Berlinale: Ökumenische Jury hat entschieden

Die Berlinale ist fast vorbei, heute Abend werden auf dem internationalen Festival feierlich die Preise verliehen. Auch die ökumenische Jury hat schon entschieden und gab heute Mittag ihre Entscheidungen bekannt. Anne Preckel berichtet.
Was könnte wohl besser die gelungene Liaison von Mensch und Natur zum Ausdruck bringen: Der Film „Bal“, zu deutsch „Honig“, bekommt von der ökumenischen Jury den ersten Preis. In dem türkischen Werk des Regisseurs Semih Kaplanoglu verwebt sich das Leben von Honigbauern im ländlichen Anatolien aufs Engste mit dem der Bienen. Ein poetisches Werk, voll von Symbolik, in dem es um Schöpfungsverantwortuung und eine liebevolle Vater-Sohn-Beziehung geht. Der Jurypräsident Pfarrer Werner Schneider-Quindeau:
„Für uns ist einfach sehr wichtig, dass es hier um mehr geht als materielle Zusammenhänge, es geht um ein geistliches, spirituelles Verhältnis zur Natur und zur Schöpfung.“
In der Sektion Panorama hat die Ökumene-Jury einen tschechischen Film prämiert, der nach der japanischen Falttechnik Origami benannt ist: In „Kawasaki-Rose“ von Jan Hrebejk entfaltet sich die dunkle Vergangenheit eines scheinbar vorbildlichen Psychologen und Gedächtnisforschers, der zur Zeit des Kommunismus in Tschechien einen Freund verriet. Es geht um Erinnerung, Schuld und Vergebung, und zwar in der Optik einer für den Zuschauer zunächst verborgenen Geschichte.
„Kawasaki-Rose macht deutlich, was es heißt, heute in posttotalitären Gesellschaften sich wahrhaftig und ernsthaft mit dieser Vergangenheit, mit Schuld und Vergebung auseinanderzusetzen. Und dann auch die Frage: Wie kann oder kann diese Schuld überhaupt verziehen werden?“
Gaza – und wir denken an Krieg, fanatisierte Hamas-Anhänger und bittere Not. Doch dort gibt es auch so etwas wie alltägliches Leben. Das zeigt der Dokumentarfilm „Aisheen – Still Alive in Gaza“ von Nicolas Wadimoff, in dem junge Rapper gegen Gewalt ansingen. Der Film zeige, so Schneider-Quindeau, „Möglichkeiten des Lebens in einer Welt des Todes“ auf.
„Da wird ein Spielplatz repariert, da werden Theaterklassen für Kinder angeboten… Also gegen den Tod setzt der Film so etwas wie das Insitieren darauf, dass Leben auch noch anders möglich ist.“
Vom Honig in der Wildnis, über das Wiederfinden der Geschichte bis hin zum Leben im Tode – die ökumenische Jury der Berlinale 2010 hat entschieden. (rv)

Vatikan-Jahrbuch: Priestermangel europäisches Problem

Das Christentum ist weltweit in den Jahren 2007 bis 2008 um 1,7 Prozent auf 1 Milliarde und 166 Millionen Christen angestiegen. Das geht aus den im Päpstlichen Jahrbuch 2010 gesammelten Statistiken hervor, die Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone an diesem Samstag im Vatikan vorgestellt hat. Im Abgleich mit dem globalen Bevölkerungswachstum bedeutet das einen Anstieg von 17,33 auf 17,40 Prozent der Weltbevölkerung. Zwischen 2000 und 2008 habe es auch eine positive Entwicklung hinsichtlich der Priesterzahlen gegeben. Diese seien weltweit um 1 Prozent angestiegen. In Australien seien die Zahlen beständig gleich geblieben, während sie in Afrika, Asien und Amerika angewachsen seien. In Europa seien die Zahlen hingegen gesunken. Auch die Anzahl der Priesteramtsanwärter sei in Europa von 2007 bis 2008 abgefallen, um 4,3 Prozent. In Amerika sei die Zahl gleich geblieben, während sie auf den übrigen Kontinenten angestiegen sei. (rv)

