Caritas-Kardinal: „Ohne Kampf gegen Armut kein Weltfrieden“

Caritas Internationalis tagt ab diesem Montag in Rom – und feiert: Denn der Dachverband von 165 nationalen Caritasverbänden ist jetzt sechzig Jahre alt. Für den Präsidenten von Caritas Internationalis, Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga aus Honduras, hat Caritas „immer eine Zukunft, solange jemand mitmacht!"

„Es war Monsignore Montini (der spätere Papst Paul VI.), der die Idee zu Caritas Internationalis hatte. Ihm schwebte eine Art Dirigent vor, der alle Initiativen für die Armen und vor allem die Nothilfen dirigieren sollte. So hat Caritas internationalis angefangen. Bis heute wird sie vor allem mit ihrer Not- und Katastrophenhilfe assoziiert; aber ihr Ziel ist noch umfassender. Es geht generell um die Förderung der menschlichen Person, und zwar im Geist der katholischen Soziallehre."

Die katholische Soziallehre ist der entscheidende Kompass bei aller Hilfe – das unterstrich bei einer Festmesse am Sonntagabend auch der vatikanische Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Wenn die Kirche nicht im Geist Christi helfe, sondern sich um vermeintliche Neutralität bemühe, leiste sie einer „materialistischen Mentalität" Vorschub. Und das sei auf die Dauer ein Bärendienst am Menschen. Kardinal Maradiaga:

„Viele sagen uns: Warum macht ihr dies, warum tut ihr das? Warum helft ihr zum Beispiel Japan, welches Interesse steht dahinter? Ich sage dazu: Wir tun das, weil wir Christen sind. Christsein heißt, das Evangelium in die Wirklichkeit umzusetzen – und das Evangelium zeigt uns deutlich den Weg der Liebe. Darum nennen wir uns ja auch Caritas: Liebe!"

„Armut null, eine einzige Menschheitsfamilie" – das ist das Motto bei den Beratungen in Rom, die bis Freitag dauern sollen und auf denen die Globalstrategie der Caritas für die nächsten Jahre festgelegt wird. „Armut null" erinnert im Wortlaut stark an Sozialprogramme des früheren brasilianischen Präsidenten „Lula" – und an die Millenniumsversprechen der Industrieländer aus dem Jahr 2000. Zu diesen Zielen gehörte u.a. die fast völlige Beseitigung des Hungers auf der Welt bis zum Jahr 2015.

„Das wäre möglich gewesen – aber der Wille dazu fehlte. Ich bezweifle gar nicht den guten Willen derer, die damals die so genannten Millenniumsziele formuliert haben. Aber der politische Wille, sie umzusetzen, hat dann eben doch gefehlt. Wenn wir mit internationalen Finanzinstituten sprechen, sagen die uns alle: Aber ihr seht doch, dass die Armut zurückgegangen ist! Dann antworten wir: Ja, schon – auf dem Papier. Weil einige Länder jetzt Wachstums-Indizes präsentieren. Aber die Wirklichkeit der Armut ist immer noch da, und sie ist unerträglich! Armut null – das ist wohl auch unser Motto für die nächsten vier Jahre: Denn es ist wirklich nötig, die Armut spürbar zu reduzieren. Sonst gibt es auch keinen Frieden!" (rv)

Papstbesuch in Kroatien: Es wird kein Spaziergang

In knapp zwei Wochen besucht Benedikt XVI. Kroatien. Ein Anlass der 19. Auslandsreise des Papstes ist der Nationale Familientag der Katholiken des Landes am 5. Juni in Zagreb. Weiter stehen eine Rede vor Politikern, Wissenschaftler, Diplomaten und Religionsführern sowie eine Begegnung mit Jugendlichen auf dem Programm. Auch wenn Kroatien nur einen Katzensprung von Italien entfernt ist, wird die Papstvisite in dem katholischen Land auf dem Balkan wohl kein Spaziergang.

Der Papstbesuch fällt in die Endphase der EU-Beitrittsverhandlungen für Kroatien, die bis Ende Juni abgeschlossen sein sollen. Kroatiens Beitritt zur Europäischen Union – anvisiert für die erste Jahreshälfte 2013 – ist wohl auch Gegenstand der Gespräche, die der Papst mit der kroatischen Staatsspitze führen wird. Der Heilige Stuhl erkannte 1991 als einer der ersten Staaten die Unabhängigkeit Kroatiens an und gilt heute neben Deutschland und Österreich als verlässlicher Befürworter des kroatischen EU-Beitritts. Anders als zum Beispiel Frankreich, für das das zentrale Kriterium der Beitrittsverhandlungen mehr Kooperation des Balkanlandes mit Internationalen Strafgerichtshöfen ist – insbesondere bei Aufarbeitung der eigenen Kriegsvergangenheit. So empört in Kroatien derzeit die Verurteilung der beiden Militärs Ante Gotovina und Mladem Markac vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag die Gemüter. Die im eigenen Land als Kriegshelden verehrten Männer wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Rückeroberung der Krajina im Jahr 1995 zu langen Haftstrafen verurteilt. Ob mögliche Papstappelle zu Verständigung und Versöhnung auf Kroatiens nationalistischem Boden Blüten treiben, ist noch völlig offen. Nicht zuletzt deshalb, weil selbst die katholische Kirche bei der Frage gespalten ist: Kritik am Haager Urteil kam nicht zuletzt von der kroatischen Bischofskonferenz, während andere Teile der kroatischen Kirche die Kooperation mit Den Haag befürworteten.
Weiterer Stolperstein auf Kroatiens Weg in die EU ist der Korruptionsskandal um den Expremier und ehemaligen Christdemokraten Ivo Sanader, der das Staatsbudget durch Amtsmissbrauch und dubiose Geldgeschäfte um sechs Millionen Euro erleichtert haben soll. Auch die für Herbst erwarteten Wahlen samt EU-Volksabstimmung – die Zustimmung zur EU liegt in Kroatien derzeit bei nicht mal 30 Prozent – und die verbreitete Politikverdrossenheit der Jugend sind Prüfsteine für die Zukunft eines Landes, das noch vor acht Jahren endlich aufzubrechen schien: Als Papst Johannes Paul II. Kroatien auf einer seiner letzten Auslandsreisen im Jahr 2003 besuchte, war Kroatiens politische Isolation aufgebrochen, die Tür zum Westen einen Spalt weit aufgetan und auch die Wirtschaft angekurbelt. Anders als sein Vorgänger dürfte Papst Benedikt bei dieser Reise weniger im kroatischen Frühling wandeln als vielmehr auf vermintem Boden. (rv)