Kardinal Gantins Freundschaft

Kardinal Bernardin Gantin, an dessen Grab Papst Benedikt XVI. in Ouidah am Samstag gebetet hat, ist bis heute die größte spirituelle Führungsfigur Benins. Bischof Jean Yves Riocreux von Pontoise in Frankreich war persönlich mit Kardinal Gantin befreundet, und er besucht Benin im Zug dieser Papstreise bereits zum zehnten Mal. Kennen gelernt hat er den afrikanischen Kirchenmann damals in Rom, als Gantin Präfekt der Bischofskongregation war.

„Ich war beeindruckt von diesem großen Mann, seiner Intelligenz, seiner Aufmerksamkeit für den Menschen, seiner große Demut und seinem Dienst an der Kirche. Als der Kardinal in Paris am 13. Mai 2008 starb, hatte ich, so möchte ich es sagen, die Gnade, seinen Leichnam nach Benin zu begleiten. Das war ein Tag nationaler Trauer für Benin, aber auch in Frankreich nahm man das sehr zur Kenntnis, wo er außerordentlich geschätzt wurde. Ich durfte auch die Freundschaft zwischen dem heutigen Papst und Kardinal Gantin beobachten, die entstand, als sie gleichzeitig 1977 in den Kardinalsrang erhoben wurden. Deshalb war ich sehr berührt, als ich im Flugzeug von Rom nach Cotonou Papst Benedikts Hommage an Kardinal Gantin hörte."

Bischof Riocreux zieht als Beobachter der Papstreise aus nächster Nähe folgende Bilanz:

„Ein großer Erfolg, zunächst für die Organisation des Landes, und dann auch für die Kirche in Erinnerung an Kardinal Gantin. Und schließlich liegt in dieser Reise eine Kraft für ganz Afrika, denn wir sind hier seit drei Tagen mit einer Menge afrikanischer Bischöfe zusammen, von Nord- bis Südafrika, und wir leben diesen Moment als Erinnerung an die Afrika-Bischofssynode 2009. Diese Reise richtet sich an ganz Afrika, mehr noch, an die ganze Welt." (rv)

Schick: „Afrikaner sollten auch in der Kurie größere Rolle spielen“

Einer von Deutschlands Bischöfen hat die Papstreise durch Benin besonders genau beobachtet: Ludwig Schick. Der Bamberger Erzbischof ist nicht nur der Mann fürs Weltkirchliche innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz, sondern hat auch im Herbst 2009 an der Afrika-Bischofssynode im Vatikan teilgenommen. Er sagt dem Münchener Kirchenradio mit Blick auf Europa:

„Es ist wichtig, dass wir Afrika sehen und wahrnehmen, dass wir auch das Wachsen der Kirche dort miterleben. Weltkirchliche Arbeit ist ja immer win-win-Situation: Das heißt, wir können uns auch von der Glaubensfreude, der lebendigen Liturgie, vom Glaubenszeugnis in oft auch schwierigen Situationen anstecken lassen. Das kann uns hier helfen, auch wieder unseren Glauben freudiger und mutiger zu bekennen und dadurch auch wieder lebendigere Kirche zu werden hier bei uns!"

Erzbischof Schick wünscht sich eine stärkere Rolle der Afrikaner auch in der Verantwortung für die Weltkirche. Mit dem Beniner Kardinal Bernardin Gantin und weiteren Kirchenleuten hätten ja schon Afrikaner den Aufstieg an die Spitze eines Vatikan-Ministeriums geschafft – darauf ließe sich aufbauen.

„Die Zahl der Christen in Afrika wächst schnell, und das wird sich sicher auch in der Gesamtkirche auswirken – und auch in der Kurie. Es soll ja so sein, dass die Kurie auch die Gesamtkirche repräsentiert. Das heißt: Wo es zahlenmäßig wächst, da muss es auch an der Kurie wachsen." (rv)

Postsynodales Schreiben „Africae Munus“: Im Detail

Ein Dokument mit weitem Horizont – das ist die Apostolische Exhortation „Africae Munus", der Auftrag Afrikas. Es handelt sich um Papst Benedikts abschließende Überlegungen zur Afrika-Synode von 2009 zum Thema Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Samstagmittag hat Benedikt XVI. das Schreiben in Benin feierlich unterzeichnet, und zwar in der Basilika von Oudiah, der ersten Kathedrale Westafrikas.
Gudrun Sailer hat das Dokument gelesen. Was ist die Essenz daraus?