Vatikan: Heiße Luft um Fisichella

Der Vatikan hat die Polemik um den Chef der Päpstlichen Akademie für bioethische Fragen, Erzbischof Rino Fisichella, entschärft. Italienische Medien hatten zuvor ein Schreiben veröffentlicht, in dem fünf Akademiemitglieder die Absetzung des Präsidenten fordern. Das Schreiben sei weder beim Papst noch beim Kardinalstaatssekretär eingetroffen, so Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitag in einer Erklärung. Lombardi zeigte sich erstaunt darüber, dass Inhalte eines angeblich vertraulichen Schreibens verbreitet würden, ohne dass den dafür zuständigen Stellen Informationen vorlägen. Der angemessene Ort für eine Auseinandersetzung sei die Vollversammlung der Akademie, so Lombardi weiter. Ein Kirchenvertreter, der nicht begreife, was absoluter Respekt gegenüber unschuldigem menschlichen Leben bedeute, könne nicht Akademie-Präsident sein, hatten Medien das fragliche Schreiben zitiert. Hintergrund war ein Kommentar Fisichellas zu einer Abtreibungsdebatte in Brasilien um eine Neunjährige, die durch eine Vergewaltigung schwanger geworden war. Im März 2009 hatte Fisichella in der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ Kritik an der öffentlichen Exkommunikation der durchführenden Ärzte durch Erzbischof Jose Cardoso Sobrinho von Recife geübt. Ohne die prinzipielle Ablehnung von Abtreibungen aufweichen zu wollen, wäre in jenem Fall ein Ausdruck der Solidarität mit den Opfern wichtiger gewesen, so der römische Bischof. Diese Äußerung war von Sobrinho zurückgewiesen worden. Mitte Juli hatte der „Osservatore“ eine Klarstellung veröffentlicht, in der die Glaubenskongregation das Nein der katholischen Kirche zur Abtreibung bekräftigte. Zugleich hieß es, Fisichellas Kommentar sei instrumentalisiert und falsch gedeutet worden. (rv)

D: Aufklärungswillen spürbar

 

Im Jesuitenorden ist ernsthaftes Interesse spürbar, die Missbrauchsfälle aufzuklären. Das sagte die zuständige Missbrauchsbeauftragte Ursula Raue am Donnerstagabend in einer Sendung des Fernsehsenders Phoenix. Raue hatte zuvor öffentlich einen Zwischenbericht zum Missbrauchsskandal vorgelegt. Demnach haben sich bei ihr bislang 115 zumeist männliche Opfer gemeldet. Der Provinzial der deutschen Jesuiten, Stefan Dartmann, kündigte an, Raue zusätzliche Kräfte für die Aufklärung der Fälle zur Seite zu stellen. Zudem sollen Arbeitsstäbe in den drei Jesuiten-Gymnasien in Berlin, Bonn und Sankt Blasien zur Aufarbeitung der Vorwürfe eingerichtet werden.
Das Thema „Missbrauch" wird am Montag auch auf der Tagesordnung der Deutschen Bischofskonferenz stehen. Am Montag treffen sich die Bischöfe zur Frühjahrsvollversammlung. Von den deutschen Oberhirten wünscht sich deshalb der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück…
„…dass sie die Richtlinien, die sich die Bischofskonferenz schon gegeben hat, nochmals dokumentieren. Sie sollen in allen Diözesen gleichermaßen angewandt werden. Es steht außer Zweifel, dass die erste Priorität den Opfern gilt und der Verpflichtung zur Wirklichkeit und Wahrheit. Das wird sicherlich zum Ausdruck kommen."
Der ZdK-Chef kritisiert, dass man nur über die Missbrauchsfälle spreche, die im kirchlichen Bereich geschehen sind.
„Der Öffentlichkeit und Gesellschaft ist nämlich zu sagen, dass es nicht ein speziell kirchliches Problem ist, sondern es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ich wünsche mir deshalb, dass auch an alle anderen gesellschaftlichen Gruppen und Einrichtungen, die davon betroffen sind, ebenfalls derselbe Anspruch der Transparenz und konsequenten Aufklärung gestellt wird. Es gibt in Deutschland doch noch viel Verdrängung und Vertuschung."
Glück glaubt aber nicht, dass derzeit weitere Fälle bewusst vertuscht werden.
„Diesem Eindruck muss man sich allerdings stellen. Das kann man nur mit entsprechender Offenheit mit der Zeit aufarbeiten. Da gilt es sicherlich auch, einige Vorurteile zu überwinden. Manche Praxis der Vergangenheit, die für die Leute nicht vertrauensbildend war, muss überwunden werden. Ich habe aber großes Vertrauen gegenüber den Verantwortlichen. Auch weil Papst Benedikt XVI. sehr konsequent Position bezogen hat, dass nämlich die erste Priorität die Opfer haben." (rv)