Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone bleibt im Amt

Bereits am 15. Januar hat Papst Benedikt XVI. seinen langjährigen Mitarbeiter in seinem Amt bestätigt. In einem Brief, der an diesem Freitag veröffentlicht wurde, bekräftigt er sein Vertrauen in den zweiten Mann im Vatikan. Bertone hatte mit Erreichen seines 75. Geburtstages am 2. Dezember dem Papst, wie das Kirchenrecht es fordert, seinen Rücktritt angeboten. Papst Benedikt XVI. bedankt sich bei Kardinal Bertone für seine wertvolle Arbeit und erinnert an den langen Weg, den sie gemeinsam gegangen sind. Bertone war Sekretär der Glaubenskongregation und damit engster Mitarbeiter des Papstes, als Kardinal Joseph Ratzinger die Behörde leitete. Besonders denke er – schreibt der Papst – an die heikle Arbeit, die Bertone damals in den 80er Jahren bei der Ermöglichung des Dialoges mit Erzbischof Marcel Lefebvre geleistet habe. Seine gesamte Zeit, seitdem er von Papst Johannes Paul II. nach Rom gerufen wurde, seien intensive und anspruchsvolle Jahre gewesen, in denen wichtige Lehrentscheidungen gefällt wurden, so der Papst in seinem Brief. Zu seiner Entscheidung, Bertone 2006 zum Kardinalstaatssekretär zu ernennen, hätten vor allem zwei Dinge beigetragen: sein „sensus fidei“, also sein Gespür für den Glauben, und seine „humanitas“, seine Menschlichkeit, die schon bei der Arbeit in der Kongregation für die Glaubenslehre ein Klima der echten Vertrautheit geschaffen habe. Sie seien auch der Grund, weswegen er Bertone nun bitte, das Amt weiter auszuüben. (rv)

Nahost: Neuer Streit um Qumran-Rollen

Große Irritationen vor kulturgeschichtlichem Hintergrund: Jordanien fordert aktuell die berühmten Qumran-Schriften von Israel zurück – und hofft dabei auf die Unterstützung der UNESCO, der Kulturabteilung der Vereinten Nationen. Laut Agenturberichten soll die jordanische Antikenbehörde versucht haben, über die Vermittlung der UNESCO einige Rollen zu erhalten, die Israel für eine Ausstellung in das kanadische Toronto geschickt hatte. Über die verzwickte Rechtslage um die Textdokumente, deren Fundgeschichte in die Gründungszeit des Staates Israel fällt, hat Radio Vatikan mit dem Qumran-Experten Armin Lange, Professor am Institut für Judaistik der Universität Wien, gesprochen:
„Nach dem Zweiten Weltkrieg war das damalige Palästina noch kurze Zeit britisches Protektorat. Das wurde dann aufgeteilt. Ein Teil ging an jüdische Einwanderer. Und ein anderer Teil ging an arabische Bevölkerungsschichten. Nun kommt hinzu, dass nicht nur die ersten Qumran-Texte in dieser Situation, sondern von Beduinen gefunden wurden, die sie dann verkauft haben. Die damalige jordanische Regierung hat dann um internationale finanzielle Unterstützung gebeten. Die Texte sind also nicht mit jordanischem Geld angekauft worden, sondern mit Geld von verschiedenen internationalen Institutionen wie Museen, Universitäten, aber auch Geld, wie beispielsweise des Bundeslandes Baden-Württemberg in Deutschland. Das heißt, Jordanien hat sich mehr als vierzig Jahre lang kaum um diese Sache gekümmert. Und nun fällt ihnen aus heiterem Himmel ein, dass sie die Schriftstücke zurückhaben wollen, die nicht mit jordanischem Geld angeschafft wurden. Das scheint mir etwas merkwürdig."
Nach dem Sieben-Tage Krieg von 1967 hätte schließlich der Teil Jerusalems auf israelischer Seite gelegen, in dem das Rockefeller-Museum stand – welches den Großteil der Qumran-Rollen beherbergte. Jahrzehntelang hätten weder Jordanien noch Israel Einfluss auf die Aufarbeitung und Veröffentlichung der Qumran-Texte genommen, erklärt der Wiener Fachmann. Über die aktuellen Forderungen jordanischer und auch palästinensischer Behörden mutmaßt Lange:
„Ich kann hier nur vermuten, dass man Israel und dem Judentum weltweit wehtun möchte. Denn es ist deutlich, dass die Texte ein Kernstück jüdischen Kulturerbes darstellen. Auf jordanischer Seite könnten da auch finanzielle Interessen mitschwingen. Eventuell hat man den touristischen Wert der Rollen erkannt. Ich persönlich kenne keinen Muslim, der in den Qumran-Texten sein eigenes kulturelles Erbe wiederfindet. Und ich habe auch noch keine Publikation gelesen, die sagt, hier hat der Islam seine Wurzeln. Der Islam hat vom Judentum gelernt, Mohammed selbst war viel mit Juden in Kontakt. Aber wenn Jordanien hier davon spricht, dass es um sein eigenes kulturelles Erbe geht, finde ich das merkwürdig, während die Texte ganz selbstverständlich Teil der jüdischen Kultur und der jüdischen Identität sind."
Lange warnt zugleich auch in der aktuellen Diskussion davor, unsachlich zu argumentieren. In der Vergangenheit hätten US-amerikanische und deutsche Medien bereits viel zu „sensationsheischend" über die Qumran-Texte berichtet. Der Sachexperte spricht sich dafür aus, die wissenschaftliche Bedeutung der Schriftstücke wieder mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken:
„Es handelt sich um einen jüdischen Schriftfund. Also um Handschriften, die vor mehr als zweitausend Jahren von Juden produziert worden sind. Ein Großteil der seriösen Forscher dieser Schriftfunde hält diese Funde für einen Teil einer Bibliothek einer religiösen Gemeinschaft, die in Qumran zu Hause gewesen ist. Was die Funde wissenschaftlich so bedeutsam macht, ist, dass sie in einer Zeit verfasst und kopiert wurden, als das Judentum jene Ideen ausgeformt hat, die sich nachher im rabbinischen Judentum und frühen Christentum realisiert haben. Das heißt, die Texte markieren so eine Art Weggabelung in das heutige Judentum und heutige Christentum hinein und sind daher von enormer Bedeutung für die christlich-jüdische Verständigung und das christlich-jüdische Gespräch." (rv)

