Frankreich: Vikar, „Roma haben ein Aufenthaltsrecht“

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy will Wohnsiedlungen von Roma räumen und die Menschen zu Hunderten abschieben. Sarkozy reagiert damit auf eine Welle von Straßenkrawallen im Juli. In Städten wie Bordeaux gibt es Reaktionen von Seiten betroffener Roma: 240 Wohnwagen blockierten am Sonntag eine vielbefahrene Brücke aus Protest gegen das asphaltierte Gelände, das die Stadt ihnen zugewiesen hatte. Der Bischofsvikar von Bordeaux, Francis Bakeris, kennt die Lage des sogenannten „fahrenden Volkes".
 „Die Roma haben ein Aufenthaltsrecht: Sie kommen ursprünglich aus Bulgarien oder Rumänien, haben aber kein Recht zu arbeiten. Und sie wohnen in äußerst armseligen sanitären Umständen."
An die 15.000 Roma leben derzeit in Frankreich. Nach dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien hat Frankreich sich eine Übergangsregelung zu eigen gemacht: Erst ab 2014 dürfen die Roma – wie andere Rumänen und Bulgaren – dauerhaft in Frankreich bleiben und arbeiten. Das könnten zwei weitere Jahre voller Unruhen werden. Die Haltung der katholischen Kirche zu dieser Minderheit skizziert der Bischofsvikar so:
„Die Kirche beharrt darauf, dass man diesen Menschen Wohnräume schafft und sie so wenig wie möglich von den anderen unterscheidet. Die meisten ‚Fahrenden’ sind ganz und gar Franzosen. Sie haben Rechte, aber auch Pflichten."
Die Frage, wie und ob sich die Roma an Gesetze halten, betrifft vor allem die französische Bevölkerung. Nämlich dann, wenn die Kriminalität steigt oder die Roma unbefugt Grundstücke besiedeln. Allerdings macht die Politik in Frankreich ihr eigenes Chaos auf der Straße, mit Großrazzien und Straßenschlachten zwischen den Polizisten und den Roma. Die Mehrheit der Franzosen hat eine eigene Ansicht zu dem Vorgehen ihres Präsidenten. Francis Bakeris:
„Ich bin nicht sicher, ob die Aussagen von Sarkozy die Bevölkerung so sehr schockiert haben. Denn im Grunde denken sie ähnlich – nämlich ablehnend gegenüber den Roma. Die Kirche will sich dieser Meinung widersetzen. Es gibt eine spezielle Seelsorge für die Roma. Aber das Verhältnis ist nicht einfach. Die Mehrheit der 240 Wohnwagen in Bordeaux haben Probleme mit dem Bürgeramt. Aber die Seelsorge ist in Kontakt mit den Roma." (rv)

D: Keine Rede von „Durchregieren“ der Bischöfe

Eine „handstreichartige Übernahme" der katholischen Journalistenschule ifp in München durch die deutschen Bischöfe befürchtet der Deutsche Journalistenverband laut seinem Sprecher Hendrik Zörner. Am vergangenen Freitag ist der geistliche Rektor des ifp, Pfarrer Michael Broch, von seinem Amt zurück getreten. Er zog damit die Konsequenzen aus seinen kritischen Äußerungen zu Papst Benedikt und den deutschen Bischöfen. Seitdem wird die Befürchtung laut, kritischer Journalismus sei in der Kirche nicht erwünscht. Elvira Steppacher ist journalistische Direktorin des ifp. Ihr haben wir die Frage gestellt, ob es sich wirklich um eine „handstreichartige Übernahme" handelt.
 „Ich halte diese Aussage für zugespitzt, obwohl ich die Lage sehr ernst einschätze. Man muss klar unterscheiden zwischen zwei Dingen: zum einen dem, was der geistliche Direktor durch eine wirkliche Ungeschicklichkeit an Folgen aushält – daraus hat er ja auch für sich Konsequenzen gezogen. Ich bedaure das und wünschte mir, dass es für ihn einen Weg zurück geben könnte. Das andere ist, dass der Vertrauensentzug genau auf diese Profilierungsfunktion zielt, die dem geistlichen Direktor zugebilligt wurde. Diese Funktion hat eine Erschütterung erfahren. Daraus aber abzuleiten, dass die Bischöfe hier nun unmittelbar durchregieren würden, halte ich für völlig an der Realität vorbei. Ich habe in meinen acht Jahren hier noch nicht einmal erlebt, dass ein Bischof sich zu einem Kurrikulum geäußert hätte."
Das ifp sei bestürzt, so Steppacher, auch wenn die Ausbildung der Nachwuchsjournalisten weitergehe. Die Schule lege großen Wert auf die Einbindung des geistlichen Direktors in die Ausbildung. Man sei zwar eine Ausbildungsstätte für Journalisten,
„gleichzeitig aber – und das ist das Proprium des ifp – kann man das nicht trennen von dem besonderen katholischen Geist, der hier herrscht. Der geistliche Direktors ist deshalb eigens eingeführt worden, nicht nur um Seelsorger für Mitarbeiter und Auszubildende zu sein, sondern er sollte darüber hinaus deutlich die Vermittlung des katholischen Profils in die kirchliche und säkulare Öffentlichkeitsarbeit leisten."
Das ifp wurde 1968 von der Deutschen Bischofskonferenz gegründet, es ist – wenn man so will – die katholische Journalistenschule. Dort wird Nachwuchs für alle Medienbereiche ausgebildet, nicht nur für konfessionelle Medien.
„Zunächst steht das ifp für eine handwerklich solide Ausbildung. Weiters ist es eine Besonderheit des ifp, dass wir in erster Linie katholische Studierende ausbilden beziehungsweise Volontäre, die in der konfessionellen Presse arbeiten. Insofern ist es eine Versammlung von Christen, die sich hier treffen. Und das hat Einfluss auf die Arbeit. Nicht zuletzt deswegen, weil der Journalismus als Beruf für Christen auch eine Berufungsdimension hat. Das merkt man auch in der Art und Weise, wie Leute, auch Anfänger, ihre Arbeit hier ausüben, wie sie sich einlassen auf die Themen, die ihnen wichtig sind." (rv)

