Kardinal Meisner: „Der Papst wird die Dinge schon beim Namen nennen“

Was wird Papst Benedikt ansprechen bei seinem Besuch in Deutschland ab diesem Donnerstag? Ersste Hinweise gibt es schon: Er will die Gottesfrage wieder in den Mittelpunkt rücken, hat der Papst selbst am Samstag gesagt. Er wird vor dem Bundestag auch Überraschendes ansprechen – Fragen, die dort noch nicht gestellt worden sind, schreibt Erzbischof Robert Zollitsch in einem Zeitschriftenbeitrag. Er wird von den christlichen Wurzeln Europas reden, kündigt der Kölner Kardinal Joachim Meisner an.
„Er wird gerade rücken, dass das Christentum nicht ein Störenfried Europas ist, sondern seine Wurzeln darstellt. Indem sich Europa von seinem Wurzelgrund abschneidet, verdorrt der Baum. Und dann kommen die großen Schwierigkeiten, mit denen wir uns hier herumschlagen müssen. Wenn es ihm gelingt, den Baum zu verwurzeln, mit seinem Mutterboden in Verbindung zu bringen, dann ist er wie ein Arzt, der die psychische Lage unseres Volkes heilt. „Heile, was verwundet ist…" Wenn man die Zeitung aufschlägt, liest man nur von Streit, Hass und Unglücken. Wir bedürfen wirklich des Arztes. Der Papst kommt nicht, um Gegensätze aufzureißen, aber auch nicht um zu verkleistern. Er wird die Dinge schon beim Namen nennen."
Und zwar auch bei seinem Auftritt im Deutschen Bundestag am Donnerstag, dem ersten Tag der Visite. Meisner hat schon vor ein paar Tagen heftig kritisiert, dass einige Abgeordnete dem Moment fernbleiben wollen. Jetzt meint er im Kölner Domradio:

„Wenn ich jemanden in mein Haus einlade, muss ich dafür sorgen, dass ich der Würde und dem Status des Gastes gerecht werde!"

Auf seine Kritik am Boykott habe er noch keinerlei Resonanz erhalten, so Kardinal Meisner. Und er erwarte auch keine Resonanz.
„Ich kann immer nur sagen: Ich verstehe das nicht. Ich bin als Bischof ein Mann, der aus der Bibel lebt. Mich erinnert das manchmal daran, wenn Jesus gekommen ist, und Besessene waren da. Da fingen die Geister, die die Menschen in Besitz genommen haben, an zu schreien: Was haben wir mit Dir zu schaffen! Dann hat Jesus die Geister ausgetrieben. Und dann heißt es immer: Es kehrte Ruhe und Frieden ein. Die letzten Reaktionen erinnern mich an eine rational nicht nachvollziehbare Anti-Papst-Besessenheit." (rv)

Russland/Vatikan: Leidensgeschichte der russischen Katholiken

Papst Benedikt XVI. hat in einem Brief an Kardinal Tomko an die Leidensgeschichte der russischen Katholiken erinnert. In dem Schreiben aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der katholischen Marienkathedrale in Moskau, das am kommenden Wochenende gefeiert wird, heißt es, die Kommunisten hätten das Gebäude entweiht und als Fabrik verwendet; dort wo der Altar war, wurde eine Toilette installiert, auch war der Pfarrer getötet und zahlreiche Gläubige in Gefängnisse verschleppt worden. Doch die Liebe zur Gottesmutter und die Gebete der Gläubigen hätten dazu geführt, dass vor 12 Jahren das Gebäude der katholischen Kirche zurückgegeben werden konnte. Kardinal Jozef Tomko leitet die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen als Päpstlicher Sondergesandter. Neben einer Festmesse sind Ausstellungen geplant sowie die Einweihung eines Denkmals für Mutter Teresa. (rv)