Kardinal Ravasi: Papstbrief ist „Manifest“ des Vorhofs der Völker

Als „Manifest" im Dialog mit Nichtglaubenden sieht Kardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des Päpstlichen Kulturrates den Offenen Brief von Papst Franziskus. Der umtriebige Kardinal freut sich, dass Franziskus an Nichtglaubende geschrieben hat, denn dieses Thema beschäftigt auch Ravasi. Er organisiert den „Vorhof der Völker". Die Veranstaltungsreihe wurde 2009 von Benedikt XVI. ins Leben gerufen und bringt Vertreter der katholischen Kirche, Atheisten und Agnostiker miteinander ins Gespräch. Im Interview mit Radio Vatikan sagte Ravasi:

„Ich glaube, dass dieser Text von Franziskus in gewisser Weise zum Manifest des Vorhofs der Völker werden könnte – wegen seiner Inhalte, aber auch aufgrund der Methode des Dialogs an sich. Es gibt da einen bedeutungsvollen Satz: ,Der Gläubige ist nicht arrogant, sondern demütig‘. Das haben wir auch beim Vorhof der Völker immer wieder festgestellt. Der Glaube ist Licht und nicht dunkler, mysteriöser Schatten."
Franziskus‘ Offener Brief an die Nichtgläubigen, der am Mittwoch in der linksliberalen italienischen Tageszeitung „La Repubblica" veröffentlicht worden war, könne so quasi die Schirmherrschaft des „Vorhofs der Völker" vom 25. September in Rom übernehmen, so Ravasi. Zum Dialog zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen werde auch der Gründungsherausgeber der „Repubblica", Eugenio Scalfari, erwartet. Genau er war der Auslöser für den jetzigen Brief des Papstes: Scalfari hatte unter dem Titel „Fragen eines Nichtglaubenden an den Jesuitenpapst, der sich Franziskus nennt" im Juli zuerst einen Offenen Brief an das Kirchenoberhaupt gerichtet. Die Antwort des Papstes druckte die Zeitung dann an diesem Mittwoch unter der Überschrift „Wahrheit ist nie absolut" ab. Dazu Ravasi:„Dieses nicht-absolut-Sein der Wahrheit – wie es ja Franziskus auch erklärt – ist lebendiger Ausdruck der Wahrheit. Die Wahrheit geht uns aufgrund ihrer Natur voraus, und sie übersteigt uns. Deshalb brauchen wir eine Beziehung zur Wahrheit, die uns umgibt. Für den Gläubigen ist das ganz klar etwas Göttliches, Transzendentales. Für den Nichtgläubigen ist es der Horizont, unter dem man sich bewegt."Für Kardinal Ravasi ist das ein gutes Fundament für einen fruchtbaren Dialog zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen. (rv)

Osservatore Romano: Glaubenskongregation zur Befreiungstheologie

Die Stellungnahmen der Glaubenskongregation zur Befreiungstheologie sind keineswegs so ablehnend gewesen wie oft dargestellt. Das betont der peruanischen Theologe Gustavo Gutierrez am Mittwoch im Interview mit der Vatikanzeitung. Der Mitbegründer der Befreiungstheologie trifft diese Woche den Papst. Es ist das erste Mal, dass der „Osservatore Romano" ein Gespräch mit einem führenden Vertreter dieser Theologierichtung abdruckt. (rv)

Abends in den Vatikanischen Museen: „Das muss man einfach erleben!“

VatikanplatzSeit dem sechsten September sind die Vatikanischen Museen freitags auch abends geöffnet: von 19 bis 23 Uhr bietet sich den Besuchern dann eine ganz besondere Atmosphäre. Was es mit der ungewöhnlichen Öffnungszeit des Museums bis in die Nacht auf sich hat, das hat Radio Vatikan den Direktor der vatikanischen Museen, Antonio Paolucci gefragt:

„Der Gedanke hinter den verlängerten Sommeröffnungszeiten – also vom späten Nachmittag bis zur Nacht – ist, dass wir in den Vatikanischen Museen auch ein Angebot für die Römer machen wollen. Ich glaube, die Römer fühlen sich oft ausgesperrt aus ihren eigenen Museen: Sie sehen die nicht enden wollenden Schlangen der Besucher vor den Vatikanischen Museen und denken, dass die Museen des Papstes in gewisser Weise nicht mehr ihre Museen sind. Wir wünschen uns, dass die Römer auch wieder in die Museen zurückkehren, zumindest für ein paar Stunden im Sommer."

Die Vatikanischen Museen sind nämlich auch für die Römer gedacht, sogar besonders für sie, erläutert Paolucci:

„Das kann man in den Museen überall auf Latein lesen: Die Päpste der Vergangenheit haben genau ihnen, dem ,Populo romano‘, dem römischen Volk, ihre Museen und ihre Kunstsammlungen gewidmet. Und mit der verlängerten Freitagsöffnungszeit bieten wir den Römern – den Familien, den Paaren und ihren Freunden – eine Gelegenheit, diese Museen wieder zu ihren zu machen."

Und wie ist die Atmosphäre so abends in den Vatikanischen Museen?

„Durch die besonderen Lichtverhältnisse ergeben sich ganz zauberhafte Stimmungen: Die Hauptwerke der klassischen Skulptur, zum Beispiel die Laokoon-Gruppe oder der Apollo von Belvedere im Hof unter dem Himmel einer Sommernacht – ich glaube, dass ist eines der bewegendsten Erlebnisse, das man haben kann. Und alles ohne Stress, ohne Angst, gleich wieder gehen zu müssen – einfach in Ruhe schauen, glücklich sein, diese Werke sehen: Das macht die Schönheit der Museen aus."

Und noch etwas sorgt für eine ganz besondere Stimmung: Bei den Abendbesuchen im Museum gibt es auch Musik. Das Zusammentreffen von so viel Kunst auf einmal in Worte zu fassen, das sei gar nicht wirklich möglich, meint der Museumsdirektor. Sein Vorschlag:

„Ach, kommen Sie doch einfach mal vorbei. Dann werden Sie das verstehen. Wie erklärt man das, wenn man Mozarts ,Don Giovanni‘ hört und dabei umgeben ist von Fresken, zum Beispiel von Raffello oder Pinturicchio? Das muss man erleben, um es zu verstehen: Musik und Kunst sind zwei Varianten, Gefühle auszudrücken. Die Kunst drückt sich auf tausend verschiedene Arten aus, das ist das Schöne daran."

Also, ob Römer oder Pilger: Auf geht es am Freitagabend in die Vatikanischen Museen! Angst vor einer langen Warteschlange muss dann auch keiner haben: Rein kommen nur die, die sich vorher im Internet auf der Seite museivaticani.va vorangemeldet haben. Einlass ist von 19.00 bis 21.30 Uhr. Gelegenheit zum Abendbesuch in den vatikanischen Museen gibt es noch bis zum 25. Oktober, danach gelten wieder die normalen Öffnungszeiten. (rv)