Übersicht: Reaktionen auf Anschlag von Ägypten

Politiker und Islam-Vertreter in der arabischen und islamischen Welt haben das Attentat von Alexandria einhellig und mit scharfen Worten verurteilt. Auch die Kommentare in ägyptischen Zeitungen äußern große Sorge. Die regierungsnahe „Ruz al Yusuf" vermutet, die Extremisten wollten das Land in einen Bürgerkrieg treiben. Die fundamentalistisch orientieren Muslimbrüder, die den Anschlag schon am Samstag klar verurteilt hatten, wollen nun für mehr Rechte für Kopten eintreten. Sie kündigten an, dass sie künftig wohl einen Kopten im Amt des Staatspräsidenten akzeptieren würden. Das ist bislang von der ägyptischen Verfassung nicht erlaubt.
US-Präsident Barack Obama hat den Anschlag als „barbarische Tat" gebrandmarkt. Nach der Analyse eines US-Korrespondenten fürchtet man im Weißen Haus, dass es zu weiteren Massakern an Christen im Nahen Osten kommen könnte – konkret an Christen in Nord- und Südsudan nach der Volksabstimmung über eine mögliche Unabhängigkeit des Südsudan. Das Referendum ist auf den 9. Januar angesetzt.
Die jüdische Gemeinde von Rom zeigt sich in einem Statement beunruhigt über „das Vorgehen gegen Christen in Ländern wie Sudan, Nigeria, Irak bis hin zu Gaza". Sie stellen sich hinter eine Initiative des römischen Bürgermeisters Gianni Alemanno. Dieser bietet die Schirmherrschaft der Stadt Rom für alle Initiativen an, die sich von Rom aus für Religionsfreiheit einsetzen. Italiens Außenminister Franco Frattini fordert von der EU, ihre Hilfen für Länder, die die Sicherheit von Christen nicht genügend gewährleisten, zurückzufahren.
Die deutsche Bundesregierung sprach von einem Akt der Brutalität. „Das zynische Vorgehen der Attentäter zeigt, wie notwendig es ist, entschlossen gegen Terrorismus und religiöse Intoleranz vorzugehen", betonte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Zugleich forderten Vertreter aus Politik und Kirche, christliche Minderheiten in islamischen Ländern besser zu schützen. CDU-Politiker riefen muslimische Würdenträger in aller Welt auf, sich von Gewalt gegen andere Religionen zu distanzieren. „Muslimische Autoritäten in Kairo und anderswo müssen eindeutig Stellung beziehen gegen jede Form von Gewalt im Namen ihrer Religion", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan dem „Hamburger Abendblatt". Es könne keinen Frieden der Völker ohne einen Frieden der Religionen geben. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), beklagte gegenüber der Zeitung eine zunehmende Gewalt gegen Christen. Diese würden vor allem in Ländern verfolgt, „in denen Muslime die Mehrheit haben".
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, forderte die ägyptische Regierung auf, aktiv für die Religionsfreiheit Partei zu ergreifen und Anfeindungen religiöser Minderheiten im Namen des Islam zurückzuweisen. Das gelte für Christen ebenso wie für Bahai oder auch ehemalige Muslime.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn bekundete seine tiefe Betroffenheit über den Bombenanschlag. „Die katholische Kirche in Österreich ist solidarisch mit dem Schmerz und der Trauer der koptischen Kirche. Dies um so mehr, als es zwischen unseren Kirchen seit mehreren Jahrzehnten dank der Stiftung ‚Pro Oriente‘ eine tiefe innere Verbundenheit gibt", so der Kardinal wörtlich. Der Wiener Erzbischof betonte zugleich, dass ihn nicht nur der Schmerz über das Schicksal der neuen Märtyrer von Alexandrien bewege, er sei auch in tiefer Sorge über die Situation der Christen im ganzen nahöstlichen Raum. Christen dürften nicht als Bürger zweiter Klasse behandelt werden, so Kardinal Schönborn: „Niemand soll irgendwo als Bürger zweiter Klasse angesehen werden".
Auch der Weltrat der Kirchen verurteilt das Attentat von Alexandria. Sein Generalsekretär Olav Fykse Tveit fordert die ägyptische Regierung auf, für die Achtung der religiösen Rechte der Angehörigen aller Glaubensrichtungen zu sorgen. Der Leiter der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kairo, Pfarrer Joachim Schroedel, ruft zu stärkerer Solidarität der Kirchen in Europa mit den christlichen Gemeinden in Ägypten auf. So sollten auch deutsche Bischöfe nicht nur zu Christen in Israel oder Palästina reisen, sondern auch einmal Gemeinden in Ägypten besuchen, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur in Kairo. Bei einem solchen Besuch könnten die Bischöfe zudem in offiziellen Gesprächen die Problematik der christlichen Minderheit im Land thematisieren. Die ägyptische Regierung müsse mehr zu deren Schutz tun. Der Seelsorger berichtete, seit dem Anschlag hätten sich einige Muslime bei ihm gemeldet und ihre Betroffenheit und Trauer über die Tat bekundet. Die Mitglieder der deutschsprachigen Gemeinde seien nicht stärker verängstigt als bislang.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak auf, sich für ein Ende der Diskriminierung der Kopten im öffentlichen Leben einzusetzen. Mubarak könne so ein deutliches Zeichen gegen die zunehmende Gewalt setzen, unter der die religiöse Minderheit leidet. „Mit leeren Worten der Anteilnahme werden die Kopten sich nicht beruhigen lassen", meint ein Experte des von Göttingen aus operierenden Verbandes. „Nach Jahren staatlicher Schikanierung und stillschweigender Duldung von Übergriffen wollen die Christen nun endlich konkrete Taten zur Verbesserung ihrer schwierigen Lage in Ägypten sehen." So sollten nicht nur der Bau und die Modernisierung von Kirchen erleichtert werden, auch die Religionszugehörigkeit sollte nicht länger in amtlichen Papieren ausgewiesen werden. Außerdem sollten anti-christliche Kampagnen in Schulen sowie Medien unterbunden werden, und die Kopten müssten angemessen im Parlament vertreten sein.
Bislang ist die christliche Minderheit im Abgeordnetenhaus durch Vertreter repräsentiert, die von der Regierung handverlesen sind. Präsident Mubarak hatte nach den Wahlen vom Herbst 2010 sieben Kopten als Parlamentarier ausgewählt. Ihre Ernennung wurde jedoch von führenden Vertretern der Kopten kritisiert, da sie sich nicht engagiert für die Rechte der Minderheit einsetzten.
(rv)

