen Verfahrensweise erreichen am 21. Oktober sieben Kardinaldiakone eine Amtszeit von zehn Jahren und haben somit die Möglichkeit auf eine Titelkirche zu optieren („optatio“) bzw. vom Papst zu Kardinalpriestern „pro hac vice“ ernannt zu werden. Diese heranstehenden Kardinaldiakone sind:

  • Georg Maria Martin Kardinal Cottier
  • Julian Kardinal Herranz Casado
  • Javier Kardinal Lozano Barragán
  • Francesco Kardinal Marchisano
  • Renato Raffaele Kardinal Martino
  • Attilio Kardinal Nicora und
  • Jean-Louis Pierre Kardinal Tauran.

Zwar hat Papst Franziskus seit Beginn seines Pontifikats mit einigen Gewohnheiten gebrochen, doch erscheint es durchaus logisch, das er in diesem Fall der Tradition folgen wird. Der nächste Kardinalprotodiakon wird gemäß den Quellen immer der ranghöchste (d. h. der dienstälteste) Diakon aus der Klasse der Kardinaldiakone. Man spricht hier vom „Primus inter Pares“. Entscheidend für die Ernennung zu diesem Amt ist die Reihenfolge der Bekanntgabe der Kardinaldiakone am Tag der Kreierung (hier der 24. März 2006) durch den Papst. Am 21. Oktober stehen vier Kardinaldiakone, in folgender Reihenfolge für dieses Amt heran:

  1. William Joseph Kardinal Levada
  2. Franc Kardinal Rodé
  3. Andrea Kardinal Cordero Lanza di Montezemolo
  4. Albert Kardinal Vanhoye.

Infolgedessen steht als nächster Kardinalprotodiakon der amerikanische Kardinal Levada heran. Insofern Kardinal Levada keine gesundheitlichen oder anderen Gründe hat, die einer Ernennung widersprechen, müsste er am 21. Oktober als Nachfolger von Kardinal Tauran ernannt werden. Levada war vom  13. Mai 2005 bis 02. Juli 2012 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan. (vh)

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D: „Unsere normale Medienwelt ist aus dem Ruder gelaufen“

B_Tebartz_van_ElstEs begann mit hartnäckiger Berichterstattung und Recherche, vor allem durch die FAZ und den Spiegel: Seit Monaten wurde immer mal wieder berichtet und die Geschichten um den Flug des Bischofs von Limburg nach Indien oder um das diözesane Zentrum ins Blatt gehoben. Großartig interessiert hatte sich medial dafür eigentlich niemand. Bis in der vergangenen Woche mit dem Antrag eines Strafbefehls gegen Bischof Tebartz-van Elst alle Medien auf die Berichte aufsprangen und eine Berichtsflut begann, die ihresgleichen suchte. Darüber haben wir mit Alexander Filipovic gesprochen, er hat an der Hochschule für Philosophie in München den Lehrstuhl für Medienethik inne.

ARD Brennpunkt und ZDF Spezial, Sondermeldungen zum Flug, dann doch nicht Flug und dann doch Flug, stündliche updates online, Titelseiten, Talkshows: Das Bistum Limburg war DIE Geschichte in der vergangenen Woche. War das gerechtfertigt?

„Zunächst muss man sagen, dass sich hier zeigt, dass der Journalismus Gutes bewirken kann indem recherchiert wird, indem Dinge ans Licht kommen, die unredlich sind und auch an die Öffentlichkeit müssen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist sicherlich, dass hier überzogen wurde, dass sich Rudel gebildet haben und dass hier eine Personalisierung des Falls vorgenommen wurde, die eigentlich der journalistischen Praxis unwürdig ist. Es gibt so etwas wie eine Überberichterstattung, die ja nun Gott sei Dank wieder abflaut."

Woran liegt es, dass so viel Aufmerksamkeit auf einen unbekannten Bischof eines unbekannten Bistums gerichtet wird?

