Vatikan kündigt Projekte zur Prävention von Missbrauch Minderjähriger weltweit an

VATIKANSTADT – Die Päpstliche Kommission für den Schutz von Minderjähriger – auch Kinderschutzkommission genannt – hat am Ende ihrer Vollversammlung, die vom 7. bis 9. September in Rom stattfand, eine Reihe von Projekten angekündigt, die der Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen in der ganzen Welt dienen sollen.

In einer Mitteilung, die am 9. September vom Presseamt des Heiligen Stuhls veröffentlicht wurde, erklärte die Gruppe von Experten, die mit Opfern sexuellen Missbrauchs durch Geistliche gearbeitet hat, dass man eine „Reihe von Pilotprojekten in Gang setzen werde; das erste davon wird in Brasilien starten.“
„Als Fortsetzung der Arbeit der Gründungsmitglieder sind diese Projekte ein Mechanismus, um sichere Umgebungen und transparente Prozesse zu schaffen, durch die Menschen, die missbraucht worden sind, einen Schritt nach vorne machen können“, heißt es im Text.

Die Supervisionsgruppe „Erziehung und Ausbildung“, hat ihrerseits eine Reihe von zukünftigen Initiativen in Seminaren sowie von Konferenzen auf lokaler Ebene vorgestellt.

Im April 2019 wird die Kommission eine Konferenz für die Verantwortlichen der Kirche in Mittel- und Osteuropa durchführen. Im gleichen Monat wird sie – zusammen mit der brasilianischen Bischofskonferenz – eine Studienwoche anbieten, die für Bischöfe und Ausbilder in Aparecida (Brasilien) bestimmt ist.
Im November 2019 sind die Mitglieder eingeladen, an der Versammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM) teilzunehmen.

Im Jahre 2020 wird die Kommission einen Kongress zum Schutz der Minderjährigen mitgestalten, der sich an jene richtet, die im kirchlichen und zivilen Bereich in Nord- und Südamerika arbeiten. Dieser Kongress wird in Bogota (Kolumbien) stattfinden.

Die Arbeitsgruppe für grundlegende Richtlinien und Schutznormen hat
ihre Fortschritte mitgeteilt, unter anderem jene der „Entwicklung von Prüfinstrumenten, die den lokalen Bischofskonferenzen angeboten werden und somit zur Supervision ihrer Schutzprogramme und -mechanismen beitragen sollen.“

In einem Interview mit der vatikanischen Nachrichtenseite erklärte der Vorsitzende der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen, Kardinal Sean Patrick O’Malley:

„Sicherlich, die jüngsten Ereignisse in der Kirche haben die Aufmerksamkeit von uns allen auf die dringende Notwendigkeit einer klaren Antwort seitens der Kirche auf den Missbrauch von Minderjährigen gelenkt.“

„Es ist selbstverständlich eine der Hautverantwortlichkeiten der Kommission, die Opfer anzuhören. Stets aufmerksam zu sein, die Zeugnisse der Opfer zu hören, die zu unseren Überlegungen und Urteile beitragen“, so der Kardinal weiter.
Zum Fortschritt der Kirche bei diesem Thema versicherte der Kardinal, dass die „Kommission die Botschaft zum Schutz der Minderjährigen unermüdlich in die ganze Welt bringe“, und informierte, dass die Mitglieder der Kommission seit der letzten Versammlung „an über hundert Konferenzen in der ganzen Welt teilgenommen haben.“

„Wir arbeiten auch eifrig an Richtlinien“, so der Kardinal weiter.

„Eine unserer jüngsten Initiativen besteht darin, Instrumente zur Überprüfung zu entwickeln, die von den Bischofskonferenz angewendet werden können, um die Umsetzung und Einhaltung derselben zu messen. Auf diese Weise werden die Bischöfe, wenn sie zu Ad-limina-Besuchen nach Rom kommen, aufzeigen, wie es ihnen gelingt, die Richtlinien umsetzen, die jede Bischofskonferenz auf Ersuchen des Heiligen Stuhles und des Papstes selbst, erstellen sollte.“

Er kündigte auch an, dass in naher Zukunft eine der „Initiativen darin bestehen wird, auf mehreren Kontinenten die sogenannten ’survivors advisory panels‘ zu gründen. Dabei handelt es sich um beratende Gremien, die aus ehemaligen Missbrauchsopfern zusammengesetzt sind.

„Das erste wird es in Brasilien geben, aber wir haben diesen Prozess auch schon für Afrika und Asien begonnen“, teilte er mit.

Der Kardinal gab auch an, dass „wir außerdem Ausbildungsprogramme für diejenigen durchführen, die an der Spitze der Kirche stehen, so dass unsere Bischöfe, Priester und Ordensleute sich des Ernstes der Angelegenheit bewusst werden und die Mittel an der Hand haben, so darauf so zu antworten, dass sie dem Schutz der Minderjährigen und der pastoralen Sorge um die Opfer Priorität einräumen.“

Zum Schluss versicherte er, eine der größten Aufgaben sei „die Ausbildung der leitenden Personen in der Kirche“, und erklärte, die Arbeit sei bisher erfolgreich gewesen.

