Kasper: „Unabhängig, aber kooperativ – so unser Ideal“

 

Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in Russland ist vorbildlich. Das hat das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Bartholomaios I., während seines zehntägigen Russland-Besuchs festgehalten. Die Visite endet an diesem Montag. Bei der Begegnung mit dem russischen Staatspräsidenten Dmitri Medwedew bezeichnete er es als „die beste Garantie für die Zukunft des Landes", wenn die russische Gesellschaft christlich geprägt sei. Dem stimmt auch der Vorsitzende des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen zu. Kurienkardinal Walter Kasper stellt dem Staat-Kirche-Verhältnis allerdings ein anderes Ideal gegenüber:
„Wir haben da unterschiedliche Traditionen in der westlichen lateinischen Kirche und den orthodoxen Kirchen insgesamt. Die orthodoxen Kirchen haben traditionell mehr dieses Bild der Harmonie und der sehr engen Zusammenarbeit von Staat und Kirche, während wir im Westen schon sehr lange die Unterscheidung zwischen staatlicher Gewalt und kirchlicher Autorität machen. Und ich denke, an dieser Stelle könnte die russisch-orthodoxe Kirche noch manches von uns lernen, ohne, dass sie ihre eigenen Traditionen aufgibt."
Und gänzlich spannungsfrei sei das Verhältnis der orthodoxen Kirche zur staatlichen Führung des postkommunistischen Landes schließlich auch in jüngster Vergangenheit nicht immer gewesen:
„Ratschläge von außen dazu zu geben, ist schwierig. Ich kann nur sagen, unser Ideal ist eine freie und unabhängige Kirche in einem freien Staat: Beide unabhängig, aber dann in harmonischer Zusammenarbeit miteinander. Und dieses Modell wird sich über kurz oder lang wohl auch in Russland durchsetzen." (rv)

Vatikan/Irland: Apostolische Visitation beginnt im Herbst

Der Vatikan plant apostolische Visitationen in einigen Bistümern, Orden und Ausbildungsstätten in Irland. In diesem Herbst werden die ersten Visitationen beginnen. Das teilte der Vatikan an diesem Montag mit. In seinem Hirtenbrief an die irischen Bischöfe vom März 2010 hatte Papst Benedikt XVI. diese Maßnahme bereits angekündigt. Mit den Visitationen soll untersucht werden, wie vor Ort mit Missbrauchsfällen umgegangen und wie Opfern geholfen wurde. Gleichzeitig sollen dabei die Richtlinien der Bischöfe überprüft und gegebenenfalls verbessert werden. Hierbei wird man sich vor allem auf vatikanische Vorgaben aus dem Jahr 2001 und auf bereits existierende irische Verfahren stützen. – Als Visitatoren ernannte der Papst unter anderem den emeritierten Erzbischof von Westminster, Kardinal Cormac Murphy-O’Connor, und den Erzbischof von Boston, Kardinal Sean Patrick O’Malley. Als erste stehen die vier Erzdiözesen Irlands – Armagh, Dublin, Cashel and Emly, sowie Tuam – auf dem Programm. Der Erzbischof von New York, Tomothy Dolan, wird sich als Visitator landesweit um die Priesterausbildung kümmern. Mit einer dritten Visitation werden die Ordensgemeinschaften unter die Lupe genommen. (rv)

Zypern: Vor der Papstreise nach Zypern

Wenige Tage vor Beginn des Papstbesuches auf Zypern kommen auf einmal Störsignale aus der orthodoxen Kirche auf der Insel. Der orthodoxe Bischof der zweitgrößten Stadt der Insel, Limassol, will Benedikt boykottieren: Wer immer in dogmatischen Fragen von der orthodoxen Lehre abweiche, der sei als Häretiker anzusehen, so Metropolit Georgios von Paphos. Heißt das, es stimmt etwas nicht in den Beziehungen zwischen Katholiken und Orthodoxen auf Zypern? 

Nein, im Gegenteil – die Kontakte und der Umgangston sind exzellent. Das sagt Pater David Jaeger von der Kustodie des Heiligen Landes, die auch für die katholische Kirche auf Zypern zuständig ist. 