Ägypten: Zahl der Todesopfer erhöht sich auf 22

In Alexandria hat sich die Zahl der Todesopfer nach dem Massaker vor einer koptischen Kirche auf 22 erhöht. Einer der mehreren Dutzend Verletzten starb am Sonntag, wie die Nachrichtenagentur ansa mitteilt. Die Polizei hat sieben Menschen inhaftiert, die verdächtigt werden, für den blutigen Anschlag in der Silvesternacht verantwortlich zu sein. Die Ermittlungen konzentrieren sich derzeit auf eine ägyptische Gruppe, die sich nach dem Vorbild des Terror-Netzwerks al-Quaida organisiert hat. Seit Jahren hatte es in Ägypten keinen islamistischen Anschlag mehr gegeben. Der Zorn vieler Kopten entlud sich derweil in Straßenschlachten und Demonstrationen. International wächst die Sorge um die Sicherheit von Christen in mehrheitlich islamischen Ländern, etwa in Ägyptens Nachbarland Sudan.
 „Wir hatten mit dergleichen gerechnet, weil es immer wieder Drohungen gegen die Christen in Ägypten gab", sagt der Bischof von Assiut in Ägypten, William Kirillos. „Vor allem während der Festtage stand ein Schlag dieser Art zu erwarten. Natürlich hat das bei unseren koptischen Brüdern zu einer heftigen Reaktion geführt: Sie wollen jetzt nicht mehr in voller Form ihr Weihnachtsfest feiern" – das orthodoxe und koptische Christen erst in ein paar Tagen begehen – „und sie wollen auch keine Vertreter der Behörden empfangen."
„Ich will im Namen aller Christen und aller Katholiken der koptischen Gemeinschaft Solidarität ausdrücken", sagt im Gespräch mit uns Erzbischof Michael Fitzgerald; der frühere Dialog-Verantwortliche des Vatikans und ausgewiesene Islam-Kenner ist heute Nuntius des Papstes in Kairo. „Wir haben unser Weihnachtsfest am 25. Dezember ohne Schwierigkeiten feiern können, aber die Orthodoxen bereiten sich jetzt natürlich mit großer Sorge auf ihr Weihnachten am 7. Januar vor. Wir sollten Vertrauen in die Sicherheit im Land haben, auch wenn es natürlich sehr schwer ist, solche Attentate zu verhindern."
Imam von al-Azhar kritisiert Vatikan
Christliche und auch islamische Demonstranten wollen während der orthodoxen Weihnachtsfeiern koptische Kirchen in Ägypten mit „menschlichen Schutzschilden" umgeben. Wie Nuntius Fitzgerald hatten auch Vatikansprecher Federico Lombardi und Papst Benedikt das Attentat von Alexandria heftig verurteilt; der Papst hatte nur wenige Stunden nach der Bluttat von Rom aus die internationale Gemeinschaft eindringlich zum Schutz verfolgter Gläubiger, vor allem verfolgter Christen, aufgerufen. Das verärgerte allerdings den Imam der Kairoer Universität al-Azhar, Ahmed al-Tayyeb, der sich die „nicht hinnehmbare Einmischung" verbat. Wörtlich meinte der Vertreter der wichtigsten Universität im sunnitischen Islam: „Ich bin nicht einverstanden mit dem Standpunkt des Papstes, und ich frage: Warum hat denn der Papst nicht auch zum Schutz von Moslems aufgerufen, als diese im Irak umgebracht wurden?" al-Tayyeb hat dem koptischen Oberhaupt, Papst Shenuda III., am Sonntag einen Solidaritätsbesuch abgestattet. Demonstranten versuchten vergeblich, den Wagen des Islamführers zu blockieren. Auch Nuntius Fitzgerald hat, wie am Montag bekannt wurde, dem koptischen Oberhaupt inzwischen kondoliert.
