Mexiko: Presseschau

Mit vielen Farbfotos und Sonderbeilagen haben die mexikanischen Zeitungen am Freitag vor der Ankunft des Papstes über den Besuch aus Rom berichtet. „Willkommen", titelt „A.M.-Las noticias como son" auf Seite eins unter einem riesigen Foto Benedikts. Im Innenteil beschäftigt sich das Blatt vor allem mit den Sicherheitsvorkehrungen – eine Schlagzeile lautet „Der Papst wird eingekesselt" – und mit den durchweg hoffnungsvollen Erwartungen der Menschen in León. Die Zeitung schätzt, dass bis zu 600.000 Menschen an der Messe des Heiligen Vaters im „Parco del Bicentenario" teilnehmen werden.

„Benedictus – Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn." Diese Schlagzeile hat sich der „Heraldo" aus León einfallen lassen. Die erste Seite zeigt ein Foto der zentralmexikanischen Stadt und nennt sie „León, ein Heiliger Stuhl". Doch ein Artikel beschäftigt sich auch mit dem Thema „Ein Besuch in schwieriger Zeit"; der Papst treffe auf ein erschöpftes Land, in dem die Armen immer ärmer, die Reichen hingegen immer reicher würden. „El Heraldo" vermerkt auch einen Hackerangriff auf die Webseiten, die sich mit der Papstreise beschäftigen, darunter auf die Seite benedictomexico.mx, die die Bischofskonferenz des Landes eingerichtet hat. Die Menschen im Bundesstaat Guanajuato erhofften sich vom Papst „eine Botschaft der Hoffnung und der Versöhnung" sowie klare Worte gegen Ungerechtigkeit, Elend und Drogenhandel.

Gewohnt kritisch positioniert sich die Zeitung „Milenio": Sie sieht den Papst in einer derzeit „polemischen Phase" nach Mexiko kommen. Benedikt XVI. treffe auf ein Land, das sich in einer Debatte über eine Verfassungsreform befinde und mitten im Wahlkampf stecke. Zudem überschatteten unbeachtete Missbrauchsvorwürfe gegen den Ordensgründer der Legionäre Christi, Marcial Maciel Degollado, die Reise, meint „Milenio". Es sei schade, dass es nicht zu einem Treffen Benedikts mit Missbrauchsopfern von Marcial Maciel komme. Der Vatikan weist darauf hin, dass keine Bitte um ein solches Treffen bei den mexikanischen Bischöfen eingegangen sei. Auf der Titelseite zitiert das Blatt aus einer Umfrage: „72 Prozent der Mexikaner hoffen, dass der Papst über die Gewalt im Lande spricht."

„El Universal" stellt den „Papst, der aus Deutschland kommt", in einem ausführlichen Porträt vor. Seine Reise nach Lateinamerika sei eine „religiöse Herausforderung", denn Themen des Kontinents wie eine Legalisierung von Abtreibung und die rechtliche Aufwertung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, wie es sie etwa in Mexiko-Stadt gibt, beunruhigten den Vatikan.

Mit einem großen „Bienvenido" auf der Titelseite begrüßt „El Sol de Leon", die führende Lokalzeitung in der Gastgeberstadt, den Papst. Sie lässt den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Christopher Pierre, die erwartete zentrale Botschaft des Besuches so zusammenfassen: „Der Wunsch, in einer Gemeinschaft zu leben, ist größer als die Gewalt."

„Benedictus" heißt ein Papstreise-Sonderheft, das in diesen Tagen an jedem Kiosk im Bundesstaat Guanajuato angeboten wird. Es stellt ausführlich das Programm der Reise vor und bietet Interviews mit den zivilen und religiösen Autoritäten aus Guanajuato, León und Silao – also den drei Städten, die Benedikt XVI. in Mexiko besucht. (rv)

Lombardi in Mexiko: „Religiosität des Herzens“

Es war ein fulminanter Auftakt mit ganz viel „Herz": Hunderttausende Menschen haben Papst Benedikt XVI. am Freitag bei seiner Ankunft im zentralmexikanischen Bundesstaat Guanajuato jubelnd empfangen.