Vatikan: Papst ernennt neue Untersekretärin für „Iustitia et Pax“

Dr. Flaminia Giovanelli ist von Papst Benedikt XVI. zur neuen Untersekretärin des Päpstlichen Rates „Gerechtigkeit und Frieden“ (Justicia et Pax) ernannt worden. Giovanelli arbeitete in diesem Rat bereits als Referentin für Entwicklungshilfe und internationale Zusammenarbeit. Sie folgt auf ihrem neuen Posten Frank Dewane, der seit 1974 in der Institution tätig war. Giovanelli ist die dritte Frau in einem Leitungsgremium der römischen Kurie. Bereits in den 1970er Jahren hatte die Australierin Rosemary Goldie im Päpstlichen Rat für die Laien in gleicher Position gearbeitet und derzeit bekleidet die Ordensschwester Enrica Rosanna den Posten einer Untersekretärin in der Ordenskongregation des Vatikan. Giovanelli ist am 24. Mai 1948 in Rom geboren. Sie machte ihr Abitur an der „Ecole Europeenne“ in Brüssel und studierte dann Politikwissenschaften in Rom. Anschließend erwarb sie noch Abschlüsse in Bibliothekswissenschaften an der Vatikanischen Bibliothek und in Religionswissenschaften an der Päpstlichen Universität „Gregoriana“. (vh)