Vatikansprecher Lombardi – er leitet den Vatikanischen Pressesaal und Radio Vatikan – hat dem Imam widersprochen. Benedikt XVI. habe doch deutlich seine Sorge „über die Folgen der Gewalt für die ganze Bevölkerung geäußert", das gelte für Christen wie Moslems. Klar ist aber, dass die ägyptische Führung jetzt stärkere Spannungen zwischen Kopten und Moslems im Land befürchtet. Die Kopten stellen etwa zehn Prozent der Bevölkerung, sie sind damit die stärkste Ortskirche in einem Land des Nahen Ostens. Immer wieder klagen sie über Diskriminierungen durch die islamische Mehrheit. (rv)

Papst: „Attentate gegen Christen beleidigen Gott und ganze Menschheit“

Papst Benedikt XVI. hat das verheerende Attentat auf Christen in Alexandria, bei dem am Samstag mehr als 20 Menschen umkamen, als „niederträchtige Geste des Todes" bezeichnet. Gleichzeitig rief er die Christen zum Gewaltverzicht auf. Er habe mit Schmerz die Nachricht von der Attacke auf die koptische Gemeinde in Ägypten gehört, sagte der Papst nach dem Angelusgebet an diesem Sonntag Mittag vor Tausenden Gläubigen und Besuchern auf dem Petersplatz:
 „Diese niederträchtige Geste des Todes – ebenso wie jene, Bomben vor die Häuser von Christen im Irak zu legen, um sie zum Auswandern zu zwingen – beleidigt Gott und die gesamte Menschheit, die eben gestern für den Frieden betete und mit Hoffnung in ein neues Jahr ging. Vor dieser Strategie der Gewalt, die auf Christen abzielt, und die Folgen für die gesamte Bevölkerung hat, bete ich für die Opfer und ihre Angehörigen und ermutige die kirchlichen Gemeinden, im Glauben zu bleiben und weiterhin die Gewaltfreiheit zu bezeugen, die aus dem Evangelium kommt."
Vor dem Gebet richtete der Papst eine Botschaft an Spanien. In Madrid waren gleichzeitig zum Angelus Katholische Gläubige zu einer Kundgebung für eine gerechtere Familienpolitik versammelt. „Macht die christlichen Familien zu Heiligtümern der Treue, des Respekts und des Verständnisses", rief der Papst den christlichen Familien Spaniens zu. Er ermutigte sie dazu, „Diener der Liebe" zu sein, die das Leben verteidigt. In den verschiedenen Sprachen ging Papst Benedikt auf das Tagesevangelium ein, nämlich den Prolog des Johannesevangeliums.
„Mit Freude grüße ich alle Brüder und Schwestern aus den Ländern deutscher Sprache. Gottes Wort steht am Anfang von allem, es ist Licht und Leben für die Welt, für uns Menschen. Dies rufen uns die Lesungen am heutigen zweiten Sonntag nach Weihnachten in Erinnerung. Das göttliche Wort hat in Jesus Christus menschliche Gestalt angenommen, es macht sich sozusagen auf den Weg und sucht nach unserer Liebe. Maria hat ihm ihr mütterliches Herz, ihr ganzes Leben geschenkt. Und auch wir sind eingeladen, Gottes Wort in uns lebendig werden zu lassen, ihm Raum zu geben, damit es uns von innen her umwandeln kann. Denn es gibt uns die Macht, wie Johannes sagt, Kinder Gottes zu werden, wirklich Menschen nach dem Abbild Gottes. Der Herr segne euch alle und behüte euch." (rv)