„Man könnte diese Botschaft an Afrika vielleicht so auf den kürzesten Nenner bringen: Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung und damit der Zukunft. Aber es bleibt noch viel zu tun, damit Versöhnung und Gerechtigkeit eines Tages zu Frieden in allen afrikanischen Ländern führen können."

Welche „Baustellen" macht der Papst für die Kirche in Afrika aus, damit dieses Ziel irgendwann erreicht werden kann?

„Zunächst einmal: Die Kirche mischt sich nicht ein in politische Belange, schreibt der Papst. Sie hat aber den Auftrag, die Gewissen der Männer und Frauen zu formen und so – quasi über den Umweg der Bildung, auch der Bewusstseinsbildung – für gerechtere Verhältnisse zu sorgen. Die afrikanischen Christen werden aber nur dann einen nachhaltigen Beitrag leisten können, wenn ihre, so schreibt der Papst wörtlich, „Intelligenz des Glaubens" an ihre „Intelligenz der Realität" heranreicht. Deshalb betont der Papst sehr die Frage der religiösen Ausbildung und der Katechese. Nur gebildete Christen sind dazu imstande, ein neues Afrika zu bilden, das wäre ein Afrika, in dem die von Gott vorgesehene Gerechtigkeit herrscht."

Der Papst wird teilweise sehr konkret, wenn er Ungerechtigkeiten in afrikanischen Gesellschaften benennt. Welche sind die Missstände, die er aus dem christlichen Blickwinkel besonders hervorhebt?

„Konkret nennt er die Ausbeutung von Rohstoffen, ohne dass die Bevölkerung etwas davon hätte, das bezeichnet der Papst als „inakzeptabel und amoralisch", und da dürfen sich auch westliche Konzerne mitgemeint fühlen. Gerecht ist auch, und das wiederum ist ein Appell an alle, die in Afrika politische Verantwortung haben, z.B. Wasser und Boden allen zur Verfügung zu stellen und nicht an Private zu verkaufen, außerdem nicht eigensüchtig und nicht korrupt zu sein, sondern im politischen Amt mehr Diener als Herrscher zu sein. Das alles ist recht konkret und reflektiert auch deutlich Aussagen, die in der Afrika-Synode 2009 oft und oft gefallen sind."

Was schreibt der Papst in seinem Afrika-Dokument über die traditionellen Religionen?

„Benedikt hebt klar und wiederholt den Wert traditioneller afrikanischer Religionen und Kulturen hervor. Was Gutes in ihnen ist, das muss vom Inneren her quasi erleuchtet werden. Der Papst bringt auch Wertschätzung für traditionelle afrikanische Ältestenräte zum Ausdruck, die können viel zum Frieden zwischen den Stämmen beitragen. Er ruft aber z.B. die Männer als Ehemänner und Väter dazu auf, bestimmte rituelle Praktiken abzulehnen, die insbesondere die Frau unterdrücken, da kann man z.B. an Genitalverstümmelung denken. Männer und Frauen sind gleich an Würde, leider aber, schreibt der Papst, setzt sich dieses Bewusstsein in Afrika zu langsam durch. Und er benennt auch als bleibendes Problem eine „doppelte Religionszugehörigkeit", also Synkretismus, Christen, die auch an Hexerei-Zeremonien und ähnlichem sich beteiligen."

Was sagt der Papst über die Beziehungen mit Muslimen?

„In einigen Ländern Afrikas, nicht in allen, gibt es Schwierigkeiten mit aggressiven Formen muslimischer Religiosität. In anderen, wie beispielsweise in Benin, ist es ein friedliches und respektvolles Zusammenleben. Der Papst hebt hervor, dass Katholiken in jedem Fall und auch mit Hartnäckigkeit muslimischen Gläubigen ihre Wertschätzung zeigen sollen."

Benedikt beschreibt auch Schritt für Schritt die verschiedenen Ordnungen von Berufungen innerhalb der Kirche: Bischöfe, Ordensleute, Priester, Seminaristen, Katecheten und schließlich Laien. Welchen Stellenwert räumt der Papst den Laien in Afrika ein?

