Vatikan/China: „Papst ist enttäuscht“

Der vatikanische Pressesaal reagiert an diesem Mittwoch auf die illegale Bischofsweihe in der chinesischen Provinz Hebei. In einer Note mit sieben Punkten zählt der Vatikan auf, was bei dieser Bischofsweihe falsch sei. In Chinas katholischer Kirche fand erstmals seit 2006 eine vom Papst nicht erlaubte Bischofsweihe statt. An der Weihe hätten auch acht Bischöfe teilnehmen müssen, die offiziell in Gemeinschaft mit Papst Benedikt XVI. stehen.
 Im ersten Punkt stellt die Note fest, dass der Papst enttäuscht sei von dieser Nachricht aus China, da es sich um eine Weihe handele, die nicht von Rom approbiert worden sei. Damit sei „eine schmerzhafte Wunde" geöffnet worden. Weiter stellt der Vatikan fest, dass in den vergangenen Tagen viele katholische Bischöfe in China unter Druck gesetzt wurden, um an der illegalen Bischofsweihe teilzunehmen. Der Heilige Stuhl prüfe nun, ob die Teilnahme dieser Bischöfe kirchenrechtliche Konsequenzen für sie haben werde. Im dritten Punkt wird darauf hingewiesen, dass der von der staatlich-kontrollierten Kirche aufgezwungene Bischofskandidat Giuseppe Guo Jincai mit schweren kirchenrechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Die illegale Bischofsweihe sei eine „Demütigung" für die chinesischen Gläubigen, schreibt der Pressesaal im vierten Punkt. Weiter erklärt der Vatikan, dass sich der Heilige Stuhl bereits mehrmals bei den chinesischen Behörden gegen eine Ordinierung Guo Jincai ausgesprochen habe. Im sechsten Punkt weist die Note darauf hin, dass der Papst bereits in einem Brief von 2007 die Fortführung des Dialogs mit den staatlichen Behörden angesprochen habe. Die Ankündigung der illegalen Bischofsweihe würde die jüngste Annäherung gefährden. Im siebten und letzten Punkt schreibt der Vatikan, dass die Katholiken weltweit auf die katholische Kirche in China mit großer Aufmerksamkeit blicken. (rv)

„Licht der Welt“: „Papst lässt sich in die Karten schauen“

„Familiär, vertraulich, ironisch, manchmal sogar sarkastisch, vor allem aber einfach und wahrhaftig" – so charakterisiert Vatikan-Erzbischof Rino Fisichella den Stil des neuen Papstbuches. Man dürfe „Licht der Welt" keinesfalls nur auf einen oder zwei Sätze reduzieren, so der Leiter des Päpstlichen Rates für Neuevangelisierung am Dienstag im Vatikan. 
„Der Eindruck, den man in diesem Buch bekommt, ist der von einem Papst, der trotz aller Schwierigkeiten optimistisch auf das Leben der Kirche schaut. Er nennt die Kirche lebendig und dynamisch, er weist zum Beispiel darauf hin, dass die Zahl der Priester und der Priesteramtskandidaten weltweit wächst. Damit macht er klar: Die Kirche kann nicht nur auf das Fragment einer geografischen Zone reduziert werden."
„Wir sehen in diesem Buch einen Joseph-Benedetto, der zweifelt und sich selbst ausforscht, oder der – je nach dem Thema, um das es geht – seiner selbst und seines Wortes sicher ist", sagt der bekannte italienische Journalist Luigi Accattoli bei der Vorstellung von „Licht der Welt" im Vatikan. „Er ist ein Papst, der Irrtümer zugibt und sich in die Karten schauen läßt. Wie alle Päpste der Neuzeit – von Pius XII. an – stellt er sich die Frage, unter welchen Umständen er zurücktreten würde; vor diesem Interview hatte kein Papst das öffentlich getan."
„Es gibt eine lehramtliche Form und eine gewollt einfache Dialogform, nämlich die eines Interviews", sagt Vatikansprecher Federico Lombardi. „Der Papst hat mir am Montag Abend gesagt, er habe die Interviewform gewählt, um zu allen zu sprechen, um auf jede Frage zu antworten, die man ihm vielleicht stellen möchte." (rv)