Bernini-Baldachin: Triumph für Papst und Künstler

Zu Jahresbeginn hat es in Rom eine kleine kunstgeschichtliche Sensation gegeben: In den vatikanischen Archiven ist der Vertrag aufgetaucht, mit dem Papst Urban VIII. dem großen Barockkünstler Gian Lorenzo Bernini den Auftrag für den berühmten Baldachin im Petersdom erteilt hat. Der Bernini-Experte der Humboldt Universität Berlin, Arne Karsten, der selbst einige Jahre in Rom tätig war, erklärt gegenüber Radio Vatikan, was dieser Fund für die Kunsthistorik bedeutet:
„Es sind zwei Verträge gefunden worden, und der eine betrifft den Auftrag für den Baldachin an Bernini. Wir wussten, dass 1624 die Planungen begonnen hatten. Aber erst jetzt können wir sagen, dass der Auftrag an Bernini genau 1625 erfolgt. Es wird deutlich, dass Bernini schon sehr früh von Urban VIII. mit großen Projekten beauftragt wurde. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Bernini bis dahin lediglich als Skulpteur renommiert war. Mit dem Baldachin, der eine Höhe von über 28 Metern hat, wird ihm eine neue Qualität an Aufträgen erteilt. Das zeigt, dass Urban VIII. den Künstler Bernini mit besonderem Nachdruck förderte. Bernini ist also von Pontifikatsbeginn an mit Aufträgen versehen, die die Wertschätzung dieses Papstes zeigen und verdeutlichen, dass Urban VIII. Bernini Aufträge zutraute, für die er eigentlich von seinen bisherigen Leistungen her gar nicht prädestiniert war."
Papst Urban VIII. kannte Bernini schon in der Zeit, als er selber noch Kardinal war. In der zweiten Hälfte der 1610-er Jahre, damals noch als Maffeo Barberini, galt er schon als potentieller Kandidat für den Papstthron. Er lernte Bernini am Hof des damals regierenden Kardinalnepoten Scipione Borghese kennen und schätzen. Karsten:
„Das war die Phase, in der Bernini seine ersten bedeutenden Kunstwerke schuf. Berühmt ist seine Statuengruppe „Aeneas und Anchises".  Maffeo Barberini war ein großer Kunstkenner und hat erkannt, dass Bernini eine neue und sehr intensive Kunstsprache entwarf. Bernini hat letzten Endes die barocke Skulptur entwickelt mit einer enormen Intensität der Figurengestaltung. Und in diesem Künstler hat Barberini einen idealen Vermittler des damaligen Herrschafts- und Machtanspruches sowohl der katholischen Kirche als auch seiner Familie gesehen. Denn man darf ja nicht vergessen, dass jeder Papst dieser Epoche nicht bloß Oberhaupt der katholischen Christenheit und Souverän des Kirchenstaates ist, sondern auch einer Familie, die er an den Schaltstellen der Macht implantiert. Und diese Familie bedarf einer visuell prächtigen Darstellung. Hier gehen kirchliche Motive mit politischen und familiären Motiven eine nicht auflösbare Verbindung ein."
Unmittelbar über dem vermuteten Petrusgrab, direkt unter der prächtigen Kuppel Michelangelos, setze der Baldachin in Sankt Peter einen sehr bildstarken Akzent, der zugleich das Selbstverständnis der Päpste zeige, so Karsten. Der Baldachin spreche eine Bildsprache, die den Nachfolgeanspruch der Päpste und die theologische Basis des Papstamtes deutlich werden lasse. Im Baldachin, beschreibt der Kunsthistoriker, habe Bernini eine sehr selbstbewusste Tonlage gewählt:
„Man muss sich vor Augen führen, dass sich das Selbstverständnis der Päpste und deren Selbstdarstellung über die Jahrhunderte trotz aller Kontinuität stark gewandelt haben. Diese triumphalistische, suggestive, verherrlichende Formensprache, die ja auch mit enormen Ausgaben verbunden ist, würde man heute nicht mehr wählen. Heute sind ganz andere Töne gefragt. Auch der glaubenskämpferische Ansatz, der die Barocke Formensprache prägt, ist ja heute abhanden gekommen. Man darf aber nicht vergessen, dass sich die Päpste im 17. Jahrhundert als oberste Glaubenshirten anders gesehen haben, als ihre heutigen Amtsnachfolger und dazu auch ganz andere Aufgaben hatten. Die Päpste des 17. Jahrhunderts sind eben nicht nur Oberhäupter der katholischen Kirche, sie sind zugleich Landesherren des Kirchenstaates und agieren als Souveräne mit im Konzert der europäischen Mächte. Deshalb haben sie auch eine Rolle auszufüllen, bei der ihnen die visuelle Verherrlichung ihres Amtes zu Statten kommt. Hier haben sich die Rollen über die Jahrhunderte hinweg sehr stark gewandelt."
Insgesamt könne man davon sprechen, dass Bernini mit dem Baldachin für St. Peter so etwas wie der Durchbruch zum „Diktator der römischen Kunstszene" gelungen sei, meint Karsten:
„Bernini weist mit diesem sehr beeindruckenden und erfolgreichen Kunstwerk – bei seiner Enthüllung am 29. Juni 1633 wurde es im Allgemeinen bewundert – nach, dass er das Zeug dazu hat, die Aufgaben, die die päpstlichen und kardinalizischen Auftraggeber an ihn herantragen, mit einer neuen Formensprache sehr erfolgreich zu lösen. Damit gelingt es ihm, seine Stellung als führender Künstler im barocken Rom zu etablieren. Und diese Stellung sollte er dann über ein halbes Jahrhundert, mit einer kurzen Unterbrechung durch die schwierige Phase 1644 bis 1648 unter dem Nachfolger Urbans VIII., behaupten." (rv)

