Kommandant Anrig: „Benedikt schätzte den Dienst der Schweizergarde sehr“

AnrigSie zählt zu den engsten Weggefährten der Päpste: Die Schweizergarde. Sie ist auch Papst Benedikt XVI. während seines achtjährigen Pontifikats auf Schritt und Tritt gefolgt, hat ihn beschützt und auch viele persönliche Momente mit ihm geteilt. Es ist das erste Mal in der über 500-jährigen Geschichte der Schweizergarde, dass ein Papst seinen Rücktritt bekannt gibt. Ein besonderes Novum, wie der Kommandant Daniel Anrig im Gespräch mit unserem Kollegen Mario Galgano sagt.
„Letztlich ist der Rücktritt des Heiligen Vaters Benedikt XVI. für uns ein Schritt in die Sedisvakanz. Ab diesem Moment stehen wir zur Verfügung des Kardinalskollegiums und ab der Wahl des neuen Papstes werden wir wieder ganz dem neuen Nachfolger Petri zur Verfügung stehen.“
Wie steht es denn dann mit der persönlichen Sicherheit von Benedikt XVI. ab Eintritt der Sedisvakanz?
„Wir als Päpstliche Schweizergarde heben dann die Wache auf, weil wir für den Schutz des amtierenden Papstes hier im Vatikan und Castelgandolfo zuständig sind. Ab 20 Uhr wird die Wache in Castelgandolfo aufgehoben, das bedeutet, dass ab dann die vatikanische Polizei für seine Sicherheit zuständig ist.“
Was bedeutet die Sedisvakanz für euren Dienst? Gibt es besondere Aufgaben für euch?
„Die Päpstliche Schweizergarde hat die Aufgabe, während der Sedisvakanz dem Camerlengo (Kardinal Tarcisio Bertone, Anmerk. d. Red.), dem Chef des Kardinalskollegiums, für die Papstwahl zur Verfügung zu stehen. Wir haben dazu ebenfalls unseren Eid geschworen. Das gilt bis zur Wahl des neuen Papstes. Das bedeutet, dass wir bei der Papstwahl einen diskreten Sicherheitsdienst zu gewährleisten haben.“
Und fallen während des Konklaves auch besondere Aufgaben für euch an?
„Die Päpstliche Schweizergarde steht dem Kardinalskollegium zur Verfügung, das betrifft beispielsweise die Sicherheit bei der Unterkunft und rund um die Sixtinischen Kapelle.“
Sie haben während des achtjährigen Pontifikats Benedikts über vier Jahre lang als Kommandant gedient und waren immer an seiner Seite. Wie haben Sie ihn erlebt?
„Benedikt XVI. ist sicher für uns Katholiken – und ich denke für alle Christen – ein Vorbild auf der Suche nach der Wahrheit. Seine Predigten und Ansprachen zeugten immer wieder von seiner Sensibilität, sich nach dem Wort Gottes auszurichten.“
Die Schweizergarde besteht ja vorwiegend aus jungen Männern. Wie war diese Beziehung?
„Die Päpstliche Schweizergarde hat das Privileg, aus der Schweiz Leute zu rekrutieren, die bereit sind, einerseits einen Militärdienst auszuführen, und andererseits offen für die Botschaft der Kirche sind. Man spürte, dass der Heilige Vater diese Begegnung mit den jungen Schweizer Männern immer geschätzt hat, sei es während des Dienstes, aber insbesondere auch bei Abschieden der einzelnen Gardisten.“
Wie haben Sie Benedikt XVI. persönlich in den vergangenen Wochen und vor allem Tagen erlebt?
„Benedikt XVI. ist ganz klar ein Mann der Bescheidenheit, ein vorbildlicher Mann für uns alle, und man spürte diese Sympathie, die das Volk – die Pilger – ihm entgegen brachten. Das alles hat ihn sehr bewegt. Das konnte man in seiner Nähe ganz besonders wahrnehmen.“
Was wünschen Sie ihm persönlich?
„Ich denke, dass ich im Namen aller Gardisten sagen kann, dass wir ihn im Gebet begleiten. Möge der Herrgott ihn segnen für die Zeit nach dem Verlassen des Stuhles Petri.“ (rv)

Letzte Generalaudienz: „Das Schiff der Kirche gehört Ihm“ – „Ich fühlte mich nie allein“

Benedikt XVI.Einen Tag vor seinem Amtsverzicht hat sich Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz von den Gläubigen verabschiedet. Vor nach Vatikanangaben 150.000 Besuchern bedankte sich der Papst für „Respekt und Verständnis“, die ihm für seine Entscheidung zum Rücktritt entgegengebracht worden seien. Er habe sich zu diesem Schritt „im vollen Bewusstsein seiner Schwere und Neuheit, aber mit unbeschwertem Herzen“ entschieden, so Benedikt XVI. in seiner Ansprache. Er bekräftigte, dass sein Rücktritt aus Altersgründen erfolgt sei. Er bedankte sich zudem bei Kardinälen, Bischöfen, Kurienmitarbeitern und Gläubigen für ihre Unterstützung während seines knapp achtjährigen Pontifikats. Mit Live-Übertragungen in Fernsehen und Radio verfolgten viele Menschen weltweit von zu Hause aus oder unterwegs die Generalaudienz.

„Die Kirche lieben heißt auch, schwierige Entscheidungen zu treffen“

In den vergangenen Monaten habe er gemerkt, dass seine Kräfte geschwunden seien, so der Papst. Er habe um eine Entscheidung zum Wohl der Kirche gebetet, sagte Benedikt XVI. Zugleich hob er hervor, dass sein Rücktritt keine Rückkehr ins Privatleben bedeute. Er habe das Kreuz Jesu nicht verlassen. Er kündigte an, den Weg der katholischen Kirche auch weiterhin mit seinem Gebet und seiner Meditation zu begleiten. Die Kirche zu lieben bedeute, „den Mut zu haben, schwierige und leidvolle Entscheidungen zu treffen, die stets das Wohl der Kirche im Blick haben und nicht das eigene“.

„Ich habe Vertrauen“

Benedikt XVI. zeigte sich zuversichtlich, dass die katholische Kirche Krisen überwinden werde. „Ich spüre ein großes Vertrauen in mir, dass das Wort der Wahrheit des Evangeliums die Kraft der Kirche ist“, sagte der Papst. „Gott führt die Kirche, er unterstützt sie immer, auch und vor allem in schwierigen Momenten.“

Der Papst zeigte sich gerührt über die Anteilnahme, die er nach seiner Rücktrittsankündigung erfahren habe. Viele Menschen in der ganzen Welt hätten ihm in den vergangenen Wochen „bewegende Zeichen der Aufmerksamkeit, der Freundschaft und des Gebets“ geschickt, berichtete Benedikt XVI. Er habe nicht nur Briefe von Staatsoberhäuptern, religiösen Führern und anderen gesellschaftlichen Repräsentanten erhalten, sondern auch zahlreiche Schreiben einfacher Gläubiger. Dies mache deutlich, dass die Kirche keine „Organisation, kein Verein mit religiösen und humanitären Zwecken“ sei, sondern eine „Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern im Leib Christi“.

Fast 350 Generalaudienzen insgesamt

Insgesamt hielt Papst Benedikt während seines Pontifikats 348 Generalaudienzen, an denen insgesamt 5.116.600 Gläubige teilnahmen. (Daten von April 2005 bis 27. Februar 2013). Die erste Audienz hielt Benedikt am 27. April 2005. (rv)