Vatikan: Betroffen über Attentat in Alexandria

Der Pressesprecher von Papst Benedikt, Jesuitenpater Federico Lombardi, reagiert äußerst betroffen auf die Nachricht vom Massaker an koptischen Christen in Alexandria. „Wir sind aufgewühlt über diese schreckliche Gewalt ausgerechnet im Moment eines wichtigen religiösen Festes", so Lombardi. „Der Papst ist darüber informiert worden und ist tief betroffen und voller Schmerz über diese Geschehnisse." Jetzt zeige sich, „dass die Pläne des Hasses in ihrem mörderischen Kampf gegen das Leben von Menschen und gegen den Frieden keine Atempause zulassen". Da würden „Ströme unschuldigen Blutes vergossen", so der Vatikansprecher. Gerade an diesem Samstag erinnere die Kirche mit Nachdruck an die Religionsfreiheit „als Weg des Friedens für alle", aber auch „an soviel Gewalt gegen Christen". Jetzt brauche es „den Einsatz aller, um sich dem Hass effizient entgegenzustemmen", so Pater Lombardi wörtlich. „In diesem dramatischen Moment sind wir den betroffenen koptisch-christlichen Gemeinden nahe und wünschen uns inständig Frieden für das ganze ägyptische Volk!" Im Vatikan vermuten viele, dass der Papst am Sonntag bei seinem Angelusgebet zum Massaker von Alexandria Stellung nehmen wird.
Auch der Nuntius in Kairo, Erzbischof Michael Fitzgerald, verurteilte das Attentat. Der Papst habe in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag betont, religiöse Freiheit sei eine Vorraussetzung für Frieden: „Wir sehen, dass dies so ist. Denn wenn Gemeinden nicht in der Lage sind, in friedlichen Verhältnissen in Ruhe zu feiern, dann wird es keine Ruhe in der Gesellschaft geben", so der Erzbischof im Gespräch mit uns. Der Nuntius sprach der koptisch-orthodoxen Gemeinde im Namen aller Christen und besonders im Namen der Katholiken tiefes Mitgefühl aus.
„Aufs Schärfste" verurteilt hat auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, den Anschlag. Er sei tief erschüttert über diesen „Akt grausamer Gewalt", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur. Er rief zum Gebet für die Opfer und ihre Familien auf. Dafür appellierte auch die katholische Kirche in Frankreich. Mit Blick auf den Weltfriedenstag nannte der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, der Pariser Kardinal Andre Vingt-Trois, den Angriff von Extremisten besonders schmerzlich. Er kündigte an, dass er der Opfer des Anschlags von Alexandria bei einer Messfeier am Sonntagabend in der Kathedrale Notre-Dame der französischen Hauptstadt gedenken werde.
Tief betroffen zeigt sich auch der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Österreich, Gabriel (Anba), im „Kathpress"-Gespräch. Er wies auf die benachteiligte Situation der Kopten in Ägypten hin. Beim Vorfall seien grundlos Unschuldige verletzt und getötet worden, sagte der Bischof. Er kündigte einen Trauergottesdienst für die Opfer im Januar an; angedacht sei auch eine europaweite Demonstration gegen die Diskriminierung von Kopten bzw. die Gewalt gegen sie. „In Ägypten werden Kopten verfolgt", betonte Bischof Gabriel. Dies sei auch den Menschen in Österreich noch zuwenig bewusst. – Vor rund einer Woche war eine sogenannte „Todesliste" im Internet bekanntgeworden, auf der auch Namen von in Österreich lebenden Kopten zu finden gewesen waren. Seitens des Innenministeriums wurden entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen. (rv)