„Ich denke, diese Versammlungen waren sehr erfolgreich. In dieser Woche treffen sich die Mitglieder unserer Kommission mit den Verantwortlichen der Italienischen Bischofskonferenz und der Kongregation für die Glaubenslehre“, endete er. (CNA Deutsch)

Vatikan erklärt, warum er Wort des Papstes über Homosexuelle entfernt hat

VATIKAN – Am gestrigen Montag erklärte eine Pressesprecherin des Vatikans, warum man das Wort „Psychiatrie“ in der Antwort von Papst Franziskus auf eine Frage zur Homosexualität in der Pressekonferenz vom Sonntag weggelassen habe. Es sei gewesen, um „die Gedanken des Papstes nicht zu verfälschen.“

Auf dem Rückflug von Irland nach Rom wurde Papst Franziskus gefragt, „was er dem Vater eines homosexuellen Kindes sagen würde?“

„Deine Frage ist klar: Was würde ich einem Vater sagen, der sieht, dass sein Sohn oder seine Tochter diese Neigung hat. Vor allem würde ich ihm sagen: Beten, bete. Nicht verurteilen, miteinander reden, verstehen, Platz machen für den Sohn oder die Tochter, ihnen Raum geben, damit sie sich ausdrücken können. Dann ist es auch wichtig, in welchem Alter sich diese Unruhe des Kindes manifestiert. Es ist eine Sache, wenn sich das als Kind bemerkbar macht, denn da gibt es viele Dinge, die man mit der Psychiatrie machen kann oder um zu sehen, wie die Dinge stehen; etwas anderes ist es, wenn das in Erscheinung tritt, wenn sie über 20 Jahre alt sind oder so…“ antwortete der Heilige Vater wörtlich, wie in der Tonbandaufnahme der Journalisten an Bord des Flugzeuges zu hören ist.

Am Montag jedoch veröffentlichte der Vatikan die offizielle Version der Pressekonferenz auf Italienisch und entfernte in dieser das Wort „Psychiatrie“ aus der Antwort des Papstes:

„Deine Frage ist klar: Was würde ich einem Vater sagen, der sieht, dass sein Sohn oder seine Tochter diese Neigung hat. Vor allem würde ich ihm sagen: Beten, bete. Nicht verurteilen, miteinander reden, verstehen, Platz machen für den Sohn oder die Tochter, ihnen Raum geben, damit sie sich ausdrücken können. Dann: In welchem Alter manifestiert sich diese Unruhe des Kindes? Das ist wichtig. Es ist eine Sache, wenn sich das als Kind bemerkbar macht, wo es viele Dinge gibt, die man tun kann, um zu sehen, wie die Dinge stehen; etwas anderes ist es, wenn das in Erscheinung tritt, wenn sie über 20 Jahre alt sind oder so…“ heißt es im offiziellen Text.

Die internationale Presse gab zuerst bekannt: „Papst Franziskus empfiehlt, Homosexualität bei Kindern mit einem Psychiater zu behandeln.“ Nach der Publikation der offiziellen Version berichtete sie dann, dass „der Vatikan den Papst zum Thema Homosexualität korrigiert.“

Angesichts dessen sagte die Vizedirektorin des Presseamts des Heiligen Stuhls, Paloma García Ovejero, zur Agentur AFP, dass das Wort entfernt wurde, „um die Gedanken des Papstes nicht zu verfälschen.“

„Wenn der Papst von ´Psychiatrie´ spricht, ist klar, dass er ein Beispiel für die verschiedenen Dinge geben wollte, die getan werden können“ erklärte sie.
Der Papst wollte nicht sagen, dass es sich „um eine psychiatrische Krankheit“ handle, so García Ovejero.

Übersetzt aus dem spanischen Original von Susanne Finner. (CNA Deutsch)

Missbrauch und Vertuschung: Neue Vorwürfe in Pennsylvania

PITTSBURGH – Der Untersuchungsbericht über tausendfachen Missbrauch und systematische Vertuschung durch Priester und Bischöfe in Pennsylvania hat weitere Vorwürfe sexueller Gewalt und Fehlverhaltens aufkommen lassen.

Das Bistum Pittsburgh hat ungefähr 50 neue Vorwürfe erhalten, und eine staatliche Missbrauch-Hotline hat mehr als 500 Anrufe empfangen, seitdem der Grand Jury Report erschienen ist.

Alle gemeldeten Vorwürfe „stammen aus der Zeit vor 1990 und reichen bis in die 40er Jahre zurück“, so der Sprecher der Diözese, Pfarrer Nicholas Vaskov.

„Wir nehmen sie alle ernst und folgen unserem geregelten Verfahren, um diese zu prüfen und behandeln.“

Die Vorwürfe wurden über eine Missbrauchs-Hotline und per E-Mail an die „Pittsburgh Post-Gazette“ erhoben. Wie das Bistum mitteilte, stammen diese Fälle von „Leuten, die uns vorher nicht kontaktiert hatten“.

Sowohl die Regeln der Diözese Pittsburgh als auch das Kirchenrecht fordern, dass Vorwürfe an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden und dass Priester, die derzeit im Dienst sind, suspendiert werden, solange Vorwürfe untersucht werden.

Die staatliche Hotline für die Meldung von sexuellem Missbrauch, die von Pennsylvanias Generalstaatsanwalt eingerichtet wurde, hat seit dem 14. August 544 Anrufe erhalten, sagte Joe Grace von der Staatsanwaltschaft gegenüber CNA.

Grace sagte, dass „eine beträchtliche Anzahl von Anrufen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche betrifft“ und nun geprüft werden.

Übersetzt von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

„Scham und Trauer“: Stellungnahme des Vatikans zum Missbrauch- und Vertuschungsskandal

VATIKANSTADT – Mit einer Stellungnahme hat der Vatikan am heutigen Donnerstag auf den massiven Skandal reagiert, den der Untersuchungsbericht über tausendfachen, jahrzehntelangen Missbrauch durch etwa 300 Priester in Pennsylvania ausgelöst hat.

In Bezug auf den Bericht gebe es „zwei Wörter, die
die Gefühle angesichts dieser schrecklichen Verbrechen zum Ausdruck bringen: Scham und Trauer“, so die Mitteilung in italienischer Sprache, die auch in englischer und spanischer Arbeitsübersetzung erschien.