Australien: Keine Wahlempfehlung der Bischöfe

Am kommenden Samstag wird in Australien ein neues Parlament gewählt, traditionell auch ein Termin, zu dem sich die Bischöfe des Landes zu Wort melden. Was haben sie den australischen Wählern zu sagen? Das erklärt im Gespräch mit uns der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Philip Wilson von Adelaide:
 „Wir haben zuerst festgestellt, dass katholische Bischöfe den Menschen nicht vorschreiben, wen sie zu wählen haben. Aber während des Wahlkampfes schauen viele auf die Kirche auf der Suche nach einem Wegweiser bei wichtigen Themen. Wir ermutigen die Menschen in Australien ernsthaft, genau darüber nachzudenken, wem sie ihre Stimme geben."
Die Bischöfe nennen eine ganze Reihe von Punkten, die Australiens Katholiken für ihre Wahlentscheidung prüfen sollten. Da gehe es etwa um Fragen der Gesundheits- und Umweltpolitik, der sozialen Gerechtigkeit, der Flüchtlinge und der Erziehung. Eines dieser vielen Anliegen findet Wilson besonders wichtig:
„Einer der Punkte, den viele Menschen in den letzten Tagen so kurz vor den Wahlen angemerkt haben, ist das Schweigen der Politiker in den Debatten und im Wahlkampf über die Ureinwohner Australiens. Wir Bischöfe haben in unserem Statement betont, dass solange die am meisten benachteiligten unserer Ureinwohner aus dem Dritte-Welt-Lebensbedingungen herauskommen, in denen sie im Augenblick leben müssen, so lange sollten wir Australier beschämt sein. Wir müssen zusammenarbeiten, um die Lebensbedingungen dieser Menschen zu verbessern."
Nach jüngsten Umfragen könnte die konservative Opposition unter Tony Abbott am Samstag genügend Sitze erringen, um die sozialdemokratische Premierministerin Julia Gillard aus dem Amt zu drängen. Abbott tritt als Katholik auf, während die Premierministerin sich als Atheistin bezeichnet. Die umstrittensten Wahlkampfthemen waren Flüchtlingspolitik und generell Einwanderung. Abbott tritt dafür ein, die in Australien landenden Bootsflüchtlinge, meist aus Afghanistan und Sri Lanka, zurückzuschicken. Gillard will sie unter Aufsicht der UNO in einem Lager in Osttimor unterbringen, das nördlich von Australien liegt. Dieser Vorschlag war mit dem wirtschaftlich armen Nachbarland kaum abgesprochen und wurde von dessen Parlament bereits abgelehnt. Generell wünschen Australiens Wähler keinen großen Bevölkerungszuwachs, obwohl ihr Land zu den am dünnsten besiedelten Ländern der Welt gehört und seit Jahren ein umfassendes Einwanderungsprogramm betreibt.
In Australien herrscht Wahlpflicht. 14 Millionen Menschen sind am Samstag zum Urnengang aufgerufen. Dabei kommt den christlichen Stimmen ein besonderes Gewicht zu, glaubt Bischof Wilson.
„Ich denke, dass die Stimmen der Christen und der Katholiken wichtig sind, zum einen weil ein bedeutender Teil der Bevölkerung, nämlich 27 Prozent, Katholiken sind. Es ist wichtig, dass sie und die anderen Christen genau überlegen, wem sie ihre Stimme geben wollen. Und dann natürlich auch intelligent zu wählen, bestimmt nicht nur durch normale politische Überlegungen, sondern auch durch die Vision ihres Glaubens, die uns sagt, wie wir in dieser Welt leben wollen." (rv)