Vatikan: Arbeitsdokument der Nahost-Sondersynode zur „Stärkung und Einheit der Christen“

An diesem Dienstag hat der Vatikan das Arbeitsdokument zu der im Herbst anstehenden Nahost-Sondersynode vorgestellt. Unter dem Motto „Die katholische Kirche im Nahen Osten: Einheit und Zeugenschaft“ sollen dort Kurienmitglieder und Vertreter der Ostkirchen gemeinsam nach Lösungsansätzen für die schwierige Lage der Christen in der Region suchen. Das heute vorgestellte Dokument, die so genannte „Lineamenta“, umreißt Richtlinien und Themen für das wichtige Treffen, das vom 10.-24. Oktober 2010 im Vatikan stattfinden wird. Mit der Sondersynode reagiert Papst Benedikt auf wiederholte Bitten der Nahost-Bischöfe, sich Problemen der Christen im Heiligen Land anzunehmen. Der Generalsekretär der Bischofssynode, Erzbischof Nikola Eterović, stellte das Arbeitspapier vor.
Die Nahost-Sondersynode hat ein doppeltes Ziel: Die Stärkung der Christen in der Region und die Stärkung ihrer Einheit. Absolut notwendig sei die Zusammenarbeit der Christen: Dialog und Koordination der verschiedenen Konfessionen vor Ort müssten grundlegend verbessert werden. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Synode, christliche Strukturen vor Ort, wie soziale, karikative und Bildungseinrichtungen, auszubauen. Hierzu sollen unter anderem die Nutzung neuer Medien und das Engagement von Laien weiter vertieft werden. Zugleich geht es um eine Bestandsaufnahme sozialer und religiöser Probleme, wie die eingeschränkte Religionsfreiheit oder die Konfliktherde in Israel, Palästina, im Irak und im Libanon. Themen sind etwa die massive Beschneidung des alltäglichen und religiösen Lebens in den besetzten Palästinensergebieten, der zunehmende Fundamentalismus in Ägypten sowie die anhaltende Abwanderung von Christen aus dem Nahen Osten. Bezüglich des Nahostkonfliktes zwischen Israel und Palästina orientiert sich das Arbeitsdokument an dem Plädoyer Papst Benedikts für eine Zweistaatenlösung. Der Papst hatte sich während seiner Heilig-Land-Reise für das Recht beider Seiten auf eine „jeweils eigene Heimat in Frieden und in sicheren und international anerkannten Grenzen“ ausgesprochen. (rv)

Papst in der Synagoge: Reaktionen und Pressestimmen

Am Tag nach dem historischen Besuch sind die Reaktionen gemischt. „Applaus und Kritik“, titelt die israelische Zeitung „Ha`aretz“. Generell sprechen Israels Medien wenig von dem Ereignis; sie erwähnen in der Regel die Kritik an Pius XII., reden aber von einer wichtigen Geste Benedikts. Der jüdische Staat, den der Papst letztes Jahr besuchte, wurde in seiner Synagogenrede nicht ein Mal erwähnt. Israels Vize-Premier Silvan Shalom erklärt, er habe Benedikt „im Interesse des Weltfriedens“ gebeten, sich gegen die atomare Bewaffnung des Iran auszusprechen.
Die Visite hat „das Klima freundlicher gemacht“, meint Roms Oberrabbiner Riccardo Di Segni. Sein Eindruck sei sehr positiv – vor allem, weil der Papst signalisiert habe, dass er nicht mehr hinter das Konzil zurückwolle. „Ein herrlicher Tag, der der Welt vorführt, wieviel sich in den Beziehungen Juden-Christen getan hat“ – das sagt der Rabbiner David Rosen, ein alter Hase des Dialogs. Es stimme schon: Johannes Paul sei der erste gewesen, der den Schritt in eine Synagoge gewagt habe. Doch der jetzige Papst habe das, was sein Vorgänger vormachte, nun „institutionalisiert“. Benedikt „beginnt unsere Haltung zu Pius XII. zu verstehen“, glaubt Riccardo Pacifici, der der jüdischen Gemeinde Roms vorsteht. Wie Benedikt sich erhoben habe, als die Holocaust-Opfer erwähnt wurden – das sei ein Bild, das von diesem Besuch bleiben werde.
Der Präsident der italienischen Rabbinervereinigung, Giuseppe Laras, sieht hingegen „nichts Neues“ und „keinen Grund, der zu mehr Optimismus über unsere Beziehungen verleiten könnte“. Laras war dem Ereignis ferngeblieben. Aber „die, die gekommen sind, haben damit recht behalten“, sagt der italienische Historiker Giorgio Israel. Überlebende des Holocaust haben dem Papst einen Brief geschrieben, in dem sie kritisieren, dass Pius XII. nicht öffentlich gegen die Judenvernichtung der Nazis protestiert hat: Dieses Schweigen habe „unser Leben und das unserer Kinder geprägt“. Etwa hundert Lefebvre-Anhänger und Traditionalisten haben in Verona eine Sühnemesse gefeiert, um gegen den Papstbesuch in der Synagoge zu protestieren: Der von der Kirche geführte Dialog sorge dafür, „dass die Nichtkatholiken in ihren Irrtümern verharren“. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Fouad Twal, zeigte sich enttäuscht über einige pro-israelische Äußerungen jüdischer Redner während des Treffens.
„An die Kritiken und Spaltungen vor dem Besuch wird man in Zukunft nicht mehr denken, sie sind unwesentlich“, schreibt die Historikerin Anna Foa im Leitartikel der „Pagine Ebraiche“, zu deutsch „Jüdische Seiten“. Viel sei erreicht worden: klare Bekenntnisse zum Dialog von jüdischer Seite, „ein klares Bekenntnis des Papstes zum Konzil und zur engen Verbindung zwischen Christen und Juden“. All dies bedeute, „dass die Blicke sich nun nach vorne richten“. (rv)