Weiter heißt es:

„Der Heilige Stuhl behandelt mit großer Ernsthaftigkeit die Arbeit der Untersuchungs-Grand Jury von Pennsylvania und den ausführlichen Zwischenbericht. Der Heilige Stuhl verurteilt unmissverständlich den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen. Die im Bericht beschriebenen Missbräuche sind Straftaten und moralisch verwerflich. Das waren Vertrauensbrüche, der die Opfer ihrer Würde und ihres Glaubens beraubte“.

Die Kirche muss aus ihrer Vergangenheit „harte Lektionen“ lernen, so die Mitteilung des Vatikans weiter, und sowohl Täter wie jene, die deren Missbrauch zuließen, müssten zur Verantwortung gezogen werden.

Missbrauch aus 1960er-1980er Jahren

Mit Blick auf die Tatsache, dass der Bericht vor allem Missbrauch in den 1960er bis 1980er Jahren dokumentiere, heißt es in der Mitteilung des Vatikans weiter:

„Die meisten Diskussionen im Bericht beziehen sich auf Missbräuche vor den 2000er Jahren. Insofern man fast keine Fälle nach 2002 verzeichnet, stimmen die Schlussfolgerungen der Grand Jury mit früheren Studien überein, die zeigen, dass die Reformen der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten das Vorkommen von kirchlichem Kindesmissbrauch drastisch reduziert haben.“

Der Heilige Stuhl ermutige zu kontinuierlicher Reform und Wachsamkeit auf allen Ebenen der katholischen Kirche, um zu helfen, den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen zu gewährleisten, so die Mitteilung weiter.

„Der Heilige Stuhl möchte auch die Notwendigkeit der Einhaltung des Zivilrechts unterstreichen, einschließlich der obligatorischen Meldung von Kindesmissbrauch“.

„Papst auf Seite der Opfer“

Die Mitteilung betont abschließend, dass der Papst „gut versteht, wie sehr diese Verbrechen den Glauben und den Geist der Gläubigen erschüttern können“.

Er wiederhole den Aufruf, alles zu tun, um ein sicheres Umfeld für Minderjährige zu schaffen, für schutzbedürftige Erwachsene in der Kirche und in der gesamten Gesellschaft.

Die Opfer sollten wissen, dass der Papst auf ihrer Seite stehe. „Diejenigen, die gelitten haben, sind seine Priorität, und die Kirche will ihnen zuhören um diesen tragischen Schrecken auszumerzen, der das Leben der Unschuldigen zerstört“. (CNA Deutsch)

USA/Boston: Kardinal O‘Malley ordnet Untersuchung eines Priesterseminars an

Auslöser für die Untersuchung sind veröffentlichte Vorwürfe zweier ehemaliger Seminaristen des St. John´s Seminary Boston in sozialen Medien.

Vaticanhistory – Martin Marker

Kardinal Séan O‘Malley ist seit 30.Juli 2003 Erzbischof von Boston und seit 22.März 2014 Präsident der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Somit steht Kardinal O‘Malley in doppelter Verantwortung zu den bekannt gewordenen Vorwürfen. Einerseits ist er leitender Erzbischof der Diözese Boston, andererseits verpflichtet ihn sein Amt im Vatikan zur Klärung der Vorwürfe.

National Catholic Register (NCR) berichtete am Freitag über die Einleitung einer großen Untersuchung des St. John´s Seminary in der Erzdiözese Boston durch Kardinal O‘Malley.

„Anfang dieser Woche wurde mir mitgeteilt, dass zwei ehemalige Seminaristen des St. John’s Seminary in der Erzdiözese Boston Behauptungen auf Social-Media-Sites einschließlich der Facebook-Seite des Erzbistums erhoben hatten, dass sie während ihrer Zeit im Seminar Zeuge von Aktivitäten gewesen seien, die direkt im Widerspruch zu den moralischen Standards und Anforderungen der Ausbildung für das katholische Priestertum stehen“, sagte O’Malley.

„Als Erzbischof von Boston, der für die Integrität des Seminars und die Einhaltung des Programms der Kirche für die Ausbildung der Priester verantwortlich ist, verpflichte ich mich zu sofortigen Maßnahmen, um diese ernsten Angelegenheiten anzugehen.“

Der Kardinal gab bekannt, dass der Rektor des Seminars Msgr. James Moroney, sofort von seinem Amt freigestellt wurde, um eine völlig unabhängige Untersuchung zu ermöglichen. Ferner gab er bekannt, dass Pater Stephen E. Salocks zum Interims-Rektor von St. John´s Seminary ernannt wurde. Salocks ist derzeit Professor am Seminar.

Die Untersuchung der Vorwürfe wird geleitet von Bischof Mark O’Connell, Weihbischof von Boston, Dr. Francisco Cesareo, Präsident des Assumption College und Präsident des USCCB National Review Board, das den USCCB in Fragen der Kinder- und Jugendschutzpolitik berät und Frau Kimberly Jones, CEO der Athena Legal Strategies Group. Die eigentliche Untersuchung wird von Mark Dunderdale, dem Direktor des Erzdiözeseamtes für berufliche Standards und Aufsicht, durchgeführt.

O‘Malley sagte, er habe das Untersuchungsteam angewiesen, ihm „so bald wie möglich“ mit seinen Ergebnissen und einer Reihe von Empfehlungen zu berichten, die angemessene Verhaltensstandards im Einklang mit der Lehre der Kirche auf allen Ebenen des Seminars gewährleisten.