„Mann könnte sagen, dass die katholische Kirche immer noch auf ein großes Interesse trifft. Das liegt sicherlich auch an unserem neuen Papst, der einen neuen Kommunikationsstil und eine neue Art und Weise des Selbstverständnisses hat. Da ist natürlich so etwas wie ein Gegenmodell zu diesem Papst ein gefundenes Fressen für die Journalisten. Da stürzt man sich drauf und das wird dann auch stilisiert als genau der Gegenbegriff zu einem armutszentrierten Selbstverständnis von Kirche hin zu einem – wie es formuliert wird – prunksüchtigen Bischof. Das ist eine mediale Geschichte, die nur mit wenig zutun schon ganz viele Bedürfnisse von Benutzerinnen und Benutzern befriedigt."

Ist die Berichterstattung aus dem Ruder gelaufen oder ist das Teil unserer normalen Medienwelt?

„Ich glaube, dass unsere normale Medienwelt aus dem Ruder gelaufen ist. Was hier passiert ist, die Personalisierung und auch die Pathologisierung dieses Menschen – da wurde ja vermutet, dass er psychisch nicht in Ordnung ist – das befriedigt niedere Bedürfnisse und ist eines Qualitätsjournalismus eigentlich nicht würdig. Ähnliche Geschichten gab es bei [der Berichterstattung über den Bundespräsidenten] Wulff damals. Das heißt, dass es Dinge sind, die in unserer Medienwelt durchaus häufiger anzutreffen sind. Nichtsdestotrotz sind sie und bleiben sie kritikwürdig."

Die Urteile sind alle schon gesprochen, Bischof Tebartz-van Elst ist ein Protzbischof, Prunkbischof, Lügner, Verschwender. Das Urteil ist medial schon gesprochen. Muss das so sein, im Journalismus heute?

„Ich würde mir wünschen, dass das nicht so ist. Ich wünschte mir mehr Reflexionsfähigkeit. Das ist diese Verselbstständigung, von der ich gesprochen habe. Irgendwie fehlt es dann in so einem Prozess an Stimmen, die sagen, ‚Moment mal, was von uns Journalisten aus hier gerade passiert, das ist irgendwie falsch und hat gar keinen Sachgrund mehr’. Natürlich muss darüber berichtet werden, es ist ja auch gut, dass die Sachen ans Licht gekommen sind und natürlich darf und muss so ein öffentlicher Mensch mit so einer Ausstattung und Macht wie ein Bischof auch kritisiert werden, wenn da was nicht stimmt. Aber irgendwo in dem Prozess, wenn der sich so verselbstständigt, wenn alles voll ist und man auf Karten lesen kann, welches Auto Bischöfe fahren und wo sie wohnen, irgendwo muss mal jemand sagen ‚Moment mal, da stimmt etwas nicht, hier überziehen wir.’ Das hat ja in den letzten zwei Tagen ja auch schon begonnen. Aber wie Sie sagen, da waren die Urteile schon fertig."

Überschießende Erregungspotentiale

Wenn so etwas losgeht, ist das dann überhaupt noch zu stoppen?

„Das ist ja so etwas wie ein ‚Shitstorm’, so heißen ja diese überschießenden Erregungspotentiale, die wir vor allem von Twitter und den sozialen Netzwerken her kennen. Vielleicht ist es so, dass der Journalismus sich selbst in diesen Modus hinein begibt, dass sie sich willentlich von der Leine lassen, so lange die Leute das lesen. Die Frage ist, wann da Schluss ist und ob wirklich nur dann Schluss ist, wenn die Leute sich von den Inhalten abwenden, oder ob man auch schon vorher sagen kann, dass man andere Themen vorzieht."

Wie kann Kirche darauf reagieren?