Ägypten: Verheerender Anschlag auf Christen

Bei einem Bombenattentat auf koptische Christen in Alexandria sind in der Silvesternacht 17 Menschen getötet worden; 43 weitere wurden nach Medienangaben zum Teil schwer verletzt. Ein Sprengsatz explodierte am Samstag kurz nach Mitternacht, als die Besucher einer Neujahrsmesse in Alexandria aus der Kirche kamen. Nach der Tat lieferten sich wütende Christen nach Angaben der Polizei und von Augenzeugen Strassenkämpfe mit den Sicherheitskräften und stürmten eine nahe gelegene Moschee. An der Messe hätten fast 1.000 Menschen teilgenommen, sagte der koptische Priester Mena Adel. Nach dem Gottesdienst seien die Besucher auf die Strasse geströmt. „Ich war drinnen und habe eine starke Explosion gehört", so der Geistliche. „Menschen standen in Flammen." Augenzeugen berichteten, vor der Kirche habe die zerstörte Karosserie eines Autos gestanden, im Umkreis hätten Leichen gelegen, zahlreiche Menschen seien verletzt worden. Die Polizei ging zunächst von einem mit Sprengstoff beladenen Auto aus; mittlerweile sprechen die Behörden aber von einem Selbstmordattentäter.
 Das christliche Gotteshaus und die nahegelegene Moschee wurden durch die Explosion beschädigt. Wie das Innenministerium mitteilt, sind unter den Verletzten auch Muslime. Medien hatten zunächst von 21 Toten gesprochen; mittlerweile gehen die Behörden von 17 Todesopfern aus. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Der Gouverneur von Alexandria, Adel Labib, gab umgehend dem Terrornetzwerk Al-Kaida die Schuld an der Tat. Das Innenministerium sprach am Samstag von „ausländischen Elementen", die für das Attentat verantwortlich seien. Präsident Hosni Mubarak rief wenige Stunden nach der Bluttat zur Einheit auf: „Die Söhne Ägyptens, ob Kopten oder Moslems, sollten jetzt gegen den Terrorismus zusammenstehen." Ein Sprecher der Kairoer Universität Al-Azhar, der wichtigsten Autorität im sunnitischen Islam, nannte den Anschlag von Alexandria einen „Angriff auf die nationale Einheit Ägyptens". Eine Verurteilung des Massakers kommt auch von den fundamentalistisch orientierten „Muslimbrüdern". Auf ihrer Homepage sprechen sie von einem „gefährlichen Verbrechen" und schreiben wörtlich: „Keine Religion kann so ein Verbrechen gutheißen, erst recht nicht der Islam, der den Schutz des Lebens, der Ehre und der Güter auch von Nicht-Muslimen fordert."
Die Kopten sind die grösste christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten. Sie machen ungefähr zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner im überwiegend muslimischen Ägypten aus und sehen sich im Alltag Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt. In den vergangenen Jahren gab es in verschiedenen Teilen Ägyptens immer wieder tödliche Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen. Die gleiche Kirche in Alexandria geriet bereits 2006 in die Schlagzeilen, nachdem ein Messerstecher Gottesdienstbesucher angegriffen hatte. Syrien hat am Samstag das Attentat von Alexandria heftig verurteilt. Schon die Parlamentswahlen vor wenigen Wochen waren in Ägypten von starken, auch religiösen, Spannungen begleitet gewesen; im September 2011 stehen nun Präsidentenwahlen an.
Ein Regierungs-Statement aus Damaskus spricht von einer Attacke „auf den religiösen Pluralismus in Ägypten und in anderen arabischen Staaten". Syrien stehe an der Seite Ägyptens, „um gemeinsam Front gegen den Terrorismus zu machen". Bestürzung über die Nachricht aus Alexandria kommt auch vom französischen Außenministerium und vom Primas der anglikanischen Weltkirche, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury. (rv)