„Die in dieser Woche erhobenen Anschuldigungen bereiten mir als Erzbischof von Boston große Sorgen, betonte der Kardinal. Das Amt des katholischen Priestertums erfordert eine Vertrauensbasis mit dem Volk der Kirche und der weiteren Gemeinschaft, in der unsere Priester dienen. Ich bin fest entschlossen, dass all unsere Seminare diesen Vertrauensstandard erfüllen und die notwendige Ausbildung für Priester schaffen, damit sie in unserer heutigen Gesellschaft eine anspruchsvolle Berufung des Dienstes erfüllen können.“

Nach dem Rücktritt von Kardinal Theodore McCarrick aus dem Kardinalskollegium wegen schwerer Vorwürfe des Missbrauchs und Fehlverhaltens vor wenigen Tagen ist Kardinal O‘Malley um Schadensbegrenzung bemüht. Das Bild der amerikanischen Kirche in der Öffentlichkeit könnte zusätzlichen Schaden nehmen. (vh)

Vertuschungsverdacht: Chilenischer Kardinal wird von Behörden verhört

SANTIAGO DE CHILE – Das Verhör soll offene Fragen zum andauernden Skandal um sexuelles Fehlverhalten, Missbrauch und Vertuschung durch Kirchenvertreter in Chile klären: Kardinal Ricardo Ezzati, Erzbischof von Santiago, hat eine entsprechende Vorladung der örtlichen Staatsanwaltschaft erhalten.

Das hat das Erzbistum in einer Erklärung mitgeteilt.

Kardinal Ezzati soll am 21. August darüber aussagen, was er über seinen ehemaligen Diözesankanzler, Pfarrer Oscar Munoz Toledo, wusste, der am 12. Juli verhaftet wurde, nachdem er sieben Minderjährige sexuell missbraucht hatte.

Munoz hat bereits einen Fall sexuellen Missbrauchs gestanden. Die Ermittler glauben aber, dass der Erzdiözese bis zu vier seiner Opfer bekannt waren. Ezzati wurde vorgeladen, da die Staatsanwälte seine Beteiligung an einer möglichen Vertuschung von Munoz‘ Verbrechen prüfen wollen.

Das Verhör ist auch Folge zweier separater Hausdurchsuchungen diözesaner Büros in den vergangenen Monaten.

Gleichzeitig durchsuchte die Polizei die Büros von Bischof Alejandro Goic Karmelic und machten dabei einen wichtigen Fund: Ein Brief Goics an Ezzati aus dem Jahr 2013, in dem dieser den Kardinal scharf für seinen Umgang mit Opfern des verurteilten Kinderschänders Pfarrer Fernando Karadima kritisierte.

(Das Verhalten eines weiteren Bischofs gegenüber Karadima, Juan Barros, war Auslöser der chilenischen Missbrauchskandale).

Bischof Goic ist der ehemalige Oberhirte von Rancagua und war Vorsitzender der chilenischen Bischofskommission zur Verhinderung von Kindesmissbrauch.

Er trat vergangenen Monat zurück, nachdem er ein Fünftel der Priester im Bistum suspendieren musste infolge Medienberichten über ein Netzwerk von Geistlichen, die Missbrauch begangen haben sollen.

Die Rede ist von 14 Tätern, mit denen auch der nun festgenommene Munoz in Verbindung gewesen sein soll.

Kardinal Ezzati bestreitet jede Beteiligung an der Vertuschung von Missbrauch. Er wird zitiert mit den Worten: „Ich bekräftige mein Engagement und das der Kirche von Santiago für die Opfer, für die Suche nach der Wahrheit und für die Ziviljustiz“.

Juan Carlos Cruz, der von Pater Karadima missbraucht wurde, teilte auf Twitter mit, dass Kardinal Ezzati sich seines Erachtens für seine „Vertuschung, Lügen und andere Verbrechen“ verantworten müsse.

Die Ermittlungen der zivilen Behörden wegen sexuellen Missbrauchs in der Kirche in Chile erstrecken sich nun auf 266 mutmaßliche Opfer und 158 kirchliche Amtsträger.

Bisher hat Papst Franziskus den Rücktritt von fünf chilenischen Bischöfen akzeptiert. Kardinal Ezzati hat seinen Rücktritt zusammen mit dem Rest des chilenischen Episkopats im Mai beim Papst eingereicht, aber er wurde bislang noch nicht angenommen.

Neben dem massiven Skandal der Kirche in Chile erschüttert aktuell eine Reihe von Fällen die Weltkirche, bei denen Kardinäle und Bischöfe unter anderem in Honduras, den USA, und Australien verdächtigt werden, Missbrauch begangen bzw. vertuscht zu haben. (CNA Deutsch)

Analyse: Was der Rücktritt Bischof Pinedas bedeutet – und wie es nun weitergeht

VATIKANSTADT – Der Rücktritt von Bischof Juan José Pineda Fasquelle am gestrigen Freitag ist der jüngste einer ganzen Reihe von Skandalen, welche die Kirche erschüttern. Der Würdenträger wird des wiederholten sexuellen und finanziellen Fehlverhaltens bezichtigt. Wie sein Fall nun seitens der Kirche behandelt wird, wird genau beobachtet.

Pineda soll sich wiederholt an Seminaristen mit sexuellen Avancen herangemacht machen. Des Weiteren ist von Reisen mit „männlichen Begleitern“ und sogar das Aushalten eines „Begleiters“ in einer eigens dafür errichteten Wohnung mit kirchlichen Mitteln die Rede. Zudem, wird Pineda vorgeworfen, mehr als eine Million Dollar an Regierungsgeldern veruntreut zu haben, die für wohltätige Projekte bestimmt waren.

Als Weihbischof der honduranischen Diözese Tegucigalpa war Pineda an Stelle von Kardinal Oscar Andrés Rodriguez Maradiaga in leitender Funktion tätig. Kardinal Maradiaga, der selbst finanzieller Unregelmäßigkeiten beschuldigt wird, war in den letzten fünf Jahren in seiner Diözese weitgehend abwesend, während er als Leiter des „K9“-Rates der Kardinäle fungierte: Der Beraterstab, der von Papst Franziskus ernannt wurde, um ihn bei seiner Kurienreform zu beraten. Seit kurzem wird der Kardinal zudem wegen Krebs behandelt.