„Die Beziehungen zwischen Katholiken und der orthodoxen Kirche auf Zypern sind gut – es gibt keine besonderen Spannungen, soweit das Gedächtnis zurückreicht. Was die Kirche im ganzen Nahen Osten betrifft, über Zypern hinaus, da war der Umgang zwischen dem niederen orthodoxen Klerus bzw. den orthodoxen Gläubigen und den Katholiken immer freundlich. Es hat im Nahen Osten nie diese Bitternis der gewollten Spaltung gegeben, die wir seit dem späten 15. Jahrhundert im europäischen Teil der Orthodoxie erlebt haben.“ 

Die Bitterkeit hatte viel damit zu tun, dass Orthodoxe dem Westen vorwarfen, er habe nicht genug getan, um den Fall von Konstantinopel-Byzanz zu verhindern. Dieser Fall ereignete sich nur wenige Jahre nach einer Beinahe-Wiederversöhnung mit Rom; er traf eine orthodoxe Kirche, die vom Bosporus aus viele Missionserfolge vorweisen konnte. Konstantinopel, das war der letzte Dominostein, der kippte; vorher waren schon die alten orthodoxen Patriarchate Alexandrien, Antiochien und Jerusalem unter islamische Herrschaft geraten. 

„Die Ostkirchen des Nahen Ostens haben sich zum Beispiell am Unionskonzil von Florenz 1439 beteiligt – sie haben die Union sogar unterschrieben. Sie haben die Union dann auch nie willentlich verlassen; stattdessen war es die veränderte Lage nach der türkischen Eroberung von Konstantinopel 1453, die zur Auflösung der Kirchenunion führte. Es gibt also im Nahen Osten da keine Überreste von Ressentiment gegenüber der katholischen Kirche –anders als das in Kleinasien oder in Griechenland gewesen sein mag, wenn man an die Geschehnisse in Konstantinopel 1204 dachte oder an das Versagen der Fürsten – nicht des Papstes! – im katholischen Europa, die dem belagerten Konstantinopel nicht zur Hilfe kamen.“ 

Die „Geschehnisse von 1204″ – das meint die Erstürmung und Plünderung von Konstantinopel durch katholische Ritter auf dem irregeleiteten Vierten Kreuzzug. Von dieser Schwächung hat sich die alte Kaiser- und Patriarchenstadt bis zu ihrer Eroberung durch die Türken nicht mehr richtig erholt. Doch wie Jaeger sagt: Orthodoxe in Nahost oder auf Zypern haben in dieser Hinsicht nie anti-katholische Ressentiments gehegt. 

„Also – die Beziehungen sind gut, und wir haben allen Grund zu denken, dass der Besuch des Heiligen Vaters auf Zypern sie vertiefen und stärken wird!“ 

Zumindest die Beziehungen zur orthoxen Kirchenspitze: Denn natürlich denkt Erzbischof Chrysostomos II. überhaupt nicht an einen Boykott der Visite. Er soll den „Abtrünnigen“ bereits aufgefordert haben, seine Haltung zu korrigieren, weil ihm sonst sogar der Ausschluss aus der Bischofssynode drohe. Die Gegner der Ökumene gelten auf Zypern als kleine, aber scharfe Minderheit. Vor allem Mönche vom griechischen Berg Athos führten zuletzt Proteste gegen eine katholisch-orthodoxe Annäherung an. Dort, auf dem Athos, erhielt auch der jetzige Bischof von Limassol seine Ausbildung… (rv)

USA: Die Bischöfe haben Bedenken gegen ein Gesetz, das Diskriminierung am Arbeitsplatz verhindern soll

Der Text des Gesetzesvorhabens, der seit Monaten im US-Kongress vorliegt, erwähnt auch Diskriminierung aus sexuellen Gründen. Doch die Bischöfe halten die Formulierung für missverständlich; in einem Brief an das Repräsentantenhaus fürchten sie, die Formulierung könne „die Religionsfreiheit der Kirche, ihren Glauben in der heutigen Gesellschaft zu leben, kompromittieren". So lasse sich der Text etwa instrumentalisieren, um die Ehe von zwei Partnern des gleichen Geschlechts zu legalisieren. Damit könne versucht werden, die kirchliche Sexuallehre als „Diskriminierung unter Strafe zu stellen". Die Bischöfe wörtlich: „Wir können einen Gesetzesvorschlag nicht billigen, der jedwedes sexuelle Verhalten außerhalb der Ehe unter Schutz stellt." (rv)