Philippinen: „Ihr Ziel ist die Christenvertreibung“

Der letzte Anschlag im Süden der Philippinen hatte zum Ziel, die Christen aus der Region zu vertreiben. Das vermutet der Missionar Pater Gianni Re im Gespräch mit Radio Vatikan. Bei dem Bombenanschlag am ersten Weihnachtstag in Jolo waren elf Menschen verletzt worden. Die Insel im Süden der Philippinen ist eine Hochburg der Terrororganisation Abu Sayyaf, die nach Ansicht von Terrorismusexperten enge Verbindungen mit dem Netzwerk El Kaida unterhält. Pater Re erklärt die mögliche Vorgeschichte des Anschlags:
„Die Gruppen, die mit El Kaida verbunden sind, wollen alle Christen aus diesem Gebiet vertreiben. Vor kurzer Zeit sind einige christliche Lehrer gekidnappt worden. Als sie wieder frei gelassen wurden, sagte man ihnen: Es ist besser, wenn ihr abhaut, denn wir wollen hier keine christlichen Lehrer! In anderen Gegenden hat die Gewalt keinen islamistischen Hintergrund: Da treiben einfach nur Kriminelle mit dem Ziel, an Geld zu kommen, ihr Unwesen. Das Attentat in Jolo ereignete sich in einer Kapelle in einer kleinen Kirchengemeinde innerhalb eines Militärgebietes. Nach den aktuellen Nachrichten könnten es die Al Kaida-nahen Terrorgruppen Jemaa Islamya oder Abu Sayyaf gewesen sein."
Nach Medienberichten läuft der Verdacht auf die Terrorgruppe Abu Sayyaf hinaus. Die Polizei soll zudem von den in der Weihnachtszeit geplanten Anschlägen gewusst haben. Papst Benedikt XVI. hatte die letzten anti-christlichen Anschläge auf den Philippinen und in Nigeria am Sonntag als „absurde Gewalt" verurteilt. Zu dem Anschlag im nigerianischen Jos hat sich unterdessen eine islamistische Sekte bekannt. Weiter drückte der Papst am Sonntag seine Solidarität mit den Verfolgten aus. Die katholische Kirche der Philippinen hat die Anteilnahme des Papstes dankbar aufgenommen; auch sie plädiert für Dialog und Versöhnung:
„Wie der Papst betonen die Priester und Bischöfe hier die Notwendigkeit des Dialoges, der angesichts der Konflikte am wichtigsten ist. Wir müssen da weiter machen, wo wir schon begonnen haben. Und wir müssen echte Versöhnung suchen, um wirklichen Frieden zu stiften – zum Wohl aller Bewohner der Philippinen."
Die katholische Kathedrale in Jolo-Stadt war bisher fünf Mal Ziel von Bombenanschlägen. Mindestens fünf katholische Missionare wurden seit Beginn der 90er Jahre in Jolo und der Provinz Sulu ermordet, mehrere weitere entführt. Die Kirche engagiert sich in der Region vor allem im Bildungswesen, in der Gesundheitsfürsorge und im Wohnungsbau für arme muslimische Familien. (rv)

Nigeria: Gewalt gegen Christen

Religionsfreiheit muss als grundlegendes Menschenrecht geachtet werden – dazu hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, anlässlich der letzten Gewaltwelle in Nigeria erinnert. In einem Brief an den Erzbischof von Jos, Ignatius Kaigama, drückt Zollitsch seine tiefe Erschütterung über die letzten Gewalttaten aus. Gegenseitiger Respekt müsse allen gelten, ganz gleich, welcher Religion sie angehörten, so der Erzbischof mit Bezug auf die Botschaft des Papstes zum Welttag des Friedens 2011. Erst im Januar und März diesen Jahres wurden in Jos, dem Zentrum der Unruhen, mehrere hundert Menschen ermordet. Um religiöse Zugehörigkeit geht es bei den Konflikten jedoch nur bedingt, erinnert Pater Giulio Albanese von den Päpstlichen Missionswerken im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Wir dürfen nicht vergessen, dass Nigeria in diesem Moment politisch gesehen eine schwache Führung hat – mit der föderalen Regierung in der Hauptstadt Abuja. Die wirtschaftliche Krise trifft vor allem die ärmeren Schichten der Gesellschaft. Darüber hinaus gibt es eine Rivalität der Christen und Muslime. Wenn wir von der christlichen Gemeinschaft sprechen, müssen wir präzisieren, dass Nigeria eines der Länder Afrikas mit der höchsten Zahl ‚unabhängiger Kirchen‛ ist, sieben von ihnen sind ziemlich integralistisch. In der Hinsicht ist es wichtig, nicht von zwei klaren Fronten zu sprechen – die Situation ist sehr komplex." (rv)