„Jetzt kann man kaum mehr darauf reagieren, die Fehler sind vorher gemacht worden indem verschleiert wurde und herausgezögert wurde und nicht die Wahrheit gesagt wurde. Es wäre schonungsloseste Offenheit bei den ersten Medienberichten notwendig gewesen und dazu ein professioneller Kommunikationsberater. Für die Kirche ist das natürlich ein ganz schlimmer Fall, man sieht daran, dass die katholische Kirche in Deutschland sich sehr schwer tut mit Krisenkommunikation. Das liegt nicht zuletzt auch an der Struktur, weil die Bischöfe ihre eigenen Chefs sind. Es gibt ja keine hierarchische Struktur unter den Bischöfen und keinen gemeinsamen Pressesprecher, der Aufgaben auch für andere Bischöfe übernehmen könnte.
Als Kirche kann man nur darauf reagieren, indem man radikal transparent kommuniziert, niemals auch nur den Verdacht aufkommen lässt, man würde etwas verheimlichen oder verschweigen. Da muss sich Kirche dran gewöhnen, an diese radikal demokratische und horizontale Kommunikationsweise der modernen Gesellschaft. Das trifft auf eine vertikale Kommunikationsweise und da kommt es immer wieder zu Entzündungen. Man kann die Gewöhnung nur mit einem Umstieg auf eine horizontale Kommunikationsweise schaffen.
Das bedeutet nicht, dass man bezüglich dieser Mediengesellschaft unkritisch ist. Ich glaube aber, wenn man die Frohe Botschaft weitergeben will – und das ist letztlich eine kommunikative Aufgabe – dann muss man die Bedingungen kennen, unter denen die Medien funktionieren und sich darauf einlassen.
In einem zweiten Schritt muss davon unabhängig dann Medienkritik passieren." (rv)

Neuer Generalstaatsanwalt des Vatikanstaates

VatikanDer Staat der Vatikanstadt hat einen neuen Generalstaatsanwalt: Er heißt Gian Piero Milano und war bisher bereits tätig für die vatikanische Generalstaatsanwaltschaft. Papst Franziskus hat ihn an diesem Samstag dazu ernannt. Milano ist auch Professor an der römischen Universität Tor Vergata und hat in den vergangenen Monaten bereits mehrmals den bisherigen Generalstaatsanwalt Nicola Picardi ersetzt, da dieser wegen gesundheitlicher Probleme nicht immer zur Verfügung stehen konnte. (rv)

30 Jahre Vatikan-Fernsehen

Nie eine rein weltliche, sondern immer eine kirchliche Sichtweise auf die Ereignisse möge sich der vatikanische Fernsehsender CTV bewahren. Dazu hat Papst Franziskus die Mitarbeiter des Senders aufgefordert. Zum 30. Geburtstag von CTV schickte der Papst eine Botschaft, in der er daran erinnerte, dass es heutzutage nichts gebe, „das nicht mit dem Universum der Medien zu tun" habe. „Wenn es schon nicht einfach ist, die Ereignisse der Geschichte zu erzählen, dann ist es noch komplexer, die Ereignisse zu erzählen, die mit der Kirche zu tun haben, die Leib Christi ist, Volk Gottes und Tempel des Heiligen Geistes", schreibt der Papst in seiner Botschaft. Das erfordere ein „besonderes Verantwortungsbewusstsein und eine starke Fähigkeit, die Wirklichkeit in einem spirituellen Schlüssel zu lesen".

Die Auswahl, Aufbereitung und Sendung kirchlicher Inhalte verlange eine besondere Aufmerksamkeit, „weil sie Instrumente nutzen, die weder neutral noch transparent sind", so der Papst. Zudem drückte Franziskus den Wunsch aus, katholische Medien mögen besser kooperieren. „Zusammenwirken, nicht konkurrieren ist die Strategie der Medieninitiativen in der katholischen Welt".