Viele der Vorwürfe sind seit Dezember vergangenen Jahres öffentlich bekannt – und in der Diözese offenbar schon seit längerem im Umlauf. In einer Erklärung behauptet Pineda, er habe seinen Rücktritt „vor einigen Monaten“ eingereicht. Aber der Zeitpunkt seiner Annahme durch Papst Franziskus und die erneute Aufmerksamkeit auf Kardinal Maradiaga erfolgt zur gleichen Zeit, in der auch Anschuldigungen sexuellen Missbrauchs gegen Kardinal Theodore McCarrick erhoben werden.

Der sich immer noch entfaltende McCarrick-Skandal indessen platzt in das Ringen von Papst Franziskus um eine Lösung der nationalen Krise rund um sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung in Chile, wo inzwischen fünf Bischöfe ihr Amt niedergelegt haben.

Und in Australien haben sowohl Bischöfe als auch der Premierminister gefordert, dass Franziskus den wegen Vertuschung von Missbrauch zu einem Jahr Haft verurteilten Erzbischof von Adelaide, Philip Wilson, aus seinem Amt zu entlassen.

Viele hatten gehofft, dass die Kirche die Litanei der sexuellen Missbrauchsskandale hinter sich habe, welche in den ersten zehn Jahren des 21. Jahrhunderts den Katholizismus erschütterten. Stattdessen scheint es eine neue Generation von Skandalen zu geben, bei denen der sexuelle Missbrauch von Erwachsenen, insbesondere von Seminaristen sowie finanzielle Unregelmäßigkeiten im Vordergrund stehen.

Der vielleicht wichtigste Unterschied zwischen den heutigen Skandalen und denen der frühen 2000er Jahre ist allerdings, dass sie Bischöfe und Kardinäle betreffen, nicht Priester. Diese Fälle werden völlig anders behandelt, und haben auch eine ganz andere Auswirkung auf die Kirche.

Nach den Missbrauchsskandalen des letzten Jahrzehnts wurden vielerorts neue und robuste Verfahren eingeführt, insbesondere in den Vereinigten Staaten und Deutschland. Dadurch, und dank der Änderungen im Kirchenrecht unter Papst Benedikt XVI. wurde klargestellt, wie mit Anschuldigungen gegen einen Priester vorzugehen ist.

Wenn heute ein Vorwurf des Missbrauchs gegen einen Priester erhoben wird, reagieren die Diözesanbehörden in der Regel schnell, Priester werden oft aus einer Pfarrei suspendiert und die Vorwürfe öffentlich bekannt geben, damit etwaige weitere Opfer sich melden können. Eine formale Untersuchung wird eingeleitet, und wenn es sich um eine schwere Straftat handelt, werden die Ergebnisse nach Rom geschickt, wo das weitere Vorgehen festgelegt wird.

Bei Anschuldigungen gegen einen Bischof gibt es jedoch kein solches Verfahren.

Opfer, insbesondere Seminaristen, die eine Beschwerde gegen einen Bischof einreichen, haben wenig Grund auf Hoffnung, dass etwas unternommen wird. Ein beunruhigender roter Faden, der sich durch die jüngsten Anschuldigungen zieht, ist das Ausmaß, in dem missbräuchliches Verhalten weithin bekannt war, aber von den kirchlichen Autoritäten nie aufgegriffen wurde.

Eine erschreckende Kultur des Stillschweigens über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens in der Kirche ist nun aufgedeckt worden. Zum wohlbekannten Schweigen von Opfern aus Angst und Schamgefühlen kommt das Schweigen derer, die ihnen hätten helfen sollen. Das Zögern und die Angst, der Kirche zu „schaden“, wenn Vorwürfe öffentlich gemacht werden, hat vielerorts zu einer Kultur der augenzwinkernden Toleranz gegenüber sexuellem Fehlverhalten älterer Geistlicher geführt. Dieses Schweigen führt dazu, dass in der Zwischenzeit weitere Opfer verletzt werden und der Skandal umso gravierender wird.

Die Lehren aus der jüngsten Geschichte zeigen, dass die Aufmerksamkeit der Medien die einzige Garantie für eine ernsthafte Reaktion auf eine Anschuldigung gegen einen Bischof ist.

Im Jahr 2013 trat Kardinal Keith O’Brien als Erzbischof von St. Andrews & Edinburgh zurück, nachdem auch er wiederholt versucht hatte, Geistliche und Seminaristen sexuell gefügig zu machen. Drei Priestern und ein ehemaliger Priester reichten Beschwerden ein. Während die Vorwürfe formell an den Apostolischen Nuntius in London überstellt wurden, was einem geregelten Verfahren in der Kirche am nächsten zu kommen scheint, schrieb man die Geschwindigkeit, mit der O’Brien sein Amt niederlegte, weitgehend der Tatsache zu, dass die Opfer den Nuntius über ihre Absicht informierten hatten, die Presse einzuschalten.

Die Anschuldigungen gegen Bischof Juan Barros, dessen Berufung in eine kleine chilenische Diözese den öffentlichen Auftakt der Krise darstellt, waren zum Zeitpunkt seiner Berufung in Rom bekannt, und Kardinal Séan O’Malley soll persönlich einen Brief der Opfer Fernando Karadimas an den Papst übergeben haben, in denen Barros klar genannt wird.

Doch erst die öffentliche Empörung darüber, wie Papst Franziskus bei seinem Chile-Besuch die Opfer als „Verleumder“ abtat, trotz ihrer Beharrlichkeit und Glaubwürdigkeit, führte schließlich zu Konsequenzen.

Im Fall von Kardinal McCarrick war sein sexuelles Fehlverhalten gegenüber jungen Männern, vor allem Seminaristen, offenbar legendär. Aber obwohl jeder davon zu wissen schien, unternahmen kirchliche Behörden keine formalen Schritte (abgesehen von den außergerichtlichen Vergleichen), bis ein ehemaliger Ministrant in New York auf sprach.