„Eine hohe, etwa was ihre Rolle in der Gesellschaft betrifft. Die katholischen Laien müssen ihrer Verantwortung aber auch gerecht werden, indem sie die Soziallehre der Kirche gründlich studieren. Der Papst ruft die Laien dazu auf, sich aktiv in Wirtschaft, Politik, Bildung, Kultur einzubringen und dort ihre Werte weiterzugeben. Ganz besonders muss die Kirche in den afrikanischen Medien aktiver als bisher sein, schreibt der Papst. Das versteht man gut, wenn man an die Unzahl kleiner afrikanischer Radiostationen denkt, die in der Steppe senden und von Menschen gehört werden, die selten Zeitungen sehen und die gegebenenfalls nicht lesen können. Diese Buschradios haben eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf ihrer Hörer, sie können sie zu Versöhnung und Frieden aufrufen." (rv)

Text des Orignaldokuments:   > > Africae Munus

Papst redet Politikern ins Gewissen: „Amputiert nicht die Freiheit!“

  2. Tag

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Samstag seinen Besuch im westafrikanischen Benin fortgesetzt. Am zweiten Tag der Reise traf er am Morgen in Cotonou mit Präsident Thomas Boni Yayi zusammen. Am frühen Nachmittag unterzeichnet er in Ouidah das Schlussdokument zur Afrika-Synode 2009.

Nach einer Privatmesse am frühen Morgen in der Apostolischen Nuntiatur von Cotonou, wo der Papst auch übernachtet hatte, fuhr Benedikt XVI. in den etwa drei Kilometer entfernten Präsidentenpalast, der unmittelbar am Atlantik liegt.

Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung – mit dieser Formel, die schon sein Vorgänger Johannes Paul oft verwendet hat, beginnt Benedikt XVI. seine Ansprache an Vertreter der Regierung und Zivilgesellschaft im Präsidentenpalast von Cotonou: „Wenn ich von Afrika als Kontinent der Hoffnung spreche, mache ich nicht einfach nur schöne Worte. Ich drücke eine persönliche Überzeugung aus und gebe die Sicht der Kirche wieder." Entschieden wendet sich der Papst gegen einen ausbeuterischen Blick auf Afrika: Weder moralische Urteile und Vorurteile noch schlaue Analysen oder die Ausbeutung Afrikas als „Reservoir an Energie, Mineralien, Landwirtschaft und Menschen" trage der Vielfalt des Kontinentes Rechnung, vielmehr sei dieses Denken schädlich. „Dies sind herabsetzende und respektlose Ansichten, die zu einer wenig würdigen Verdinglichung von Afrika und seinen Einwohnern führen."

Hoffnung bedeute ganz konkret Gerechtigkeit und Frieden, Freiheit und ein würdiges Leben, dekliniert der Papst im Folgenden durch: Dazu gehörten Ernährung und Ausbildung für die eigenen Kinder, der Schutz der Gesundheit und eine Politik, die dem Gemeinwohl dient und die transparent und gerecht ist. „Jedes Volk will die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen verstehen, die in seinem Namen getroffen werden. Es wird sich der Manipulation bewusst, und seine Reaktion ist manchmal gewalttätig. Es will am guten Regieren teilhaben", erklärt Benedikt XVI. weiter und geht dabei explizit auf die Umbrüche des arabischen Frühlings in Nordafrika ein, die er als grundlegendes menschliches Bedürfnis nach mehr Demokratie ins Allgemeine wendet: „Wir haben es hier mit einem legitimen Anspruch zu tun, der alle Länder betrifft, einen Anspruch auf mehr Würde und vor allem mehr Menschlichkeit".

„Die politischen und wirtschaftlichen Verantwortungsträger der Länder stehen vor maßgeblichen Entscheidungen, denen sie nicht länger aus dem Weg gehen können", redet der Papst der afrikanischen Führungsschicht in Wirtschaft und Politik ins Gewissen: „Sprecht euren Völkern nicht ihre Hoffnung ab. Amputiert nicht ihre Freiheit, indem ihr ihre Gegenwart verstümmelt! Geht die Dinge ethisch an, mit dem Mut eurer Verantwortung, seid gläubig und bittet Gott um Weisheit. (…) Diese Weisheit wird euch verstehen lassen, dass ihr zu wahren Dienern der Hoffnung werden müsst, wenn ihr die Zukunft eurer Völker fördern wollt."

Die Kirche biete keine technischen oder politischen Lösungen an, so der Papst weiter, begleite aber einen Staat, der Hoffnungsträger für sein Volk sei: Wenn Politik und Wirtschaft, Intellektuelle und Kulturvertreter dem Volk eines Landes diese positive Botschaft vermitteln könnten, entstehe Einheit und Gemeinschaft.