Der „Fernsehsender des Papstes", wie Italiener CTV oft vereinfachend nennen, hat seit 30 Jahren den Auftrag, alle öffentlichen und manche privaten Auftritte des Papstes zu begleiten und sie allen anderen Fernsehsendern zur Verfügung zu stellen. CTV ist gleichzeitig ein TV-Produktionszentrum und ein echter Sender: Alle seine Produktionen werden in Rom und Umgebung live ausgestrahlt (auf Kanal 555 der digitalen terrestrischen Plattform). Seit 2005 bedient sich der vatikanische Fernsehsender der Technik HD, die Bilder in besonders hoher Auflösung bietet. Die neueste Version Ultra HD sei in der Testphase, erklärte der Senderchef Dario Viganò.

Im Moment modernisiert CTV sein Archiv, um es für Journalisten und Historiker zugänglich zu machen. Das Filmmaterial der vergangenen 30 Jahre bezeichnete der Priester Viganò als „eine unschätzbare Quelle über die Aktivitäten des Papstes und über die Kirchengeschichte". Soeben arbeite man an der Digitalisierung und Katalogisierung des Materials. CTV bietet überwiegend eigenes Material, dank diverser Abkommen aber auch Filmmaterial, das andere Sender vor 1983 über die Päpste aufgenommen haben. Vom argentinischen „Canal 21" habe man Archivaufnahmen über seelsorgerliche aktivitäten von Kardinal Bergoglio gekauft, informierte Viganò.

CTV zeichnet pro Jahr ungefähr 130 Ereignisse im Vatikan auf, die meisten davon Messen, Angelus-Gebete und Generalaudienzen des Papstes. außerdem begleitet CTV den Papst auf seinen Reisen in- und außerhalb Italiens. (rv)

Erzbischof Zollitsch spricht mit Franziskus – Nichts Neues zu Limburg

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat an diesem Donnerstag mit Papst Franziskus gesprochen. Bereits am Mittwoch besuchte Zollitsch den emeritierten Papst Benedikt XVI. Vor der Presse erklärte Zollitsch am Donnerstag Nachmittag:

„Heute hatte ich die schon seit mehreren Wochen gewährte Gelegenheit, mit Papst Franziskus zu einem längeren Gespräch zusammenzutreffen. Nachdem wir uns im Juli erstmals persönlich kennengelernt haben, konnte ich den Heiligen Vater ausführlich über die Kirche in Deutschland informieren.

In unserem Gespräch ging es vor allem um die Beratungsergebnisse der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vor wenigen Wochen in Fulda. Ebenso habe ich mit Papst Franziskus über die Situation im Bistum Limburg gesprochen. Zu den weiteren Inhalten meines mitbrüderlichen Gesprächs mit Papst Franziskus, das mich gestärkt und ermutigt hat, möchte ich keine Erklärung abgeben, da dieses Gespräch einen vertraulichen Charakter hatte.

Mit Blick auf das Bistum Limburg bin ich dankbar, dass die von mir berufene Prüfungskommission morgen mit ihrer Arbeit beginnen wird. Über eine zeitliche Perspektive zur Arbeit der Kommission kann ich derzeit noch nichts Verbindliches sagen.

Ich bin zuversichtlich – auch nach meiner heutigen Begegnung mit Papst Franziskus – dass alle Seiten an einer guten und baldigen Lösung interessiert sind, um die Lage im Bistum Limburg zu beruhigen und um einen Weg aus der schwierigen Situation zu finden."

Die Audienz war schon seit längerem geplant gewesen. Vor Journalisten hatte Zollitsch am Montag angekündigt, auch den Streit im Bistum Limburg zur Sprache zu bringen. Er habe Franziskus vorab mit Material dazu versorgt, so der Erzbischof. Dem Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst werden Falschaussage an Eides Statt sowie die Kostenexplosion beim Bau seines Diözesanen Zentrums vorgehalten. (rv)

Abschied von Kardinal Bertone als Kardinalstaatssekretär – Parolin tritt Amt später an

bertone EB Pietro ParolinKardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ist an diesem Dienstag offiziell aus dem Amt verabschiedet worden. Papst Franziskus dankte der bisherigen „Nummer zwei" im Vatikan in einer Ansprache vor Vertretern des Staatssekretariates. Neben Kardinal Bertone hätte hier auch sein Nachfolger Erzbischof Pietro Parolin an seinem ersten Arbeitstag anwesend sein sollen. Dies war aber nicht der Fall. Papst Franziskus erklärte, warum:

„Wir sind hier zusammengekommen, um Kardinal Tarcisio Bertone zu danken, der heute das Amt des Staatssekretärs niederlegt, und um Erzbischof Parolin zu begrüßen, doch es wird ein Willkommen ,in Abwesenheit‘ sein, weil Parolin seinen neuen Dienst erst einige Woche später als heute antreten wird, aufgrund eines kleinen chirurgischen Eingriffes, den er vornehmen lassen musste."

Der Papst hatte Parolin am 31. August ernannt, der Erzbischof tritt das Amt mit diesem Dienstag trotz Abwesenheit an. Dem scheidenden Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone dankte der Papst in seiner Ansprache in der Bibliothek des Staatssekretariates auch im Namen Benedikt XVI., unter dem der ehemalige Erzbischof von Genua am 15. September 2006 sein Amt aufgenommen hatte:

„In diesem Moment möchte ich mit euch allen ein Gefühl der Dankbarkeit teilen. Lieber Kardinal Bertone, ich denke, ich greife auch den Gedanken meines geliebten Vorgängers Benedikt XVI. auf, wenn ich Ihnen für den in diesen Jahren geleisteten Dienst herzlich danke."

Mit Unternehmungslust und Liebe dem Papst gegenüber
Besonders würdigte Franziskus die Verbundenheit des Salesianers mit „dem Geiste Don Boscos" – „trotz der vielfältigen Verpflichtungen", die mit dem Dienst des Staatssekretärs verbunden sind, habe Bertone den Geist des Ordensgründers und Sozialpioniers „zu bewahren und zu bezeugen" verstanden, so der Papst in seiner Grußbotschaft:

„Mit Unternehmungslust und Liebe dem Papst gegenüber, welche die Kinder des Heiligen Johannes Bosco kennzeichnen, haben Sie immer mit Hingabe Ihre Leitungsaufgabe in den internationalen Beziehungen des Heiligen Stuhles ausgeübt, die so wichtig für die Amtsausübung des Bischofs von Rom ist. Gleichzeitig haben Sie sich nicht zurückgehalten, das päpstliche Amt und den apostolischen Segen überall hinzutragen: in Länder, Diözesen, Gemeinden, Universitäten, Institutionen, Verbände."

Bertone habe mit „Mut" und „Geduld" „vielen Widrigkeiten" die Stirn bieten müssen, so der Papst anerkennend – wie der Heilige Don Bosco, der es im Traum mit den Tücken einer Gartenlaube voll von Rosen aufnehmen musste:

„Wer von außen schaut, sieht nur die Rosen, während Don Bosco und seine Jünger, die in den Rosen wandeln, die Dornen spüren: viele verlässt der Mut, doch die Jungfrau Maria redet allen zu, beharrlich zu sein, und am Ende findet der Heilige mit seinem Gefolge einen wunderschönen Garten. Der Traum will die Mühen des Erziehers veranschaulichen, doch ich denke, man kann ihn auch auf jedes Amt von Verantwortung in der Kirche anwenden."

Die drei großen Tugenden des Don Bosco – „die Anwesenheit des eucharistischen Jesus, die Fürsprache der Gottesmutter und die Freundschaft des Papstes" – gab Franziskus dann auch Bertones Nachfolger als Wunsch mit auf den Weg:

„Mit diesen drei Gedanken heißen wir den neuen Staatssekretär, auch wenn er heute abwesend ist, herzlich willkommen. Er kennt die Familie des Staatssekretariates sehr gut, hat dort für viele Jahre gearbeitet, mit Leidenschaft und Kompetenz und der Fähigkeit zu Dialog und Menschlichkeit, die ein Merkmal seiner sind. In gewissem Sinne ist das wie eine Rückkehr nach Hause."