Im Fall von Bischof Pineda scheint es trotz der Schwere der Vorwürfe und des erheblichen lokalen Skandals auch wieder nur das Öffentlich werden des Skandals zu sein, die sich aus seiner engen Verbindung mit Kardinal Maradiaga ergibt, die dazu führte, dass der Vatikan handelte.

Pinedas Rücktritt provoziert eine Reihe weiterer Fragen, die die Entschlossenheit des Heiligen Stuhls, die bischöflichen Anschuldigungen bis zum Ende zu verfolgen, auf die Probe stellen werden.

Andere prominente angeklagte Bischöfe, wie Kardinal McCarrick, sind bereits im Ruhestand, oder kurz davor. Angesichts des fortgeschrittenen Alters McCarricks und seines Verbots der öffentlichen Ausübung seines priesterlichen Dienstes gibt es wenig, was die vatikanischen Behörden an weiteren Maßnahmen ergreifen werden. Es kommt immer wieder vor, dass der Vatikan Verfahren gegen ältere Bischöfe einfach hinauszögert und mit dem Tod des mutmaßlichen Täters rechnet.

Dies wird bei Pineda nicht möglich sein.

In einer Erklärung, die am Freitag veröffentlicht wurde, erklärte Pineda: „Ich bin weiterhin ein Sohn der Kirche weiter, ich bin weiterhin ein geweihter Bischof, ich bin weiterhin Diener der Kirche, ich stehe weiterhin meinen Vorgesetzten zur Verfügung“.

Im Alter von gerade mal 58 Jahren wird eine „Auszeit“ vom aktiven Dienst auf unbestimmte Zeit kaum als praktikable Lösung betrachtet werden. Rom wird entscheiden müssen, wie die gegen Pineda erhobenen Vorwürfe, möglicherweise durch ein kirchenrechtliches Verfahren, geklärt werden können – und wie er gegebenenfalls formell bestraft werden kann.

Wie solche Sanktionen aussehen könnten und nach welchem Verfahren, ist bislang unklar.

Trotz der Schaffung eines neuen rechtlichen Mechanismus für kirchenrechtliche Prozesse für Bischöfe haben Beamte in Rom darauf hingewiesen, dass sich Papst Franziskus sämtliche Missbrauchsklagen gegen Bischöfe persönlich vorbehalten hat. Es gibt kein offensichtliches Verfahrensmuster für den Umgang mit diesen Fällen, und welche Ergebnisse zu erwarten sind, ist somit schwer vorherzusagen.

Es gibt zwar verständlicherweise Forderungen, schuldige Geistliche zu laisieren, aber das ist im Falle eines Bischofs sehr unwahrscheinlich.

Während die Laisierung einen Bischof eindeutig aus der Hierarchie verstößt, beendet sie effektiv jede Aufsicht der kirchlichen Behörden über ihn. Entgegen der landläufigen Auffassung ist ein laisierter Bischof weiterhin Bischof, in sakramentaler Hinsicht: Einmal verliehene Sakramente wie Taufe, Weihe und Bischofsweihe können nicht rückgängig gemacht werden.

Wenn Pineda laisiert würde, wären die etwa von ihm in einem unerlaubten Rahmen gespendeten Sakramente, einschließlich Priesterweihen, immer noch gültig. Der potenzielle Schaden und die Verwirrung, die ein solcher Bischof außerhalb der Kontrolle der Kirche anrichten könnte, reichen aus, um eine Laisierung höchst unwahrscheinlich zu machen.

Sollten sich die Anschuldigungen gegen Pineda belegen lassen und bewahrheiten, dann ist die wahrscheinlichste Folge, dass der Mann aus dem öffentlichen Dienst entfernt und dazu bestimmt wird, irgendwo außerhalb der Öffentlichkeit zu leben. Es gibt einen Präzedenzfall für dieses Vorgehen.

Ein solcher Fall wäre der von Kieran Conry, der 2013 im Alter von 63 Jahren als Bischof der englischen Diözese Arundel und Brighton zurücktreten musste. Conrys Rücktritt wurde durch eine Reihe unangemessener Beziehungen zu Frauen ausgelöst, die auch in der englischen Hierarchie zum Zeitpunkt seiner Ernennung allgemein bekannt waren. Seitdem lebt er in einem kirchlichen Haus in Südengland, ohne öffentliche Rolle. Auch Kardinal O’Brien lebte bis zu seinem Tod im März dieses Jahres unter ähnlichen Bedingungen; während er die „Rechte und Privilegien“ eines Kardinals aufgab, durfte er den Titel behalten.

Was Pineda betrifft, ist die Situation weiter unklar.

Es hat bislang keine offizielle Mitteilung dahingehend gegeben, dass er nicht mehr öffentlich sein Amt ausüben darf – lediglich sein Amt als Weihbischof hat er aufgegeben – und es gibt keine Hinweise darauf, dass er die Diözese verlassen hat. Wie offiziell und transparent seine Situation gelöst wird, wird sich zeigen müssen.

Ein entschlossenes und öffentliches Vorgehen gegen Pineda scheint geboten, aber es würde einen Maßstab setzen, an dem auch andere Fälle gemessen werden. Es würde auch zu weiteren Fragen über eine Mittäterschaft Kardinal Maradiagas oder zumindest ein Wissen um Pinedas Verhalten führen.

Der große Skandal, der in all diesen Fällen – Pineda, McCarrick, Barros, O’Brien, Conry – nicht gelöst wird: Das ist in der Tat das Ausmaß, in dem andere Bischöfe von den Anschuldigungen Kenntnis hatten und nichts taten. Solange Bischöfe, die derartiges Fehlverhalten unter ihresgleichen ignorieren, nicht zur Rechenschaft gezogen werden, scheint es wenig Hoffnung zu geben, dass der Zyklus der Skandale einmal durchbrochen wird.