Benedikt XVI.: „Tätiger Glauben“ mit verfolgten Christen weltweit

Mit tausenden Gläubigen hat Papst Benedikt XVI. am ersten Weihnachtstag an Gottes Menschwerdung erinnert: „Gott ist mit uns; er ist kein Unbekannter, er hat ein Gesicht: das Gesicht Jesu", so der Papst von der Loggia des Petersdoms zu seinen Zuhörern in aller Welt. In seiner Weihnachtsbotschaft rief der Papst zu Solidarität mit den Christen im Nahen Osten auf, auch der Irak und die Volksrepublik China standen im Mittelpunkt seiner Gedanken. Nach der Ansprache spendete er den traditionellen Segen „Urbi et orbi" – in über 60 Sprachen wünschte er danach frohe Weinachten.
„Tätige Solidarität"
In seiner Weihnachtsbotschaft rief Benedikt XVI. zu Frieden im Heiligen Land auf. Die Nähe Christi möge Israelis und Palästinenser bei der „Suche nach einem gerechten und friedlichen Zusammenleben" leiten, so der Papst, und die Christen im ganzen Nahen Osten „in ihren Prüfungen" stärken. Hier nannte der Papst explizit die Christen im Irak:
„Die Trost bringende Verkündigung des Kommens des Immanuels lindere den Schmerz der geliebten christlichen Gemeinden im Irak und im ganzen Nahen Osten und stärke sie in ihren Prüfungen; sie schenke ihnen Kraft und Hoffnung für die Zukunft und beseele die Verantwortlichen der Nationen zu einer tätigen Solidarität ihnen gegenüber."
Unterstützung und „tätige Solidarität" – sie forderte der Papst weiter für die Opfer der letzten Naturkatastrophen auf Haiti, in Kolumbien, Venezuela, Guatemala und Costa Rica ein. Zur Achtung der Menschenrechte rief er mit Blick auf Afghanistan und Pakistan auf; „beständigen Frieden" und „echten Fortschritt" wünschte er den Menschen in der Elfenbeinküste sowie in Somalia, Darfur und Madagaskar. Dialog und Versöhnung wünschte er dem geteilten Korea sowie Nicaragua und Costa Rica.
„Volle Achtung der Religionsfreiheit"
Die Religionsfreiheit – sie ist dieses Weihnachten ein besonderes Anliegen des Papstes, sie ist auch Thema der päpstlichen Friedensbotschaft für den 1. Januar 2011. Besondere Aufmerksamkeit schenkte der Papst in seiner Weihnachtsbotschaft den Christen in China: Angesichts des Drucks, unter dem Gläubige in der Volksrepublik und auch in anderen Ländern der Welt stehen, wünschte der Papst diesen Menschen besondere Kraft und Glaubensstärke:
„Die Feier der Geburt des Erlösers stärke die Gläubigen der Kirche in Kontinental-China im Geist des Glaubens, der Geduld und des Mutes, dass sie wegen der Einschränkungen ihrer Religions- und Gewissensfreiheit nicht verzagen, sondern in der Treue zu Christus und seiner Kirche ausharren und die Flamme der Hoffnung am Leben erhalten. Die Liebe des ‚Gottes mit uns‛ verleihe Beharrlichkeit allen christlichen Gemeinden, die Diskriminierung und Verfolgung erleiden, und leite die politischen und religiösen Führungskräfte dazu an, sich für die volle Achtung der Religionsfreiheit aller einzusetzen."
„Botschaft der Liebe gibt auch heute Hoffnung"Die Botschaft Christi sei immer „neu" und „überraschend", sie übersteige unsere „kühnsten Hoffnungen", so der Papst. Das gelte auch in einer Zeit voller Widersprüche, erinnerte er. Denn die Wahrheit Christi zeige sich dem Gläubigen als „Geheimnis der Liebe":
„Nur wer sich der Liebe öffnet, wird vom Licht der Weihnacht umfangen. So war es in der Nacht von Bethlehem, und so ist es auch heute. Die Menschwerdung des Sohnes Gottes ist ein Ereignis, das in der Geschichte geschehen ist, über diese aber zugleich hinausgeht. (…) An Gott glauben, der unsere Geschichte teilen wollte, ist eine ständige Ermutigung, sich für diese Geschichte, auch inmitten ihrer Widersprüchlichkeiten, einzusetzen. Es ist Grund zur Hoffnung für all jene, deren Würde beleidigt oder verletzt wurde, da ER, der zu Bethlehem geboren wurde, gekommen ist, den Menschen von der Wurzel jeder Knechtschaft zu befreien." (rv)