Die Herzlichkeit und Begeisterung, mit denen die mexikanischen Gläubigen den Papst empfingen, zeugten von einer „Religiosität des Herzens", sagte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi im Interview mit unserem Kollegen vor Ort:

„Ich erinnere mich, dass auch bei den Reisen Papst Johannes Paul II. diese Mauern aus stetig feiernden Menschen entlang der Straßen standen. Das erzählt uns etwas von der herzlichen Teilnahme dieses großen Volkes am Papstbesuch. Der Heilige Vater hat im Flugzeug vom ,Herzen‘ gesprochen und gesagt, dass in einer echten Religiosität immer auch ein Bereich des Herzens da sein muss, nicht nur der des Geistes. Das ist sicher die marianische und volkstümliche Dimension der mexikanischen Religiosität, die es zu schützen und zu reinigen gilt – es ist eine Religiosität des Herzens, und das sieht man."

Der Papst war in seiner Begrüßungsrede am Flughafen auch auf das Problem des organisierten Verbrechens in Mexiko zu sprechen gekommen. Seit 2006 sollen laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen über 50.000 Menschen dem Drogenkrieg zum Opfer gefallen sein. Gerade vor diesem Hintergrund kommt Benedikt XVI. als „Pilger des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe" – die päpstliche Botschaft falle in den mexikanischen Herzen auf fruchtbaren Boden, so Pater Lombardi:

„Der Papst kennt gut die Umstände, unter denen das mexikanische Volk lebt. Es gibt hier die Gewalt, das tägliche Blutvergießen unzähliger Menschen, das sehr betroffen macht. Es gibt viele Menschen, die ihre Angehörigen, Kinder und Lieben verloren haben. Dieses Thema betrifft jeden. Der Papst will die Menschen zum Glauben ermutigen, dass sie etwas tun können, um ihre eigene Situation zu verändern."

Auch die Religionsfreiheit in Mexiko war in der ersten Papstansprache am Samstag Thema. Die Katholiken müssten „Sauerteig" in der Gesellschaft sein, zu den grundlegenden Menschenrechten gehöre das Recht auf umfassende Religionsfreiheit, erinnerte der Papst. Erst Anfang der 90er Jahre war der katholischen Kirche in Mexiko dank einer Verfassungsreform der Status einer Rechtspersönlichkeit und damit mehr gesellschaftliche Wirkungsmacht zugesprochen worden. Pater Lombardi geht auch auf den aggressiven Antiklerikalismus in der Zeit des Bürgerkrieges von 1926 bis 1929 ein; Papst Pius XI. hatte der Christenverfolgung in dieser Zeit allein drei Enzykliken gewidmet, in denen er die Gewalt gegen Priester und die Unterdrückung der katholischen Kirche in Mexiko anprangerte.

„Mexikos Kirche hat graduell an Wirkungsspielraum zurück gewonnen, in einem Land, dass laizistisch, doch zugleich demokratisch sein will. Religionsfreiheit heißt nicht nur Kultfreiheit, sondern auch Ausdrucksmöglichkeiten in öffentlicher und gemeinnütziger Form. Das Land hat ja hinsichtlich dieses Themas eine konfliktreiche und spannungsgeladene Geschichte: Es gab Moment großer Unterdrückung und auch des Martyriums der Gläubigen. Man hat jedoch einen langen Weg der Versöhnung beschritten, und Johannes Paul II. hat hier in den vergangenen Jahrzehnten einen großen Beitrag geleistet! Er hat dabei geholfen, die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und dem Heiligen Stuhl wieder aufzunehmen."

Papst Johannes Paul II. Besuch in Mexiko im Jahr 1979 – der erste von Benedikts Vorgänger – hatte eine Wende im mexikanischen Staat-Kirche-Verhältnis in Mexiko eingeleitet: Dem jungen Papst aus Polen gelang es, hunderttausende Mexikaner zu mobilisieren, was die katholische Kirche bis heute selbstbewusster und mutiger werden ließ, zum Beispiel beim Ansprechen sozialer Missstände und auch politischer Maßnahmen, um diese zu lösen. So ist zum Beispiel das harsche Vorgehen des mexikanischen Präsidenten Felipe Calderon gegen die Drogenmafia im eigenen Land bei der Kirche nicht unumstritten. Erst in diesen Tagen noch hatte der Bischof von Saltillo, Raul Vera Lopez, schwere Rechtsverstöße und Menschenrechtsverletzungen beim Kampf der Regierung gegen das organisierte Verbrechen beklagt. (rv)