Deutlich wendet sich der Papst in seiner Ansprache im Präsidentenpalast, der auch zahlreiche Religionsvertreter beiwohnen, entschieden gegen jede Form von religiös motivierter Gewalt: „Keine Religion und keine Kultur kann den Aufruf zu Gewalt und Intoleranz rechtfertigen. Die Aggressivität ist eine ziemlich archaische Form der Beziehung, die wenig edle Instinkte auf den Plan ruft", so der Papst. Im multireligiösen Afrika, wo die Religionen oftmals vielfältige Verbindungen eingehen, warnt Benedikt XVI. weiter vor den Gefahren des Synkretismus und der Verwirrung im Feld der Religion. Interreligiöser Dialog müsse brüderlich sein und auf der genauen Kenntnis der eigenen Religion beruhen, und er müsse von regelmäßiger Gebetspraxis begleitet sein.

Positives Beispiel für religiöse Vielfalt und Zeichen der Hoffnung sei die afrikanische Familie, so Benedikt XVI.: „Auf eurem Kontinent gibt es viele Familien, deren Mitglieder verschiedenen Religionen nachgehen, und trotzdem bleibt die Familie vereint. Diese Einheit ist nicht nur gewollt von der Kultur, sondern sie besteht aufgrund brüderlicher Zuneigung." Lobend erwähnt der Papst in diesem Zusammenhang auch die gelungene Zusammenarbeit der Religionen im sozialen und kulturellen Bereich.

Das Gespräch der katholischen Kirche mit den in Afrika vertretenen Religionen komme „von Herzen", versichert den Papst den versammelten Religionsvertretern weiter. Er verweist dabei auf das Zweite Vatikanische Konzil und die interreligiösen Initiativen des Vatikans. (rv)

Kathedrale in Cotonou: Papst würdigt Beitrag der Kirche zur Demokratisierung des Landes

 1. Tag

Am Freitagnachmittag besuchte Papst Benedikt XVI. in Cotounou die alte Kathedrale „Notre-Dame-de-Miséricorde". Die prächtige rot-gelb-gestreifte Kirche bildet das Herzstück der Erzdiözese, die von Kardinal Bernardin Gantin von 1960 bis 1971 geleitet wurde. Auf den Gräbern der Nachfolger von Gantin in der Kathedrale, der letzten Ruhestätte der Erzbischöfe von Cotounou Isidore de Sousa (1990-1999) und Christophe Adimou (1971-1990), hielt der Papst einen Moment inne. In seiner Ansprache erinnerte Benedikt XVI. an den Beitrag dieser beiden katholischen Persönlichkeiten für die Evangelisierung und Demokratisierung des Landes:

„Die beiden waren tapfere Arbeiter im Weinberg des Herrn, und im Herzen der Katholiken und zahlreichen Einwohner von Benin bleibt die Erinnerung an sie immer noch wach. Jeder dieser beiden Geistlichen war auf seine eigene Weise Hirte voll Eifer und Barmherzigkeit. Sie haben sich voll und ganz dem Dienst am Evangelium und am Volk Gottes hingegeben und sich vor allem um die verletzlichsten Menschen gekümmert. Ihr alle wisst, dass Bischof de Sousa ein Freund der Wahrheit war und eine maßgebliche Rolle im demokratischen Übergang Eures Landes gespielt hat."

Der frühere Erzbischof von Cotonou, Isidore de Sousa, leitete nach den Unruhen der Jahre 1989 und 1990 die Nationalkonferenz, auf der Richtlinien für einen demokratischen Neubeginn des Landes festgelegt wurden. Zu den Errungenschaften der folgenden Jahre gehören unter anderem die Zulassung politischer Parteien, die Durchsetzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und die Einführung der Marktwirtschaft. Dass sich die marxistisch-leninistische „Volksrepublik Benin" der 70er Jahre bis 1991 zur Demokratie wandeln konnte, ist auch De Sousa zu verdanken.