Papst besucht Synagoge – ein Bericht

Papst Benedikt XVI. hat die Synagoge von Rom besucht. Am Sonntag Abend stellte er sich in dem jüdischen Gebetshaus am Tiberufer deutlich hinter die Dialog-Initiativen seiner Vorgänger. Der Besuch fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt; immer wieder kam es während des Papstbesuchs bei der ältesten jüdischen Gemeinde des Westens zu spontanem Beifall, zu Tränen und Emotionen. Beobachter sprachen schon im Vorfeld von einem „historischen Besuch“, der allerdings auch von Polemiken begleitet war. Auch öffentlich wurde der Papst in der Synagoge auf jüdisches Unbehagen angesprochen, was den Seligsprechungsprozess für Papst Pius XII. betrifft. Ein hochrangiger jüdischer Vertreter forderte eine Öffnung der Vatikan-Archive zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und äußerte Respekt auch denen gegenüber, die diesem Papstbesuch ferngeblieben seien. Das gilt etwa für den Präsidenten der Italienischen Rabbinerkonferenz, Giuseppe Laras. Vor dem Betreten der Synagoge legte Benedikt, der u.a. vom deutschen Kurienkardinal Walter Kasper begleitet wurde, im römischen Ghetto einen Kranz nieder für die Menschen, die von hier aus in die Nazi-Vernichtungslager abtransportiert wurden. Der römische Oberrabbiner Riccardo Di Segni wies darauf hin, dass der neuere Dialog mit dem Judentum eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils sei. Das Konzil dürfe nicht in Frage gestellt werden, meinte er mit einer deutlichen Anspielung auf die Piusbruderschaft. An dem Ereignis in der Synagoge nahmen auch islamische Gäste teil. Aus Jerusalem waren der Lateinische Patriarch Fouad Twal und Israels Vize-Regierungschef Silvan Shalom angereist. In der Synagoge hatten auch viele Überlebende des Holocaust Platz gefunden. Papst Benedikt hielt ein eindringliches Plädoyer für eine Fortsetzung des katholisch-jüdischen Dialogs trotz aller Irritationen. Die Lehren des letzten Konzils seien auch in dieser Hinsicht „ein fester Bezugspunkt“. Er hob die Einzigartigkeit des Holocaust hervor und lobte Initiativen des Vatikans zur Judenrettung in Zeiten des Holocaust. Auf die Polemik um Pius XII. ging der Papst aus Deutschland nicht ein. Wie sein Vorgänger Johannes Paul II., der 1986 als erster Papst der Neuzeit die römische Synagoge besucht hatte, schloss auch Benedikt seine Ansprache mit einem Psalm-Zitat in hebräischer Sprache. (rv)