Ed Condon ist der Leiter der CNA-Redaktion in Washington. Übersetzt und redigiert von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

Pferde in päpstlichen Gefilden

Jahr für Jahr verfolgen zigtausende begeisterte Anhänger des Pferdesports in der Kaiserstadt Aachen live oder am Fernseher das „Weltfest des Pferdesports“.

Dereinst waren auch bei den Päpsten Wettkämpfe hoch zu Ross angesagt. Der größte Innenhof des Vatikans, der „Cortile del Belvedere“, bot sich vor rund vierhundert Jahren als grandiose Kulisse für Reitturniere an. Alte Stiche, die in der Apostolischen Bibliothek sorgsam verwahrt werden, geben einen faszinierenden Eindruck dieser „spettacoli“ im Schatten von Sankt Peter. Heute ist der Belvederehof zum Parkplatz verkommen. Der Blick vom Borgiaturm, von dem die Päpste einst dem Treiben durchtrainierter Rösser zuschauten, offenbart in unseren Tagen nur noch das verzweifelte Bemühen römischer Monsignori und Ordensschwestern, ihren Fiat Uno mit gewagten Manövern in eine enge Parklücke zu bringen.

In der Vergangenheit gehörten Pferde zum Alltag der Päpste. Sie waren nicht nur als Transportmittel gefragt, sondern sie nahmen zudem im Zeremoniell eine bedeutende Rolle ein – so bei der feierlichen Reiterprozession zur Besitzergreifung der Bischofskirche und des Palastes des Papstes beim Lateran. Das päpstliche Pferd sollte möglichst „candissimus“, ein „weißgeborenes“, d. h. ein Albino sein. Das Reiten auf einem weißen Pferd war in der Regel in der Ewigen Stadt allein dem Papste vorbehalten, nur in ganz seltenen Fällen wurde es Personen als Privileg oder besondere Auszeichnung zugestanden, so als der Papst dem römischen Fürsten und Befehlshaber seiner Flotte Don Marcantonio Colonna nach dem Sieg bei der Seeschlacht von Lepanto (1571) einen Triumphzug gewährte.

Das Pferd, das der Papst beim Ritt nach der Krönung und zum Possess (Besitzergreifung) des Laterans benutzt hatte, verfügte nach allgemeiner Auffassung über eine „Aura“, „die es in den magischen Bereich von Berührungsreliquien rückt“ (Jörg Traeger). Gregor der Große teilt in seinen „Dialogen“ mit, dass das Pferd, das Johannes I. 525 in Korinth leihweise zur Verfügung gestellt worden war, nach der Rückgabe an den Besitzer keinen anderen Reiter mehr duldete. Seither gab es den Brauch, dass päpstliche Pferde nur von Päpsten geritten wurden. Nach dem Tod eines solchen Rosses wurde dessen Haut wie eine Reliquie in den „Scuderie Pontificie“, den päpstlichen Stallungen, aufbewahrt.

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts verfügte die Päpstliche Nobelgarde, die aristokratische Leibwache des Heiligen Vaters, noch über ein gewisses Kontingent von Reittiere. Am 28. März 1905, bei der Einweihung der Lourdesgrotte in den Vatikanischen Gärten, trat zum letzten Mal ein Pikett der Nobelgarde als Reitereskorte des Pontifex in Erscheinung. Der Pferdestall und die kleine Reithalle des Korps wurden dann abgerissen. Das gleiche Schicksal erteilte zwei Jahrzehnte später den päpstlichen Marstall, als die Kutschen des Papstes durch Automobile ersetzt wurden. Von den Reitställen im Vatikan blieben nicht einmal die Fundamente erhalten.

Die Erinnerung an eine Zeit der Pferde wird in den Vatikanischen Museen, im „Padiglione delle Carrozze“, dem päpstlichen Kutschenmuseum, das 1967 von Papst Paul VI. (1963-1978) begründet, wachgehalten. Staunend steht man vor dem prachtvoll verzierten Galasattel des Bannerträgers der Heiligen Römischen Kirche, um die nicht weniger aufwendig geschmückte Satteldecken von Offizieren der Päpstlichen Nobelgarde und verschiedener berittener Regimenter der 1870 aufgelösten Armee des Kirchenstaates gruppiert sind.

Prachtstücke des Museums sind zwei imponierende Galakutschen: die 1826 von Papst Leo XII. (1823-1829) angeschaffte „Berlina di Gran Gala“ und die Kutsche des Kardinals Lucien Bonaparte, die Kaiser Napoleon III. seinem Cousin zu dessen Kardinalserhebung im Jahre 1868 schenkte. Zu sehen ist dort auch der Landauer, mit dem Papst Pius IX. (1846-1878) im November 1848 beim Ausbruch der Revolution im Kirchenstaat unter abenteuerlichen Umständen nach Gaeta ins Königreich Neapel fliehen musste.

Ein Pferderelikt des Vatikans ist allen Bewohner und Besuchern Roms frei zugänglich – wird aber in der Regel nicht als ein solches erkannt. Nur wenige Schritte vom Palast der Glaubenskongregation entfernt befindet sich bei der Via di Porta Cavalleggeri eine viel frequentierte Haltestelle der römischen Verkehrsbetriebe. An der wehrhaften Mauer des Vatikans bietet ein Brunnen dem Buspublikum willkommene Erfrischung.

In unmittelbarer Nähe standen hier bis vor zweihundert Jahren Kaserne und Reitstall der Leibgarde des Papstes – der Name der Straße erinnert noch heute daran. Übrig geblieben ist nur der besagte Brunnen. Ihn, so verrät eine lateinische Inschrift, ließ Papst Pius IV. (1560-1565) „zum öffentlichen Nutzen und zur Zweckmäßigkeit der berittenen Leibgarde“ errichten. In unseren Tagen steht er noch immer in Diensten, jedoch mit dem Vorteil, dass ihn sich Mensch und Tier nicht mehr teilen müssen. (CNA Deutsch)

4 Kardinäle aus Burma Irak, Madagaskar und Papua-Neuguinea leiten Jugendsynode

VATIKANSTADT – Papst Franziskus hat vier Kardinäle zu Leitern der Jugendsynode ernannt, die im Oktober in Rom stattfindet.