Papst Benedikt XVI. ging in der Kathedrale von Cotonou weiter auf die Offenbarung der göttlichen Barmherzigkeit ein: Im Akt der Vergebung und in der Anleitung auf dem Weg der Wahrheit zeige sich die Liebe Gottes gegenüber den Menschen; dieses Erbarmen zeige sich besonders in der Figur der Jungfrau und Gottesmutter Maria:

„Unter dem Schutz ihrer Barmherzigkeit heilen die verletzten Herzen, die Übel des Bösen werden vereitelt und die Feinde versöhnt. Maria ist nicht nur ein Modell der Perfektion, sondern auch eine Hilfe, um die Einheit mit Gott und mit unseren Brüdern und Schwestern."

Abschließend lud der Papst alle seine Zuhörer dazu ein, die Gottesmutter um Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden für den afrikanischen Kontinent zu bitten. Besonders die junge afrikanische Bevölkerung schloss Benedikt XVI. in sein Gebet ein: Kinder und Jugendliche, die angesichts von Krankheiten, Hunger, Krieg und politischer Instabilität auf eine bessere Zukunft hoffen.

Ehrenrunde durch die Stadt
Zahlreiche Gläubige jubelten dem Papst zu, als dieser auf dem Papamobil am Sitz der Beniner Bischofskonferenz vorbeifuhr und noch eine große Runde durch Cotonou fuhr, um möglichst viele Gläubige zu begrüßen. Nach Ankunft bei der Kathedrale wurde Benedikt XVI. im schlichten, hellen Innenraum der Kirche vom Rektor der Kathedrale sowie den Bischöfen des Landes empfangen; hunderte von Gläubigen stimmten in Gesänge ein.

Nach dem Besuch in der Kathedrale begibt sich der Papst in die Apostolische Nuntiatur von Cotonou, wo er zu Abend essen und auch übernachten wird. (rv)

Vatikan: Protest gegen Papstbild in Benetton-Werbung

Der Vatikan hat gegen die Verwendung eines Papstbildes in einer Werbekampagne des Benettons-Konzerns protestiert. Die „Manipulation" und „Instrumentalisierung" des Papstbildes innerhalb der Kampagne sei „völlig inakzeptabel" und „respektlos". Das schreibt Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in einer Note, die der Vatikan am Mittwochabend veröffentlichte. Die Abbildung, die einen Kuss zwischen Papst Benedikt und dem Kairoer Imam Ahmed al-Tayyeb als Fotomontage konstruiert, verletze die Gefühle der Gläubigen, schreibt Lombardi weiter. Hier zeige sich, wie in der Werbewirtschaft offenbar alle elementaren Regeln des Respektes verletzt werden dürften, um durch den damit hervorgerufenen Protest Aufmerksamkeit zu erregen. Wegen des fotomontiertes Kuss-Bildes schließt das vatikanische Staatssekretariat gerichtliche Schritte gegen das Modeunternehmen nicht aus. Man habe Anwälte beauftragt, in Italien und im Ausland Schritte gegen eine weitere Nutzung der Fotomontage zu unternehmen, erklärte der Vatikan am Donnerstag weiter. Dies gelte auch für die Verbreitung der Abbildung in den Medien. Das Bild war kurzzeitig in Rom zu sehen gewesen. Der Benetton-Konzern zog das Bild mittlerweile zurück. In einer Erklärung heißt es, man habe keine religiösen Gefühle verletzen wollen. (rv)

Kardinal Koch: Interview über seine Reise nach Minsk

Der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch, war vom 12. bis 16. November in Weißrussland. Eingeladen hatte ihn der orthodoxe Metropolit von Minsk Filaret. Der aus der Schweiz stammende Kurienkardinal besuchte aber natürlich auch die Katholiken im Land. Weißrussland ist nach Litauen der Staat der früheren Sowjetunion mit der größten Prozentzahl von Katholiken. Am Sonntag feierte Koch mit ihnen die Messe in Minsk.

„Es waren alle Bischöfe anwesend, und die Kathedrale war sehr voll; auch viele Kinder waren da. Ich habe den Eindruck, dass der Glaube und die Kirche auf katholischer Seite in diesen Gegenden lebt und dass ein großes Bedürfnis da ist, den Glauben wieder in dieser neuen Situation zu leben."

Anlass der Reise war die siebte internationale Konferenz über christliche ethische Werte in Europa, so Kardinal Koch im Gespräch mit Radio Vatikan an diesem Donnerstag:

„Ich denke, das ist eine sehr sinnvolle Initiative – vor allem, dass das ökumenisch gestaltet wird. Ich habe den Eindruck, dass die ökumenischen Beziehungen sehr positiv und sehr tief sind. Das ist natürlich wesentlich das Verdienst des orthodoxen Metropoliten Filaret, der ein sehr offener Mensch ist und ökumenisch sehr viel unternimmt."