Seewald: „Papst geht in die Offensive“

„Sechs Stunden Interview mit dem Papst – das ist eine Weltsensation!" Sagt Peter Seewald, der bayerische Gesprächspartner Benedikts XVI., im Interview mit uns. „Überziehen war nicht möglich – leider. Da ist der Papst denn doch ziemlich konsequent, das war er schon als Kardinal." Seewald muss es wissen: Er hat schließlich schon in den neunziger Jahren den damaligen Kardinal Ratzinger ausführlich interviewt. Heute urteilt er:
„Natürlich ist er auch älter geworden; wenn man dann aber mit ihm im Gespräch ist (er macht es einem ja leicht, mit ihm ins Gespräch zu kommen), dann denkt man: Da gibt`s eigentlich gar keinen großen Unterschied. Das Wissen Ratzingers hat sich nicht verändert, auch nicht seine Liebenswürdigkeit, seine große Demut… Erst recht nicht seine geistige Kraft und seine unglaubliche Formulierungskraft. Er ist noch demütiger geworden, noch einfacher. Das hat mich fasziniert."
Benedikt XVI. sei ohne Umschweife auf jede Frage eingegangen, so Seewald. Er als Fragender habe eine große Verantwortung auf sich lasten gespürt – und sich bemüht, so gut wie möglich zu fragen.
„Zunächst war der Ansatz, ein Gespräch über die ersten fünf Jahre des Pontifikats zu führen – auch unter dem Aspekt des bevorstehenden zweiten Bandes des Jesus-Buches. Nun hat die aktuelle Krisensituation, hervorgerufen insbesondere durch die schrecklichen Missbrauchsfälle, auch der Konzeption einen etwas anderen Stempel aufgedrückt. Mir war wichtig, dass wir die Fragen behandeln, die heute die Öffentlichkeit interessieren; es ist kein Glaubensbuch im Sinne von „Salz der Erde", sondern ein Buch, das sich zunächst ganz konkret den Fragen der Öffentlichkeit zuwendet und auch keine Frage ausläßt."
Allerdings: Um alles zu fragen, reichte denn doch die Zeit nicht. So hätte er Benedikt gerne noch nach seiner Ansicht über die derzeitige Christenverfolgung in vielen Teilen der Welt gefragt, meint Seewald. Dass schon vor der offiziellen Veröffentlichung von „Licht der Welt" viele Einzelheiten aus dem Buch bekannt wurden, sieht der Journalist gelassen:
„Naja, ich bin jetzt schon lange genug in diesem Mediengeschäft, um zu wissen, wie das abläuft. Kirche und Sex sind immer Reizthemen – das ist klar, dass die Medien dazu Fürsprecher und Gegner aufeinanderhetzen. Das ist natürlich etwas schade; man darf darüber nicht übersehen, was dieses Buch im Ganzen für ein Angebot ist. Aber da habe ich auch keine Bange: Der Leser kann das ja nachlesen, er wird es sehen."
„Das Schöne" sei doch, „dass wir mit diesem Interview den Heiligen Vater ganz unvermittelt hören können", so Seewald: „Er wird nicht erst durch die Medien quasi zerhackstückt oder zurechtgestutzt oder verbrämt. Der Leser selbst hat mit dem Buch die tolle Möglichkeit eines unverbildeten, unverzeichneten Blicks auf das Pontifikat und auch auf den Mann, der dieses Pontifikat prägt."
Da läßt es sich laut Seewald auch verschmerzen, dass die Medien sich nur auf einzelne Sätze in „Licht der Welt" stürzen.
„Wichtig ist eines: dass es hier, glaube ich, gelingt, dass die Kirche, dass der Papst wieder in die Offensive geht und nicht immer nur quasi der Getriebene bleibt. Dass man nicht nur im sexuellen Missbrauch verhaftet ist, sondern wieder die Fülle der Themen und die Fülle des Angebots hat. Ich meine: Dass weltweit so ein riesiges Interesse herrscht, kann einen im Grunde genommen nur freuen." (rv)