Ein oft verborgener und anonymer Dienst
Der Papst dankte im Anschluss allen Mitarbeitern des Staatssekretariates für ihren täglichen „oft verborgenen und anonymen" Dienst, der für den Dienst des Papstes jedoch sehr „kostbar" sei. Und er rief seine Zuhörer dazu auf, für ihn zu beten.

Kardinal Tarcisio Bertone blickte in seiner Dankesrede auf seinen siebenjährigen Dienst unter Benedikt XVI. und seine sieben Monate währende Amtszeit unter Papst Franziskus zurück. Eine „vollständige Bilanz" falle ihm schwer, so Bertone. Er und seine Mitarbeiter hätten auch so „manches Opfer" gebracht. Benedikt XVI. würdigte der langjährige Staatssekretär des deutschen Papstes als „"Reformator des Gewissens und des Klerus":

„Sein Pontifikat ist durch starke pastorale Projekte gekennzeichnet gewesen: das Paulus-Jahr , das Priesterjahr und das zu Ende gehende Glaubensjahr. Er hat schwer an den Krankheiten gelitten, die das Gesicht der Kirche verunstalten und hat sie deshalb mit einer neuen Gesetzgebung ausgestattet, die mit Entschiedenheit das schändliche Phänomen der Pädophilie im Klerus bekämpft. Und er hat dabei nicht vergessen, neue wirtschaftlich-administrative Normen auf den Weg zu bringen."

Benedikt XVI.: Ein pastorales Pontifikat
Benedikt habe der Kirche ein tiefes Verständnis als Gemeinschaft vermittelt, so Bertone weiter, und sie zugleich befähigt, „zur Welt zu sprechen", „zum Herzen und zum Intellekt eines jeden Menschen mit doktrineller Klarheit und gedanklicher Größe", so Bertone mit Verweis unter anderem auf die großen Reden und Enzykliken des deutschen Papstes. Franziskus führt laut Bertone den begonnenen Weg weiter:

„Heute sehe ich in Papst Franziskus nicht so sehr eine Revolution, sondern eine Kontinuität mit Papst Benedikt XVI., wenn auch die Akzente und die Abschnitte des persönlichen Lebens unterschiedlich sind (…) Das Zuhören, die Zärtlichkeit, die Barmherzigkeit und das Vertrauen sind wunderbare Eigenschaften, die ich persönlich mit Ihnen, Heiliger Vater, erfahren durfte, in den vielen Unterredungen, Gesten, Überraschungen am Telefon und den Aufgaben, die Sie mir auftrugen. Danke Papst Franziskus für Ihr Wohlwollen!"

Dem Papst und dem neuen Staatssekretär wünschte Bertone viel Erfolg bei der Bewältigung ihrer Aufgaben:

„Maria helfe Papst Franziskus und dem neuen Staatssekretär, Seiner Exzellenz Erzbischof Pietro Parolin, dem wir wünschen, dass er bald kommen kann, die Knoten zu lösen, die die Kirche immer noch behindern, in Christus im Herzen der Welt zu sein, dem erhofften und ständig angerufenen Horizont. Das ist unser inbrünstiges Gebet. Danke, Heiliger Vater!"

Der neue Staatssekretär
Erzbischof Pietro Parolin stammt aus der italienischen Provinz Vicenza in Norditalien, wo er 1955 in der Stadt Schiavon geboren wurde. Sein Theologiestudium absolvierte er in Mailand, nach seiner Priesterweihe war er zunächst als Kaplan tätig, bevor er 1984 zum Weiterstudium an die päpstliche Diplomatenakademie wechselte. 1986 promovierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana im Fach Kirchenrecht. Erste diplomatische Stationen waren Nigeria und Mexiko, danach wechselte er zurück in das Staatssekretariat, wo er zwischen 2002 und 2009 das Amt des Untersekretärs inne hatte. Seit 2009 war er Nuntius in Venezuela, im selben Jahr wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Bischof geweiht. (rv)