Er habe viele Gespräche mit orthodoxen Theologen geführt, auch mit einem orthodoxen Bischof aus der Ukraine. Es sei um die „gemeinsame Sendung von Orthodoxen und Katholiken" gegangen „und ihre Verantwortung in der heutigen Gesellschaft". Aber nicht um das orthodoxe Konzil – das erste seit über tausend Jahren –, um dessen Organisation sich vor allem der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. bemüht:

„Von diesem pan-orthodoxen Konzil war nicht die Rede, aber natürlich steht das immer im Hintergrund, und im Grunde können wir Katholiken ja nur hoffen, dass diese pan-orthodoxe Synode zustande kommen wird, weil das eine wesentliche Hilfe auch für den Dialog sein wird."

Der deutsche Ökumene-Experte Johannes Oeldemann, der ebenfalls auf der Tagung in Minsk war, äußerte gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur die Einschätzung, zu einem Treffen zwischen dem Papst und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. werde es „in absehbarer Zeit" nicht kommen. Kardinal Koch erinnert demgegenüber daran, dass er im letzten März mit Kyrill gesprochen habe:

„Ich habe an sich den Eindruck gehabt, dass er einer solchen Begegnung positiv gegenübersteht und dass die Situation sich sicher verbessert hat in den vergangenen Jahren. Er hat aber auch klar gesagt, dass man noch nicht über Daten reden kann, weil es wichtiger ist, dass eine solche Begegnung dann auch intensiv vorbereitet wird, statt schon irgendwelche Daten in die Welt zu setzen."

In Minsk hat sich der Kardinal auch mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko getroffen:

„Also, die Einladung kam von ihm – er wollte unbedingt eine Begegnung haben. Er hat dabei auch an seinen Besuch hier im Vatikan bei Papst Benedikt erinnert, und er wollte einfach zum Ausdruck bringen, dass ihm eine gute Beziehung mit den Kirchen – der katholischen, der orthodoxen, mit der Ökumene – ein wichtiges Anliegen ist und dass er gern diesen Kontakt vertiefen möchte. Er hat das auch zum Ausdruck gebracht, dass er auf mehr Hilfe aus dem Vatikan setzt. Nun ist das natürlich eine gegenseitige Situation, und man muss die Fragen sehr intensiv angehen, was das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in Weißrussland betrifft. Aber ich denke, in allererster Linie ist das zunächst eine Angelegenheit der katholischen Bischöfe dort in diesem Land." (rv)

Verzerrende Berichte über Vatikan: Sind immer die Medien schuld?

„Angriff auf Ratzinger" – so heißt ein Buch in Italien, das eine richtiggehende Medienkampagne gegen den Papst am Werk sieht. Dass es immer wieder in den Medien tendenziöse, entstellende Berichte über Benedikt XVI. und ganz allgemein über die katholische Kirche gibt, läßt sich kaum bestreiten. Mit einem Studientag hat sich der Vatikan in der vergangenen Woche mit dem Phänomen beschäftigt. Titel: „Unverständnis – die katholische Kirche und die Medien". Kardinal Gianfranco Ravasi vom Päpstlichen Kulturrat hat versucht, aus der Veranstaltung seine Schlüsse zu ziehen:

„Wir müssen eben sehen, dass es in unserer Zeit eine große Revolution im Medienbereich gegeben hat: Wir stehen nicht mehr nur der Presse gegenüber, wie wir sie etwa zu Zeiten von „Humanae Vitae" oder dem Konzil hatten. Jetzt leben wir in einer virtuellen Welt, einer Welt extrem schneller Information, des Fernsehens und des Bildes."

Die Medienlandschaft hat sich viel schneller geändert als die Kirche, so Kardinal Ravasi. Und ihm sind zwei Schlussfolgerungen wichtig.

„Erstens dürfen wir nie vergessen, dass die christliche Botschaft sich an die Welt wendet, also gar keine Missverständnisse vermeiden kann. Wir müssen dabei außerdem bedenken, dass unsere Sprache oft völlig unverständlich und selbstbezogen ist. Unsere Botschaft muss also für präzise Kommunikationskanäle formuliert werden."

Die zweite Schlussfolgerung: Die Botschaft des Christentums dürfe nun aber auch nicht von der Kirche selbst entleert und „passend gemacht" werden, einfach damit sie medial leichter herüberkommt.