Dabei handelt es sich um:

Kardinal Louis Raphaël I Sako, Patriarch der Chaldäisch-Katholischen Kirche (Irak)

Kardinal Charles Maung Bo, Erzbischof von Yangon (Burma)

Kardinal John Ribat, Erzbischof von Port Moresby (Papua-Neuguinea)

Kardinal Désiré Tsarahazana, Erzbischof von Toamasina (Madagaskar)

Im Auftrag des Pontifex fungieren die „delegierten Präsidenten“, so der offizielle Titel, beim Bischofstreffen, das für den 3. bis 28. Oktober 2018 anberaumt ist.

Der offizielle Titel der kommenden Synode ist „Jugend, Glaube und Unterscheidung der Berufung“. Ein Hinweis darauf, was die zentralen Themen sind, zeigt eine Analyse des Mitte Juni vorgelegten „Arbeitspapiers“: Dieses widmet sich Fragen der Sexualität, besonders den Themen Homosexualität und Gender, aber auch Verhütung, Abtreibung – und den Herausforderungen der biomedizinischen Ethik im 21. Jahrhundert. (CNA Deutsch)

Der „neue Benedikt“

Benedikt über Benedikt und die Benedikt-Option: Eine brisante Lektion für heute.

Am heutigen 11. Juli feiert die Kirche den großen Heiligen und Begründer des abendländischen Mönchstums, Benedikt von Nursia. Somit hat auch der Mann Namenstag, der erst spät im Leben diesen angenommen hat: Papst emeritus Benedikt XVI.

Über den Schutzpatron seines Pontifikates sprach der „Theologen-Papst“ in seiner Generalaudienz vom 9. April 2008, und erinnerte an ein Zitat seines eigenen heiligen Vorgängers, Papst Gregor dem Großen, aus dem Jahr 592:

„Nicht nur die zahlreichen Wunder des Gottesmannes wurden in der Welt berühmt, sondern auch das Wort seiner Lehre strahlte hell auf“.

Der heilige Benedikt war kaum 50 Jahre zuvor gestorben, erinnerte der Papst aus Bayern die Gläubigen und Pilger, und Gregor der Große skizzierte in seinen „Dialogen“ das Leben, das vorbildliche Wirken, auch die Wunder Benedikts: „Er bietet uns also ein Modell des menschlichen Lebens als Aufstieg zum Höhepunkt der Vollkommenheit“, so der Papst an die Menschen heute.

Doch nicht nur der Heilige ist aktueller denn je: Auch seine Zeit ist von brisanter Aktualität.

Wer die Worte von Papst Benedikt XVI. über Benedikt von Nursia hört, wird sofort an die Parallelen zur heutigen Zeit erinnert, wurde doch damals wie heute die Welt „von einer schrecklichen Krise der Werte und Institutionen erschüttert“, die unter anderem durch „das Eindringen der neuen Völker und den Verfall der Sitten verursacht worden war“, so der deutsche Pontifex.

Der „neue Benedikt“

Damit beschreibt der Papst – wohlgemerkt in einer Generalaudienz – in wenigen Worten, aber umso eleganter, eine Parallele, die ja auch das nun auf Deutsch erschienene Buch „Die Benedikt-Option“ aufgreift, und welche die existentielle Debatte um die Zukunft des Christentums im säkularisierten Westen trefflich scharf kommentiert. Mehr noch: Benedikt XVI. schlägt, mit der ihm eigenen Brillanz, den Bogen zu einer zweiten, nicht minder brisanten Frage: Der Zukunft eines Europas, das seine eigenen Wurzeln verleugnet.

„In der Tat erwiesen sich das Werk des Heiligen und in besonderer Weise seine »Regel« als Überbringer eines echten geistlichen Sauerteigs, der im Lauf der Jahrhunderte weit über die Grenzen seiner Heimat und seiner Zeit hinaus das Antlitz Europas veränderte, indem er nach dem Zerfall der politischen Einheit, die durch das Römische Reich geschaffen worden war, eine neue geistliche und kulturelle Einheit hervorbrachte, nämlich jene des christlichen Glaubens, den die Völker des Kontinents teilten. Gerade so entstand die Wirklichkeit, die wir »Europa« nennen“.

Der Benedikt der Gegenwart erinnert an den Weg, den der Namensvetter und Schutzpatron aus dem 5. Jahrhundert ging: „Des städtischen Treibens und Lebensstils überdrüssig und getragen vom Wunsch, Gott zu gefallen, zog er sich bald in die Einsamkeit zurück“. Und wieder fällt die Parallele auf: War das nicht auch der Weg des „neuen Benedikts“?

Die Jahre des Eremitenlebens waren, schreibt der Mann, der nun selber als „Eremit von Mater Ecclesiae“ zurückgezogen lebt und betet, „für Benedikt eine Zeit der Prüfung, der Reifung und der Überwindung tiefster Versuchungen des Menschseins“. Doch durch sein Wirken habe der damalige Benedikt entscheidenden Einfluß auf die Formung der europäischen Kultur und Zivilisation ausgeübt.

Das Wirken und der Einfluß indessen, den der „neue Benedikt“, Joseph Alois Ratzinger, in unserer Zeit entfaltet: Das wird wohl auch erst im Lauf der kommenden Jahrhunderte voll begriffen und geschätzt werden können. Wer weiß? Vielleicht von einem weiteren Benedikt. Nicht nur unsere Zeit kann einen solchen dringend brauchen.

Anian Christoph Wimmer ist Chefredakteur von CNA Deutsch. (CNA Deutsch)