Türkei: Agca kommt frei

Papst-Attentäter Mehmet Ali Agca kommt frei: Der Türke, der 1981 Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz lebensgefährlich verletzte, wird am Montag in Istanbul aus der Haft verlassen. Nach Medienberichten will der Killer erst einmal in einem Feriengebiet ausspannen; später plant er eine Reise nach Rom, wo er u.a. das Grab des 2005 verstorbenen polnischen Papstes aufsuchen möchte. Und die Menschheit retten will Agca auch noch: Er hat die Vorlage des „perfekten Testaments“ für ein „perfektes Christentum“ angekündigt. Mit merkwürdigen Auftritten hat Agca in den vergangenen Jahrzehnten schon häufiger von sich reden gemacht. Mal bezeichnete er sich als Jesus Christus, mal warf er dem Vatikan dunkle Komplotte vor. Manche Beobachter meinen, Agca habe absichtlich den Verrückten gespielt, um die Ermittlungen zu behindern. Die Wahrheit über die Hintergründe des Attentats ist jedenfalls bis heute nicht bekannt. Spekulationen über eine „bulgarische Spur“ und eine Beteiligung des Kreml sind auch fast dreißig Jahre nach dem Anschlag nie abgerissen. Für seinen Angriff auf den Papst, der ihn zwei Jahre nach dem Attentat im Gefängnis besucht und verziehen hatte, sass Agca 19 Jahre Haft in Italien ab. Im Jahr 2000 wurde er vom italienischen Staatspräsidenten begnadigt und in die Türkei abgeschoben. Dort sitzt er seitdem die Reststrafe für einen 1979 begangenen Mord ab. Kurz nach seiner damaligen Verurteilung war Agca aus dem Gefängnis geflohen und hatte sich aus der Türkei abgesetzt. Zwei Jahre später gab er auf dem Petersplatz die Schüsse auf Papst Johannes Paul II. ab.
Agcas Anwalt Haci Ali Özhan berichtet nun, sein Mandant habe hinter Gittern dem Terror und der Gewalt abgeschworen. (rv)

Ägypten: „Gemeinsam den Mord an Kopten aufklären“

Gut eine Woche nach dem tödlichen Anschlag auf Kopten in Ägypten hoffen die Christen immer noch auf Aufklärung der Attacke. In der oberägyptischen Stadt Nag Hamadi waren am Vorabend des koptischen Weihnachtsfestes sieben Christen erschossen worden. Dabei entging der Bischof von Nag Hamadi nur um wenige Minuten dem Tod. Bischof Kyrillos William von Assiut vermutet hinter der Aggression religiöse Fanatiker. Kyrillos hält sich gerade für drei Tage in Rom auf. Im Interview mit Radio Vatikan sagte er: „In den Maße und an dem Tag und dann auf diese Gruppe – meiner Meinung nach steckt etwas Religiöses dahinter. Wenn so etwas wiederholt passiert, sollte man eine richtige Lösung dafür finden, und dafür müssen alle zusammen arbeiten.“ In den letzten 30 Jahren habe religiöser Fanatismus in Ägypten zugenommen, so der Bischof. Ursachen dafür seien nicht nur Armut und Arbeitslosigkeit, sondern ein Gesellschaftssystem, in dem Christen als „Menschen zweiter Kategorie“ angesehen würden. „In den Schulen werden die Kinder zum Hass erzogen und dazu, nicht mit „den Ungläubigen“ – so nennen sie die Christen – zu reden, ihnen bei Festen nicht zu gratulieren und keine Freundschaft zu schließen. Wir müssen die Schulprogramme überarbeiten, den Dialog und Respekt gegenüber den anderen darin festlegen. Zweitens hört man so fanatische Predigten, in denen gegen Christen gehetzt wird. In den Moscheen enden die Freitagsgebete oft mit Worten gegen Christen und Juden. Und drittens die Medien: Im Fernsehen gibt es viele Kanäle mit religiösen Sendungen und Hasspredigten, das muss man kontrollieren!“ (rv)

Kardinal Roger Etchegaray hat die Gemelli-Klinik verlassen

Der Franzose, der früher einmal der „Friedensminister“ des Papstes war, war am Heiligen Abend in der Christmette unglücklich gestürzt, als eine Frau über die Absperrung im Petersdom auf Papst Benedikt zusprang. Seitdem lag er mit einem Bruch am Oberschenkelhals in der Gemelli-Klinik. Dort wurde der 87-Jährige auch vom Papst einmal besucht. Die Klinik teilt mit, Etchegaray sei an diesem Freitag „in gutem Zustand“ entlassen worden. (rv)