„Die christliche Botschaft hat nämlich von Natur aus eine skandalöse, eine provozierende Seite. So dass diese Medaille zwei Seiten hat: auf der einen Seite unsere notwendige Öffnung und Sensibilität für das Kommunizieren, auf der anderen das Bewahren der Botschaft in ihrer Anstößigkeit. Übrigens ist das nicht erst seit neuestem unser Problem: Schon in den Paulusbriefen findet man eine Fülle von Problemen, auf die Paulus beim Verbreiten seiner Botschaft trifft."

Ravasi ist von Haus aus Bibelwissenschaftler; nach seinem Eindruck stand der Völkerapostel Paulus in den ersten Jahrzehnten des Christentums vor „fast analogen Problemen" wie die Kirche heute.

„Auch die damalige griechische Welt war eine Welt im Wandel und im Übergang, so wie unsere heutige Informationsgesellschaft. Wenn man versucht, da hineinzusprechen so wie Paulus, dann stößt man unvermeidlich auf solche Probleme. Die gehören zur Bewegung, zum Leben selbst – aber man muss sie eben ordentlich angehen und durchstehen." (rv)

Programm der Papstreise nach Benin

Freitag, 18. September:
Ankunft ist um 15 Uhr am ‚Flughafen Kardinal Gantin’ in Cotonou (Benin liegt in der gleichen Zeitzone wie Mitteleuropa). Papst Benedikt wird vom Präsidenten Benins willkommen geheißen.

Zwischen 16.30 Uhr und 17 Uhr besucht der Papst die Kathedrale von Cotonou, Notre Dame de Miséricorde.

Samstag, 19. September:
Der Tag beginnt mit dem offiziellen Treffen von Papst Benedikt mit dem Präsidenten Benins, Thomas Yayi Boni.

Danach begibt sich Papst Benedikt nach Ouidah, ein Ort am Atlantik, von dem aus in früherer Zeit die Sklaven verschifft wurden. Er wird das Priesterseminar dort besuchen und dort das Grab von Kardinal Bernardin Gantin (+ 2008).

Gegen halb 12 Uhr wird er mit Priestern, Seminaristen und Ordensleuten zusammen treffen.
Um 12.15 Uhr wird sich der Papst zur Basilika von Ouidah begeben und das postsynodale Schreiben zur Afrikasynode 2009 unterzeichnen.

Am Nachmittag folgt um 16.30 Uhr das Treffen mit den Organisatoren der Reise und den freiwilligen Helfern. Danach besucht Benedikt XVI. das Foyer „Friede und Freude" der Missionarinnen der Nächstenliebe (Mutter-Theresa-Schwestern) in Cotonou.

In der Pfarrei Sankt Rita wird der Papst um 17 Uhr15 Kindern treffen.
Am Abend gegen 19 Uhr trifft der Papst die Bischöfe Benins in der Apostolischen Nuntiatur zum Abendessen.

Sonntag, 20. September:
Um 8.30 Uhr wird der Papst im ‚Stadion der Freundschaft’ von Cotonou eintreffen und eine heilige Messe feiern. Dabei wird er den Bischöfen des Landes das postsynodale Schreiben übergeben.

Nach der Messe und der Verabschiedung des Papstes am Flughafen kehrt Benedikt XVI. dann nach Rom zurück. (rv)

Ungarn: Kardinal Erdö im Gespräch

Bevor Griechenland und Italien ins Visier der Märkte gerieten, spielte Ungarn gewissermaßen die Rolle des Sündenbocks in der EU: Ministerpräsident Viktor Orban, der bis vor kurzem auch noch die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, bringt regelmäßig die Beobachter in anderen Ländern der Union gegen sich auf. Nicht nur mit einem heftig umstrittenen Mediengesetz, sondern auch mit seiner neuen Verfassung, in deren Präambel ein nationales Credo aufgenommen wurde, und mit der Ausstellung der Stephanskrone im Budapester Parlament. Einige warnen, die mit Zweidrittelmehrheit ausgestattete neue Regierung nutze kirchliche Requisiten, um ein rückwärtsgewandtes Regime zu installieren. Anne Preckel traf in diesen Tagen in Esztergom den Budapester Kardinal Peter Erdö. Sie fragte ihn, ob die Kirche etwas mit dem neuen Mediengesetz zu tun hat. (rv)