Vatikan: Betroffen über Attentat in Alexandria

Der Pressesprecher von Papst Benedikt, Jesuitenpater Federico Lombardi, reagiert äußerst betroffen auf die Nachricht vom Massaker an koptischen Christen in Alexandria. „Wir sind aufgewühlt über diese schreckliche Gewalt ausgerechnet im Moment eines wichtigen religiösen Festes", so Lombardi. „Der Papst ist darüber informiert worden und ist tief betroffen und voller Schmerz über diese Geschehnisse." Jetzt zeige sich, „dass die Pläne des Hasses in ihrem mörderischen Kampf gegen das Leben von Menschen und gegen den Frieden keine Atempause zulassen". Da würden „Ströme unschuldigen Blutes vergossen", so der Vatikansprecher. Gerade an diesem Samstag erinnere die Kirche mit Nachdruck an die Religionsfreiheit „als Weg des Friedens für alle", aber auch „an soviel Gewalt gegen Christen". Jetzt brauche es „den Einsatz aller, um sich dem Hass effizient entgegenzustemmen", so Pater Lombardi wörtlich. „In diesem dramatischen Moment sind wir den betroffenen koptisch-christlichen Gemeinden nahe und wünschen uns inständig Frieden für das ganze ägyptische Volk!" Im Vatikan vermuten viele, dass der Papst am Sonntag bei seinem Angelusgebet zum Massaker von Alexandria Stellung nehmen wird.
Auch der Nuntius in Kairo, Erzbischof Michael Fitzgerald, verurteilte das Attentat. Der Papst habe in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag betont, religiöse Freiheit sei eine Vorraussetzung für Frieden: „Wir sehen, dass dies so ist. Denn wenn Gemeinden nicht in der Lage sind, in friedlichen Verhältnissen in Ruhe zu feiern, dann wird es keine Ruhe in der Gesellschaft geben", so der Erzbischof im Gespräch mit uns. Der Nuntius sprach der koptisch-orthodoxen Gemeinde im Namen aller Christen und besonders im Namen der Katholiken tiefes Mitgefühl aus.
„Aufs Schärfste" verurteilt hat auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, den Anschlag. Er sei tief erschüttert über diesen „Akt grausamer Gewalt", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur. Er rief zum Gebet für die Opfer und ihre Familien auf. Dafür appellierte auch die katholische Kirche in Frankreich. Mit Blick auf den Weltfriedenstag nannte der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, der Pariser Kardinal Andre Vingt-Trois, den Angriff von Extremisten besonders schmerzlich. Er kündigte an, dass er der Opfer des Anschlags von Alexandria bei einer Messfeier am Sonntagabend in der Kathedrale Notre-Dame der französischen Hauptstadt gedenken werde.
Tief betroffen zeigt sich auch der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Österreich, Gabriel (Anba), im „Kathpress"-Gespräch. Er wies auf die benachteiligte Situation der Kopten in Ägypten hin. Beim Vorfall seien grundlos Unschuldige verletzt und getötet worden, sagte der Bischof. Er kündigte einen Trauergottesdienst für die Opfer im Januar an; angedacht sei auch eine europaweite Demonstration gegen die Diskriminierung von Kopten bzw. die Gewalt gegen sie. „In Ägypten werden Kopten verfolgt", betonte Bischof Gabriel. Dies sei auch den Menschen in Österreich noch zuwenig bewusst. – Vor rund einer Woche war eine sogenannte „Todesliste" im Internet bekanntgeworden, auf der auch Namen von in Österreich lebenden Kopten zu finden gewesen waren. Seitens des Innenministeriums wurden entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen. (rv)

Ägypten: Verheerender Anschlag auf Christen

Bei einem Bombenattentat auf koptische Christen in Alexandria sind in der Silvesternacht 17 Menschen getötet worden; 43 weitere wurden nach Medienangaben zum Teil schwer verletzt. Ein Sprengsatz explodierte am Samstag kurz nach Mitternacht, als die Besucher einer Neujahrsmesse in Alexandria aus der Kirche kamen. Nach der Tat lieferten sich wütende Christen nach Angaben der Polizei und von Augenzeugen Strassenkämpfe mit den Sicherheitskräften und stürmten eine nahe gelegene Moschee. An der Messe hätten fast 1.000 Menschen teilgenommen, sagte der koptische Priester Mena Adel. Nach dem Gottesdienst seien die Besucher auf die Strasse geströmt. „Ich war drinnen und habe eine starke Explosion gehört", so der Geistliche. „Menschen standen in Flammen." Augenzeugen berichteten, vor der Kirche habe die zerstörte Karosserie eines Autos gestanden, im Umkreis hätten Leichen gelegen, zahlreiche Menschen seien verletzt worden. Die Polizei ging zunächst von einem mit Sprengstoff beladenen Auto aus; mittlerweile sprechen die Behörden aber von einem Selbstmordattentäter.
 Das christliche Gotteshaus und die nahegelegene Moschee wurden durch die Explosion beschädigt. Wie das Innenministerium mitteilt, sind unter den Verletzten auch Muslime. Medien hatten zunächst von 21 Toten gesprochen; mittlerweile gehen die Behörden von 17 Todesopfern aus. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Der Gouverneur von Alexandria, Adel Labib, gab umgehend dem Terrornetzwerk Al-Kaida die Schuld an der Tat. Das Innenministerium sprach am Samstag von „ausländischen Elementen", die für das Attentat verantwortlich seien. Präsident Hosni Mubarak rief wenige Stunden nach der Bluttat zur Einheit auf: „Die Söhne Ägyptens, ob Kopten oder Moslems, sollten jetzt gegen den Terrorismus zusammenstehen." Ein Sprecher der Kairoer Universität Al-Azhar, der wichtigsten Autorität im sunnitischen Islam, nannte den Anschlag von Alexandria einen „Angriff auf die nationale Einheit Ägyptens". Eine Verurteilung des Massakers kommt auch von den fundamentalistisch orientierten „Muslimbrüdern". Auf ihrer Homepage sprechen sie von einem „gefährlichen Verbrechen" und schreiben wörtlich: „Keine Religion kann so ein Verbrechen gutheißen, erst recht nicht der Islam, der den Schutz des Lebens, der Ehre und der Güter auch von Nicht-Muslimen fordert."
Die Kopten sind die grösste christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten. Sie machen ungefähr zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner im überwiegend muslimischen Ägypten aus und sehen sich im Alltag Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt. In den vergangenen Jahren gab es in verschiedenen Teilen Ägyptens immer wieder tödliche Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen. Die gleiche Kirche in Alexandria geriet bereits 2006 in die Schlagzeilen, nachdem ein Messerstecher Gottesdienstbesucher angegriffen hatte. Syrien hat am Samstag das Attentat von Alexandria heftig verurteilt. Schon die Parlamentswahlen vor wenigen Wochen waren in Ägypten von starken, auch religiösen, Spannungen begleitet gewesen; im September 2011 stehen nun Präsidentenwahlen an.
Ein Regierungs-Statement aus Damaskus spricht von einer Attacke „auf den religiösen Pluralismus in Ägypten und in anderen arabischen Staaten". Syrien stehe an der Seite Ägyptens, „um gemeinsam Front gegen den Terrorismus zu machen". Bestürzung über die Nachricht aus Alexandria kommt auch vom französischen Außenministerium und vom Primas der anglikanischen Weltkirche, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury. (rv)